Gerechtigkeit in Ausnahmefällen


Ein Gespräch mit Magdalena Benavente Larios, Mitglied der Berliner Härtefallkommission

Von Frederika Haug

Nicht viele BerlinerInnen wissen von der Existenz der Härtefallkomission. Gemäß § 23a Aufenthaltsgesetz können sich Menschen, die vollziehbar ausreisepflichtig bzw. nicht in Besitz eines Aufenthaltstitels sind an die Berliner Härtefallkommission wenden und um Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis für Härtefälle bitten. Sozusagen die „letzte Chance“ für abgewiesene Asylantragstellende und alle anderen, denen das Aufenthaltsrecht keinen Aufenthaltstitel gewährt.

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Vom 9. – 11. September 2015 fand an der Humboldt-Universität zu Berlin der bereits 3. Kongress der deutschsprachigen Rechtssoziologie-Vereinigungen mit über 350 Teilnehmenden aus verschiedensten Disziplinen statt, den das LSI Berlin ausgerichtet hat.

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Quelle: http://barblog.hypotheses.org/1134

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5 Fragen an… den Migrationssoziologen Erol Yildiz (Uni Klagenfurt)

Erol Yildiz ist Professor am Institut für Erziehungswissenschaft und Bildungsforschung an der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt. Zu seinen Schwerpunkten zählt die Interkulturelle Bildung, Migration und Diversität, Stadt und Urbanität sowie qualitative Forschungsmethoden ganz grundsätzlich. Zuletzt erschien von ihm im Jahr 2012 das Buch “Die weltoffene Stadt. Wie Migration Globalisierung zum urbanen Alltag macht”. Benjamin Köhler: Guten Tag, Herr Yildiz! Unsere aktuelle…

Quelle: http://soziologieblog.hypotheses.org/9032

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#refhum|Online-Presseschau “Völkerwanderung”

Dieser Beitrag entstand im Rahmen der Blogparade #refhum. Nach den neuerlichen terroristischen Anschlägen in Paris ist zu befürchten, dass sich die Rhetorik in der Flüchtlingsdebatte weiter zuspitzen wird. Bereits auf einer der letzten AfD-Demos warnte der AfD-Fraktionsvorsitzende Alexander Gauland vor einer Völkerwanderung … Weiterlesen

Quelle: http://archphant.hypotheses.org/176

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„Flüchtlinge“ als Kategorie zur rechtlichen Strukturierung des Grenz- und Zuwanderungsregimes – Im Gespräch mit Prof. Boris Nieswand

Boris Nieswand ist Juniorprofessor für transnationalen Kulturvergleich und Migration am Institut für Soziologie der Universität Tübingen. Zuletzt arbeitete er an einem vergleichenden Forschungsprojekt über jugendamtliche Praxis, unbegleitete minderjährige Flüchtlingen und Diversität in Frankfurt/Main und Stuttgart. Außerdem ist er Mitglied im Rat für Migration e.V. Das Gespräch zwischen…

Quelle: http://soziologieblog.hypotheses.org/8909

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Blogparade #refhum: Flüchtlinge und Migration in den Geisteswissenschaften

refhum“Migration hat bislang historisch unter allen Umständen Grenzen überwunden und wird es auch weiterhin tun.” Einen besseren Einstieg in eine Blogparade zu Flüchtlingen, Migration und Interkultur in den Geisteswissenschaften kann man sich nicht wünschen. Gesagt hat diesen Satz Dr. Manuela Bojadžijev vom Institut für Europäische Ethnologie der HU Berlin in einem der wenigen öffentlichen Beiträge von Seiten der historischen Sozial- und Geisteswissenschaften zum Thema. Sätze wie dieser können populistische, hetzerische und menschenunwürdige Meinungen nicht ändern und fehlgeleitete Diskussionen nicht verhindern. Aber sie können ihnen vielleicht eine Facette hinzufügen, die auf wissenschaftlichen Daten, Untersuchungen oder Vergleichen beruht und der medialen Darstellung mehr Trennschärfe gibt. Dazu möchte ich in meiner ersten Blogparade #refhum aufrufen – und auch dazu, den Austausch zum Thema unter den Wissenschaftsbloggern der verschiedenen Disziplinen anzuregen.

Was ist eine Blogparade?



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Quelle: http://kristinoswald.hypotheses.org/1683

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„Für mich war Fotografieren immer Politik und politischer Kampf“

Paul Glaser: Berlin-Kreuzberg, Holzladung 1986

ARCHIV-AUGUST 2022

Die Visual History-Redaktion nutzt den Monat August, um interessante, kluge und nachdenkenswerte Beiträge aus dem Visual History-Archiv in Erinnerung zu rufen. Für die Sommerlektüre haben wir eine Auswahl von acht Artikeln getroffen – zum Neulesen und Wiederentdecken!

