Das Deutsche Historische Institut Paris ist auf dem diesjährigen Historikertag in Mainz mit vier Sektionen präsent, die gemeinsam mit Partnerinstitutionen organisiert werden. Eine Übersicht dazu findet sich hier. In diesem Beitrag wollen wir die Sektion “Geschichtswissenschaft digital in Deutschland und Frankreich: Tendenzen, Strategien, Beispiele” näher präsentieren und publizieren den genauen Zeitplan, kurze Angaben zu den Vortragenden sowie die Abstracts der Vorträge.
Zeit: Mittwoch, 26.9.2012, 9h15-13h00
Ort: P102, Obergeschoss Philosophicum, Jakob-Welder-Weg 18, Mainz
9h15 Begrüßung und Einleitung der Sektion durch Prof. Dr. Gudrun Gersmann und Dr. Mareike König
Teil 1: Digitale Ressourcen zur französischen Geschichte: Strategien zur Informationsversorgung in Deutschland und Frankreich
9h25 Marin Dacos: OpenEdition, a european webplatform for human and social sciences: journals, books, events and blogs
Marin Dacos is Director of the Centre for open electronic publishing (Cléo: centre pour l’édition électronique ouverte), Marseille
Bereits 1999 gegründet und zunächst ausschließlich auf die Bereitstellung von Online-Journals spezialisiert, hat OpenEdition, wie das zentrale Portal der Geisteswissenschaften in Frankreich seit 2010 heisst, mittlerweile drei Hauptangebote: Calenda für Tagungsankündigungen, Termine und Call for Papers, Revues.org für Volltexte von geisteswissenschaftlichen Zeitschriften und Büchern und Hypotheses.org für Berichte aus der laufenden Forschung (Wissenschaftsblogs). Die rasante Entwicklung dieser Angebotspalette über die letzten 12 Jahre ist im Zusammenhang zu sehen mit den Bedürfnissen der Wissenschaft und Forschung, den technischen Möglichkeiten sowie den strategischen Überlegungen der Plattform, die anstrebt, zur wichtigsten internationalen Plattform der Geisteswissenschaften in Europa zu werden. Vorgestellt wird das im Rahmen der Auszeichnung Equipex das Digitalisierungsprojekt 15,000 Books Programm für Bücher.
9h45 Prof. Dr. Gudrun Germann: Von Francia bis Facebook: Ein geisteswissenschaftliches Forschungsinstitut geht online: Das Beispiel des DHI Paris
Gudrun Gersmann ist Direktorin des DHI Paris und Professorin für die Geschichte der Frühen Neuzeit an der Universität zu Köln. Sie ist federführend an Konzeption und Leitung der e-journals und online Portale zeitenblicke.de, lesepunkte.de, historicum.net, perspectivia.net und recensio.net beteiligt und hat die Retrodigitalisierung der Publikationen des DHI initiiert.
Im Rahmen des Vortrags sollen einerseits die Erfahrungen resümiert werden, die in den vergangenen fünf Jahren am DHI Paris im Bereich des elektronischen Publizierens gesammelt wurden. Was bedeutet die Umstellung auf online-Publikationen etwa im Bereich von Rezensionen? Welche Publikationsmodelle zwischen print und online haben sich bewährt? Wie wird dieser Prozeß in der Fachgemeinschaft wahrgenommen? Andererseits soll es explizit jedoch auch darum gehen, künftige Publikations- und Präsentationsperspektiven zu umreißen: Wie können beispielsweise die speziell für die Nachwuchswissenschaftler/innen interessanten sozialen Netzwerke in die Arbeit eines Forschungsinstituts aufgenommen werden? Welche Chancen, aber auch welche Risiken sind damit verknüpft?
10h05 Prof. Dr. Hinnerk Bruhns: Trivium
Hinnerk Bruhns ist emeritierter Forschungsdirektor am CNRS Paris, Historiker, Sozialwissenschaftler, Max-Weber-Spezialist und Initiator der online-Zeitschrift Trivium.
Trivium ist eine im Herbst 2007 gegründete elektronische Zeitschrift, die ausgewählte Artikel aus deutschen und französischen geisteswissenschaftlichen Fachzeitschriften in der jeweils anderen Sprache in Übersetzung veröffentlicht. Trivium erscheint in Form von Themenheften (durchschnittlich drei pro Jahr), die in der Regel von je einem deutschen und einem französischen wissenschaftlichen Herausgeber betreut werden. Trivium wird herausgegeben von den Éditions de la Maison de Sciences de l’Homme in Paris, in Verbindung mit mehreren deutschen und französischen Institutionen. Die Zeitschrift ist frei im Internet zugänglich: http://trivium.revues.org. Das Blog der Zeitschrift findet sich hier. Siehe auch das Interview “Die bedeutenden Wissenschaftssprachen müssen erhalten bleiben” mit Hinnerk Bruhns hier.
10h25 Gregor Horstkemper / Dr. Andrea Pia Kölbl: Von der Handschrift bis zum Fachportal – Die Bayerische Staatsbibliothek als Informationsspezialist für die französische Geschichte
Gregor Horstkemper ist an der Bayerischen Staatsbibliothek für die “Fachinformation Geschichte” zuständig und leitet das Zentrum für Elektronisches Publizieren, in dem an Online-Angeboten wie historicum.net, perspectivia.net und recensio.net mitgearbeitet wird.
Dr. Andrea Pia Kölbl ist Projektleiterin der Virtuellen Fachbibliothek Romanischer Kulturkreis (Vifarom).
