Die Tegernseer Schlossbibliothek, keine Geschichtsquelle?

Florian Sepp hat im Weblog Geschichte Bayerns eine gründliche Dokumentation vorgelegt: ”Die Tegernseer Schlossbibliothek und ihr Ende” – zur Zerstreuung und Verscherbelung der vor allem im 19. Jahrhundert zusammengetragenen Bibliothek der Herzöge in Bayern, einer Wittelsbacher Nebenlinie, in dem in ihrem Eigentum stehenden Schloss Tegernsee (dem früheren Kloster). Der Beitrag ist ausgezeichnet belegt, wobei neben Online-Quellen vor allem Auskünfte des Kirchenhistorikers Dr. Roland Götz von Bedeutung waren.

Frühestens seit dem Ende des 19. Jahrhundert lagerte im Tegernseer Psallierchor ein wertvoller Buchbestand von etwa 11.000 Bänden, der nach einem Gutachten von Zisska & Schauer in München 2010 von der Kreissparkasse Miesbach unter dem skandalträchtigen Vorstandsvorsitzenden Georg Bromme für 150.000 Euro erworben wurde. Das gleiche Auktionshaus hatte zuvor wertvolle Bestände aus der Bibliothek versteigert (mit der üblichen Provenienz-Verschleierung) – und zwar ohne ein Wort dazu im Gutachten zu sagen. Die Bewertung eines Bestands, ohne dass die frühere Gesamtheit in den Blick genommen wird, halte ich für unredlich. Inwieweit auch eine juristische Relevanz durch die Befangenheit besteht, vermag ich nicht zu sagen. In jedem Fall ist es nicht ganz abwegig anzunehmen, dass die Sparkasse vom Kauf abgesehen oder einen niederen Betrag bezahlt hätte, wäre ihr bekannt gewesen, dass ein Gutteil vorab aus dem Ensemble herausgebrochen wurde. Unter dem Gutachten steht der Name von Herbert Schauer, inzwischen berüchtigt durch die Girolamini-Affäre und weitere Unregelmäßigkeiten.

Die Kreissparkasse stellte zur Erschließung der geplanten “kulturhistorischen Perle” des Kreises einen “Archivar” ein. Was aus seinen Erschließungsbemühungen geworden ist, erfährt man nicht. 2012 wurde er wieder entlassen.

In einem Prüfungsbericht der Regierung von Oberbayern wurde auch der Erwerb der Bücher als unzulässig beanstandet. Mit Blick auf die verbreitete, jüngst durch die Kunstwerk-Verkäufe in Nordrhein-Westfalen wieder ins Rampenlicht geratene Praxis, Kunstwerke durch von der öffentlichen Hand beherrschte Wirtschaftsunternehmen ankaufen zu lassen, um sie für die Allgemeinheit zu sichern, darf man ein dickes Fragezeichen hinter diese Bewertung setzen.

Obwohl Bromme gegen die “Barbarei” lautstark protestierte, entschloss sich die Bank 2014, den Verkauf der Bände dem Antiquariat Hauff & Auvermann zu übertragen, das im Mai 2014 die erste Tranche unter den Hammer brachte – ohne Provenienzangaben! 65 Bücher, die noch aus der Klosterbibliothek stammen, wurden für den Altertumsverein Tegernsee und dessen Museum erworben.

Skandalös darf man die Ausführungen des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege nennen, soweit sie im Merkur greifbar sind:

“Der ehemals im Psallierchor verwahrte Buchbestand lässt weder einen Bezug zum ehemaligen Kloster und jetzigen Schloss noch zur ehemaligen Kloster- und jetzigen Pfarrkirche erkennen”, heißt es in der Stellungnahme. “Weder die Sammlungsgeschichte noch ein Sammlungsschwerpunkt steht im Bezug zu den beiden Baudenkmälern.” Die Sammlung für sich genommen lasse keine Bedeutung nach dem Denkmalschutzgesetz erkennen und “erfüllt damit nicht die Voraussetzungen für ein bewegliches Denkmal”.

Wieso legt das Landesamt sein Gutachten nicht offen? Man verschanzt sich dort gern, wie ich aus eigener leidiger Recherche-Erfahrung weiß, gern hinter den Eigentümerinteressen.

Einmal mehr versagt in Bayern die amtliche Denkmalpflege beim Schutz beweglicher Kulturdenkmale. Aus dem Jahr 2007 stammt meine Zusammenstellung “Bayern schützt seine Kulturgüter nicht”. Inzwischen ist es nicht besser geworden.

Nur auf Facebook1, nicht aber in seinem Blogbeitrag hat Sepp die in der Tat berechtigte Frage gestellt, wieso man denn nicht die Bayerische Staatsbibliothek als staatliche Fachbehörde für das Bibliothekswesen befasst habe. Aufgrund meiner bisherigen Erfahrungen mit der Bibliothek vermute ich aber, dass nichts besseres herausgekommen wäre. Vor kurzem hatte ja Falk Eisermann die unsägliche Aussage der Staatsbibliothek, das derzeit geprüfte Konvolut aus der Schweinfurter Schäfer-Sammlung enthalte kein national wertvolles Kulturgut, in INETBIB öffentlich kritisiert.

Adelsbibliotheken, auch wenn sie erst aus dem 19. Jahrhundert stammen, sind Geschichtsquellen2 und erfüllen daher die Definition des Kulturdenkmals. Sie sind eine Sachgemeinschaft, an deren Erhaltung ein öffentliches Interesse besteht. Es ist für diese Definition erst einmal irrelevant, ob sie “Ausstattung” eines anderen Kulturdenkmals sind. Diese Bestimmung bezieht sich auf den Konsens der Denkmalschutzgesetze der Länder und nicht auf die bayerische Landesgesetzgebung, die für bewegliche Kulturgüter inakzeptable Hürden errichtet hat. Die verkommene Praxis, die Artikel 141 der Bayerischen Landesverfassung ins Gesicht schlägt (“die Denkmäler der Kunst, der Geschichte und der Natur sowie die Landschaft zu schützen und zu pflegen”), darf hier kein juristischer Leitstern sein. Sepp trägt umsichtig Kriterien für die Bewertung des offenbar aufschlussreichen Ensembles, das Rückschlüsse auf die geistigen Interessen der Herzöge in Bayern und ihres Umkreises erlaubt, zusammen:

Demnach wurde der der Aufbau der Bibliothek von Herzog Wilhelm in Bayern begonnen (gest. 1837) und durch Pius in Bayern (1786-1837), Max in Bayern (1808-1888) und Carl Theodor in Bayern (1839-1909) fortgeführt. Dazu kamen kleinere Bestände aus dem Besitz von Vorfahren, der jeweiligen Prinzen und Prinzessinnen. Letzter größerer Beitrag waren die Bücher der letzten Königin von Bayern, Marie Therese von Österreich-Este (1849-1919). Die Bücher der Herzöge Wilhelm und Pius befanden sich ursprünglich in Banz (bis 1933 Eigentum der Herzöge) und wurden erst im 20. Jahrhundert nach Tegernsee gebracht. Der größte Teil des Bestandes kam aus der Bibliothek von Herzog Max in Bayern.

Wieso die Reste des Buchbestands der letzten bayerischen Königin, also einer hinreichend bedeutenden Persönlichkeit, keine sozialgeschichtlichen, kulturgeschichtlichen, adelsgeschichtlichen, mentalitätsgeschichtlichen, geistesgeschichtlichen, gendergeschichtlichen usw. Fragestellungen zulassen sollten, die nur mit den erhaltenen Büchern zu klären wären, leuchtet nicht ein. Wie oft führt man beim Abbruch von Häusern auf Geheiß der Denkmalpflege eine Baudokumentation durch, bei Funden Rettungsgrabungen – und wieso nie vor Zerschlagung einer Adelsbibliothek? Wenigstens die provenienzgeschichtlich wichtigen Daten wären so gesichert. Dass die merkantil motivierten Katalogbeschreibungen der Händler keine wirkliche Rekonstruktion erlauben, durfte man schon oft feststellen. Diverse Materialien zur Bibliotthek, darunter eine systematische Fotodokumentation, sind anscheinend in Privatbesitz – also nicht öffentlich zugänglich.

