Dokumentarfilm: “Die Stimme Amerikas – US-Musik in der DDR”

stimme_amerikasDie Vereinigten Staaten von Amerika besaßen in der DDR einen vielschichtigen Symbolgehalt. Ihren Anhängern galten sie als »Land der unbegrenzten Möglichkeiten«, ein Sinnbild von Freiheit, während die Propaganda zwischen zwei Lagern unterschied: die ›herrschende Klasse‹, die das Prinzip des Kapitalismus auf die Spitze trieb, und das ›einfache Volk‹, die ›Ausgebeuteten und Unterdrückten‹. Sie wurden als »das andere Amerika« gepriesen. Beide Seiten, die Sympathisanten wie auch die Gegner der USA, sahen ihre Idee von der Neuen Welt in den unterschiedlichen Formen populärer Musik gespiegelt. Je nach Perspektive galt sie als dekadent oder erlösend, wurde sie als ideologische Wunderwaffe geschmäht oder spendete sie Kraft. Amerika besaß einen Klang.

Afroamerikanische Musik – Blues, Jazz, Gospel oder Soul – hatte einen besonderen Status. Man entdeckte in ihr die Spuren der Sklaverei, konserviertes Unrecht und Leid, ein Sichauflehnen gegen die Verhältnisse. Während die offizielle Lesart das Protestpotenzial dieser Musik lediglich auf die USA bezog, hörte der nonkonforme DDR-Bürger in ihr einen Kommentar zur eigenen Situation.

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Quelle: http://pophistory.hypotheses.org/2363

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Reisefreiheit für die Fantasie: Eine Ausstellung über den DDR-Comic “Mosaik”

Die Kobolde Dig, Dag und Digedag brachten Generationen von DDR-Bürgern zum Lachen – und gingen dabei manchmal an die Grenzen des Erlaubten. Eine Ausstellung in der Berliner Dependance des Bonner Hauses der Geschichte widmet sich den knollennasigen Helden des DDR-Comics Mosaik.

Die Legionäre staunten nicht schlecht. Eben haben sie die Stadtmauern Roms noch gegen Angreifer gesichert, da tauchen am antiken Himmel seltsame Vögel auf: An adlerförmigen Fallschirmen segeln abtrünnige Kämpfer des verräterischen Julius Gallus auf die Verteidiger nieder. Die fliegenden Römer, die ihren fantasievollen Angriff auf den Seiten des DDR-Comics Mosaik starteten, ärgerten nicht nur die Verteidiger Roms, sondern auch die Zensoren. Anstoß erregte die Form der Fallschirme: Der römische Adler erinnere zu sehr an das Wappentier der verfeindeten Bundesrepublik.

Wie mit Feder und Retuschier-Pinsel die gezeichneten Fallschirme kurzerhand entpolitisiert wurden, lässt sich anhand von Skizzen nachvollziehen, die in der gerade eröffneten Ausstellung „Dig, Dag und Digedag“ zu sehen sind. Die Episode gilt als Treppenwitz der DDR-Zensur. In der Geschichte der wohl populärsten Helden der Republik ist sie eher eine Ausnahme. Die zeitreisenden Knollennasenkobolde wichen nicht nur äußerlich stark von der sozialistischen Heldennorm ab. Sie waren auch weitgehend ideologiefrei, wenngleich sie gelegentlich aneckten.

Dass es sie überhaupt geben durfte, ist erstaunlich. Comics galten einst als Schmutz und Schund. In Ost wie West verbrannten Jugendschützer und Bildungskonservative die Hefte demonstrativ auf Scheiterhaufen. Galten Comics im Westen als Ursache von Jugendkriminalität und Verrohung, so sah man sie in der DDR als „Gift des Amerikanismus“ vor dem die sozialistische deutsche Jugend bewahrt werden musste. Heute füllt der „Schund“ von einst Museumsvitrinen. Eben erst zog eine Ausstellung im Berliner Tiergarten-Museum eine kritische Bilanz des im DDR-Comic vermittelten Geschichtsbildes, nun widmet sich die Berliner Dependance des Bonner Hauses der Geschichte in der Alten Schmiede der Kulturbrauerei mit 320 Original-Zeichnungen, Dokumenten, unveröffentlichten und zensierten Entwürfen den Digedags.

Das erste “Mosaik”-Heft erschien im Dezember 1955
© Tessloff-Verlag, Nürnberg

Erfunden hatte sie 1955 der Zeichner Hannes Hegen. Hinter diesem Pseudonym verbarg sich der 1925 geborene Sudetendeutsche Johannes Hegenbarth. Der gelernte Glasmaler hatte ein Studium an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig abgebrochen, als er Anfang der Fünfziger begann, Karikaturen im Dienste der DDR-Propaganda zu zeichnen. Sein erfolgreichstes Projekt, die Mosaik-Hefte im FDJ-eigenen Verlag Junge Welt waren dagegen erstaunlich unpolitisch. Die drei Kobolde Dig, Dag und Digedag reisten darin durch ferne Welten und vergangene Epochen. Sie begleiteten den mittelalterlichen Ritter Runkel von Rübenstein auf Schatzsuche, trafen Piraten in der Südsee, waren in London und Paris und sogar im verfeindeten Amerika – und boten damit wenigstens der Fantasie ein Stück Reisefreiheit. Statt Comics waren allerdings „sozialistische Bildgeschichten“ gewünscht und so wichen die anfänglichen Sprechblasen bald Bildunterschriften, die mitunter gereimt daherkamen.

Das “Mosaik”-Team, 1962 (von vorn): Lona Rietschel, Horst Boche, Edith und Johannes Hegenbarth, Egon Reitzel, Manfred Kiedorf, Gisela Zimmermann, Lothar Dräger.
© Privatarchiv Lona Rietschel

Die Ausstellung zeichnet die Produktion der Hefte vom getippten Storyboard über erste Konturen bis zum Endprodukt nach. Die Bleistiftskizzen fertigte Hegenbarth meist selbst an. Doch es werden auch seine künstlerischen Partner gewürdigt, wie die spätere Ehefrau Edith Szafranski oder der österreichische Hintergrundzeichner Egon Reitzl. Charakteristisch waren die oft doppelseitigen Wimmelbilder von Gisela Zimmermann. Eine interaktive Computeranimation illustriert Vorstufen des Vierfarbdruckes, den die auf Noten spezialisierte Leipziger Traditionsdruckerei C.G. Röder besorgte. Wie erzürnte Briefe an die Abteilung Literatur und Buchwesen belegen, ärgerten die „greulichen Zeichnungen“ immer wieder die Verteidiger der Hochkultur.