(2) Im März 2022 ist der Berliner Pressefotograf Paul Glaser im Alter von 80 Jahren gestorben. Ab Mitte der 1970er Jahre fotografierte er u.a. Motive gesellschaftspolitischer Konflikte in Berlin wie Hausbesetzungen, Friedensdemonstrationen und Straßen-Krawalle. In den Jahren 1989 bis 1993 arbeitete Glaser in Ostdeutschland und fotografierte Entstehendes und Verfallendes. Unser ZZF-Kollege Florian Völker hat 2015 ein Interview mit ihm geführt.

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Quelle: https://visual-history.de/2022/08/11/fuer-mich-war-fotografieren-immer-politik-und-politischer-kampf/

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Pegida verstehen

Der Beitrag lotet aus, inwieweit sich das Phänomen Pegida aus kulturwissenschaftlicher Perspektive verstehen lassen kann. Meines Erachtens ist dies der erste Schritt zu einer kritischen Auseinandersetzung. Eine gewisse Rat- und Sprachlosigkeit jenseits der Floskeln beherrscht beide Seiten, die Pegidianer und ihre Gegner. Ich gehe davon aus, dass ein historisches Bewusstsein (Gadamer) dabei hilft, vorhandene Denkmuster offenzulegen, um in weiterer Folge Lösungswege im Umgang mit Bewegungen wie Pegida zu formulieren. Nachdem ein Pegida-Ableger seit Februar 2015 auch in Karlsruhe aktiv ist, Mitte April die HoGeSa eine Demonstration angemeldet haben, hat sich am Badischen Staatstheater eine Initiative gebildet, dem Problem rechtspopulistischer Strömungen mittels einer vierteiligen Veranstaltungsreihe zu begegnen. Auf die von den Veranstaltern aufgeworfenen Fragen soll an dieser Stelle nochmals eingegangen werden.

Einfache Lösungen für komplexe Probleme

Bei Pegida handelt es sich um eine spezifische Ausdrucksform eines Trends, welcher einer zunehmend komplexer werdenden Welt mit einfachen Lösungsformeln begegnet. Der digitale Wandel, den wir zur Zeit erleben, befördert die globale Vernetzung mit all ihren Schattenseiten, die ökonomisch, politisch, soziologisch spürbar wird.

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Quelle: https://artincrisis.hypotheses.org/584

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“Ich habe meiner Mutter Löcher in den Bauch gefragt” – 5in10 mit Barbara Pusch

Barbara Pusch ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Orient-Institut Istanbul und arbeitet gegenwärtig zu Transnationaler Migration am Beispiel Deutschland und Türkei. Hierzu hat sie kürzlich auch der NDR in seinem Beitrag “Deutsch-Türken: Einmal Heimat – und zurück?” befragt. Pusch hat über den den Antimodernistischen Umweltdiskurs in der Türkei promoviert und dabei muslimische Intellektuelle und Grüne verglichen.

Was hat Sie als Kind erstaunt? Was wollten Sie schon immer über die Welt wissen?

Barbara Pusch (Foto: privat)

Barbara Pusch (Foto: privat)

Als Kind hat mich eigentlich weniger „die“ Welt interessiert, sondern Menschen in ihren unterschiedlichen Welten. Es hat mich beeindruckt, wie unterschiedlich Menschen denken, wie sie handeln und wie sie ihr Handeln erklären bzw. rechtfertigen. Ich fand es auch immer wieder spannend, worüber sich unterschiedliche Menschen freuen und ärgern. Aus diesem Grund habe ich schon im Grundschulalter liebend gerne meiner Mutter und ihren Bekannten beim Kaffeeklatsch zugehört. Mit Begeisterung habe ich dort gelauscht und aufmerksam verfolgt, wer was zu berichten hatte und wer sich worüber echauffierte… Nach diesen Zusammenkünften habe ich meiner Mutter oft Löcher in den Bauch gefragt, weshalb unterschiedliche Menschen Dinge unterschiedlich interpretieren und wahrnehmen, woran das liegt etc… Mit Alfred Schütz könnte ich heute auch auf „Soziologendeutsch“ sagen, dass mich der „sinnhafte Aufbau der sozialen Welt“ und die verschiedenen menschlichen Lebenswelten fasziniert haben. Dieses Interesse habe ich nie verloren, und es spiegelt sich auch heute noch in meiner Forschungsarbeit.