Wir brauchen auf lange Sicht eine gut ausgestattete Provenienz-Stiftung, die sich nicht nur für NS-Raubgut und Vergleichbares interessiert, sondern auch historische Bestände wie den hier zur Rede stehenden virtuell rekonstruiert.

Im Strudel eines lokalen Skandals konnte sich der an sich löbliche Impetus, ein kulturgeschichtlich bedeutsames Ensemble zu retten und für Forschung und Öffentlichkeit zugänglich zu machen, nicht durchsetzen. Die Gesamtheit wurde zerschlagen. Aus früheren Beispielen mir sattsam bekannt: die dubiose Rolle des Handels, die Ignoranz der Denkmalpflege. Über 20 Jahre, seit der Versteigerung der Inkunabeln der Hofbibliothek Donaueschingen, recherchiere ich über die Verluste von Adelsbibliotheken. Es freut mich, dass mit Florian Sepp nun auch jemand anderes sich in fundierter Weise an dieser “Trauerarbeit” beteiligt hat.

  1. Obwohl in einer öffentlichen Gruppe diskutiert, lässt sich der Link https://www.facebook.com/groups/1426956144186780/permalink/1534016486814078/ nur für registrierte Nutzer aufrufen. Friedrich Ulf Röhrer-Ertl (ebenfalls BSB) äußerte sich dort befremdet über die Zerschlagung der Bibliothek. Eine kleine Diskussion auch in Archivalia vom 20. August 2014.
  2. Siehe etwa meine “Oberschwäbischen Adelsbibliotheken”: http://eprints.rclis.org/7542/ (ungekürzte Fassung) und die Literaturhinweise in meinem Beitrag: Fiktion und Geschichte: Die angebliche Chronik Wenzel Grubers, Greisenklage, Johann Hollands Turnierreime und eine Zweitüberlieferung von Jakob Püterichs Ehrenbrief in der Trenbach-Chronik (1590). In: Frühneuzeit-Blog der RWTH vom 10. Februar 2015.

Quelle: http://kulturgut.hypotheses.org/426

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Forderung nach europäischem Web-Index

Die Schaffung einer EU-Suchmaschine als Alternative zu Google ist wahrscheinlich weder realistisch noch wünschenswert; sehr wohl möglich ist aber ein öffentlich finanzierter Web-Index, den dann Start-Ups, Softwareschmieden, Medienkonzernen usw. als Grundlage ihrer eigenen Suchmaschinen verwenden. Von diesem Vorschlag habe ich erstmals bei der Society of the Query # 2 in Amsterdam November 2013 gehört, geäußert hat ihn damals Dirk Lewandowski. Nun hat es diese Forderung in Spiegel Online geschafft und wird auch in EU-Gremien zumindest mal diskutiert.

Quelle: http://adresscomptoir.twoday.net/stories/1022399772/

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Ausstellungsbesprechung: „Welten des Wissens. Die Bibliothek und die Weltchronik des Nürnberger Arztes Hartmann Schedel (1440–1514)“ (Bayerische Staatsbibliothek, München)

Portrait Hartmann Schedels aus BSB, Clm 30

Portrait Hartmann Schedels (Quelle: München, Bayerische Staatsbibliothek, Clm 30, f. 2v, Lizenz: CC BY-NC-SA 4.0, bearbeitet)

Im jubiläenreichen Jahr 2014 gesellte sich ein weiterer für die deutschen Humanismusforscher zwar prominenter, von der breiteren Öffentlichkeit jedoch eher wenig gefeierter Jubilar dazu: der Arzt und Sammler Hartmann Schedel (1440–1514). Anlässlich seines 500. Todestags organisierte die Bayerische Staatsbibliothek (BSB) die Ausstellung „Welten des Wissens. Die Bibliothek und die Weltchronik des Nürnberger Arztes Hartmann Schedel (1440–1514)“ in ihrer Schatzkammer in München. Dass die BSB überhaupt in den Besitz dieser außerordentlichen Sammlung, die eine der seltenen geschlossenen deutschen Privatbibliotheken des Spätmittelalters darstellt, gekommen ist, hat sie Melchior Schedel (1516–1571), Hartmanns Enkel und letztem überlebenden Nachfahren, zu verdanken. Wenig an den Büchern seines Großvaters interessiert, überging er dessen ausdrücklichen Willen, dass seine Bücher alle in der Liberey […] beieinander bleiben und den namen der Schedel und [s]einen Kinden und iren nachkommen zu nutz behalten werden sollen1 und verkaufte 1552 die Bibliothek für 500 Gulden an den Augsburger Kaufmann Johann Jakob Fugger (1516–1575). Dieser, in Geldnöte geraten, trat sie wiederum zwei Jahrzehnte später an den bayerischen Herzog Albrecht V. ab, womit Schedels Sammlung trotz einiger Verluste als geschlossener Bestand in die Münchner Hofbibliothek, die Vorgängerinstitution der Bayerischen Staatsbibliothek, integriert werden konnte. Wer Hartmann Schedel heute dort sucht, wird ihn schnell finden, hat er doch in zahlreichen handschriftlichen und gedruckten Codices sein Monogramm HA. S. D.  – Hartmann Schedel doctor – hinterlassen. Von den über 370 Handschriften und 460 Drucken zeigt die Ausstellung eine repräsentative Auswahl von 40 Bänden, darunter fünf Ausgaben der Weltchronik aus dem 15. Jahrhundert und einige Leihgaben, die wichtige Stationen in Schedels Leben und sein ungewöhnlich vielschichtiges Sammelinteresse dokumentieren.

Die Ausstellung ist auf zwei Räume verteilt. In der Schatzkammer stehen Hartmann Schedels Biographie und seine Sammlung im Vordergrund. Schedel steht auch physisch prominent im Zentrum des kleinen Raumes, denn dort ist das Arzneibuch des süditalienischen Arztes Mattheus Silvaticus aus Salerno ausgestellt; weniger wegen des Inhalts als seiner Bedeutung für Schedels Biographie ist es bemerkenswert: Es enthält das bekannte, zeitgenössische Portrait Schedels aus der Zeit seiner ersten Heirat 1475, das nachträglich aus dem Familienbuch Schedels herausgelöst und in den Codex inseriert worden ist. Es zeigt ihn im langen roten Mantel des gelehrten Arztes und mit roter Kopfbedeckung. Wie ein Gravitationszentrum scheint er so die rundherum angeordneten Schaukästen zusammenzuhalten.

Die Ausstellung beginnt mit zwei wichtigen Handschriften aus Schedels Besitz, seinem persönlichen Exemplar der lateinischen Weltchronik, das nicht nur auf Grund seiner prächtigen Ausstattung, sondern auch wegen der zahlreichen Beigaben und handschriftlichen Zusätze des Autors wertvoll ist, und der Abschrift des Familienbuchs für seinen Enkel Melchior (um 1552). Dieser Liber genealogiae et rerum familiarium ist im Original bis auf das bereits genannte Portrait verloren und nur durch zwei frühneuzeitliche Abschriften, die Johann Jakob Fugger nach dem Ankauf der Bibliothek anfertigen ließ, zu rekonstruieren. Beide sind als Leihgaben der Staatsbibliothek zu Berlin –Preußischer Kulturbesitz und aus Privatbesitz im ersten Ausstellungsraum zu sehen. Bereits hier ist die konzeptionelle Klammer zum letzten Exponat der Ausstellung aufgemacht, der Familienchronik und der Autobiographie des Melchior Schedel (um 1570), für die Hartmanns Enkel das Familienbuch als Quelle benutzte. Sie ist als Leihgabe der Landesbibliothek Coburg im zweiten Ausstellungsraum in einem eigenen Schaukasten zu besichtigen.