Kleine Abweichungen entgingen den Zensoren, etwa eine Zeichnung des Berliner Stadtschlosses, das zum Zeitpunkt der Veröffentlichung schon längst gesprengt worden war. Ob man allerdings in eine Geschichte zur Entdeckung der Kartoffel einen kritischen Subtext zur Lebensmittelrationierung hineinlesen kann, möchte man bezweifeln – hier schießen die Ausstellungsmacher interpretatorisch etwas über das Ziel hinaus. Ebenso zweifelhaft dürfte die als Frage formulierte Wegbereiter-These sein, die suggeriert, die international erfolgreichen Asterix-Comics seien eine Nachahmung der ostdeutschen Digedags gewesen, die schon einige Jahre vor den Galliern mit Römern rauften.

Trotz Rekordauflagen von bis zu 660.000 Exemplaren pro Heft blieb die Reihe nicht nur in Zeiten von Papierknappheit Bückware. Oft waren gute Beziehungen zum Kioskverkäufer nötig. Die rare erste Nummer gilt heute als die Blaue Mauritius der DDR-Comicsammler. In Audio-Interviews berichten Fans, wie sie lernten, Papier zu restaurieren und handgefertigte Kopien in Umlauf brachten, um Lieferengpässe auszugleichen.

Das plötzliche Verschwinden der Digedags nach 223 Episoden hatte keine politischen Gründe. Nach Streitigkeiten über die personelle Ausstattung und die Zahl der Ausgaben brach Hegenbarth mit dem Verlag. Ab 1975 trieben in den Mosaik-Heften die bis heute existierenden Abrafaxe ihren Schabernack. Obwohl er sich selbst bei westlichen Vorlagen bedient hatte, strengte Hegenbarth einen Urheberrechtsprozess gegen den Verlag an, der mit einem Vergleich endete. Der Zeichner arbeitete frei weiter. Die erste Wechselausstellung im neuen Museum zum Alltag in der DDR ist daher als späte Würdigung des Zeichners zu verstehen. Sie beruht auf dem Vorlass Hegenbarths, einer Schenkung von 35 000 Objekten, die nun für die Forschung und den internationalen Leihverkehr archivalisch aufbereitet werden.

Zwar bricht die Ausstellung mit dem Klischee, der Alltag der DDR sei gänzlich ideologisch durchherrscht gewesen, doch will sie auch keine Ostalgie aufkommen lassen. Sie bietet dennoch nur das halbe Bild. Zur Geschichte des DDR-Comics gehört auch die Heftserie Atze, die von Ideologie und Propaganda nur so durchtränkt war. Dies dokumentiert die weniger aufwendig gestaltete, aber ideologiekritische Ausstellung „Atze und Mosaik“ des Literaturwissenschaftlers Thomas Kramer, die man bis zum 22. Juni im Kunstmuseum Dieselkraftwerk in Cottbus sehen konnte. Nicht alle Wege in die Comicgeschichte der DDR führen nach Rom.

“Dig, Dad, Digedag” – DDR-Comic Mosaik
Ausstellung im Museum Kulturbrauerei,
Knaackstr. 97, Berlin Prenzlauer Berg,
noch bis 3. August 2014,
Di-So 10-18,
Do 10-20 Uhr.
Eintritt frei.

 


(Dieser Text erschien zuerst im Feuilleton des Tagesspiegels vom 24. April 2014.)

Quelle: http://pophistory.hypotheses.org/1518

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Sex & Music: Eine Arte-Dokumentation widmet sich der sinnlichen Dimension des Pop

Dass Popmusik viel mehr als nur Klang ist, haben etliche akademische Studien herausgearbeitet. Wie eine aktuelle Arte-Dokumentation zeigt, kommt dieses Thema mittlerweile auch in den Medien an. Schon seit den sechziger Jahren widmeten sich Akademiker aus verschiedenen Disziplinen dem Studium der Populären Musik als Kulturphänomen. Pioniere waren die Untersuchungen des Birmingham Centre for Contemporary Cultural Studies, die u.a. den Wert der jugendlichen Subkulturen für die Sozialwissenschaften sowie für die Politik hervorhoben.

Eine der klassischen Studien des Zentrums über populäre Musik ist das Buch “Subcultures: the meaning of style” (1979) von Dick Hebdige. In dessen Seiten werden die Subkulturen des Reggae, Mods, Punks und Glam Rock erforscht, um die komplexe Beziehung zwischen Musik und Lebensstil deutlich zu machen. Populäre Musik wurde darin als ein Gefüge von Klängen, sozialen Schichten, Generationen, Ethnien und Geschlecht betrachtet.

Jüngste Forschungen über Popmusik zeigen jedoch, dass weitere Aspekte untersucht werden sollten, um der Komplexität der populären Kultur gerecht zu werden. Zum Verständnis des Phänomens tragen u.a. die Analyse der wirtschaftlichen, institutionellen, technologischen sowie auch sinnlichen Perspektiven bei. Dieser letzte Punkt gewann in den letzten Zeiten nicht nur in der Wissenschaft an Bedeutung, auch eine Fernsehdokumentation widmet sich jetzt dem Themenkomplex.

Die Dokumentationsreihe “Sex & Music” des Fernsehsenders Arte betrachtet die Beziehung zwischen Sex und Popmusik aus vier Blickwinkeln: der Sexuellen Befreiung in der Sendung “Von der Pille zu Aids”, des Feminismus in “Masters and Servants”, der Gender-Identität in “Neue Formen des Begehrens” und der extremen sexualen Verhaltensweisen in “Rock’n’roll muss wehtun”. Mit Interviews von Musikern und Wissenschaftlern, darunter auch die Historiker (und Redakteure des Pop-History–Blogs) Florence Tamagne (Paris/Lille) und Bodo Mrozek (Berlin/Potsdam), gibt die Reihe einen umfassenden Überblick über das Thema, das als eine gute Einführung für alle an Popmusik Interessierten gelten kann. Wer die erste Ausstrahlung im Mai verpasst hat, kann die Wiederholungen vom 14. bis 17. Juni sehen.

