Spaß am Lernen? Brauchen wir nicht! Sagt das Bayerische Kultusministerium

LiebermannIch schreibe für meine Diss gerade zum Zusammenhang zwischen positiven Erlebnissen und Lernen – z.B. während des Spielens – da fällt mein Blick auf einen Zeitungsartikel, den mir meine Freundin gestern mitgebracht hat: „Ein Hoch auf den Frontalunterricht“ von Tina Baier. Sie nimmt den Artikel „Die zehn populärsten Irrtümer der Pädagogik“ der Zeitschrift „Schule&Wir“, (S. 4-7), die vom Bayerischen Kultusministerium herausgegeben wird, aufs Korn. Frau Baier regt sich zu Recht auf und mir kommt auch die Galle hoch. Nicht das der Artikel des Ministeriums grundsätzlich falsch ist, aber vieles ist platt, einseitig und bewusst verzerrt formuliert.

Es ist aber auch zu blöd, dass Schulen mit einem reformpädagogischen Ansatz bei Eltern so beliebt sind. In Zeiten sinkender Schülerzahlen muss man sich was einfallen lassen und da ist es zunächst mal am einfachsten, den „Gegner“ schlecht zu machen.

Zu dumm, dass am Ende des ministerialen Artikels nur Tipps zum Weiterlesen von verärgerten Lehrern (Wisniewski und Vogel, sh. hier) und einer Journalistin aufgeführt sind. Wenn ich Ministerium wäre, würde ich renommierte Wissenschaftler als Leseempfehlung geben. Und es ist jetzt schon wieder ziemlich blöd, die renommierten Wissenschaftler, wie Gerhard Roth, Gerald Hüther und Manfred Spitzer sagen allesamt so ziemlich das Gleiche. Und das steht dem Inhalt des Artikels in “Schule&Wir” in vielen Punkten zugegen.

Zumindest wären die genannten Herren in der Lage, relevante Irrtümer, die es im pädagogischen Bereich gibt, auf dem Stand der Forschung zu diskutieren. Und zwar in einer Art und Weise, die den Intellekt mitdenkender Eltern nicht beleidigt.

Demokratische Bürger sind unbequem

Aber es doch klar, warum das Kultusministerium Spaß am Lernen und Lob argwöhnisch betrachtet und Noten, Sitzenbleiben sowie Frontalunterricht propagiert: Der Staat schafft sich seine Bürger selbst. Und wo kämen wir hin, wenn sich in der Schule Demokratie breit machen würde? Demokratie ist für den Bürger nur in geringen Dosen gut, gerade eben so viel, dass er den Eindruck hat, in einer zu leben. Mehr nicht. Wirklich demokratisch erzogene Bürger sind unbequem und außerdem: Vielleicht hat der Staat Angst, dass ihm letztendlich die CSU-Wähler wegbrechen?

Die Parolen, mit denen heute das Bayerische Kultusministerium wirbt, wie „Ohne Fleiß kein Preis“, sind nicht nur längst überholt, sie sind zutiefst demokratiefeindlich. Ich meine damit nicht, dass Faulheit gut ist. Aber Fleiß von außen als Parole anzusetzen, zu propagieren, dass nur der Fleißige gut sein kann, weil er eine Eins schreibt und damit einen Wert hat, ist überholt. Hat man im Ministerium schon einmal davon gehört, dass „Fleiß“ bei Interesse der Schüler einfach da ist? Nur hat diese Bereitschaft der Mitarbeit eher die Ausprägung von „Engagement“ oder „begeisterter Mitarbeit“. So etwas zu schaffen, ist einem demokratischen Lehrer möglich!

Reformpädagogik hat alte Wurzeln

Interessant finde ich, wie weit und erfolgreich viele reformpädagogische Ansätze, wie Montessori, die Individualpsychologie nach Alfred Adler, die Heilpädagogik und Gruppenpädagogik bereits im Wien der 1920er und 30er Jahre, also vor dem 2. Weltkrieg und der NS-Zeit, waren. Die Stadt war zu der Zeit maßgeblich in Fragen des Unterrichts sowohl für inländische als auch für ausländische Besucher. Hier zwei Zitate von Rudolf Dreikurs, einem Schüler Alfred Adlers. Die Erstauflage des Buches kam 1971 heraus und hat nichts an Aktualität eingebüßt:

“In einer Epoche, in der alle außer den Privilegierten soziale Gleichberechtigung verlangen, wird die Anmaßung derer, die sich zu Bonbon- und Prügelverteilern machen möchten, einfach nicht mehr akzeptiert. Es ist einigermaßen grotesk, daß wir zwar selbst durchaus negativ auf solche anmaßenden Methoden reagieren, trotzdem aber versuchen, sie in der Erziehung unserer Kinder anzuwenden.” [...]

“Unsere Schwierigkeiten entstehen daraus, daß wir nicht fähig sind, als Gleiche miteinander zu leben. Wir müssen neue Methoden und Einstellungen entwickeln – innerhalb der Familie, im Schulleben, in der Wirtschaft und in der Politik.