Im Uhrzeigersinn führen die weiteren Schaukästen durch Schedels Studienzeiten in Leipzig (1456–1463) und Padua (1463–1466). Dazwischen verklammern Wandtafeln mit Basisinformationen die Schaukästen. Ausgewählte Studien- und Fachliteratur zeigen Schedel als vielseitigen Studenten, der bald ein ausgeprägtes Interesse am Humanismus entwickelte und seine Büchersammlung dahingehend auch systematisch erweiterte. Neben medizinischer Fachliteratur ist zum Beispiel auch seine älteste Studienhandschrift (1456–1459) zu sehen, die Einblick in das Grundstudium gibt, das er in Leipzig absolvierte; ein Liederbuch dokumentiert wiederum nicht nur sein Interesse an Musik, sondern stellt auch eine selten überlieferte Quelle des 15. Jahrhunderts dar; mit dem Wechsel nach Padua für das Medizinstudium konnte Schedel auch seinen humanistischen Neigungen besser nachgehen. So erwarb er zahlreiche „Klassiker“ des italienischen Humanismus, zum Beispiel den ausgestellten Druck der Commedia Dantes. Ein kleines Elementarlehrbuch der griechischen Sprache zeigt außerdem, dass er nicht nur Latein beherrschte, sondern sich in Padua auch an einer weiteren, in dieser Zeit kaum mehr verbreiteten Fremdsprache versuchte. Dass er sie mit recht beachtlichem Erfolg gemeistert hat, wird im Liber antiquitatum cum epitaphiis et epigrammatibus deutlich. Darin hatte Schedel zahlreiche Inschriften, darunter auch viele griechische gesammelt. Dieses epigraphische Großwerk ist monumentaler Ausdruck von Schedels lebenslanger, antiquarischer Sammelleidenschaft.

Schön gelungen ist, dass neben Schedel auch andere Familienmitglieder und sogar seine akademischen Lehrer durch die ausgestellten Bücher immer wieder in Erscheinung treten. So geben ein Rechenbuch und ein venezianisch-nürnbergisches Sprachbuch Einblick in die kaufmännische Ausbildung des jüngeren Bruders Johannes, eine Bibelhandschrift führt zu den Grabners, der Familie von Schedels Mutter, schließlich wird Hermann Schedel, Hartmanns Vetter, durch eine vererbte Handschrift des Petrus de Abano sichtbar und etwas später findet man auch seine Söhne in einer astronomisch-astrologischen Handschrift, in die Schedel die Horoskope anlässlich ihrer Geburt eingetragen hat. Seine Professoren und Vorlesungen in Padua hielt Schedel in einer Liste am Ende des repräsentativen Codex Clm 13 fest. Zweien widmete er darin jeweils eine Seite mit Epigramm und den Portraits der Mediziner; über seinen hochverehrten Doktorvater Matteolo Mattioli verfasste er zudem eine sehr persönliche Biographie in der Weltchronik, die nicht nur dessen Fachexpertise, sondern auch seine Gelehrsamkeit in den Sieben Freien Künsten und in der Theologie rühmte. Diese ist allerdings nicht eigens ausgestellt.

Von der medizinischen Praxis Schedels zeugen das ausgestellte Rezeptarium, das ebenso als eine Art Kartei seiner Nördlinger und Amberger Patienten gelesen werden könnte. Für seine Nürnberger Zeit existiert ebenfalls ein Rezeptbuch, in das Schedel außer den ärztlichen Aufzeichnungen ein in mehrere Gruppen geordnetes Inventar seiner Bücher eingetragen hat. Es steht am Ende der Ausstellung und erinnert den Besucher daran, dass es hier um weit mehr als die 40 ausgestellten Bücher geht, nämlich um eine so immense Sammlung, die einen systematischen Katalog erforderlich gemacht hatte, um die benötigte Fachliteratur schnell zu finden.

Während seiner praktischen Tätigkeiten versorgte sich Schedel natürlich weiterhin mit aktueller medizinischer Fachliteratur, beschaffte sich zum Beispiel das erste deutsche Lehrbuch der Chirurgie oder Ausgaben von Hans Folz’ medizinischen Reimpaargedichten. Nebenbei hielt er sich über allerlei Neuerscheinungen in Italien und Deutschland auf dem Laufenden, wie die gedruckten Bücheranzeigen und manche „Bestellliste“ aus seinem Besitz dokumentieren. In diesem Teil der Ausstellung deutet sich schon der Übergang vom handschriftlichen Codex zum gedruckten Buch an, der sich auch in Schedels Bibliothek niedergeschlagen hat und der nun zum zweiten Teil der Ausstellung, der Weltchronik, überleitet.

Nach dem Durchgang durch Schedels Leben ist der Raum vor der Schatzkammer der Weltchronik gewidmet. Thematisiert werden ihre Hauptquellen, aber auch die Nachdrucke und erste Initiativen zur Überarbeitung und Ergänzung der Informationen. Hervorzuhaben sind darunter vielleicht Schedels Hauskalender für die Jahre 1502–1510, in denen er Familiennachrichten und wichtige Ereignisse wie seine eigene Erkrankung oder den Tod des langjährigen Freundes Hieronymus Münzer (1437–1508) eintrug, und ein eigenhändiger Brief des Johannes Trithemius (1462–1516) von 1502, mit dem er eine ausgeliehene Handschrift an Schedel zurücksandte. Dem, dass Schedel nur auf Grund seiner umfangreichen Büchersammlung in so kurzer Zeit die monumentale Weltchronik hat zusammenstellen können, wird man leicht zustimmen, nachdem im Raum vorher diese gelehrte Fachbibliothek vor dem geistigen Auge des Betrachters wiedererstanden ist. Wer weitere visuelle Hilfe braucht, dem bietet sich eine PC-Station, an der man die virtuelle Bibliothek Schedels durchstöbern kann.

Zusammenfassend kann man die Ausstellung durchaus als gelungen bezeichnen. Schon der geringe Platz macht eine Auswahl an Exponaten nötig. Dazu ist eine Ausstellung in einer Bibliothek über Bücher mit dem naheliegenden Problem konfrontiert, dass, nun ja, eben viele Bücher in den Schaukästen liegen. Doch ist der Platz gut genutzt, die Auswahl der Exponate sehr treffend und auch der Medieneinsatz sorgt in dem kleinen Rahmen für eine sinnvolle Informationsfülle. In den wenigen, aber sorgfältig ausgewählten und präsentierten Büchern werden pointiert Lebensstationen Schedels gezeigt. Die großen Aufsteller zur Weltchronik geben über das bloße Buch hinaus Einblick in den Produktionsprozess eines spätmittelalterlichen Bestsellers. Beeindruckend für den aufmerksamen Betrachter ist hier sicher die Information, dass die Financiers mit einem Kapital von 1000 Gulden einstanden, während vorher bereits Schedels jährlicher Grundverdienst als Stadtarzt in Nördlingen mit 40 Gulden beziffert wurde. Für den Fachwissenschaftler gibt es außerdem Highlights wie die Familienbücher, die Rezeptbücher, das Handexemplar der Weltchronik, den Liber antiquitatum und natürlich auch die Leihgaben. Wer der Faszination des Originals weiterhin erliegt, den stört es auch nicht, dass, nun ja, eben viele Bücher in den Schaukästen liegen.