 

Quelle: http://pophistory.hypotheses.org/1471

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“Mythos Vinyl: Die Ära der Schallplatte” (Ausstellung)

Das Museum Neukölln widmet sich in einer Sonderausstellung der Schallplatten-Kultur in dem Berliner Bezirk:

Die Ausstellung „Mythos Vinyl“ macht die Musik einer Ära hörbar, die sich tief in das kollektive Gedächtnis der Nachkriegsgeneration eingebrannt hat: Bill Haley, Elvis Presley, die Beatles und die Rolling Stones. Als der Boom der Schallplatte Anfang der fünfziger Jahre beginnt, produziert die Firma Wiegandt & Söhne in Berlin-Neukölln 1952 die erste deutsche Jukebox. Die Ausstellung zeigt ein Modell dieser Firma sowie Musiktruhen und Plattenspieler aus Neuköllner Familienbesitz. Sie zeigt aber auch die subjektive, persönliche Seite der Beziehungsgeschichte zwischen Schallplatten und ihren Hörern. Fünfzig Neuköllnerinnen und Neuköllner verschiedenster Jahrgänge haben dem Museum ihre Lieblingsplatte zur Verfügung gestellt. Sie erzählen in der Ausstellung, welches Stück sie am meisten begeistert oder berührt hat. Das Spektrum reicht von Louis Armstrong, Glenn Miller und Frank Sinatra über Francoise Hardy, Barbara und Edith Piaf bis zu Jimi Hendrix, Golden Earring und Michael Jackson. Für viele ist die Faszination der Vinylschallplatte bis heute ungebrochen. 

Zur Ausstellung erscheint eine Begleitpublikation mit 168 Seiten für 14,80 Euro.

17. Mai bis 28. Dezember 2014
Eröffnung: Freitag, 16. Mai 2014, 19 Uhr

Museum Neukölln
Alt-Britz 81
12359 Berlin

Öffnungszeiten:
Dienstag bis Sonntag 10 bis 18 Uhr.
(Eintritt frei)

Verkehrsverbindungen:
Bus M44, M46 (Fulhamer Allee)
U7 bis Parchimer Allee

Im Rahmenprogramm gibt es thematische Stadtteil-Führungen und Filmvorführungen:

Sonntag, 18. Mai 2014, 16 Uhr

Vorführung des Dokumentarfilms „Vinylmania“ von Paolo Campana.
Der Film, spürt der Rolle von Vinyl in einer Welt nach, die von digitaler Musik dominiert wird. Zu Wort kommen Sammler, DJs, Musiker und Künstler, deren Leben entscheidend durch die schwarze Scheibe geprägt wurde.

Eintritt: 8,00 € / ermäßigt 5,00 €
Anmeldung erbeten unter 030 627 277 716

Weitere Termine:

Sonntag, 1. Juni 2014, 11 – 17 Uhr

Plattenbörse und Live-Konzerte auf dem Gutshof Britz

Quelle: http://pophistory.hypotheses.org/1378

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CfP: Pop im Alter, transatlantisch und transrheinisch

Gleich drei aktuelle Calls fragen nach Beiträgen zu Pop:

1. Pop im Alter

Die Gleichsetzung von Pop mit Jugendkultur will eine Gesprächsrunde in Frage stellen: Der GAM e.V. (Gesellschaft – Altern – Medien) stellt seine 5. Jahrestagung unter das Thema „Pop im Alter“. Wie der Verein mitteilt, bilde den Mittelpunkt der für den 27.-29. Juni 2014 anberaumten Tunzenberger Kamingespäche “die Entwicklung und die Aneignung der Popkultur im höheren Lebensalter bis hin zu ihren Wurzeln in der Jugend sowie das Wechselverhältnis von Medienaneignung und Identität bezogen auf Popkultur”.

Verfolgt werden laut Call zwei Ziele: Perspektiven, Ansätze und Methoden der Forschung zur Ästhetik und deren Aneignung von Popkultur im Alter sollen nachgezeichnet und aktuelle Forschungsergebnisse vorgestellt werden. Außerdem würden Handlungsfelder für eine künftige Alter(n)smedienforschung aufgezeigt. Pop werde dabei nicht auf Musik beschränkt, sondern sei ein Sammelbegriff für Kultur als Alltagspraxis in der Aneignung mit dem Ziel der Identitätsbildung. Identität verstehe man sowohl als “Ausdruck der individuellen Einzigartigkeit als auch als Zeichen der Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft”. Schwerpunkt der Tagung sei die Bedeutung von Pop in Bezug zur Lebenswelt der Subjekte. Damit nehme sie keine medien-, sondern eine subjektzentrierte Perspektive ein. Die Bedeutung von Pop werde vielmehr im Rahmen der Identitätsfindung und -bildung als lebenslanger Prozess verstanden.

Die Gespräche auf Schloss Tunzenberg (Niederbayern) sollen “einer ausgewählten Gruppe von Sozial- und KulturwissenschaftlerInnen, Kulturschaffenden und pädagogisch Handelnden” die Möglichkeit geben, sich “in einer anregenden Umgebung anhand eigener Forschung und Praxis vertieft mit dem Thema Alter(n) und Medien im sozialen Kontext auseinanderzusetzen”.

Der vollständige Call findet sich hier. Die Deadline wurde soeben verlängert bis zum 24. März 2014.

2. Amerika-Euphorie – Amerika-Hysterie. Populäre Musik made in USA in der Wahrnehmung der Deutschen 1914–2014

Das Deutsche Volksliedarchiv Freiburg veranstaltet aus Anlass seines 100. Bestehens eine Geburtstagstagung zur affirmativen und kritischen Rezeption US-amerikanischer Musikkultur in Deutschland von 1914 bis heute. Mit dem Ziel, einen interdisziplinären, multiperspektivischen Zugang zum in Rede stehenden Phänomen zu eröffnen, sind Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus unterschiedlichen Disziplinen eingeladen, Themenvorschläge einzureichen. Leitfragen könnten sich auf die teilkulturelle Aneignung der Musik (z.B. in Jugendkulturen), die Thematisierung der USA in deutschsprachiger Musik oder öffentliche/mediale Diskurse (in Ost und West) beziehen. Vier Sektionen widmen sich den Themenfeldern:

- Jazz-Rezeption in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts
- Rock’n’Roll und Jugendkultur im Nachkriegsdeutschland
- Vietnam, Flower Power und die „68er“
- Pop-Giganten in Film, Funk und Fernsehen – und Internet

Der vollständige Call findet sich hier. Die Deadline ist der 31.03.2014.