Wie würden Sie Ihre aktuelle Forschung einem Fremden im Fahrstuhl erklären?

In meinem neuen Forschungsprojekt, dem ich mich seit 1. November 2014 im Rahmen eines Mercator-IPC Fellowships in Istanbul widme, geht es um doppelte Staatsbürgerschaft und unterschiedliche Formen der legalen Mitgliedschaft im transnationalen Raum Deutschland und Türkei. Ich bin mir nicht sicher, ob ich das, was mich an diesem Thema interessiert, wirklich bei einer Aufzugfahrt erklären könnte. Meine Forschungsfragen basieren nämlich auf rechtlichen Grundlagen, die teilweise hochkompliziert sind und viel Detailwissen erfordern. Hinzukommt, dass ich natürlich erklären müsste, was ich unter transnationalen sozialen Räumen verstehe und aus welchen AkteurInnen der transnationale deutsch-türkische Raum besteht. Gewiss würde ich bei einer kurzen Erläuterung meiner Forschung aber betonen, dass ich mich nicht primär mit den rund drei Millionen Menschen in Deutschland beschäftige, die selbst oder deren Eltern bzw. Großeltern einen türkeistämmigen Hintergrund haben, sondern mit den vielen verschiedenen AkteurInnen auf der türkischen Seite dieses Raums. Diese reichen, wie Sie wissen, von entsandten MitarbeiterInnen deutscher Firmen und ihren Familien, über HeiratsmigrantInnen und ihren Kindern, RentnerInnen, Life-Style-MigrantInnen und sogenannten „Bosporus-Germanen“ bis zu den vielen verschiedenen sogenannten „Re“-MigrantInnen. Ich würde betonen, dass viele dieser Menschen auf sehr verschiedenen Ebenen und in sehr unterschiedlicher Intensität im transnationalen deutsch-türkischen Raum eingebunden sind, dass ihre Möglichkeiten, ein legales Mitglied in diesem Raum zu werden, jedoch stark von der nationalen deutschen und türkischen Gesetzgebung geprägt sind. Ich würde darauf hinweisen, dass es bei diesen Gesetzen sowohl enorme Unterschiede als auch erstaunliche Gemeinsamkeiten gibt und dass sich die gesetzlichen Rahmenbedingungen zurzeit in beiden „nationalen Containern“ im Wandel befinden. Darüber hinaus würde ich mein allgemeines Forschungsinteresse damit erklären, dass der Fokus bis dato viel zu einseitig auf die deutsche Seite des transnationalen deutsch-türkischen Raums gelegt wurde, und dass ich mich deshalb mit der türkischen Seite beschäftige. Außerdem würde ich darauf aufmerksam machen, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen bis dato nicht ausreichend auf ihre praktischen Implikationen in den verschiedenen migrantischen Lebenswelten untersucht wurden.

Welche Stationen Ihrer akademischen Reise haben Sie besonders geprägt?

Zweifellos ist mein beruflicher Werdegang von unterschiedlichen akademischen Stationen geprägt. Mit der Länge der Werdegänge nehmen aber auch diese „prägenden Stationen“ zu. In meinem Fall war sicherlich mein erstes Auslandsstipendium in der Türkei, meine verschiedenen internationalen Forschungsprojekte mit Türkeifokus und meine wissenschaftliche Tätigkeit am Orient-Institut Istanbul sehr prägend. Wenn Sie mich jetzt aber auffordern, meinen akademischen Werdegang Revue passieren zu lassen, dann muss ich jedoch auch betonen, dass mein persönlicher Weg immer aus einer Kombination von privaten, persönlichen und beruflichen Vorlieben, Interessen und Rahmenbedingungen gekennzeichnet war und ist. Ich könnte nicht sagen, dass Station X oder Y für meinen Werdegang wegweisend war. Ich sehe meine „akademische Reise“ vielmehr als Prozess, der sehr eng mit vielen anderen Faktoren in meinem Leben verwoben ist. Diese zu betonen ist einerseits sicherlich „typisch Frau“. Andererseits ist dies gewiss auch durch mein eigenes Migrantinnen-Sein geprägt. Ich glaube aber, dass insbesondere bewegte berufliche Werdegänge immer von einem Zusammenspiel verschiedener Faktoren geprägt sind. Männer und Nicht-Migranten neigen lediglich dazu ihre Wendepunkte vom Persönlichen, Zufälligen und Privaten zu abstrahieren.

Wie ist es, in der Türkei zu forschen?

