Personalisierung und Personifizierung: Zwei Erzählmuster

Ins unseren Debatten fielen, bisher vor allem in Bezug auf die Sozialgesetzgebung im Kaiserreich, immer wieder die Begriffe „Personifizierung“ und „Personalisierung“. Beide wurden dabei und werden oft synonym verwendet. In der Didaktik jedoch bezeichnen die Begriffe zwei unterschiedliche Darstellungsweisen von Geschichte, die sich auch in Dokumentarfilmen wiederfinden lassen.

Personalisierung beschreibt die mit dem Historismus verbundene Darstellung von Geschichte an „großen“ Persönlichkeiten – besonders bekannt ist in diesem Zusammenhang ein Zitat des umstrittenen Historikers Heinrich von Treitschke (1834-1896), der behauptete, es seien „Personen, Männer (…), welche die Geschichte machen. Männer wie Luther, wie Friedrich der Große und Bismarck.“[1] Hier wird Geschichte also an Akteur(_inn)en einer Epoche erzählt, sie vereinen in ihrer Person, in ihrem Handeln die Essenz ihrer Zeit.

Obwohl mit der Abkehr der Geschichtswissenschaft vom Historismus in den 1970er Jahren auch die Geschichtsvermittlung sich vermehrt den, die Handlungen der Akteure (mit-)bestimmenden, Strukturen zuwandte, herrscht in den Alltagsvorstellungen vieler Menschen bis heute zumeist ein personalisiertes Geschichtsbild vor. Es vereinfacht den Zugang, Geschichte wird „überschaubar, konkret und anschaulich“, wie der Didaktiker Michael Sauer meint: „[Diese Art von Geschichtsvermittlung] lässt sich als klare Handlungsabfolge erzählen.

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Quelle: http://gafprojekt.hypotheses.org/293

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Audienzen – ein Nachtrag: Wie man als Kaiserin beeindruckt

In den letzten drei Einträgen diese Blogs ging es um Audienzen der Kaiserinnen, in denen in zeremonieller Form Ranghierarchien innerhalb des Alten Reiches, aber auch zwischen europäischen Mächten abgebildet wurden. Ein Nebensatz im Bericht zur Audienz der Gräfin Oxenstierna, Gemahlin des schwedischen Botschafters in Wien, führte dabei einen Aspekt einer solchen Audienz vor Augen, der in zeremoniellen Beschreibungen gewöhnlich kaum eine Rolle spielt: Welchen Eindruck hinterließ sie bei der oder dem von einer Kaiserin Empfangenen?

1674 hatte man im Umfeld der Kaiserin vermutet, die auffällige – und für den vorbildlichen Ablauf der Audienz nicht unproblematische – Schweigsamkeit der schwedischen Gräfin könne mit dem „respect“ zu tun haben, den diese während der Audienz empfand. Hinter diesem „respect“ könnten dabei mindestens zwei unterschiedliche Gründe gestanden haben: einerseits die Sorge um zeremonielle Fehler und die daraus möglicherweise folgenden diplomatischen Verwicklungen, andererseits tatsächlich der Respekt für die Kaiserin als Person selbst. Und wenn es schon für die im höfischen Umfeld zweifellos erfahrene Gräfin Oxenstierna nicht ganz leicht war, sich bei einer solchen Audienz höfisch sicher und selbstverständlich zu bewegen, wieviel mehr galt das erst für rangniedrigere Personen?

Genau diesen Aspekt von Audienzen berührt eine Quelle, die mir gerade bei einem Forschungsaufenthalt in Wolfenbüttel in die Hände fiel. Es handelt sich um die Beschreibung einer Audienz bei Kaiserin Elisabeth Christine im Oktober 1737, die diese dem Sekretär des Prinzen Ludwig Ernst von Braunschweig-Wolfenbüttel (1718-1788) erteilte1.

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Quelle: http://kaiserin.hypotheses.org/165

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208 Sekunden

Dirk Baecker 208 Sekunden entscheiden über die professionelle Karriere eines Piloten, der in über 40 Jahren seiner beruflichen Arbeit jedes Flugzeug sicher zum Start und zur Landung gebracht hat: 208 Sekunden, in denen der Pilot Chesley „Sully“ Sullenberger am 15. Januar 2009 (5 Tage vor der Amtseinführung von Präsident Barack Obama) entscheiden muss, ob er nach einem Vogelschlag durch Wildgänse, der beide Triebwerke lahmgelegt hatte, mit seinem Airbus A320-214 eine Ausweichlandebahn auf den Flughäfen La Guardia oder Teterboro ansteuern kann oder auf dem Hudson […]

Quelle: http://kure.hypotheses.org/43

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Michel Foucault und das Mittelalter? Analysebegriff „Pastoralmacht“

Dieser Beitrag ist das erste Diskussionspapier in unserer Reihe zur Rezeption der Werke und Ideen Michael Foucaults in den deutschen Geschichtswissenschaften. Der letzte Woche veröffentlichte Artikel zur Einführung in diese Reihe ist hier verfügbar. Der Begriff der Pastoralmacht ist einer…

Quelle: http://mittelalter.hypotheses.org/9267

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