3. Deutsch-französische Schnittstellen in Populärkultur und Medien. Interkulturelle Vermittlungsprozesse und Fremdwahrnehmung

Welche Bilder von Frankreich werden in Deutschland in Medien der Populärkultur vermittelt und umgekehrt? Welche diesbezüglichen Entwicklungen lassen sich diesbezüglich seit den 1950er Jahren feststellen? Diese Fragen will eine Sektion auf dem 9. Kongress des Frankoromanistenverbandes vom 24.bis 27 September 2014 in Münster beantworten.

Leitfragen sind: Inwiefern sind Bilder des Anderen von stereotypen Darstellungsweisen geprägt? Stellen sie auch einen Raum für die interkulturelle Vermittlung von differenzierteren Wissensbeständen dar? Wie verhalten sich die zumeist populären Diskurse der „nicht intentionalen“ Mittlerinstanzen zu traditionellen Mittlerfiguren und –institutionen, die implizit oder explizit eine Diskurshoheit beanspruchen? Welche Wechselbeziehungen gibt es zwischen Selbstbild und Fremdbild bei Figuren oder Medien, die in beiden Ländern präsent sind?

Konkret benannt werden folgende Felder:

- Populäre Musik wie Chanson oder Schlager: Hier werden in zumeist suggestiver Form Sehnsuchtsorte beschworen, aber vielleicht auch Wissensbestände über die andere Kultur geschaffen. Beispielsweise könnten Sängerinnen und Sänger in den Blick genommen werden, die wie France Gall, Frédéric Mey / Reinhard Mey oder auch Georges Moustaki beidseits des Rheins tätig waren und durch ihr – bisweilen sehr genau an das jeweilige Publikum angepasstes – Œuvre kulturvermittelnd tätig waren.
- Fernsehen: Bilder des Anderen entstehen auch fernab der Nachrichten und dokumentarischer Genres, etwa durch die Darstellung Angela Merkels in den „Guignols de l’info“ und allgemein in Variété-Sendungen oder Unterhaltungsshows.
- Populärer Spielfilm: Wie im Bereich des Chansons / Schlagers können auch hier Figuren in den Mittelpunkt rücken (Romy Schneider, Pierre Brice) oder aber einzelne Spielfilme näher betrachtet werden.
- Populärkulturelle Manifestationen des Anderen in Sachbüchern (Reiseführer, Kochbücher, Ratgeberliteratur etc.). Neben der eigentlichen journalistischen Tätigkeit entfalten z.B. viele Auslandskorrespondenten eine rege publizistische Aktivität, die – unabhängig von Einzelereignissen – Bilder des Anderen generiert, festigt und tradiert (U. Wickert, C. Calla, P. Hugues u.v.a.).
- Weitere potenzielle Gegenstände von Beiträgen könnten Werbung, Jugendmagazine, „bandes dessinées“ oder Musicals sein; ebenso willkommen sind Vorschläge aus dem Bereich der Populärliteratur.

Der vollständige Call findet sich hier. Deadline war der 31.1.2014.

Quelle: http://pophistory.hypotheses.org/1187

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Ausstellung: Geschichte und Politik zwischen 1914 und 1989 in DDR-Comics

In der DDR kannte sie jeder: die Comiczeitschriften ATZE und MOSAIK. Mit monatlichen Auflagen in Millionenhöhe gehörten sie zum Alltag von Generationen. Von 1955 bis 1975 zogen die MOSAIK-Helden der Digedags, später dann die Abrafaxe in jahrmarktsbudenbunten Abenteuern durch die Zeitalter und Kontinente. Dabei folgten ihre Schöpfer nicht nur der eigenen künstlerischen Fantasie, sondern waren einem erstaunlich bildungsbürgerlichen Anspruch verpflichtet. Das von 1955 bis 1991 erschienene Magazin ATZE hingenen wurde von Comics mit politischem Hintergrund dominiert.

aus: Atze 6/1988

Die Ausstellung im Kunstverein Tiergarten Berlin zeigt, wie Geschichte und gesellschaftliche Entwicklung in einem für kommunistische Diktaturen ungewöhnlichem Medium interpretiert wurden. Erstmals überhaupt wurde das Prinzip der angestrebten kompletten „Durchherrschung“ aller Lebensbereiche am Beispiel der kulturellen Sphäre diskutiert: Text und Bild der Comics hatten mit der Darstellung geschichtlicher oder zeithistorischer Ereignisse in allen anderen DDR-Medien übereinzustimmen. Entsprechend entfaltet sich anhand von Bildern, Objekten und Fotografien vor dem Besucher die Ikonografie des Sozialismus.

aus: ATZE 7/1977, S. 5

In der Ausstellung werden Motive aus den Comics neben die medialen Vorlagen der Grafiker gestellt. Im Fall von ATZE adaptierte man z.B. sowjetische Filme oder DEFA-Produktionen mit politischen Inhalten wie der Oktoberrevolution, führenden Politikern wie Ernst Thälmann oder historischen Ereignissen wie dem Mauerbau. Lebensgroße Figuren wie z.B. von DDR-Präsident Wilhelm Pieck machen die Orientierung an Heiligendarstellungen und religiöser Ikonografie deutlich.

Das „MOSAIK-Kollektiv“ orientierte sich dagegen vorwiegend an populärwissenschaftlichen Werken und Bildbänden beispielsweise zur Erdgeschichte, Geographie, Technik- und Industrieentwicklung. 1959/60 erleben die Digedags Abenteuer auf dem erdähnlichen Planeten Neos. Dort ist die schöne neue Zukunftswelt nach der Vollendung von Walter Ulbrichts ehrgeizigem Wirtschaftsprogramm bereits Wirklichkeit geworden.

aus: ATZE 12/1975, S. 5

Großformatige Comicpanels stehen in der Ausstellung in Korrespondenz zu Modellen ihrer prägnantesten Motive: Dazu gehören das erste und einzige in der DDR entwickelte Düsenpassagierflugzeug oder das ehrgeizige Projekt einer Einschienenbahn, das am Beispiel eines PIKO-Spielzeugmodells vorgestellt wird. Auch die doppelseitige Comic-Zukunftsphantasie des Flughafens Berlin-Schönefeld vom Februar 1960 wird manchen Besucher von heute nachdenklich stimmen.