Zur Ausstellung ist ein sehr schöner Katalog erschienen. Die Konzeption folgt dem Aufbau der Weltchronik. Das erst alter verfolgt den Aufstieg und Niedergang der Nürnberger Familie Schedel, anschließend werden Schedels Studienzeit in Leipzig und Padua, seine Tätigkeit als Stadtarzt in Nördlingen, Amberg und Nürnberg, seine Sammelinteressen und die Bibliothek, die Weltchronik und schließlich, im sibend alter, seine Bücher und ihr Schicksal behandelt. Jeweils ein einführender Aufsatz umreißt knapp und präzise die Lebensstation bzw. den Ausstellungsbereich. Es ist absolut empfehlenswert direkt mit dem Katalog durch die Ausstellung zu gehen. Denn die Wandtafeln und Schilder geben zwar einige Basisinformationen zu den jeweiligen Exponaten, doch sind diese im ersten Fall sehr knapp, im zweiten bibliographischer Natur, d.h. sie geben Titel, Material, Entstehungsort und –datum, Signatur, Folioangaben etc. an. Schön ist dabei, dass jeweils zusätzlich über die aufgeschlagenen Seiten informiert wird. Über den historischen Kontext und konkreten Entstehungszusammenhang, die Überlieferungsgeschichte und andere Besonderheiten, kurz: „den Sitz im Leben“ der jeweiligen Handschrift, geben nur die Artikel im Katalog fachkundig Auskunft. Durch ein eigenes PC-Symbol wird auch auf bereits digitalisierte Bände hingewiesen.

Dass Schedel nicht ohne sein Monumentalwerk der Weltchronik gezeigt werden kann, ist verständlich, umso schöner ist es, dass eine Woche nach der Eröffnung der Ausstellung in München am 28. und 29. November im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg die Jahrestagung der Willibald-Pirckheimer-Gesellschaft zur Erforschung von Renaissance und Humanismus e.V. zum Thema „Hartmann Schedel (1440–1514). Leben und Werk“ stattfand, wobei die Biographie und das Umfeld Schedels im Vordergrund standen. Wie eng die Kooperation und Abstimmung zwischen der Bayerischen Staatsbibliothek und der Pirckheimer-Gesellschaft war, zeigt nicht nur der Umstand, dass die Kuratorin Dr. Bettina Wagner als Referentin eingeladen war, sondern auch, dass die Vorträge die in der Ausstellung behandelten Themen aufgriffen, vertieften und auch sinnvoll erweiterten. Schedels Bücher bildeten bei vielen Vorträgen selbstredend die Basis der Ausführungen, doch kam hier wieder verstärkt der Mensch hinter den Büchern hervor. Erst wenn also das zugehörige Jahrbuch der Gesellschaft erscheinen wird, wird der Interessierte rundum informiert sein über die bekannteste Büchersammlung an der Wende vom Mittelalter zur Frühen Neuzeit.

Die Ausstellung läuft noch bis zum 1. März. Es sind zwei Youtube-Videos und eine Bildergalerie verfügbar.

Zitationsempfehlung/Suggested citation: Karoline Döring: Ausstellungsbesprechung: „Welten des Wissens. Die Bibliothek und die Weltchronik des Nürnberger Arztes Hartmann Schedel (1440–1514)“ (Bayerische Staatsbibliothek, München), in: Mittelalter. Interdisziplinäre Forschung und Rezeptionsgeschichte, 19. Februar 2015, http://mittelalter.hypotheses.org/5303 (ISSN 2197-6120).

  1. Vgl. den Ausstellungskatalog: Welten des Wissens. Die Bibliothek und die Weltchronik des Nürnberger Arztes Hartmann Schedel (1440–1514), hrsg. von der Bayerischen Staatsbibliothek, München 2014, S. 155

Quelle: http://mittelalter.hypotheses.org/5303

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Ausstellungsbesprechung: „Welten des Wissens. Die Bibliothek und die Weltchronik des Nürnberger Arztes Hartmann Schedel (1440–1514)“ (Bayerische Staatsbibliothek, München)

Portrait Hartmann Schedels aus BSB, Clm 30

Portrait Hartmann Schedels (Quelle: München, Bayerische Staatsbibliothek, Clm 30, f. 2v, Lizenz: CC BY-NC-SA 4.0, bearbeitet)

Im jubiläenreichen Jahr 2014 gesellte sich ein weiterer für die deutschen Humanismusforscher zwar prominenter, von der breiteren Öffentlichkeit jedoch eher wenig gefeierter Jubilar dazu: der Arzt und Sammler Hartmann Schedel (1440–1514). Anlässlich seines 500. Todestags organisierte die Bayerische Staatsbibliothek (BSB) die Ausstellung „Welten des Wissens. Die Bibliothek und die Weltchronik des Nürnberger Arztes Hartmann Schedel (1440–1514)“ in ihrer Schatzkammer in München. Dass die BSB überhaupt in den Besitz dieser außerordentlichen Sammlung, die eine der seltenen geschlossenen deutschen Privatbibliotheken des Spätmittelalters darstellt, gekommen ist, hat sie Melchior Schedel (1516–1571), Hartmanns Enkel und letztem überlebenden Nachfahren, zu verdanken. Wenig an den Büchern seines Großvaters interessiert, überging er dessen ausdrücklichen Willen, dass seine Bücher alle in der Liberey […] beieinander bleiben und den namen der Schedel und [s]einen Kinden und iren nachkommen zu nutz behalten werden sollen1 und verkaufte 1552 die Bibliothek für 500 Gulden an den Augsburger Kaufmann Johann Jakob Fugger (1516–1575). Dieser, in Geldnöte geraten, trat sie wiederum zwei Jahrzehnte später an den bayerischen Herzog Albrecht V. ab, womit Schedels Sammlung trotz einiger Verluste als geschlossener Bestand in die Münchner Hofbibliothek, die Vorgängerinstitution der Bayerischen Staatsbibliothek, integriert werden konnte. Wer Hartmann Schedel heute dort sucht, wird ihn schnell finden, hat er doch in zahlreichen handschriftlichen und gedruckten Codices sein Monogramm HA. S. D.  – Hartmann Schedel doctor – hinterlassen. Von den über 370 Handschriften und 460 Drucken zeigt die Ausstellung eine repräsentative Auswahl von 40 Bänden, darunter fünf Ausgaben der Weltchronik aus dem 15. Jahrhundert und einige Leihgaben, die wichtige Stationen in Schedels Leben und sein ungewöhnlich vielschichtiges Sammelinteresse dokumentieren.

Die Ausstellung ist auf zwei Räume verteilt. In der Schatzkammer stehen Hartmann Schedels Biographie und seine Sammlung im Vordergrund. Schedel steht auch physisch prominent im Zentrum des kleinen Raumes, denn dort ist das Arzneibuch des süditalienischen Arztes Mattheus Silvaticus aus Salerno ausgestellt; weniger wegen des Inhalts als seiner Bedeutung für Schedels Biographie ist es bemerkenswert: Es enthält das bekannte, zeitgenössische Portrait Schedels aus der Zeit seiner ersten Heirat 1475, das nachträglich aus dem Familienbuch Schedels herausgelöst und in den Codex inseriert worden ist. Es zeigt ihn im langen roten Mantel des gelehrten Arztes und mit roter Kopfbedeckung. Wie ein Gravitationszentrum scheint er so die rundherum angeordneten Schaukästen zusammenzuhalten.