Die Türkei ist einerseits ein Paradies für Sozialforscher, denn es gibt hier Themen wie Sand am Meer. Die diversen politischen, sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Entwicklungen der Türkei haben dieses Land quasi zu einem Labor für Wandelprozesse gemacht. Das gilt auch für die (transnationale) Migrationsforschung mit all ihren Facetten. Schwierig ist jedoch oft die Umsetzung, weil Strukturen und Forschungsmöglichkeiten oft ungenügend sind. Hinzukommt, dass der Zugang zu Daten – und da spreche ich von Basics wie z. B. Einbürgerungsstatistiken, differenzierten Zuwanderungsstatistiken etc. – oft unmöglich ist, weil diese häufig nicht systematisch erhoben bzw. veröffentlicht werden.

Wenn Sie einen Wunsch frei hätten, was würden Sie sich für die Weiterentwicklung Ihres Fachs wünschen?

Für die Weiterentwicklung meines Faches würde ich mir vor allem etwas weniger neo-liberale Wissenschaftspolitik und mehr Forschungsmöglichkeiten /-förderung von Projekten wünschen, die nicht direkt an aktuelle politische Debatten diverser Migrationsdiskurse anschließen. Anders ausgedrückt: Ich würde mir wünschen, dass man sich als SozialwissenschaftlerIn weniger mit der „Verpackung“ seiner Projekte und Tätigkeit beschäftigen muss, sondern einfach seine Arbeit machen kann. Mit anderen Worten: Um fundierte Forschung voranzutreiben, benötigt es mehr Dauerstellen und/oder langfristige Fördermöglichkeiten. Verstehen Sie mich nicht falsch: Ich bin NICHT gegen die Rückkoppelung von Gesellschaft und Wissenschaft und umgekehrt. Ich beobachte aber, dass das Verhältnis oft nicht stimmt und „die“ Migrationsforschung „dem“ politischen/gesellschaftlichen Diskurs nachlaufen muss, damit sie überhaupt weiter betrieben werden kann. Das führt oft dazu, dass man nicht in die gewünschte Tiefe gehen kann, dass „Modethemen“ überforscht werden und andere Themen unterforscht bleiben. Dies kennzeichnet nicht nur mein persönliches Dilemma, sondern auch das vieler meiner migrations- und/oder sozialwissenschaftlich ausgerichteten KollegInnen.

Quelle: http://trafo.hypotheses.org/1429

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“Race” — a necessary category?

 

 

English

Ever since National Socialism used the term “Rasse” in a biologistic and inhumane manner and forced it into culture, it has no longer been possible for German speakers to use the term in a neutral, or uncharged, fashion. The term is also considered scientifically obsolete. However, since the English cognate (“race”) calls up aspects of diversity which cannot be adequately captured by any other term (e.g. ethnic background as a category of analysis for self- and external attributions of race), some scholars address this difficulty to distinguish current usage from that of National Socialism and to turn to a slightly different history of the term. Others instead speak of “ethnicity” and thus relate “race” to post-modern concepts of communities.[1]

Multidimensional diversity

Exploring the subject of diversity in German-speaking and international contexts inevitably ushers in the linguistic and categorical problems of the term “Rasse” (“race”), which appears in the relevant discourse time and again. As regards classroom teaching, one important question is whether the German tradition of history didactics possesses an adequate category for exploring how learners from different ethnic backgrounds deal with certain historical topics.[2] Although present-day Austria has a diverse population, with ethnic backgrounds ranging from the Mediterranean region through South-Eastern Europe to Asia and Africa, not enough consideration is given to the effects of how people see themselves and others on the formation of historical identity or on history learning.[3] In the classrooms of a globalising world, homogenising ideas about learners and their backgrounds are no longer valid. Students may behave quite differently depending on past influences and present circumstances. The identities of individual students differ not only in terms of sex, nationality, religion, culture, health and so forth, but also in terms of their behaviour towards external differences and their social connotations (e.g. skin colour).

Risk of hierarchisation

These categories of difference are all in constant danger of falling into discriminatory essentialisation and hierarchisation, in which stereotypes are constructed, reinforced, or passed on unthinkingly. In Anglo-American literature, it thus often seems that “African Americans” or “Caribbean Americans” constitute homogeneous groups on account of particular cultural and / or physical characteristics. Accordingly, it remains largely unknown whether these designations are self-attributions by the groups involved in the debate over historical didactics, as in the United States Census, or whether such designations are assigned to such groups by researchers. It would therefore be a dangerous balancing act to deal with these categories without critical anti-racist, post-colonial, and socially-minded examination [4]. This is true in particular if one takes these categories as the basis for raising awareness of identity-forming patterns within the context of historical learning. That is, do students choose (their) identity or is (their) identity chosen on the basis of social attributions. Ultimately, this central question also concerns interactions between socio-cultural categories, which, through relational accumulation within social systems, including the institution of history teaching, lead to discrimination (“intersectionality”). However, a tendency towards ignoring the variety of social attributions within the context of “race” would negate a relevant aspect of identity. Along these lines, Martin Luecke has therefore argued that the very “undoubtedly racist history of Germany has a blocking effect on the establishment of racism-critical research.” [5] This in turn raises another fundamental question: does the concept of “race” need to be (re)introduced into German-speaking critical discourse or not?