Nach offizieller Kritik an zuviel Klamauk wandte sich MOSAIK der Technikgeschichte zu, wobei insbesondere die akribische Transformation historischer Bildvorlagen aus Geschichte und Kunst, z.B. nach Georgius Agricola oder William Hogarth, in ein zeitgenössisches Bildvokabular besticht. Auf vielfältige Weise öffnet die Ausstellung ein Panorama von historischen, kunstgeschichtlichen und wissenschaftlichen Referenzen und verdeutlicht, wie zentral auch die zunächst sich an junge Menschen richtenden Publikationen der DDR-Comics ATZE und MOSAIK im Kontext politischer Programmatik und Propaganda zu begreifen sind.

Die Ausstellung entstand in Kooperation mit dem Kunstmuseum Dieselkraftwerk Cottbus und der Galerie der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig und wurde kuratiert von Dr. Thomas Kramer (Berlin). Sie wurde ermöglicht aus Mitteln der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur.

Eröffnung:
Galerie Nord, Turmstraße 75, 10551 Berlin am 28. Februar um 19 Uhr.

Es sprechen:
Dr. Ralf F. Hartmann, Kunstverein Tiergarten
Dr. Matthias Rößler, Präsident des Sächsischen Landtags
Rainer Eppelmann, Vorstandsvorsitzender der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur
Dr. Thomas Kramer, Kurator

Ausstellung: 29.2. – 29.3.2014, Di – Sa, 13-19 Uhr

Quelle: http://pophistory.hypotheses.org/1175

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Popgeschichte wird Sektion auf dem 50. Deutschen Historikertag 2014

Das Jahr beginnt für uns mit einer guten Nachricht: Der 50. Deutsche Historikertag, der vom 23. bis 26. September 2014 unter dem Thema “Gewinner und Verlierer” in Göttingen tagen wird, hat eine Sektion zur Popgeschichte angenommen. Hier das Konzept der Sektion:

“The Winner Takes It All”.
Popgeschichtliche Narrative des 20. Jahrhunderts zwischen Ausbeutung und Emanzipation

Vom Lastwagenfahrer zum Welt-Star, vom Punk zur Modezarin, vom Ghetto-Kid zum Plattenproduzenten: Die Popgeschichte hat viele Erfolgsgeschichten hervorgebracht. Der Star ist der geradezu emblematische Akteur einer massenkulturellen Aufmerksamkeitsökonomie des 20. Jahrhunderts, denn wo die Bestätigung einer institutionalisierten Kultur fehlt, haben Siegergeschichten legitimatorische Funktion. Als moralisches Korrektiv dienen Verlierergeschichten: vom raschen Abstieg, frühen Drogentod oder dem Niedergang ganzer Branchen, etwa der Musikindustrie. Derartige Narrative spiegeln individuelle Auffassungen vom richtigen Leben und legitimen Streben wider und konstituieren auf überindividueller Ebene gesellschaftliche und wirtschaftliche moral economies.

Die Sektion möchte nicht nur solche populären Erzählungen von Erfolg und Scheitern auf den Prüfstand stellen, sondern auch etablierte akademische Narrative. Auch den wissenschaftlichen Diskurs über die Popkultur des 20. Jahrhunderts prägen Dichotomien, in denen die Rollen von Gewinnern und Verlierern je nach Denkschule klar verteilt sind: Mal erscheinen darin Jugendliche als widerständige Opponenten gegen eine Hegemonialkultur, mal sind sie willenlose Opfer der Manipulation einer kommerzialisierten Konsumindustrie. Die Fallstudien des Panels hinterfragen solche Zuschreibungen und stellen damit ein neues Themenfeld in den Mittelpunkt, das als eines der zentralen medialen, ökonomischen und politischen Handlungsfelder des 20. Jahrhunderts mehr Aufmerksamkeit der Geschichtsschreibung verdient.

Anhand von Fallbeispielen werden unterschiedliche Forschungsperspektiven vorgestellt, die sich teils ergänzen, teils aber auch im Widerspruch zu einander stehen. Seinen Schwerpunkt hat das Panel in der Zeitgeschichte nach 1945, schlägt aber einen Bogen in die erste Hälfe des 20. Jahrhunderts um Brüche und Kontinuitäten mit älteren Epochen zu thematisieren, etwa in einem ersten Beitrag mit dem „Jazz Age“. Solche Kontinuitäten lassen sich anhand von Tanz-Spektakeln nachverfolgen, die im späten 20. Jahrhundert die Form massenmedial vermittelter Wettbewerbe angenommen haben.

Diese “dance circles” im Streetdance wurzeln teils ebenso wie der urbane Cakewalk um 1900 im „Black Atlantic“ und ermöglichten Formen von Öffentlichkeit, in denen neben ästhetischen auch ethische Fragen verhandelt wurden, etwa von Anpassung und Widerstand. Alles zu geben, um zu gewinnen, ist bis in die Tanz-Fernsehshows der Gegenwart ein zentrales Narrativ, in dem eine Geschichte der Moderne präsent ist, die Freiheit nicht im Projekt der Selbstverwirklichung durch Arbeit suchte: Auch im “dance circle” gibt es Wettbewerb zwischen den Tänzern, er findet aber unter anderen institutionellen Bedingungen statt. (Astrid Kusser)

Nach diesem medien- und körpergeschichtlichen Einstieg öffnet das Panel in einem zweiten Schritt das Spannungsfeld zwischen Konsumption und Produktion indem es den Siegeszug anglophoner Popmusik in Westdeutschland seit den 1960er Jahren in den Blick nimmt. Bisher wurde dieser Erfolg zumeist mit dem Bedürfnis jugendlicher Konsumenten erklärt, die als wichtigste Käuferschaft für populäre Musik nach einem Sound verlangten, der ihren gewandelten Bedürfnissen Ausdruck gab und aus den USA und Großbritanniens importiert wurde.