Die Ausstellung beginnt mit zwei wichtigen Handschriften aus Schedels Besitz, seinem persönlichen Exemplar der lateinischen Weltchronik, das nicht nur auf Grund seiner prächtigen Ausstattung, sondern auch wegen der zahlreichen Beigaben und handschriftlichen Zusätze des Autors wertvoll ist, und der Abschrift des Familienbuchs für seinen Enkel Melchior (um 1552). Dieser Liber genealogiae et rerum familiarium ist im Original bis auf das bereits genannte Portrait verloren und nur durch zwei frühneuzeitliche Abschriften, die Johann Jakob Fugger nach dem Ankauf der Bibliothek anfertigen ließ, zu rekonstruieren. Beide sind als Leihgaben der Staatsbibliothek zu Berlin –Preußischer Kulturbesitz und aus Privatbesitz im ersten Ausstellungsraum zu sehen. Bereits hier ist die konzeptionelle Klammer zum letzten Exponat der Ausstellung aufgemacht, der Familienchronik und der Autobiographie des Melchior Schedel (um 1570), für die Hartmanns Enkel das Familienbuch als Quelle benutzte. Sie ist als Leihgabe der Landesbibliothek Coburg im zweiten Ausstellungsraum in einem eigenen Schaukasten zu besichtigen.

Im Uhrzeigersinn führen die weiteren Schaukästen durch Schedels Studienzeiten in Leipzig (1456–1463) und Padua (1463–1466). Dazwischen verklammern Wandtafeln mit Basisinformationen die Schaukästen. Ausgewählte Studien- und Fachliteratur zeigen Schedel als vielseitigen Studenten, der bald ein ausgeprägtes Interesse am Humanismus entwickelte und seine Büchersammlung dahingehend auch systematisch erweiterte. Neben medizinischer Fachliteratur ist zum Beispiel auch seine älteste Studienhandschrift (1456–1459) zu sehen, die Einblick in das Grundstudium gibt, das er in Leipzig absolvierte; ein Liederbuch dokumentiert wiederum nicht nur sein Interesse an Musik, sondern stellt auch eine selten überlieferte Quelle des 15. Jahrhunderts dar; mit dem Wechsel nach Padua für das Medizinstudium konnte Schedel auch seinen humanistischen Neigungen besser nachgehen. So erwarb er zahlreiche „Klassiker“ des italienischen Humanismus, zum Beispiel den ausgestellten Druck der Commedia Dantes. Ein kleines Elementarlehrbuch der griechischen Sprache zeigt außerdem, dass er nicht nur Latein beherrschte, sondern sich in Padua auch an einer weiteren, in dieser Zeit kaum mehr verbreiteten Fremdsprache versuchte. Dass er sie mit recht beachtlichem Erfolg gemeistert hat, wird im Liber antiquitatum cum epitaphiis et epigrammatibus deutlich. Darin hatte Schedel zahlreiche Inschriften, darunter auch viele griechische gesammelt. Dieses epigraphische Großwerk ist monumentaler Ausdruck von Schedels lebenslanger, antiquarischer Sammelleidenschaft.

Schön gelungen ist, dass neben Schedel auch andere Familienmitglieder und sogar seine akademischen Lehrer durch die ausgestellten Bücher immer wieder in Erscheinung treten. So geben ein Rechenbuch und ein venezianisch-nürnbergisches Sprachbuch Einblick in die kaufmännische Ausbildung des jüngeren Bruders Johannes, eine Bibelhandschrift führt zu den Grabners, der Familie von Schedels Mutter, schließlich wird Hermann Schedel, Hartmanns Vetter, durch eine vererbte Handschrift des Petrus de Abano sichtbar und etwas später findet man auch seine Söhne in einer astronomisch-astrologischen Handschrift, in die Schedel die Horoskope anlässlich ihrer Geburt eingetragen hat. Seine Professoren und Vorlesungen in Padua hielt Schedel in einer Liste am Ende des repräsentativen Codex Clm 13 fest. Zweien widmete er darin jeweils eine Seite mit Epigramm und den Portraits der Mediziner; über seinen hochverehrten Doktorvater Matteolo Mattioli verfasste er zudem eine sehr persönliche Biographie in der Weltchronik, die nicht nur dessen Fachexpertise, sondern auch seine Gelehrsamkeit in den Sieben Freien Künsten und in der Theologie rühmte. Diese ist allerdings nicht eigens ausgestellt.

Von der medizinischen Praxis Schedels zeugen das ausgestellte Rezeptarium, das ebenso als eine Art Kartei seiner Nördlinger und Amberger Patienten gelesen werden könnte. Für seine Nürnberger Zeit existiert ebenfalls ein Rezeptbuch, in das Schedel außer den ärztlichen Aufzeichnungen ein in mehrere Gruppen geordnetes Inventar seiner Bücher eingetragen hat. Es steht am Ende der Ausstellung und erinnert den Besucher daran, dass es hier um weit mehr als die 40 ausgestellten Bücher geht, nämlich um eine so immense Sammlung, die einen systematischen Katalog erforderlich gemacht hatte, um die benötigte Fachliteratur schnell zu finden.

Während seiner praktischen Tätigkeiten versorgte sich Schedel natürlich weiterhin mit aktueller medizinischer Fachliteratur, beschaffte sich zum Beispiel das erste deutsche Lehrbuch der Chirurgie oder Ausgaben von Hans Folz’ medizinischen Reimpaargedichten. Nebenbei hielt er sich über allerlei Neuerscheinungen in Italien und Deutschland auf dem Laufenden, wie die gedruckten Bücheranzeigen und manche „Bestellliste“ aus seinem Besitz dokumentieren. In diesem Teil der Ausstellung deutet sich schon der Übergang vom handschriftlichen Codex zum gedruckten Buch an, der sich auch in Schedels Bibliothek niedergeschlagen hat und der nun zum zweiten Teil der Ausstellung, der Weltchronik, überleitet.

Nach dem Durchgang durch Schedels Leben ist der Raum vor der Schatzkammer der Weltchronik gewidmet. Thematisiert werden ihre Hauptquellen, aber auch die Nachdrucke und erste Initiativen zur Überarbeitung und Ergänzung der Informationen. Hervorzuhaben sind darunter vielleicht Schedels Hauskalender für die Jahre 1502–1510, in denen er Familiennachrichten und wichtige Ereignisse wie seine eigene Erkrankung oder den Tod des langjährigen Freundes Hieronymus Münzer (1437–1508) eintrug, und ein eigenhändiger Brief des Johannes Trithemius (1462–1516) von 1502, mit dem er eine ausgeliehene Handschrift an Schedel zurücksandte. Dem, dass Schedel nur auf Grund seiner umfangreichen Büchersammlung in so kurzer Zeit die monumentale Weltchronik hat zusammenstellen können, wird man leicht zustimmen, nachdem im Raum vorher diese gelehrte Fachbibliothek vor dem geistigen Auge des Betrachters wiedererstanden ist. Wer weitere visuelle Hilfe braucht, dem bietet sich eine PC-Station, an der man die virtuelle Bibliothek Schedels durchstöbern kann.

Zusammenfassend kann man die Ausstellung durchaus als gelungen bezeichnen. Schon der geringe Platz macht eine Auswahl an Exponaten nötig. Dazu ist eine Ausstellung in einer Bibliothek über Bücher mit dem naheliegenden Problem konfrontiert, dass, nun ja, eben viele Bücher in den Schaukästen liegen. Doch ist der Platz gut genutzt, die Auswahl der Exponate sehr treffend und auch der Medieneinsatz sorgt in dem kleinen Rahmen für eine sinnvolle Informationsfülle. In den wenigen, aber sorgfältig ausgewählten und präsentierten Büchern werden pointiert Lebensstationen Schedels gezeigt. Die großen Aufsteller zur Weltchronik geben über das bloße Buch hinaus Einblick in den Produktionsprozess eines spätmittelalterlichen Bestsellers. Beeindruckend für den aufmerksamen Betrachter ist hier sicher die Information, dass die Financiers mit einem Kapital von 1000 Gulden einstanden, während vorher bereits Schedels jährlicher Grundverdienst als Stadtarzt in Nördlingen mit 40 Gulden beziffert wurde. Für den Fachwissenschaftler gibt es außerdem Highlights wie die Familienbücher, die Rezeptbücher, das Handexemplar der Weltchronik, den Liber antiquitatum und natürlich auch die Leihgaben. Wer der Faszination des Originals weiterhin erliegt, den stört es auch nicht, dass, nun ja, eben viele Bücher in den Schaukästen liegen.