“Ethnicity” — another way

So far, the above questions about history teaching have not been addressed at all in Austria. Whereas in the United States there is a lively debate on how to teach the transatlantic slave trade, specifically on how learning groups consisting of “European Americans,” “African Americans,” and students from other ethnic backgrounds react to the subject of slavery, as well as its causes and effects [6], in the German-speaking discourse ethnic background is very seldom treated as a category of analysis. Following Robert Miles, Martin Luecke argues that the category of “race” should receive greater attention, in particular because it represents a relevant ideological construct which brings into the debate real and imaginary, biological and cultural facets, and therefore carries considerable weight.[7 ] Within the context of historical and political learning, moreover, the question of “race” is crucial in a diverse world. At the same time, however, part of me resists the (re-)introduction of the category of “race,” or “Rasse” for that matter. My resistance is due to the fact that current German-speaking usage rests on past meaning, whose potential re-coding as a socio-cultural construct will probably not produce greater clarity, but instead runs the risk of reviving older racist patterns of interpretation. It might therefore be worthwhile for present German-speaking didactics of history to move towards a more nuanced discussion of the concept of “ethnicity” in order to emphasize its transmutable character of socio-cultural construction especially with a stronger focus on self-descriptions and excluding biologistic aspects.[8] It also seems necessary to make a clear distinction between a useful epistemological category in research (here: “ethnicity”) and a racism-critical discussion of substantive social phenomena.[9]

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Literature

  • Lovejoy, Paul E./ Bowser, Benjamin P. (Ed.). The Transatlantic Slave Trade and Slavery: New Directions in Teaching and Learning. Trenton 2013.
  •  Epstein, Terrie. Interpreting National History: Race, Identity, and Pedagogy in Classrooms and Communities. New York; London, 2009.

External Link

 

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[1] Such discussions lie within the scope of an ethics of scientific historical language; see Christoph Kühberger and Clemens Sedmak, Ethik der Geschichtswissenschaft. Zur Einführung (Vienna, 2008), 140ff.
[2] At the time, this was established especially in the field of Holocaust education. See Viola Georgi, Entliehene Erinnerung: Geschichtsbilder junger Migranten in Deutschland (Hamburg, 2003).
[3] See Katarina Browne, “The Psychological Consequences of Slavery for Beneficiaries of Slavery: Implications for Classroom Teaching,” in P. E. Lovejoy and B.P. Bowser, The Transatlantic Slave Trade and Slavery: New Directions in Teaching and Learning (Trenton, 2013), 219–24.
[4] Katharina Walgenbach, Intersektionalität – eine Einführung. – http://portal-intersektionalitaet.de/theoriebildung/schluesseltexte/walgenbach-einfuehrung/ (last accessed 11.8.2014).
[5] Martin Lücke, “Diversität und Intersektionalität als Konzepte der Geschichtsdidaktik,” in Handbuch Praxis des Geschichtsunterrichtes, vol. 1. Eds. M. Lücke and M. Barricelli (Schwalbach/ Ts. 2012), 136–146, 139.
[6] Alan J. Singer, New York and Slavery: Time to Teach the Truth (New York, 2008).
[7] Lücke 2012, 139.
[8] “Wir wollen solche Menschengruppen, welche auf Grund von Aehnlichkeiten [sic!] des äußeren Habitus oder der Sitten oder beider oder von Erinnerungen an Kolonisation und Wanderung einen subjektiven Glauben an eine Abstammungsgemeinsamkeit hegen, derart, daß dieser für die Propagierung von Vergemeinschaftungen wichtig wird, dann, wenn sie nicht ‚Sippen‘ darstellen, ‚ethnische‘ Gruppen nennen, ganz einerlei, ob eine Blutsgemeinsamkeit objektiv vorliegt oder nicht.” (M. Weber 1972). See further Rainer Schnell, Dimensionen ethnischer Identität (1990). – https://www.uni-due.de/~hq0215/documents/1990/1990_DimensionenEthnischerIdentitaet.pdf  (last accessed 2.7.2014). For a critical position, see Olja Alvir, “Verlegenheitsbegriff Ethnie als Abgrenzung zu Anderen,” Der Standard, 1 February 2013. – http://dastandard.at/1358305217685/Verlegenheitsbegriff-Ethnie-als-Abrenzung-zu-Anderen (last accessed 2.7.2014).
[9] For instance, the scientifically rejected, but unfortunately socially persistent “race theory.” See Klaus Taschwer, “Neuer Streit um DNA-Unterschiede zwischen ‚Rassen’”, Der Standard, 12 August 2014 http://derstandard.at/2000004302135/Neuer-Streit-um-DNA-Unterschiede-zwischen-Rassen; (last accessed 14 August 2014). See also http://cehg.stanford.edu/letter-from-population-geneticists/ (last accessed 14 August 2014).