Gegen dieses Narrativ, das dazu tendiert, die Eigendynamik der Musikproduktion und -vermarktung auszublenden, wird mit einem produktionsorientierten Ansatz argumentiert: Verglichen mit den USA stand die westdeutsche Musikwirtschaft der drei Nachkriegsjahrzehnte in einer personellen, kognitiven und stilistischen Kontinuität, die das heimische Pop-Produkt auf die Verliererstraße brachte. Eine Trendwende zeichnete sich erst um 1980 ab, als Strukturveränderungen auf globaler wie nationaler Ebene bis dahin unerprobten deutschen Produzenten, Musikern und Repertoires Vermarktungschancen eröffneten. Das Beispiel plädiert für das Thema „Kulturproduktion“ als neues Forschungsfeld für die Sozial- und Wirtschaftsgeschichte. (Klaus Nathaus)

Dieser Interpretation steht, drittens, eine stärker auf die Konsumenten bezogene Perspektive gegenüber. Kulturindustrielle Produkte wurden auch in einer von den Produzenten nicht intendierten Weise zu Sinn-Konstruktionen herangezogen. Dies lässt sich etwa anhand der Mitte des 20. Jahrhunderts zahlreich entstehenden Star- bzw. Fanclubs beobachten, die Hundertausende überwiegend jugendliche Mitglieder auf die Figuren ihrer jeweiligen Stars einschworen, deren erfolgreiche Karrieren ihnen als Vorbild dienten.

Gegen diese organisierten Formierungen des Generationengeschmacks regte sich Protest von links und rechts über die „falschen Vorbilder“ – ein Narrativ, das teils auch den akademischen Diskurs prägt. Dabei wird zumeist die aktive kulturpolitische Rolle von Fan-Clubs übersehen: In Nachfolge bürgerlicher Geschmacksgemeinschaften des 19. Jahrhunderts (Wagner-Gesellschaften, Kunst- und Museumsvereine) betrieben organisierte Schlager- und Pop-Fans den Übergang von imagined zu organized communities und setzten zunehmend erfolgreich ihren Anspruch auf Repräsentation in der Medienöffentlichkeit durch. Dabei bildeten sie eigenen kulturellen Praxen im Sinne jenes „listenreichen“ Umgangs mit den Produkten (de Certeau) heraus, der einen „aktiven“ Konsum kennzeichnet, und trugen so zur Formierung einer zunehmend pluralistischen Popkultur bei. (Bodo Mrozek)

Mit deren Ausbreitung und Etablierung wandelten sich – viertens – auch biographische Entwürfe. Anhand der Erzählungen von (Auto-)Biographien in den Kategorien von Verlierern und Gewinnern lässt sich der Wandel in zeitgenössischen und retrospektiven Selbst- und Fremddeutungen der 1970er und 1980er Jahre thematisieren. Lange Zeit wurden vor allem negative Folgen von deviantem Verhalten beschrieben: soziales Außenseitertum, Abdriften in Kriminalität und Sucht, Versagen und Scheitern in einem Lebensabschnitt, in dem Bildung und Ausbildung sowie die Gewöhnung an Verantwortung und Pflichterfüllung im Vordergrund stehen sollten.

Seit dem letzten Drittel des 20. Jahrhunderts gewinnt ein anderes Narrativ an Bedeutung, das die „Verschwendung der Jugend“ als ein Gelingen interpretiert. Jugendkulturelle Lebensentwürfe renitenter Punks oder hedonistischer Beatniks, deren Wurzeln sich bis in die Romantik zurückverfolgen lassen, werden als erfülltes, weil intensiv und kompromisslos subjektiv gelebtes Leben interpretiert: Diese affirmativen (Selbst-)Beschreibungen der Popkultur als befreiend, individualisierend oder widerständig bedürfen der Historisierung und rücken die für die Popgeschichtsschreibung originäre Quellengattung der Selbstzeugnisse in den Mittelpunkt. (Alexa Geisthövel)

Mit diesen vier unterschiedlichen Fallbeispielen will das Panel Popgeschichte als ein breites Set von Methoden und Problemen vorstellen. Dabei wird weder für einen neuen „Turn“ plädiert, noch ein radikaler Bruch mit bewährten Methoden behauptet. Vielmehr geht es um den Ausblick auf ein junges Forschungsfeld, das inhaltlich zu etablierten Bereichen der Wirtschafts-, Protest- oder Konsumgeschichte anschlussfähig ist, aber neue Quellen erschließt und andere Forschungsperspektiven einnimmt. Die Sektion will somit den Gewinn popgeschichtlicher Ansätze und Fragestellungen für die Historiographie des 20. Jahrhunderts aufzeigen.

Liste der ReferentInnen und vorläufige Referatstitel:

1. Prof. Dr. Detlef Siegfried (Universität Kopenhagen):
Popgeschichte: Probleme und Perspektiven“ (Einleitung)

2. Dr. Astrid Kusser (Universidade Federal Rio de Janeiro):
“Dance Craze, dance circle. Wettbewerb in medialen Tanzspektakeln um 1900 und um 1980“

3. Dr. Klaus Nathaus (University of Edinburgh):
“Erfolgswege und Sackgassen: Pfadabhängigkeit als Erklärung für die anglo-amerikanische Dominanz der Popmusik in (West-)Deutschland 1900-1980“

4. Bodo Mrozek, M.A. (Freie Universität Berlin / ZZF Potsdam):
„Losers united: Fan-Clubs als Geschmacks-Avantgarden von den 1950er bis in die 1980er Jahre“

5. Dr. Alexa Geisthövel (Medizinhistorisches Institut der Charité, Berlin):
„Gelebtes Leben: Wie verschwendete Jugend wertvoll wurde“

Quelle: http://pophistory.hypotheses.org/1134

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CfP: Sounds, Klänge, Töne – Zur klanglichen Dimension von Musik und ihrer emotionalen Bedeutung und Wahrnehmung. Berlin, 24.-26. April 2014

Von der Wiener Klassik bis zur Berliner Clubkultur, vom Garagenpunk bis zu barocken Kirchenchorälen, von moderner Kammermusik bis zum Open Air Festival – all diese musikalischen Klangwelten sind aus verschiedenen disziplinären Blickwinkeln bereits untersucht worden, doch in welchem Zusammenhang steht ihr je spezifischer Sound/Klang mit ihrer emotionalen Wahrnehmung, Wirkung und Verbreitung? Wir verstehen Sound und Klang dabei als ein Zusammenwirken von akustischen, emotionalen und semantischen Elementen, welches in der performativen Wahrnehmung der Zuhörenden bestimmte Wirkungen und Bedeutungen erlangt. Wie ist es also zu erklären, das Beethovens Musik im 19. Jahrhundert ein männlicher Klang zugewiesen wurde? Was geschieht mit der emotionalen Codierung und Rezeption von Musik in bestimmten historischen und kulturellen Kontexten, wenn Instrumente plötzlich durch elektrische Verstärkung einen veränderten Sound bekommen oder SängerInnen durch andere Gesangstechniken neue vokale Klänge hervorbringen?