Wir sind noch immer mit einer autokratischen Tradition beladen, und es gelingt uns nicht, uns davon zu lösen. In der allgemeinen Wirrnis, die daraus entsteht, können wir nicht tun, wozu wir durchaus imstande wären, nämlich eine soziale Atmosphäre, innerhalb der sich die Demokratie entwickeln kann, zu schaffen und das trotz der Verhältnisse, die sie hemmen.“  

Literatur: Rudolf Dreikurs: Selbstbewußt. Die Psychologie eines Lebensgefühls. Soziale Gleichwertigkeit und innere Freiheit, 3. Auflage 1990, S. 31 und S. 222

Bild: Max  Liebermann: Nähschule (Arbeitssaal) im Amsterdamer Waisenhaus – 2.Fassung, 1876-1877, Ort: Wuppertal, Von-der-Heydt-Museum, Bildquele: www.artigo.org

Quelle: http://games.hypotheses.org/1675

Weiterlesen

Paris zur Zeit der Belle Époque: die Ausstellung “Paris 1900” im Petit Palais

Foto 1Das Petit Palais an den Champs-Elysées wurde neben dem Grand Palais als prächtiger Ausstellungspalast für die Weltausstellung 1900 errichtet und dient heute als Museum. Derzeit werden dort bis zum 17. August 2014 in der Ausstellung “Paris 1900, la ville spectacle” über 600 Exponate gezeigt und Besucherinnen und Besucher in das Paris der Jahrhundertwende, die Zeit der Belle Époque, zurückversetzt. Das Petit Palais alleine lohnt schon einen Besuch, denn es repräsentiert bestens die Zeit des Fortschrittsoptimismus, der technischen Neuerungen und den Stil und die Eleganz des Pariser Lebens um 1900.

Foto 2Gezeigt werden in sechs thematischen Abschnitten Gemälde, Kunstgegenstände, Poster, Skulpturen, Fotografien, die ersten Filme der Gebrüder Lumière sowie Möbel, Schmuck und Kostüme. Das ist insgesamt sehr klassisch, transportiert aber dennoch überzeugend die quirlige Atmosphäre und die Aufbruchsstimmung, die anlässlich der damaligen Weltausstellung geherrscht haben muss. Über 51 Millionen Besucherinnen und Besucher kamen damals aus aller Welt nach Paris. Darunter waren auch viele deutsche Dienstmädchen, die sich zu dieser Zeit in Paris in Stellung oder auf Arbeitssuche befanden. Die Weltausstellung taucht in den Archiven und Dokumenten immer wieder auf, so z.B., weil im Jahr 1900 die Übernachtungszahlen des protestantischen Dienstmädchenheims zum ersten Mal rückläufig waren. Nach der gültigen Hausordnung des Heims, durften die jungen Frauen nach dem Abendessen um 19 Uhr das Haus nicht mehr verlassen. Sie wollten aber unbedingt zur Weltausstellung gehen und suchten und fanden also andere Unterkünfte, die ihnen größere Freiheiten erlaubten1.

Drei Bahnhöfe (Gare de Lyon, d’Orsay und Invalides) waren eigens für die Weltausstellung 1900 gebaut sowie die erste Metrolinie fertig gestellt worden. Nur ein Jahr zuvor war die Dreyfusaffäre mit der Begnadigung von Alfred Dreyfus zwar noch nicht vollständig beendet, aber zumindest beruhigt worden. Aufgrund der internationalen Proteste nach der zweiten Verurteilung des jüdischen Offiziers wäre es beinahe zu einem internationalen Boykott der anstehenden Weltausstellung in Paris gekommen. Erst die Begnadigung im Herbst 1899 sorgte dafür, dass die Weltausstellung zu einem internationalen Erfolg werden konnte.

Foto5Die heutige Ausstellung im Petit Palais führt Besucherinnen und Besucher durch die Abschnitte “Paris, vitrine du monde”, eben jener Weltausstellung von 1900 gewidmet, das Paris des “Art Nouveau”, gefolgt vom Paris der Kunstszene, “Der Mythos der Pariserin” und “Paris bei Nacht”, mit den Abschnitten zur Theater- und Kabarettszene, und dem Abschnitt von den Cafés-concerts über Zirkus bis hin zu den Freudenhäusern am Montmartre.

Der Mythos der “Belle Époque” dauert bis heute an, und das nicht nur, weil unmittelbar im Anschluss an diese – zumindest bürgerliche – Leichtigkeit das Grauen des Ersten Weltkriegs folgte, sondern auch, weil darin eine tatsächliche kulturelle Mischung zum Ausdruck kommt, auf deren ungleiche Kräfte die Ausstellung hinweisen will, so das Programmheft. Ein Besuch ist zwar beim Einlass stets mit Wartezeiten verbunden, wird aber allen, die sich für Paris und die Belle Époque interessieren, uneingeschränkt empfohlen.

Wer nicht nach Paris kommen kann, hat die Möglichkeit, sich mit diesem Video zu trösten, das einen Eindruck von der Ausstellung bietet (mit französischen Kommentaren von Christophe Leribault).

Exposition Paris 1900 – Petit Palais von paris_musees

 

Ausstellung im Petit Palais
vom 2.4.2014-17.8.2014,
Dienstag-Sonntag 10h00-18h00
Donnerstags 10h00-20h00

http://www.petitpalais.paris.fr/fr

Fotos (M. König):

1) Das Petit Palais

2) Der Eingang der Ausstellung

3) Blick in die Ausstellung: der Abschnitt zu Theater und Kino

  1. Vgl. Mareike König, Bonnes à tout faire: Deutsche Dienstmädchen in Paris um 1900, in: Dies. (Hg.), Deutsche Handwerker, Arbeiter und Dienstmädchen in Paris. Eine vergessene Migration im 19. Jahrhundert, München 2003, S. 69-92, hier S. 88, online: http://daten.digitale-sammlungen.de/~db/0004/bsb00044758/images/index.html?fip=193.174.98.30&seite=69&pdfseitex=.