Zur Ausstellung ist ein sehr schöner Katalog erschienen. Die Konzeption folgt dem Aufbau der Weltchronik. Das erst alter verfolgt den Aufstieg und Niedergang der Nürnberger Familie Schedel, anschließend werden Schedels Studienzeit in Leipzig und Padua, seine Tätigkeit als Stadtarzt in Nördlingen, Amberg und Nürnberg, seine Sammelinteressen und die Bibliothek, die Weltchronik und schließlich, im sibend alter, seine Bücher und ihr Schicksal behandelt. Jeweils ein einführender Aufsatz umreißt knapp und präzise die Lebensstation bzw. den Ausstellungsbereich. Es ist absolut empfehlenswert direkt mit dem Katalog durch die Ausstellung zu gehen. Denn die Wandtafeln und Schilder geben zwar einige Basisinformationen zu den jeweiligen Exponaten, doch sind diese im ersten Fall sehr knapp, im zweiten bibliographischer Natur, d.h. sie geben Titel, Material, Entstehungsort und –datum, Signatur, Folioangaben etc. an. Schön ist dabei, dass jeweils zusätzlich über die aufgeschlagenen Seiten informiert wird. Über den historischen Kontext und konkreten Entstehungszusammenhang, die Überlieferungsgeschichte und andere Besonderheiten, kurz: „den Sitz im Leben“ der jeweiligen Handschrift, geben nur die Artikel im Katalog fachkundig Auskunft. Durch ein eigenes PC-Symbol wird auch auf bereits digitalisierte Bände hingewiesen.

Dass Schedel nicht ohne sein Monumentalwerk der Weltchronik gezeigt werden kann, ist verständlich, umso schöner ist es, dass eine Woche nach der Eröffnung der Ausstellung in München am 28. und 29. November im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg die Jahrestagung der Willibald-Pirckheimer-Gesellschaft zur Erforschung von Renaissance und Humanismus e.V. zum Thema „Hartmann Schedel (1440–1514). Leben und Werk“ stattfand, wobei die Biographie und das Umfeld Schedels im Vordergrund standen. Wie eng die Kooperation und Abstimmung zwischen der Bayerischen Staatsbibliothek und der Pirckheimer-Gesellschaft war, zeigt nicht nur der Umstand, dass die Kuratorin Dr. Bettina Wagner als Referentin eingeladen war, sondern auch, dass die Vorträge die in der Ausstellung behandelten Themen aufgriffen, vertieften und auch sinnvoll erweiterten. Schedels Bücher bildeten bei vielen Vorträgen selbstredend die Basis der Ausführungen, doch kam hier wieder verstärkt der Mensch hinter den Büchern hervor. Erst wenn also das zugehörige Jahrbuch der Gesellschaft erscheinen wird, wird der Interessierte rundum informiert sein über die bekannteste Büchersammlung an der Wende vom Mittelalter zur Frühen Neuzeit.

Die Ausstellung läuft noch bis zum 1. März. Es sind zwei Youtube-Videos und eine Bildergalerie verfügbar.

Zitationsempfehlung/Suggested citation: Karoline Döring: Ausstellungsbesprechung: „Welten des Wissens. Die Bibliothek und die Weltchronik des Nürnberger Arztes Hartmann Schedel (1440–1514)“ (Bayerische Staatsbibliothek, München), in: Mittelalter. Interdisziplinäre Forschung und Rezeptionsgeschichte, 19. Februar 2015, http://mittelalter.hypotheses.org/5303 (ISSN 2197-6120).

  1. Vgl. den Ausstellungskatalog: Welten des Wissens. Die Bibliothek und die Weltchronik des Nürnberger Arztes Hartmann Schedel (1440–1514), hrsg. von der Bayerischen Staatsbibliothek, München 2014, S. 155

Quelle: http://mittelalter.hypotheses.org/5303

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Time for Reparation

On 19 December 2014, more than 100,000 Swiss voters submitted the so-called “Reparation Initiative” [1]. The necessary signatures were collected within barely more than half a year. …

 

English

On 19 December 2014, more than 100,000 Swiss voters submitted the so-called “Reparation Initiative”[1]. The necessary signatures were collected within barely more than half a year. Consequently, the Swiss people will decide on whether past injustices in the social constitutional state shall be investigated and reparations be paid also in Switzerland.

 

 

Historical reappraisal and memory cultures

The Reparation Initiative demands the reappraisal of the history of welfare-related coercive measures and foster care placements practiced in Switzerland up until the 1980s. The Initiative also demands financial compensation for the victims of such measures, whether they were children placed in institutions or in foster families (the latter were also called “thinged” children), or whether they even suffered forced sterilization or forced adoption. A victims fund of 500 million Swiss francs will be set up. It is noteworthy that, after the submission of the Reparation Initiative, already on 14 January 2015 the Federal Council made an extremely fast decision to work out an indirect counter-proposal and declared itself also in favor of financial compensations for the victims. This marks a significant step because federal policy thus in principle endorses the demand for historical reappraisal, for the documentation of past events, and for the acknowledgement of past injustices and compensation for the victims. The counter-proposal of the Federal Council differs mainly as regards the amount of financial compensations to be provided. As with so many reparation processes in the last few years and decades, the Reparation Initiative also has its roots in the memory culture. Those who suffered injustices have ben given a voice in public history. They have expressed their concerns in magazines like the “Beobachter”[2] (The Observer), have participated on panels as contemporary witnesses, and have appeared in documentaries and movies. One well-known example is “Der Verdingbub” (The hireling-boy), a touching movie about the welfare injustices “based on 100,000 true stories”[3]. These testimonies prepared the ground for political initiatives. Thus, the Governing Council of the Canton of Lucerne, for example, responded to public demands and mandated a historical-scientific reappraisal and examination of past events (the project was directed by Markus Furrer [4]).

Reparation: Uncertain outcome

Sometimes such reparation processes are initiated by politics or legislation. Thus, in the same week as the Swiss Federal Council dealt with the Reparation Initiative, the Chief Prosecutor of the International Criminal Court in The Hague, Fatou Bensouda, opened a preliminary investigation on the situation in Palestine and on possible war crimes .[5] The Chief Prosecutor will examine the present situation in the region as well as past events. It seems that the bombardment of the Gaza Strip by the Israeli army in summer 2014 will also be investigated. According to the Palestinian Ministry of Health, 2,230 people lost their lives at the time and approximately 11,000 inhabitants of the Gaza Strip were said to be injured. Failing a court ruling, however, no official investigation can be initiated. It is uncertain, however, whether the investigative process will move beyond reappraisal and documentation to the next two phases of Reparation – the acknowledgement of past injustices and financial compensation from the victims. This is due to the limited powers of the International Criminal Court. Only perpetrators who are nationals of a state which has ratified the establishment of the Criminal Court can be prosecuted. So far 123 states, including Switzerland, have done so, not however states which either take into account genocide, crimes against humanity or war crimes to achieve their political goals, or which do not support the International Criminal Court for other reasons. Countries which have not so far ratified the statute include the US, Russia, the People’s Republic of China, North Korea, Israel, Syria, and Sudan.

A topic for history teaching?

The International Criminal Court and reparation stand for the concern to create a fairer world and to atone for injustices committed. How past injustices are dealt with is hardly ever discussed in history classes. Very seldom do I see the topic of reparation debated during my many class visits. Concrete cases are presented and discussed only in very few history textbooks,[6] and the International Criminal Court does not appear in any of the history curricula that I have analyzed. But it is precisely the acknowledgement and reparation of past injustices which presents one of the best learning opportunities. Hardly any other topic lends itself so well to demonstrating how important a systematic and conscious approach to the interactions between content analyses, content judgments, and value judgments is. What is more, various historical-didactical principles, for instance, the relevance of the past to the present or the future, are very well suited to studying concrete cases. Eventually, successful reparation processes evidence which positive developments can be triggered if history and memory cultures mutually stimulate each other and create a fruitful exchange. And what better goal could there be for history teaching than revealing how people fight for a more equitable present and future by dealing with the past?