Unsere Überlegung ist, dass gerade die klangliche Dimension von Musik für eine umfassende Erforschung der emotionalen Bedeutung und Wirkung von Musik entscheidend ist. Dabei gehen wir davon aus, dass, ebenso wie sich Musik und ihre Sounds verändern, auch ihre emotionale Wahrnehmung von zeitgebundenen sozialen und kulturellen Kontexten strukturiert wird und somit historischem Wandel unterliegt. Bei dem Versuch die kulturwissenschaftliche/historische Analyse von Musikproduktion und -rezeption mit einer Geschichte der Gefühle zu verbinden, zeigt sich somit, dass die Analysekategorie „Sound“ vielversprechende Möglichkeiten bietet, zu untersuchen, wie mit Musik Gefühle ausgedrückt und erfahren werden. Hierbei stellen sich insbesondere folgende Fragen:

Wie und von wem werden Musik und ihren Klängen Emotionen zugeschrieben? Welche Bedeutungen erhalten Klänge durch die Zuschreibung von Emotionen und vice versa? Wie beeinflussen verschiedene Sounds/Klänge die emotionale Wirkung und Wahrnehmung von Musik? Welche emotionalen Wahrnehmungsmuster/-ordnungen lassen sich in spezifischen historischen Klangkontexten und -settings herausarbeiten?

Ziel der Konferenz ist es, diese Aspekte musikbezogener Forschung näher zu beleuchten und auszuloten, welche verschiedenen Ansätze, die die „akustische“ Seite der Musik produktiv in ihre Forschungsprozesse integrieren, verfügbar sind. Wir richten uns damit unter anderem an NachwuchswissenschaftlerInnen (Pre-/Postdocs) aus den Bereichen der Musikwissenschaft, der Geschichtswissenschaft, der Sound Studies, der Kulturwissenschaft und der Soziologie. Erwünscht sind dabei sowohl Beiträge, die sich der Überlegung widmen, wie sich Sound und Klang für die Untersuchung des Zusammenhangs von Musik und Emotionen theoretisch und konzeptionell greifbar machen lassen, als auch konkrete empirische Fallstudien, in denen Klang und Sound von Musik eine prominente Rolle für die Analyse der emotionalen Bedeutung und Wahrnehmung von Musik spielen. Zentral dabei ist die Situierung der Beiträge im Schnittfeld zwischen Musikanalyse und kulturwissenschaftlicher „Kontextforschung“. Musikrezeption wie auch Musikproduktion werden hier als soziale und kulturelle Praktiken verstanden, die ohne die Berücksichtigung ihrer historischen Einbettung nicht sinnvoll entziffert werden können. Genauso wichtig wie eine formale Analyse von Harmonie- oder Melodieführungen erscheint daher die Fokussierung auf die kulturelle und soziale Wirkung und Bedeutung von spezifischen musikalischen Klängen und Sounds.

Mögliche Ansatzpunkte, sich der Frage nach der emotionalen Bedeutung und Wahrnehmung von Musik zu nähern, können sein:

-          Emotionen & Körper – Welche körperlichen Wirkungen zeitigen verschiedene Sounds und Klänge? Welche Rolle spielt der Körper in der emotionalen Wahrnehmung und Produktion von Sound und Klang?

-          Emotionen & Gender – Wie wird Klang geschlechtlich codiert und welche Bedeutung hat Klang für die Konstituierung von Geschlecht und dadurch für geschlechtsspezifische emotionale Wirkungen?

-          Emotionen & Performance – Wie stehen Performance und Sound/Klang in Verbindung? Welche Bedeutung hat der Akt der musikalischen Tonerzeugung oder Soundbearbeitung für die emotionale Musikrezeption?

-          Emotionen & Technik – Welche Bedeutung haben technische Aspekte, wie bspw. Instrumentenbau, Aufnahme- oder Wiedergabetechniken, für die Klangproduktion und -wahrnehmung in Hinsicht auf die emotionale Wirkung von Klang?

-          Emotionen & Raum – Klang und Raum stehen in einer engen und wechselseitigen Beziehung. Wie ist diese mit Blick auf Emotionen zu konzeptionalisieren? Welche Rolle spielen Räume für die Klangerzeugung und -wahrnehmung und wie prägen Klänge Räume?

-          Emotionen & Ästhetik/Soundästhetik – Welche emotionale Bedeutung haben bestimmte Vorstellungen von Ästhetik für die Klangerzeugung und -rezeption und wie werden Klänge zu ästhetischen Phänomenen?

-          Theorie/Methode – Welche methodischen und theoretischen Ansätze stehen zur Verfügung um Sound und Klang als bedeutende Topoi in die Emotions- und Musikforschung zu integrieren?

Beiträge, die diese oder ähnliche Fragen aufgreifen, können sich dabei auf alle historischen Epochen, musikalischen Stilrichtungen und Genres beziehen.

Konzeption der Konferenz/Organisatorisches:

Keynote Speaker wird Prof. Dr. Holger Schulze (HU Berlin) sein.

Die Tagung ist interdisziplinär ausgerichtet, daher sind Beiträge aller ForscherInnen, deren Arbeit oben genannte Problemstellung aufgreift, willkommen. Die Beiträge sollten 20 Minuten Redezeit (plus 5 Minuten extra für Soundbeispiele) nicht überschreiten. Abstracts der Beitragsvorschläge (max. 500 Wörter) senden Sie bitte bis zum 15.11.2013 an biermann@mpib-berlin.mpg.de. Über die Annahme der Beiträge informieren wir Sie bis zum 15.01.2014.

Konferenzsprache ist deutsch. Beiträge in englischer Sprache sind willkommen.

Die Konferenz findet in den Räumlichkeiten des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung in Berlin statt. Reise- und Übernachtungskosten werden übernommen.