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Image credits
© Christoph Kühberger, 2014. Poster Segment Gandhi-Museum, Mani Bhavan (India).

Recommended citation
Kühberger, Christoph: “Race” – an neccessary category? In: Public History Weekly 2 (2014) 32, DOI:  dx.doi.org/10.1515/phw-2014-2520.

Copyright (c) 2014 by De Gruyter Oldenbourg and the author, all rights reserved. This work may be copied and redistributed for non-commercial, educational purposes, if permission is granted by the author and usage right holders. For permission please contact: julia.schreiner (at) degruyter.com.

 

 

Deutsch

 

Seitdem der Nationalsozialismus den Terminus “Rasse” auf eine biologistische und menschenverachtende Art gebrauchte, ist es im deutschsprachigen Raum nicht mehr möglich, den Begriff unbelastet zu nutzen. Er gilt zudem als wissenschaftlich überholt. Da jedoch für einige ForscherInnen der englischsprachige Begriff “race” Bereiche von Diversität erfasst, die mit keinem anderen Begriff zufriedenstellend ausgedrückt werden können (z.B. ethnischer Hintergrund als Analysekategorie für rassistische Selbst- und Fremdzuschreibungen), weichen manche auf diesen aus, um ihre Abgrenzung zum Nationalsozialismus zu markieren und um eine etwas andere Begriffsgeschichte zu nützen. Andere sprechen von “Ethnizität” und beziehen sich damit auf post-moderne Konzepte von Gemeinschaften.[1]

 

Mehrdimensionale Diversität

Beschäftigt man sich geschichtsdidaktisch mit Fragen der Diversität im deutschsprachigen und internationalen Kontext, stößt man allerdings unweigerlich auf das sprachlich-kategoriale Problem rund um “Rasse”/”race”, da der Begriff dort immer wieder auftaucht. Mit Blick auf die SchülerInnen stellt sich die Frage, ob man in der deutschsprachigen Tradition der Geschichtsdidaktik über eine satte Kategorie verfügt, um zu erforschen, wie Lernende mit unterschiedlichen ethnischen Hintergründen bestimmte Themen verarbeiten.[2] Obwohl in Österreich nicht nur Menschen mit ethnischem Hintergrund aus den Mittelmeerregionen oder aus Süd-Osteuropa leben, sondern auch aus Asien und Afrika, wird derzeit etwa nicht ausreichend darüber nachgedacht, welche Auswirkungen deren jeweilige Selbst- und Fremdbilder im Zusammenhang mit einer historischen Identitätsbildung bzw. dem historischen Lernen besitzen.[3] In den Klassenzimmern einer sich globalisierenden Welt kann eben nicht von homogenisierenden Vorstellungen über die Zusammensetzung der Lerngruppe ausgegangen werden. Die SchülerInnen verhalten sich daher auch ganz unterschiedlich gegenüber den Zumutungen der Vergangenheit und ihrer Verarbeitung in der Gegenwart. Ihre Identitäten unterscheiden sich nämlich nicht nur hinsichtlich des Geschlechts, der Schicht, der Nationalität, der Religion, der Kultur, der Gesundheit und vielem mehr, sondern auch durch ihr Verhalten gegenüber äußerlichen Unterschieden und deren Konnotationen innerhalb der Gesellschaft (z.B. Hautfarbe).