Quelle: http://19jhdhip.hypotheses.org/1885

Weiterlesen

Die Hume’sche Regel: Barbara Kirchner im Interview

Ich leite keine Ziele aus Analysen ab, weil das gegen die schöne Hume’sche Regel, »Man kann aus einem Sein kein Sollen ableiten«, verstößt und weil historisch gesehen Verstöße gegen diese Regel immer zu idealistischem Quatsch führen. Ich habe die Interessen, die Forderungen, dass keine soziale Ungleichbehandlung aufgrund von kulturellen, biologischen, religiösen, ästhetischen oder weiß der Teufel welchen Geschlechterunterscheidungen geschehen darf, zur Analyse schon mitgebracht, da sehe ich dann, wo die Probleme liegen, warum die Forderungen noch nicht erfüllt sind.

Barbara Kirchner hat viele Hüte, sie ist Professorin für theoretische Chemie, Feministin, Marxistin, gemeinsam mit Dietmar Dath Autorin des Theorie-Werks "Implex" und wurde nun von der Jungle World interviewt.

Quelle: http://adresscomptoir.twoday.net/stories/948989930/

Weiterlesen

aventinus nova Nr. 48 [28.07.2014]: „Revolution“ in der Bildung. Frauen an die Universitäten: 2. Hälfte 19. Jhd. bis zum 1. Weltkrieg [=historia.scribere 1 (2009), S. 239–365]

The following paper is about female students at German and Austrian universities between 1850 and 1918. It describes problems and barriers which existed for female students in this period and the long way until women were allowed to study at German and Austrian universities. http://bit.ly/1pvj3f2

Quelle: http://www.einsichten-online.de/2014/07/5271/

Weiterlesen

Guck mal, wer da bloggt 14! Blogs bei de.hypotheses.org

Man Blogging, after Gabriel MetsuUnd täglich grüßt der Blog-Eintrag! Weblogs sind buchstäblich so alt wie das World Wide Web: dessen Begründer Tim Berners-Lee hat nämlich die Entstehung des weltverändernden virtuellen Netzes auf einer Seite tagebuchähnlich dokumentiert (Woher ich das weiß? Hier her). Wir wissen inzwischen alle, dass ‘Weblog’ der englische Begriff für ‘Internettagebuch’ ist und Blog nur eine Abkürzung, die aber inzwischen schon einen Eintrag im Duden erfordert, ebenso wie das daraus entstandene Verb ‘bloggen’. Bloggen kann und darf jeder, der möchte und so gibt es unzählige Plattformen, die einem die Möglichkeit bieten, Mitglied der Blogger-Kultur zu sein. Bei hypotheses.org steht die Wissenschaft im Vordergrund und immer mehr Angehörige der akademischen Welt entdecken die öffentlich-digitale Dokumentation für sich. Die neuesten Mitglieder sollen hier vorgestellt werden.

Eine Liste vergangener Vorstellungen von Blogs aus unserem Kreis ist am Ende dieses Textes zu finden. Die gesamten hypotheses-Blogs sind im Katalog von OpenEdition, der hier einsehbar ist, verzeichnet.

 

Post it!

 

Grámmata – BIBELwissenschaftliches SAMMELSURIUM

Grámmata ist nicht das erste Blog des Doktoranden Michael Hölscher, der an der Universität Mainz in katholischer Theologie promoviert. Schon zu seinem Auslandsaufenthalt 2012 an der University of Edinburgh bloggte der Wissenschaftler fleißig. Das merkt man dem Konzept des hypotheses-Blogs auch an: Der (Arbeits-)Alltag spielt hier eine ebenso große Rolle wie das wissenschaftliche Interesse. Was hinter dem Begriff ‘Grámmata’ steckt und was ein junger Theologe eigentlich so über Gott und die Welt denkt, kann man hier herausfinden.

Erinnern in Speyer 1933-1945

Was einem als Erstes an diesem Blog auffällt, ist, dass es irgendwie anders aussieht als die meisten anderen innerhalb unserer Community. Das liegt wohl daran, dass es als “virtuelles Gedenkbuch” dienen soll und somit das Format des Weblogs als allseits zugängliches Medium ausnutzt. Diese Zugänglichkeit verweist einerseits auf den Öffentlichkeitsaspekt des World Wide Webs, andererseits auf die Verständlichmachung einer Thematik wie Zwangsarbeit und das Schicksal von Juden im Zweiten Weltkrieg. Im Stadtarchiv Speyer hat man die dazu vorhandenen Daten digitalisiert, um im Rahmen des Gedenkbuchs ebenjene Verstorbene zu würdigen.

Mittelalter am Oberrhein

Nicht nur einzelne Doktoranden, sondern auch Projekte an Universitäten machen einen Großteil unserer Blog-Gemeinschaft aus. Die Abteilung Landesgeschichte der Universität Freiburg gehört seit Anfang diesen Jahres ebenfalls dazu. Hier steht die oberrheinische Region im Zentrum der Aufmerksamkeit, die unter mediävistisch-historischer Perspektive in Augenschein genommen wird. Nicht nur Projekte der Abteilung, sondern ebenso Veranstaltungshinweise, relevante Publikationen und Zeitschriften finden hier Erwähnung.

Schmelztiegel Hoyerswerda? – Migrationen im städtischen Gedächtnis einer post-sozialistischen Kommune

K. Erik Franzen bloggt über seinen Zuständigkeitsbereich innerhalb des Projektes “Die Transformation der Erinnerung” des Collegium Carolinum und beschäftigt sich mit Zwangsmigration und Erinnerungskultur der sächsischen Stadt Hoyerswerda. Der promovierte Historiker stellt Ergebnisse seiner Forschungen vor und informiert über lokale Veranstaltungen zum Thema. Inspiriert zu der Auseinandersetzung mit Hoyerswerda hat ihn übrigens Claudia Schiffer. Tatsache!