Tim Biermann – Anabelle Spallek – Henning Wellmann

Max-Planck-Forschungsgruppe „Gefühlte Gemeinschaften? Emotionen im Musikleben Europas“, Max-Planck-Institut für Bildungsforschung, Berlin

Quelle: http://pophistory.hypotheses.org/979

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Workshop: Gender meets Generation and Pop in Europe. Göttingen, 18.-19. Juli 2013

45er, 68er, 89er: Es sind vor allem die sogenannten politischen Generationen, die in der Historiographie zur deutschen Zeitgeschichte prägnant skizziert worden sind. Konstituiert werden sie – nach dem klassischen Konzept von Karl Mannheim – durch das Erleben einer tiefgreifenden gemeinsamen Umbrucherfahrung bestimmter Alterskohorten, manifestiert zumeist in Kriegen, Revolutionen oder anderen gewaltsamen und politisch aufgeladenen Ereignissen. Weitere Möglichkeiten des prägenden Einflusses auf die Bildung von Generationen, z.B. durch konsumtorische, mediale oder lebensweltliche Erfahrungen werden demgegenüber häufig ignoriert bzw. banalisiert.

Die bisherige Vernachlässigung von populär- und alltagskulturellen Erfahrungswelten zeitigt zudem deutliche Folgen für die Analyse geschlechterspezifischer Generationenbildungen. Die meisten Protagonisten generationeller Formierungen im politischen Raum sind männlich. Generationelle Erfahrungen und Deutungen von Frauen werden mit Ausnahme herausragender Politikerinnen hingegen ignoriert oder allenfalls unter die von Männern subsummiert. Die bisherige Blindheit von generationellen Konstruktionen gegenüber der Kategorie Geschlecht einerseits und der Populärkultur andererseits möchte der Workshop überwinden, indem gezielt danach gefragt wird, welche geschlechterspezifischen generationellen Deutungen mit dem Bereich der Populärkultur – hier Mode und Musik – in Europa zwischen 1950 und dem Jahr 2000 verbunden waren. Dieser Zeitraum wird ausgewählt, weil sich in ihm zum einen die Ausprägung und Kommerzialisierung der Rock- und Popmusik vollzog und zum anderen die Mode – erstmals unabhängig von sozialen Schichten und Stadt-Land-Unterschieden – als Teil einer weitgefächerten Konsumgüterindustrie zum bedeutsamen Distinktionsmittel zwischen den Generationen avancierte.

Donnerstag, 18. Juli 2013

13.00 Uhr
Begrüßung und Einführung
Prof. Dr. Dirk Schumann (Georg-August-Universität Göttingen)
PD Dr. Lu Seegers (Humboldt-Universität zu Berlin)

13.30 Uhr
Keynote
Geschlechterspezifik und Generation in Mode und Musik im 20. Jahrhundert.
Prof. Dr. Uta Poiger (History Department, Northeastern University Boston)

14.15 Uhr – 16.00 Uhr
Sektion 1: Populärkultur, Konsum und generationelle Stile

Von männlicher Politik zu gegendertem Konsum? – Skeptische Anmerkungen zum Bemühen, das Generationskonzept für die historische Forschung zu retten.
Prof. Dr. Kaspar Maase (Ludwig-Uhland-Institut für Empirische Kulturwissenschaft, Eberhard Karls Universität Tübingen).

Transnationale Subkultur? Gender und Generation als Probleme der Popgeschichte nach 1945.
Bodo Mrozek (Zentrum für Zeithistorische Forschung, Potsdam)

«Konservativ ist in!» Die „Lebenswelt der ‘anderen 68er’ im ‘Zeitalter der Uneleganz’.
Dr. Anna von der Goltz (History Department, Georgetown University)

16 Uhr – 16.30 Uhr Kaffeepause

16.30 Uhr – 18.15 Uhr
Sektion 2: Musik als Trigger für generationelle Verortungen

„Erst ma´ eins auf die Fresse’“ – Wut und Weiblichkeit in den frühen deutschen Punkszenen.
Henning Wellmann (Forschungsgruppe „Gefühlte Gemeinschaften“, Max-Planck-Institut für Bildungsforschung Berlin)

Girls in the Gang: Constructing Violence in Urban Space in Budapest in the 1960s.
Dr. Sándor Horváth (Historisches Institut, Akademie der Wissenschaften Ungarn, Budapest)

Ab 19.00 Uhr gemeinsames Abendessen

Freitag, 19. Juli 2013

9.00 – 12.15 Uhr
Sektion 3: „Generationen-Kleider“: Mode als generationelle Aneignung und Imagination im Ost-West-Vergleich

Gender als interdependente Kategorie? Sich kleiden in Mutter-Tochter-Beziehungen.
Nadine Wagener-Böck (Institut für Kulturanthropologie/Europäische Ethnologie, Georg-August-Universität Göttingen)

Die Queen of Punk im Wunderland. Text-Gewebe im Werk Vivienne Westwoods.
Julia Hoffmann (DFG-Graduiertenkolleg Generationengeschichte, Georg-August-Universität Göttingen)

Kaffeepause

“Sowohl meine Oma als auch meine Mama nähten sich selbst die Kleider…”:
weibliches Nähen als generationsübergreifendes Überlebens- und Distinktionsmittel in der spätsowjetischen Konsumkultur .
Anna Tikhomirova (Abteilung Geschichtswissenschaften, Universität Bielefeld)

Zwischen Tradition und Beat. Junge Jugoslawinnen im Spannungsfeld neuer Körpererfahrung und alter Moral.
Nathalie Keigel, (Historisches Department, Universität Hamburg)

12.15 – 13.00 Uhr Mittagsimbiss

13.00 – 14.30 Uhr
Sektion 4: Generationelle Ästhetisierungen der Populärkultur in Europa

“For a Mother’s love”. Die Dialektik zwischen Melodrama und Generationen.
Vănia Morais (DFG-Graduiertenkolleg Generationengeschichte, Georg-August-Universität Göttingen)

„Ich sehe was, was Du nicht siehst und das ist anders!“ Alternative Lebensstile als habituelle Abgrenzung zur Elterngeneration in den 1970er Jahren in BRD und DDR.
Dr. Rebecca Menzel (Zentrum für Zeithistorische Forschung, Potsdam)

14.30 Uhr bis 15.30 Uhr
Schlussdiskussion

Veranstalter: DFG-Graduiertenkollegs 1083 “Generationengeschichte. Generationelle Dynamik und historischer Wandel im 19. und 20. Jahrhundert”, Georg-August-Universität Göttingen
Datum, Ort: 18.07.2013-19.07.2013, Göttingen, Heyne-Haus, Papendiek 16, 37073 Göttingen

Quelle: http://pophistory.hypotheses.org/971

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