Gefahr der Hierarchisierung

Diese Differenzkategorien sind jedoch alle je gefährdet, in eine diskriminierende Essentialisierung und Hierarchisierung zu verfallen, indem Stereotypen aufgebaut, verfestigt oder tradiert werden. So hat es oftmals in der anglo-amerikanischen Literatur den Anschein, dass “African Americans” oder “Caribbean Americans” Gruppen darstellen, welche aufgrund kultureller und/oder körperlicher Merkmale homogen wären. Es bleibt zudem meist weitgehend ungeklärt, ob es sich bei den je angeführten Gruppen in den geschichtsdidaktischen Diskussionen um Selbstzuschreibungen handelt, wie dies im United State Census gemacht wird, oder um Fremdzuschreibungen seitens der ForscherInnen. Es wäre also eine gefährliche Gratwanderung, würde man den Umgang mit diesen Kategorien nicht einer antirassistischen, postkolonialen und gesellschaftskritischen Prüfung unterziehen [4], wenn man sie für den Aufbau einer Sensibilität gegenüber Identitätsmustern im Rahmen des historischen Lernens heranzieht, die von SchülerInnen selbst gewählt werden oder aufgrund von Zuschreibungen innerhalb von Gesellschaften entstehen. Letztlich geht es durchaus auch um Wechselwirkungen von sozio-kulturellen Kategorien, die durch relationale Kumulation innerhalb von sozialen Systemen, zu denen auch der Geschichtsunterricht als Institution zu rechnen ist, zu Diskriminierung führen (“Intersektionalität”). Ein tendenzielles Ignorieren der unterschiedlichsten Zuschreibungen, die im Zusammenhang mit “race” in einer Gesellschaft stattfinden, würde jedoch bedeuten, einen relevanten Aspekt von Identität zu negieren. Martin Lücke argumentiert daher etwa, dass gerade die “zweifellos rassistische Vergangenheit Deutschlands blockierend auf die Etablierung rassismuskritischer Forschung” wirke.[5] Es muss jedoch gerade an dieser Stelle die Anfrage erlaubt sein, ob der deutschsprachige Diskurs dazu tatsächlich die (Wiederein-)Führung des Konzeptes “race” benötigt.

“Ethnie” – ein anderer Weg

Relevante Fragen, die sich in diesem Zusammenhang für die Beobachtung des Geschichtsunterrichts ergeben, wurden bisher in Österreich noch gar nicht im ausreichenden Maße wahrgenommen. Während es etwa in den USA eine geschichtsdidaktische Diskussion zur Vermittlung des transatlantischen Sklavenhandels gibt, in der erörtert wird, wie eine Lerngruppe aus “European Americans”, “African Americans” und anderen SchülerInnen mit verschiedenen ethnischen Hintergründen auf die Thematisierung der Sklaverei, ihre Ursachen und Wirkungen reagieren,[6] wird im deutschsprachigen Diskurs der ethnische Hintergrund als Analysekategorie noch relativ wenig beachtet. Martin Lücke argumentiert mit Robert Miles dafür, dass auch die Kategorie “race” eine Aufmerksamkeit erfahren sollte, da sie ein relevantes ideologisches Konstrukt darstellt, das reale und/oder erfundene, biologische und/oder kulturelle Facetten verarbeitet und dabei massive Bewertungen vornimmt.[7] Mir scheint es im Zusammenhang mit historisch-politischem Lernen wichtig, diesen Bereich in einer von Diversität geprägten Gesellschaft nicht auszuschließen, doch gleichzeitig regt sich in mir innerer Widerstand gegen die (Wieder-) Einführung einer Kategorie “race” oder gar “Rasse”. Dies liegt darin begründet, dass im deutschen Sprachraum mit diesen Termini auf eine in der Vergangenheit verankerte Wortbedeutung verwiesen wird, deren Neukodierung vermutlich nicht zu mehr Klarheit führt, sondern vielmehr Gefahr läuft, ältere rassistische Deutungsmuster wiederzubeleben. Es könnte sich daher nicht nur für die deutschsprachige Geschichtsdidaktik lohnen, eine differenziertere Diskussion zum Begriff der “Ethnie” zu führen, um dessen wandelbaren Konstruktionscharakter zu betonen und um biologistische Momente dabei auszuschließen.[8] Überdies sollte eine Trennung zwischen einer nutzbaren erkenntnistheoretischen Kategorie in der Forschung (“Ethnie”) und einer inhaltlichen rassismuskritischen Diskussion von gesellschaftlichen Phänomenen vorgenommen werden.[9]

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Literatur

  • Lovejoy, Paul E. / Bowser, Benjamin P. (Hg.): The Transatlantic Slave Trade and Slavery. New Directions in Teaching and Learning. Trenton 2013.
  •  Epstein, Terrie: Interpreting National History: Race, Identity, and Pedagogy in Classrooms and Communities. New York / London 2009.