Dada, Merz & Co.

Seine Begeisterung für die Avantgarde möchte der Doktorand Vladimir Alexeev mit der wissenschaftlichen Blogger- und Blog-rezipierenden Gemeinschaft teilen. Wer selbst Wissenschaftler ist, kennt das Problem, dass man nicht immer alle Gedanken ansprechen und Funde, die faszinieren, in die akademische Arbeit aufnehmen kann. Diesen Abschweifungen hat Alexeev mit seinem Blog ein Auffangbecken geschaffen, in dem es sogar einen neuen Wochentag – den Merzwoch – gibt, der beliebig einen der bereits existierenden Wochentage ersetzt (aber nicht ausmerzt).

“Musik – wohin?” Das Musikleben der 1950er Jahre im Spannungsfeld von Fortschritt und Tradition

Auch Julia Zupancic hat sich dazu entschieden, ihr Dissertationsprojekt über ein hypotheses-Blog mit der (akademischen) Öffentlichkeit zu teilen. Die Musikwissenschaftlerin beschäftigt sich im Rahmen ihrer Doktorarbeit an der LMU München mit musikbezogenen Fortschrittsdiskursen im Deutschland der 1950er Jahre, einer Umbruchsdekade. Dabei geht es um die Kritik an klassischer Musik, ästhetische Ansprüche innerhalb der Musikkultur und den Fortschrittsgedanken in dem Bereich im Allgemeinen.

Filmedition & Filmvermittlung

Editionswissenschaften im digitalen Zeitalter – damit ist der Inhalt des Blogs wahrscheinlich am besten zusammengefasst. Auch wenn der Film dabei als Dokumentationsmedium im Zentrum steht und diesbezüglich Grundlagen vermittelt werden sollen, ist das Vorhaben ein interdisziplinäres. Die Beziehung von Analogem und Digitalem wird an diesem Beispiel besonders deutlich; so ist die multimediale Edition vor allem im Vergleich mit der monomedialen im akademischen Rahmen von Interesse. Kreiert wurde das Blog von Beteiligten des Masterstudiengangs Editionswissenschaften der FU Berlin. Die Inhalte beziehen sich zum Teil auf Lehrinhalte, werden aber so aufbereitet, dass die Thematik auch für Laien zugänglich ist.

 

Siehe auch

Mareike König, Guck mal, wer da bloggt! Neue Blogs bei de.hypotheses.org, in: Redaktionsblog, 24.4.2012. http://redaktionsblog.hypotheses.org/485

Mareike König, Guck mal, wer da bloggt 2! Neue Blogs bei de.hypotheses.org, in: Redaktionsblog, 11.6.2012. http://redaktionsblog.hypotheses.org/527

Mareike König, Guck mal, wer da bloggt 3! Neue Blogs bei de.hypotheses.org, in: Redaktionsblog, 27.8.2012. http://redaktionsblog.hypotheses.org/622

Inger Brandt, Guck mal, wer da bloggt 4! Neue Blogs bei de.hypotheses.org, in Redaktionsblog, 22.10.2012. http://redaktionsblog.hypotheses.org/732

Inger Brandt, Guck mal, wer da bloggt 5! Neue Blogs bei de.hypotheses.org, in: Redaktionsblog, 11.01.2013. http://redaktionsblog.hypotheses.org/875

Inger Brandt, Guck mal, wer da bloggt 6! Blogs bei de.hypotheses.org, in Redaktionsblog, 09.07.2013. http://redaktionsblog.hypotheses.org/1452

Inger Brandt, Guck mal, wer da bloggt 7! Blogs bei de.hypotheses.org, in: Redaktionsblog, 01.08.2013. http://redaktionsblog.hypotheses.org/1528

Inger Brandt, Guck mal, wer da bloggt 8! Blogs bei de.hypotheses.org, in: Redaktionsblog, 29.08.2013. http://redaktionsblog.hypotheses.org/1566

Sascha Foerster, Look Who‘s Blogging! Special edition – Blogs at de.hypotheses.org, in: Redaktionsblog, 09.09.2013. http://redaktionsblog.hypotheses.org/1628

Inger Brandt, Guck mal, wer da bloggt 10! Blogs bei de.hypotheses.org, in: Redaktionsblog, 09.01.2014. http://redaktionsblog.hypotheses.org/1861

Inger Brandt, Guck mal, wer da bloggt 11! Blogs bei de.hypotheses.org, in: Redaktionsblog, 21.03.2014. http://redaktionsblog.hypotheses.org/2207

Aline Possél, Guck mal, wer da bloggt 12! Blogs bei de.hypotheses.org, in: Redaktionsblog, 14.05.2014. http://redaktionsblog.hypotheses.org/2293

Aline Possél, Guck mal, wer da bloggt 13! Blogs bei de.hypotheses.org, in: Redaktionsblog, 04.07.2014. http://redaktionsblog.hypotheses.org/2294

 

Zum Blogportal: de.hypotheses.org

Twitter: @dehypotheses

Facebook: http://www.facebook.com/de.hypotheses.org

Google+: https://plus.google.com/b/108109041914328513586/108109041914328513586/posts

________________

Foto: [Man Blogging, after Gabriel Metsu, by Mike Licht, Lizenz CC BY 2.0]