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Literature

  • Markus Furrer et al, (eds.), ‘Kindheit ohne eigene Familie. Fürsorge und Zwang: Fremdplatzierung von Kindern und Jugendlichen in der Schweiz 1850–1980 / Entre assistance et contrainte: le placement des enfants et des jeunes en Suisse 1850–1980′. Itinera 36. Basel: Schwabe 2014.
  • Peter Gautschi/ Helmut Meyer, ‘Vergessen oder Erinnern? – Völkermord in Geschichte und Gegenwart’. Zurich: Lehrmittelverlag des Kantons Zürich 2001.
  • Dan Diner/ Gotthart Wunberg, ‘Restitution and Memory. Material Restoration in Europe’. New York/ Oxford: Berghahn Books 2007.

 

External links

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[1] The initiative committee’s website includes some further information and also victims stories : http://www.wiedergutmachung.ch/home/ (last accessed 23.01.2015).
[2] The “Beobachter” traditionally fights for the rights of the victims of administrative arbitrariness and gives them a voice. Thus, it revealed the unlawful activities of the aid organization «Kinder der Landstrasse» (children of the country road) which robbed the Jenisch of their children. At a political level, it fought for the rights of crime victims by launching a referendum that resulted in the passing into law of the Swiss Victim Assistance Act. And it has significantly influenced the debate about how to deal with victims of welfare-related coercive measures for decades: http://www.beobachter.ch/dossiers/dossier-fremdplatziert/ (last accessed 23.01.2015).
[3] Tagline on the movie website: http://www.verdingbub.ch/index.php?option=com_content&view=frontpage&Itemid=201 (last accessed 23.01.2015).
[4] Martina Akerman/ Markus Furrer/ Sabine Jenzer, ‘Bericht Kinderheime im Kanton Luzern im Zeitraum von 1930-1970′. Download under: http://www.phlu.ch/fileadmin/media/phlu.ch/ab/fw/s1/Schlussbericht_Kinderheime_Luzern_01.pdf (last accessed 23.01.2015).
[5] http://www.icc-cpi.int/en_menus/icc/press%20and%20media/press%20releases/Pages/pr1083.aspx (last accessed 23.01.2015).
[6] The history textbook “Hinschauen und Nachfragen” is an exception. It dedicates an entire chapter to “the acknowledgement and reparation of past injustices”. Barbara Bonhage et al., ‘Hinschauen und Nachfragen – Die Schweiz und die Zeit des Nationalsozialismus im Licht aktueller Fragen’. Zurich: Lehrmittelverlag des Kantons Zürich 2006.

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Image Credits
© Gottfried Keller Foundation, Berne. Bernese Foundation of Photography, Film and Video, Museum of Fine Arts Berne, Deposit Gottfried Keller Foundation. Boys in front of the home director. Boy’s Educational Home  Oberbipp, Canton of Berne, 1940. Photo: Paul Senn.

Recommended Citation
Gautschi, Peter: Time for Reparation. In: Public History Weekly 3 (2015) 5, DOI: dx.doi.org/10.1515/phw-2015-3448.

Copyright (c) 2015 by De Gruyter Oldenbourg and the author, all rights reserved. This work may be copied and redistributed for non-commercial, educational purposes, if permission is granted by the author and usage right holders. For permission please contact: elise.wintz (at) degruyter.com.

Deutsch

Am 19.12.2014 haben über 100.000 Schweizer StimmbürgerInnen die so genannte “Wiedergutmachungs-Initiative” eingereicht.[1] Die nötigen Unterschriften wurden in gut einem halben Jahr gesammelt. Damit wird das Volk darüber befinden, ob auch in der Schweiz vergangenes Unrecht im sozialen Rechtsstaat untersucht und entschädigt werden soll.

 

 

Aufarbeitung und Erinnerungskulturen

Die Wiedergutmachungsinitiative fordert eine Aufarbeitung der Geschichte der fürsorgerischen Zwangsmassnahmen und Fremdplatzierungen, die in der Schweiz bis in die 1980er Jahre praktiziert wurden, und sie verlangt eine finanzielle Entschädigung für all diese Opfer, seien sie nun Heim- oder Verdingkinder gewesen oder gar zwangssterilisiert oder zwangsadoptiert worden. Für solche Opfer sollen 500 Millionen Franken in einem Fonds bereitgestellt werden. Bemerkenswert ist, dass der Bundesrat ausserordentlich schnell nach Eingabe der Initiative bereits am 14. Januar 2015 entschieden hat, einen indirekten Gegenvorschlag zur Wiedergutmachungsinitiative auszuarbeiten und sich wie die Initiative ebenfalls für finanzielle Leistungen zugunsten der Geschädigten ausspricht. Das ist ein bedeutsamer Schritt, weil damit von bundespolitischer Seite her sowohl die Forderung nach Aufarbeitung und Dokumentation des Geschehenen als auch die Anerkennung des vergangenen Unrechts und Entschädigung für die Geschädigten grundsätzlich befürwortet werden. Der Gegenvorschlag des Bundesrates unterscheidet sich vor allem in der Höhe des bereitzustellenden Geldes für die Entschädigungen. Wie bei so vielen Wiedergutmachungsprozessen der letzten Jahre und Jahrzehnte ging auch hier die Initiative aus der Erinnerungskultur hervor. Menschen, die vom Unrecht betroffen waren, bekamen eine Stimme. Sie äusserten sich in Zeitschriften wie dem “Beobachter”[2], sie diskutierten auf Podien als Zeitzeugen jener Zeit, über sie wurden Dokumentar- und Spielfilme gedreht. Bekannt ist beispielsweise “Der Verdingbub”, der dieses Unrecht “basierend auf 100.000 wahren Geschichten”[3] emotional bewegend als Spielfilm inszenierte. Diese erinnerungskulturellen Zeugnisse bereiteten den Boden für politische Initiativen. So nahm beispielsweise der Luzerner Regierungsrat die Forderungen der Öffentlichkeit auf und beauftragte eine geschichtswissenschaftliche Aufarbeitung und Sichtbarmachung der Geschehnisse unter Leitung von Markus Furrer.[4]

Wiedergutmachung: Unsicherer Ausgang

Manchmal werden solche Wiedergutmachungsprozesse auch von politischer oder juristischer Seite her angestossen. So hat in derselben Woche, in der sich der Schweizer Bundesrat mit der Wiedergutmachungsinitiative beschäftigt hat, die Chefanklägerin des Internationalen Strafgerichtshofes in Den Haag, Fatou Bensouda, eine Voruntersuchung zur Situation in Palästina und zu möglichen Kriegsverbrechen eröffnet.[5] Die Chefanklägerin wird nun zunächst Informationen zur Lage in dem Gebiet prüfen. Sie will also sichtbar machen, was in diesem Gebiet geschieht und in den letzten Jahren geschehen ist. Untersucht wird offenbar auch der Beschuss des Gazastreifens durch die israelische Armee im Sommer 2014. Dabei kamen nach Angaben des palästinensischen Gesundheitsministeriums 2.230 Menschen ums Leben. Rund 11.000 Einwohner des Gazastreifens seien verletzt worden. Für die Einleitung eines offiziellen Ermittlungsverfahrens muss es allerdings einen richterlichen Beschluss geben.
Ob dieses Verfahren in Palästina aus der Phase der Aufarbeitung und Dokumentation des Geschehenen zu den nächsten beiden Phasen von Wiedergutmachung, nämlich zur Anerkennung des vergangenen Unrechts und zur Entschädigung für die Geschädigten vorankommt, ist unsicher. Das hängt damit zusammen, dass der Internationale Strafgerichtshof eine begrenzte Macht hat. Er kann nur gegen Täter ermitteln, die einem Staat angehören, der die Grundlage des Strafgerichtshofs ratifiziert hat. Bisher haben das immerhin 123 Staaten getan, unter ihnen auch die Schweiz, nicht jedoch Staaten, die entweder Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder Kriegsverbrechen in Kauf nehmen, um ihre politischen Ziele zu erreichen, oder andere Gründe angeben, wieso sie den Internationalen Strafgerichtshof nicht unterstützen wollen. Nicht ratifiziert haben das Statut Länder wie zum Beispiel die USA, Russland, Volksrepublik China, Nordkorea, Israel, Syrien, Sudan.