Externe Links

 

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[1] Derartige Diskussionen fallen in den Bereich einer Ethik der geschichtswissenschaftlichen Sprache. Vgl. Kühberger, Christoph / Sedmak, Clemens: Ethik der Geschichtswissenschaft. Zur Einführung. Wien 2008, S. 140ff.
[2] Dies wurde derzeit vor allem im Umfeld der Holocaust Education etabliert. Vgl. Georgi, Viola: Entliehene Erinnerung. Geschichtsbilder junger Migranten in Deutschland. Hamburg 2003.
[3] Vgl. Browne, Katarina: The Psychological Consequences of Slavery for Beneficiaries of Slavery. Implications for Classroom Teaching. In: The Transatlantic Slave Trade and Slavery. New Directions in Teaching and Learning. Hrsg. v. P. E. Lovejoy / B. P. Bowser. Trenton 2013, S. 219-244.
[4] Vgl. Walgenbach, Katharina: Intersektionalität – eine Einführung. – http://portal-intersektionalitaet.de/theoriebildung/schluesseltexte/walgenbach-einfuehrung/ (zuletzt am 11.8.2014).
[5] Lücke, Martin: Diversität und Intersektionalität als Konzepte der Geschichtsdidaktik. In: Lücke, Martin / Barricelli, Michele (Hrsg.): Handbuch Praxis des Geschichtsunterrichtes. Bd. 1. Schwalbach/ Ts. 2012, S. 136-146, hier S. 139.
[6] Vgl. Singer, Alan J.: New York and Slavery. Time to Teach  the Truth. New York 2008.
[7] Lücke, Diversität (wie Anm. 5), S. 139.
[8] „Wir wollen solche Menschengruppen, welche auf Grund von Aehnlichkeiten [sic!] des äußeren Habitus oder der Sitten oder beider oder von Erinnerungen an Kolonisation und Wanderung einen subjektiven Glauben an eine Abstammungsgemeinsamkeit hegen, derart, daß dieser für die Propagierung von Vergemeinschaftungen wichtig wird, dann, wenn sie nicht ‚Sippen‘ darstellen, ‚ethnische‘ Gruppen nennen, ganz einerlei, ob eine Blutsgemeinsamkeit objektiv vorliegt oder nicht.“ (M. Weber 1972). – Zitiert nach: Schnell, Rainer: Dimensionen ethnischer Identität (1990). – https://www.uni-due.de/~hq0215/documents/1990/1990_DimensionenEthnischerIdentitaet.pdf  (2.7.2014) – Kritisch ablehnend: Alvir, Olja: Verlegenheitsbegriff Ethnie als Abgrenzung zu Anderen. In: Der Standard 1.2.2013. – http://dastandard.at/1358305217685/Verlegenheitsbegriff-Ethnie-als-Abrenzung-zu-Anderen (zuletzt am 2.7.2014).
[9] Z.B. die wissenschaftlich abgelehnte, aber gesellschaftlich immer wieder auftauchende „Rassentheorie“. Vgl. Taschwer, Klaus: Neuer Streit um DNA-Unterschiede zwischen „Rassen“, in: Der Standard, 12.8.2014 – online abrufbar unter: http://derstandard.at/2000004302135/Neuer-Streit-um-DNA-Unterschiede-zwischen-Rassen (zuletzt am 14.8.2014). Vgl. dazu auch die Stellungnahme von führenden Humangenetiker/innen: Letters: ‘A Troublesome Inheritance’http://cehg.stanford.edu/letter-from-population-geneticists/ (zuletzt am 14.8.2014).

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Abbildungsnachweis
© Christoph Kühberger, 2014. Plakatausschnitt Gandhi-Museum, Mani Bhavan (Indien).

Empfohlene Zitierweise
Kühberger, Christoph: “Rasse” – eine notwendige Kategorie? In: Public History Weekly 2 (2014) 32, DOI:  dx.doi.org/10.1515/phw-2014-2520.

Copyright (c) 2014 by De Gruyter Oldenbourg and the author, all rights reserved. This work may be copied and redistributed for non-commercial, educational purposes, if permission is granted by the author and usage right holders. For permission please contact: julia.schreiner (at) degruyter.com.

 

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Quelle: http://public-history-weekly.oldenbourg-verlag.de/2-2014-32/race-necessary-category/

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Integrationskritik zum Anhören

Das Audioportal Freie Radios stellt auf seiner Website unter anderem einen hörenswerten Beitrag zur Kritik an der Integrationsdebatte zur Verfügung. Ergänzt werden kann dieser durch einen Vortrag des bekannten Migrationsforschers Paul Mecheril zur Pädagogik in der Einwanderungsgesellschaft. 

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Quelle: http://lernen-aus-der-geschichte.de/Lernen-und-Lehren/content/12026

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