Quelle: http://redaktionsblog.hypotheses.org/2295

Weiterlesen

Erklärung der DGS zu aktuellen Kampagnen der Diskreditierung und Diffamierung von Wissenschaftler_innen

Mit großer Sorge beobachten wir, dass Soziologinnen und Soziologen, die sich wissenschaftlich mit Themen der Geschlechter- oder Sexualitätsforschung beschäftigen, sich immer öfter mit sogenannten Hasskampagnen konfrontiert sehen. Derzeit werden einzelne Kollegen und Kolleginnen in sozialen Medien wie Facebook, in Blogs … Continue reading

Quelle: http://soziologieblog.hypotheses.org/7130

Weiterlesen

Herrschaftsstil – ein Konzept stellt sich zur Diskussion

 

Raute_der_Macht“Raute der Macht”, 21. Jahrhundert  (Quelle: Wikimedia Commons)

Politischer Erfolg wie auch dessen Ausbleiben sind nicht nur eine Frage von militärischer und wirtschaftlicher Kraft, sondern auch ganz wesentlich an die Frage der Legitimität des Handelns, aber auch an die Überzeugungskraft der Akteure gebunden. Dass ‘weiche’ Faktoren wie die Inszenierung einer Regierungschefin als inkarnierte Nüchternheit oder die Hervorhebung der Männlichkeit eines Staatspräsidenten als prägend und typisch für deren Politik verstanden wird, leuchtet für die Gegenwart schnell ein. Stilfragen – und diese umfassen u.a. Mimik, Gesten, performative wie architektonische Repräsentation, Rituale, spontanes Alltagshandeln – sind auch Machtfragen. Selbst eine an sich äußerst unspektakuläre Handhaltung (siehe links) kann gerade in der medialen Vermittlung zur Chiffre für einen ganzen Politikansatz werden, aber auch zur Vorlage für Eigenwerbung und zugleich Satire. Letztlich nötigt sie der Ausführenden sogar Versuche der Selbsterklärung ab.

Einer Mediävistik, die sich seit bald zwanzig Jahren mit Ritualen und symbolischer Kommunikation beschäftigt, mag das altvertraut klingen. Und doch gab es bisher erstaunlich wenig Beschäftigung mit Aspekten von Herrschaft im Spätmittelalter unterhalb der formalisierten Zeremonien und großen Inszenierungen. Die kleinen Gesten und Eigenarten prägten aber die Reputation, das Image wie das Nachleben spätmittelalterlicher Herrscher entscheidend mit. Und es lassen sich Übernahmen solcher Praktiken durch andere politische Entscheidungsträger nachweisen, nicht nur für die Gegenwart, sondern auch im Spätmittelalter.
Vor einem knappen Jahr beschäftigten sich auf einer Nachwuchskonferenz der Heidelberger Akademie v.a. jüngere Forscherinnen und Forscher mit herrschaftsbezogenen Stilfragen am Beispiel der luxemburgischen Dynastie. Aus dieser Kooperation von Historikern und Kunsthistorikern wird ein gemeinsamer Tagungsband hervorgehen, dessen Beiträge von dem noch in der Entwicklung begriffenen Konzept spezifischer Herrschaftsstile zusammengehalten werden.

Votivtafel Raudnitz - DetailAuch eine “Raute der Macht”? Zum Gebet gefaltete Hände Kaiser Karls IV.; Detail aus der Votivtafel des Prager Erzbischofs Jan Ocko z Vlasím, Roudnice, ca. 1370 (Praha, Národní galerie, Inv.-Nr. O 84)

Dieses Konzeptpapier wird hier als work-in-progress von seinen Autoren zur Diskussion gestellt. Wir erhoffen uns nicht nur Rückmeldungen von den Beiträgern des Sammelbandes, die über die Anwendbarkeit der theoretischen Überlegungen auf ihre konkreten Fallbeispiele berichten könnten, sondern von der ganzen mitlesenden Fachcommunity. Wir hoffen, dass der Umfang des Dokuments mit elf Seiten auch in der Ferienzeit bewältigbar ist. Insbesondere wären uns kritische Einschätzungen von Kunsthistorikern wichtig: Von dieser Schwesterdisziplin haben wir Autoren, in der Mehrheit Geschichtswissenschaftler, uns nicht wenig inspirieren lassen. Doch taugt der vorgestellt Ansatz wirklich für ein gemeinsame Betrachtung aus profan- wie kunstgeschichtlicher Perspektive? Mindestens eine Frage haben wir aber auch an die Historiker: Adressiert das Konzept auf eine neue Art, wie wir hoffen, tatsächlich eine Reihe von Einzelphänomen, aber auch deren interpretative Gesamtschau? Gibt es aus der eigenen Arbeit Beispiele, die die vorgestellten ÜBerlegungen an der konkreten Überlieferung erhärten könnten?

Wir freuen uns auf eine lebhafte Diskussion im Kommentarbereich, auch in der anstehenden Sommerpause.

Konzeptskizze zum Download als PDF

 

 

Quelle: http://mittelalter.hypotheses.org/4092

Weiterlesen

Ein “chinesisches” Porträt des Großen Kurfürsten und andere “Curiosa” [1685]

Unter den Ostasiatica-Digitalisaten der Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz findet sich unter der Signatur Libri sin. 19-2  ein “[Konvolut aus Holzschnittabdrucken], 1685″, das fünf Blätter enthält: zwei Exemplare von  大和貨重武圖像, ein Blatt mit chinesischen Zahlen und zwei Exemplare des “ 往生淨土呢” [Gebet der Reinen Land Sekte für die zukünftigen Leben" zusammen mit Abbildungen von Männer- und Frauenkleidung.