Ein Thema im Geschichtsunterricht?

Strafgerichtshof und Wiedergutmachung stehen für die Anliegen, eine gerechtere Welt zu schaffen und begangenes Unrecht zu sühnen. Im Geschichtsunterricht wird dieser spezifische Umgang mit Vergangenheit jedoch kaum behandelt. Ganz selten sehe ich bei meinen vielen Unterrichtsbesuchen die Behandlung von Wiedergutmachung. Nur in wenigen Schulgeschichtsbüchern werden konkrete Fälle vorgestellt und besprochen,[6] und der Internationale Strafgerichtshof taucht in keinem der Geschichtslehrpläne auf, die ich analysiert habe. Dabei wäre gerade die Beschäftigung mit der Anerkennung und Wiedergutmachung von vergangenem Unrecht eine der besten Lerngelegenheiten für historisches Lernen. Bei diesem Thema ist es wie bei kaum einem anderen möglich, SchülerInnen aufzuzeigen, wie wichtig ein systematisches und bewusstes Zusammendenken von Sachanalyse, Sachurteil und Werturteil ist. Darüber hinaus drängen sich eine Reihe von geschichtsdidaktischen Prinzipien, so etwa Gegenwarts- und Zukunftsbezüge, bei vielen konkreten Fällen geradezu auf. Schließlich belegen gelungene Wiedergutmachungsprozesse, welch positive Entwicklungen in Gang gesetzt werden können, wenn Geschichtswissenschaft und Erinnerungskulturen sich gegenseitig anregen und befruchten. Und welch besseres Ziel gibt es für Geschichtsunterricht als aufzuzeigen, wie sich Menschen mit Hilfe ihre Beschäftigung mit der Vergangenheit für eine gerechtere Gegenwart und Zukunft einsetzen?

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Literatur

  • Furrer, Markus u.a. (Hrsg.): Kindheit ohne eigene Familie. Fürsorge und Zwang: Fremdplatzierung von Kindern und Jugendlichen in der Schweiz 1850–1980 / Entre assistance et contrainte: le placement des enfants et des jeunes en Suisse 1850–1980. Itinera 36. Basel 2014.
  • Gautschi, Peter / Meyer, Helmut: Vergessen oder Erinnern? – Völkermord in Geschichte und Gegenwart. Zürich 2001.
  • Diner, Dan / Wunberg, Gotthart: Restitution and Memory. Material Restoration in Europe. New York / Oxford 2007.

Externer Link

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[1] Die Website des Initiativkomitees enthält eine Reihe von weiterführenden Informationen und auch Geschichten von Betroffenen: http://www.wiedergutmachung.ch/home/ (zuletzt am 23.1.2015).
[2] Der ‚Beobachter‘ setze und setzt sich traditionell für die Opfer behördlicher Willkür ein und gibt ihnen eine Stimme. So deckte er die Machenschaften des Hilfswerks «Kinder der Landstrasse» auf, das Jenischen ihre Kinder entriss. Politisch machte er sich für die Opfer von Straftaten stark, indem er per Volksinitiative das Opferhilfegesetz durchsetzte. Und er hat die Debatte über den Umgang mit den Opfern von fürsorgerischen Zwangsmassnahmen über Jahrzehnte wesentlich mitgeprägt: http://www.beobachter.ch/dossiers/dossier-fremdplatziert/ (zuletzt am 23.01.2015).
[3] Werbezitat auf der Homepage des Films: http://www.verdingbub.ch/index.php?option=com_content&view=frontpage&Itemid=201 (zuletzt am 23.01.2015).
[4] Martina Akerman / Markus Furrer / Sabine Jenzer: Bericht Kinderheime im Kanton Luzern im Zeitraum von 1930-1970. Download unter: http://www.phlu.ch/fileadmin/media/phlu.ch/ab/fw/s1/Schlussbericht_Kinderheime_Luzern_01.pdf (zuletzt am 23.01.2015).
[5] http://www.icc-cpi.int/en_menus/icc/press%20and%20media/press%20releases/Pages/pr1083.aspx (zuletzt am 23.01.2015).
[6] Die Ausnahme ist das Schulgeschichtsbuch „Hinschauen und Nachfragen“. Hier befasst sich ein ganzes Kapitel mit der “Anerkennung und Wiedergutmachung von vergangenem Unrecht”. Barbara Bonhage u.a.: Hinschauen und Nachfragen – Die Schweiz und die Zeit des Nationalsozialismus im Licht aktueller Fragen. Zürich 2006.

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Abbildungsnachweis
© Gottfried Keller-Stiftung, Bern. Bernische Stiftung für Fotografie, Film und Video, Kunstmuseum Bern, Depositum Gottfried Keller-Stiftung. Buben vor dem Heimleiter. Knabenerziehungsheim Oberbipp, Kanton Bern, 1940. Foto: Paul Senn.

Empfohlene Zitierweise
Gautschi, Peter: Zeit für Wiedergutmachung. In: Public History Weekly 3 (2015) 5, DOI:dx.doi.org/10.1515/phw-2015-3448.

Copyright (c) 2015 by De Gruyter Oldenbourg and the author, all rights reserved. This work may be copied and redistributed for non-commercial, educational purposes, if permission is granted by the author and usage right holders. For permission please contact: elise.wintz (at) degruyter.com.

The post Time for Reparation appeared first on Public History Weekly.

Quelle: http://public-history-weekly.oldenbourg-verlag.de/3-2015-5/time-reparation/

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Die ersten Suchmaschinen als „großer Wurf“

Ja sehr schön, in einer in der morgigen Jungen Welt erscheinenden Besprechung der ersten Suchmaschinen kommt der Rezensent Frank Ufen zu folgendem Schluss: Man kann darüber streiten, ob es sinnvoll ist, mit Tantner die Adressbüros als die Suchmaschinen des analogen Zeitalters zu bezeichnen. Nicht zu bezweifeln sind jedoch die Qualitäten dieses Buchs. Ihm ist ein großer Wurf gelungen.

Quelle: http://adresscomptoir.twoday.net/stories/1022399555/

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Griechisch, Hebräisch und Koptisch stressfrei schreiben

Im Proseminar werde ich häufiger gefragt, wie man mit den gängigen Textverarbeitungsprogrammen am besten griechische Texte verfasst und welche Zeichensätze dafür geeignet sind. Ich gestehe, dass es ganz stressfrei nicht immer geht; aber in manchen Fällen gibt es doch recht gute Hilfsmittel, die einem die Arbeit enorm erleichtern können. Wer weitere oder gar bessere Tipps parat hat als die, die ich hier präsentiere, nutze bitte die Kommentarfunktion. Für jede neue Idee bin ich dankbar. Tipp 1: Der einfachste Fall Wer nur griechischen oder hebräischen … Griechisch, Hebräisch und Koptisch stressfrei schreiben weiterlesen

Quelle: http://grammata.hypotheses.org/1245

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Quelle: http://grammata.hypotheses.org/1245

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