大和貨重武圖像 [dàhéhuózhòngwǔ túxiàng] zeigt Friedrich Wilhelm von Brandenburg (1620-1688), den Großen Kurfürsten – eine Abbildung, die (je nach Blickwinkel) zu den Zimelien oder zu den Kuriositäten gezählt werden kann:

Das (nicht unbedingt schmeichelhafte) Porträt ist mit chinesischen Schriftzeichen umrahmt.
Auf einem der beiden Exemplare dieses Drucks ist die Lesung der Schriftzeichen (in einer etwas merkwürdig anmutenden Transkription) angegeben, auf dem  anderen fehlt sie.[1]

Interessanter ist das Blatt mit chinesischen Zahlen:

Das Blatt zeigt- in Spalten von rechts oben nach links unten zu lesen – chinesische Zahlen, neben den Schrifzeichen jeweils die Zahlen mit arabischen Ziffern und die Lesung.
In der Spalte ganz links unten findet sich die Datierung “1685″:

一 ye
千chum
六 lo
百 pe
八 pa xe
五 û
年 nien

1685 wäre eigentlich:

一千 |  六百 | 八十 | 五 | 年
qiān | lìubǎi | bāshí | | nián
1000 | 600 | 80 | 5 | Jahr

Bei “80″wird  zwar korrekt “pa xe” [bā shí] transkribiert, allerdings ist nur das Schriftzeichen 八 [] gedruckt ist, nicht aber  十 [shí]. Dieses Schema zieht sich durch einen großen Teil der Liste: Ab “41″ fehlt das Schrifzeichen 十 [shí], ist aber in der Transkription berücksichtigt. Die einzige Ausnahme ist” 五十一 51 û xe ye”, hier ist das Schriftzeichen 十 [shí] abgedruckt und transkribiert.

Die Seite ist eine Art Probedruck für eine Seite der Sylloge Minutiarum Lexici Latino-Sinico-Characteristici[2] von Christian Mentzel (1622-1701) sein.  In diesem wohl ältesten gedruckten europäischen Lexikon chinesischer Schriftzeichen[3] findet sich eine “Tabula, exhibens numeros Sinicos, Characteribus eorum cum pronunciatione Sinica & numeris Europæorum expressos“:

Der ‘Probedruck’ und die Buchseite zeigen eine der Möglichkeiten, wie im siebzehnten Jahrhundert chinesische Schriftzeichen in Bücher integriert wurden[4]: Man behandelte den Block wie ein Bild. Überschriften und Spaltenüberschriften wurden ‘normal’ mit beweglichen Lettern gesetzt, die Tabelle wurde als Bild eingefügt.

  1. Zu dem Porträt:  Weltwissen : 300 Jahre Wissenschaften in Berlin ; [eine Ausstellung im Rahmen des Berliner Wissenschaftsjahres 2010. ... anlässlich der gleichnamigen Ausstellung im Martin-Gropius-Bau, Berlin, 24.9.2010 - 9.1.2011]. Hrsg. von Jochen Hennig und Udo Andraschke. (München: HIrmer 2010) 101.
  2. Christianus Mentzelius: Sylloge Minutiarum Lexici Latino-Sinico-Characteristici : Observatione sedula ex Auctoribus & Lexicis Chinensium Characteristicis eruta, inque Specimen Primi Laboris ulterius exantlandi Erudito & Curioso Orbi exposita (Norimbergae 1685. Digitalisate → Bibliotheca Sinica 2.0.
  3. Rolf Winau: “Sylloge Minutiarum Lexici Latino-Sinici-Characteristici. Christian Mentzels kleins Lateinisches Lexikon.” In: Acta Historica Leopoldina 9 (1975) 463-472.
  4. S.d azu den Abschnitt “Nicht typographisch realisierte chinesische Zeichen in europäischen Büchern (16.-18. Jahrhundert) – ein Überblick” In: Georg Lehner: Der Druck chinesischer Zeichen in Europa. Entwicklungen im 19. Jahrhundert (Wiesbaden: Harrassowitz 2004) 11-20.

Quelle: http://mindthegaps.hypotheses.org/1639

Weiterlesen

Zwischen Nationalstolz und Ideologie

Abb. 115 aus: Heinrich Schepelmann, Aufgaben und Organisation der Luftwaffe, in: Johannes Poeschel (Hrsg.), Ins Reich der Lüfte. Einführung in die Luftfahrt, 4. völlig neubearbeitete Auflage, Leipzig 1936.

Nach dem Ersten Weltkrieg gründeten ehemalige Militärpiloten und Beobachter[1] private Luftbildfirmen, um einerseits dadurch der drohenden Arbeitslosigkeit zu entgehen, andererseits die in der Bevölkerung und der Wissenschaft größtenteils unbekannte fotografische Sichtweise von oben kommerziell zu verwerten. 1919 entstanden die Luftbild G.m.b.H. sowie eine spezielle Abteilung innerhalb der Deutschen Luft-Reederei G.m.b.H., beide in Berlin.[2]

Anfänglich, aufgrund der Konfiskation der technischen Ausstattung durch die Alliierten, lediglich zu theoretischen Arbeiten gezwungen, konnten die Unternehmen erst mit der allmählichen politischen und wirtschaftlichen Konsolidierung – letztere vor allem durch die Währungsreform Ende 1923 bedingt – zur praktischen Betätigung übergehen. Folgend sollen hier die nichtwissenschaftliche Verwertung der entstandenen Schrägluftaufnahmen[3] in den Fokus gerückt und anhand von exemplarisch ausgewählten zeitgenössischen Publikationen die Entwicklungstendenzen dargestellt werden.[4]

Die Luftbild G.m.b.H. publizierte als Erste im hier betrachteten Zeitraum ein Album mit zwölf Kupfertiefdrucktafeln, das unkommentiert bekannte Bauwerke Berlins aus der Luft präsentierte.[5] 1924 erschien ein Buch, herausgegeben von Paul Kaufmann, in dem erstmals Luftbilder illustratorisch den Text über die zu diesem Zeitpunkt noch besetzten Westgebiete an Rhein, Ruhr und Saar ergänzten.[6] Die vier Aufnahmen sollten zusammen mit dem auf die Hervorhebung der gemeinsamen Geschichte abzielenden Text sowie weiteren 24 Fotografien die kulturelle und wirtschaftliche Bedeutung der Regionen für Deutschland vor Augen führen. Deshalb zeigten drei der Luftaufnahmen als Symbole für den umfassenden Wandel und das einende, das identitätsstiftende Charakteristikum dieser Regionen moderne Zechen (Abb. 1).

Tafel 6 aus dem Werk: Paul Kaufmann (Hrsg.), 1000 Jahre Deutschtum an Rhein/ Ruhr/ Saar, Berlin 1924.

Tafel 6 aus dem Werk: Paul Kaufmann (Hrsg.), 1000 Jahre Deutschtum an Rhein/ Ruhr/ Saar, Berlin 1924.

Ebenso wie das Werk „Deutschland aus der Vogelschau“[7] von Erich Ewald mit 250 Luftaufnahmen wollte auch Kaufmanns Publikation vermitteln, wie stolz die Deutschen auf diese von ihnen geschaffenen Landschaften sein konnten. Diese Bücher lassen sich somit als Versuch interpretieren, den deutschen Lesern ihren Nationalstolz zurückzugeben. Schließlich hatten die hohen Reparationsforderungen und die Demütigung des verlorenen Kriegs Spuren am Selbstwertgefühl der Bevölkerung hinterlassen.

Zur emotionalen Stärkung zielten die Ausführungen Ewalds daher auf die Vermittlung eines gemeinsamen historischen Erbes: „Auch in unserer Zeit soll der Gedanke lebendig bleiben, daß eins uns alle zusammenschließt: Heimat und Volk.“[8] Vor allem das Wesen des Deutschen und seine kulturellen Ambitionen hätten in Jahrhunderten zu den morphologischen Veränderungen der Landschaften geführt, die geografisch bedingt unterschiedliche Resultate zeitigen würden. Durch diese Kontextualisierung protestierte man in den Büchern metaphorisch gegen die fremden Besatzer sowie den Deutschland auferlegten Versailler Vertrag und appellierte an den Durchhaltewillen der Bevölkerung. Gleichzeitig wurden die Fotografien durch die Verknüpfung mit pathetischen Texten in der redaktionellen Gestaltung stark emotionalisiert: „Eine riesenhafte Aufgabe wächst aus diesen Bildern hervor in unser Herz: Deutschland!“[9]

Jahre später versuchte der Kulturphilosoph Eugen Diesel, die deutsche Landschaft auf sachlicher Ebene zu erfassen.[10] Die von ihm gewählten Aufnahmen sind unprätentiös und werden von Bildunterschriften begleitet, die meist nur eine knappe Beschreibung der Motive darstellen (siehe die Bildunterschrift unter Abb. 2). Diesel betonte wie Ewald die historischen Zusammenhänge, ging aber noch einen Schritt weiter: „Ich glaube, daß meine Arbeit als ein Beitrag zu den Bestrebungen angesehen werden darf, unser Land nicht nur als geographische Tatsache, als wirtschaftlichen und politischen ‚Lebensraum‘ zu sehen, sondern auch als ein durch Wesen und Willen formbares Gebilde von höherem Rang.“[11]

Die Abbildung mit der Nummer 172 aus dem Buch: Eugen Diesel, Das Land der Deutschen. Mit 2 Karten und 481 Abbildungen vorwiegend nach Luftaufnahmen von Robert Petschow, Volksausgabe, Leipzig 1933.

Die Abbildung mit der Nummer 172 aus dem Buch: Eugen Diesel, Das Land der Deutschen. Mit 2 Karten und 481 Abbildungen vorwiegend nach Luftaufnahmen von Robert Petschow, Volksausgabe, Leipzig 1933.

Mit seinem Werk kritisierte Diesel aber gleichzeitig die aktuelle Entwicklung in der Gesellschaft, die von einer immer stärker divergierenden Kluft zwischen reichen und den armen Schichten geprägt sei, was wiederum zu kritischen Auseinandersetzungen mit der zunehmenden Technisierung und dem Wirtschaftssystem führe. Immer wieder wurde daher in den Luftbildbänden an ein geeintes Bewältigen der Probleme appelliert. Karl Scheffler, der wie Ewald stärker die emotionale Ebene betonte, fasste es 1933 wie folgt zusammen: „Das ist der Sinn dieses Buches: es will dem Gedanken der geistigen, der kulturellen Einheit dienen – im vielfältig gestalteten deutschen Vaterlande und im vielfältig bewegten deutschen Menschen. Es will die Liebe zu Deutschland vertiefen durch den Blick aus der Höhe.“[12]

Mit der Regierungsübernahme der NSDAP bekam die militärische Komponente in der Verwendung der Luftbilder eine stärkere Bedeutung. So sollte vor allem die Jugend mit Hilfe der Literatur und entsprechenden Luftaufnahmen an das Flugwesen herangeführt werden.[13] Neben den fortgesetzten Protesten gegen den Versailler Vertrag propagierte man in den Publikationen, dass nur ein intaktes, selbstbestimmtes und kraftvolles Volk in der Lage sei, sich selbst zu helfen und mit seiner Willensstärke die Zukunft gewinnbringend zu beeinflussen.

In den kommenden Jahren wurden wiederholt diese Sujets aufgegriffen und um „die großen Aufgaben, die durch die Neuordnung des deutschen Wirtschaftsraumes im Rahmen des Aufbauwerks des Führers gestellt sind“,[14] erweitert. Parallel demonstrierte man nun auch – nach der Offenlegung der militärischen Luftrüstung – ganz offen militärische Stärke (Abb. 3).

Abb. 115 aus: Heinrich Schepelmann, Aufgaben und Organisation der Luftwaffe, in: Johannes Poeschel (Hrsg.), Ins Reich der Lüfte. Einführung in die Luftfahrt, 4. völlig neubearbeitete Auflage, Leipzig 1936.

Abb. 115 aus: Heinrich Schepelmann, Aufgaben und Organisation der Luftwaffe, in: Johannes Poeschel (Hrsg.), Ins Reich der Lüfte. Einführung in die Luftfahrt, 4. völlig neubearbeitete Auflage, Leipzig 1936.

Dies gipfelte zu Beginn des Zweiten Weltkriegs in aerofotografischen Gegenüberstellungen der eroberten mit den deutschen Gebieten in Fachzeitschriften, um die Veränderungen durch die „deutsche Kulturarbeit“ zu dokumentieren.[15] Dieselben Charakteristika, die zur wissenschaftlichen Verwertung der Luftaufnahmen dienten, führten nun zur Instrumentalisierung für die Ziele des NS-Regimes.

Deutlich wird anhand der oben angeführten Beispiele, dass Fotografien oft erst im Zuge ihrer Verwertung mit einer Bedeutung aufgeladen werden. Ein ursprünglich nicht für die Kunst entwickeltes Medium etablierte man nach dem Ersten Weltkrieg in ästhetisch ansprechenden Publikationen für unterschiedliche Zwecke, die mit wissenschaftlichen, emotionalen, künstlerischen oder politisch-ideologischen Zielen verknüpft sein konnten. Durch die Zusammenstellungen kontextualisierten die Autoren die Bilder mithilfe der dazugehörigen Texte neu und kreierten das imaginäre Bild von Deutschland, das ihren jeweiligen Wünschen entsprach.

 

Institution: Deutsches Dokumentationszentrum für Kunstgeschichte, Bildarchiv Foto Marburg / Kunstgeschichtliches Institut der Universität Marburg
Betreuer: Prof. Dr. Hubert Locher
Kontakt: marco.rasch(at)hotmail.com


[1] Unter „Beobachter“ verstand man zunächst das Personal in der Maschine, das nach dem Flug über das Gesehene berichtete. Nach der Einführung der fotografischen Luftaufklärung waren sie für die Erstellung der Aufnahmen zuständig.

[2] 1921 kam der Vorläufer der späteren Junkers Luftbild-Zentrale hinzu; 1924 bildete sich die Aerokartographisches Institut A.G. in Breslau. Die Betrachtung der weiteren Entwicklung dieser in den 1920er- und frühen 1930er-Jahren vier größten Luftbildfirmen in Deutschland würde an dieser Stelle den Rahmen sprengen.

[3] Im Gegensatz zu den für die militärische Luftaufklärung relevanteren Senkrechtaufnahmen sind Schrägluftaufnahmen durch ihre analoge Sichtweise (wie von einem hohen Berg oder Turm aus) einfacher zu lesen und eignen sich daher besser für eine kommerzielle Verwertung in Büchern oder Postkarten.

[4] Diese Betrachtung präsentiert einen Aspekt meines Dissertationsprojektes.

[5] Berlin im Luftbild, Berlin [1921].

[6] Paul Kaufmann (Hrsg.), 1000 Jahre Deutschtum an Rhein/ Ruhr/ Saar, Berlin 1924.

[7] Erich Ewald ‒ Heinrich de Fries, Deutschland aus der Vogelschau. Landschaft und Siedlung im Luftbild, Berlin 1925.

[8] Ebd., S. 31.

[9] Ebd., Vorwort von de Fries.

[10] Eugen Diesel, Das Land der Deutschen. Mit 2 Karten und 481 Abbildungen vorwiegend nach Luftaufnahmen von Robert Petschow, Volksausgabe, Leipzig 1933.

[11] Ebd., S. 6

[12] Deutsches Land in 111 Flugaufnahmen, Die blauen Bücher, Königstein im Taunus 1933, S. 8.

[13] Wulf Bley (Hrsg.), Volk, flieg du wieder! Das Buch der deutschen Luftfahrt, 2. Aufl., Berlin 1933.

[14] Erich Ewald, Das Luftbild, in: Johannes Poeschel (Hrsg.), Ins Reich der Lüfte. Einführung in die Luftfahrt, 4. völlig neubearbeitete Auflage, Leipzig 1936, S. 290.

[15] Vgl. Erich Ewald, Einsatz des Luftbildes für die Aufgaben der Wirtschaft und Vermessung. Organisation des Luftbildwesens, Luftbild und Luftbildmessung 18, 1940, S. 9-14.

Quelle: http://www.visual-history.de/2014/07/28/zwischen-nationalstolz-und-ideologie/

Weiterlesen