Die von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Sondersammelgebietsbibliotheken erfüllen einen umfangreichen Versorgungsauftrag für die jeweilige Fachcommunity, der in zunehmendem Maße über das Internet erfüllt wird. Aus Sicht der Bayerischen Staatsbibliothek, die u.a. für die Informationsversorgung zur französischen Geschichte zuständig ist, werden Zielsetzungen und Umsetzungsschritte bei der kontinuierlichen Erweiterung der Informationsangebote zur Geschichte Frankreichs vorgestellt. Angefangen von der Digitalisierung einzelner Handschriften bis hin zum Aufbau der Virtuellen Fachbibliothek Romanischer Kulturkreis (Vifarom) wird eine große Bandbreite an digitalen Ressourcen und Diensten in den Blick genommen. Anschließend soll zur Diskussion gestellt werden, wie diese Angebotspalette, die zum größten Teil in der Vifarom gebündelt wird, weiterentwickelt und optimiert werden kann.
10h45 Diskussion
11h05 Pause
Teil 2: Soziale Medien und Web 2.0 in der deutschen und französischen Geschichtswissenschaft
11h20 Dr. Mareike König: Historische Fachkommunikation über Twitter, Facebook und Blogs in Deutschland und Frankreich
Mareike König leitet die Abteilung 19. Jahrhundert und die Bibliothek des Deutschen Historischen Instituts Paris. Sie ist außerdem zuständig für den Bereich Social Media und Digital Humanities am DHIP. Sie ist Projektleiterin des deutschsprachigen Blogportals für die Geistes- und Sozialwissenschaften de.hypotheses.org.
Der Beitrag gibt einen Überblick über grundsätzliche Überlegungen zum Einsatz von sozialen Medien wie Twitter, Facebook oder Blogs in der historischen Fachkommunikation. Anhand des zu konstatierenden Unterschieds in der Nutzung dieser neuen Kommunikationskanäle in Deutschland und Frankreich wird die Web 2.0-Strategie des Deutschen Historischen Instituts vorgestellt. Dabei geht es insbesondere um den Aufbau eines deutschsprachigen Blogportals für die Geisteswissenschaften nach französischem Vorbild.
11h40 Dr. Lilian Landes: Rezensieren im Web 2.0: recensio.net
Lilian Landes ist Kunsthistorikerin, promovierte über sozialkritische Genremalerei um die Revolution von 1848 und ist an der Bayerischen Staatsbibliothek beschäftigt. Sie leitet dort die geschichtswissenschaftliche Rezensionsplattform recensio.net, die Buchrezensionen aus Fachzeitschriften online publiziert und ein web 2.0 basiertes neues Konzept zur Literaturbewertung erprobt.
Wie wird die “Generation Web 2.0″ rezensieren und Rezensionen lesen? Dass sie zu festen Terminen im Jahresverlauf in die Bibliothek geht und die einschlägigen Printzeitschriften rezipiert, ist unwahrscheinlich. Dass sie auf wissenschaftlichem Niveau flexibel, fragmenthaft, gezielt kommentieren möchte (wie das auf Amazon im kommerziellen Bereich bereits praktiziert wird), ist wahrscheinlicher. Mit recensio.net – Rezensionsplattform für die Geschichtswissenschaft wird eine Plattform präsentiert, die sowohl “klassische” Rezensionen etablierter Zeitschriften online im Open Access zusammenführt, als auch Instrumente zur gemeinschaftlichen Bewertung historischer Schriften erprobt. Siehe dazu auch das Blog “Rezensieren – Kommentieren – Bloggen“.
12h00 Georgios Chatzoudis: L.I.S.A. – Historische Geisteswissenschaften 2.0
Georgios Chatzoudis hat Geschichte, Politikwissenschaft und Anglistik an der Universität Köln studiert und ist seit 2009 Leiter der Online-Redaktion “L.I.S.A. - Das Wissenschaftsportal der Gerda Henkel Stiftung“.
Der Einzug der digitalen Medien in den Wissenschaftsalltag stellt auch die Historischen Geisteswissenschaften vor neue Herausforderungen. Nach wie vor fehlen häufig Strategien im Umgang mit Neuen Medien und Sozialen Netzwerken. L.I.S.A. – Das Wissenschaftsportal der Gerda Henkel Stiftung ist ein neues Angebot, das sich gleichermaßen an Wissenschaftler, Studierende und an alle, die sich für historische Themen interessieren, richtet, und dabei die modernen kommunikativen und technischen Möglichkeiten des Web 2.0 in einem interaktiven Internetportal vereint. Ziel ist es, einen lebendigen Austausch über Geschichte, Archäologie, Kunstgeschichte und Islamwissenschaften zu fördern. Wissenschaftler erhalten dabei die Möglichkeit, Einblick in laufende Forschungsprojekte zu geben und ihre Ergebnisse in Wort, Ton oder Bild einer interessierten Öffentlichkeit zu präsentieren. Um den Dialog und Austausch weiter zu unterstützen, bedient sich die L.I.S.A.Redaktion auch anderer sozialer Medien (L.I.S.A.Facebook) und Nachrichtendienste (L.I.S.A.Twitter). Außerdem wird bewusst dazu ermuntert, die multimedialen Möglichkeiten des Web2.0, wie zum Beispiel Videoclips, Podcasts, Bilder und Bildgalerien sowie Live-Chats für die Vermittlung wissenschaftlicher Inhalte einzusetzen. Siehe auch das Interview: “Unser Ziel ist es, den wissenschaftlichen Austausch im Netz zu fördern” auf dem Blog des DHIP.
12h20 Dr. Jürgen Danyel: Zeitgeschichte und Social Web. Erfahrungen mit partizipativen Formaten im fachlichen Kontext
Jürgen Danyel ist stellvertretender Direktor des Zentrums für zeithistorische Forschung in Potsdam und Leiter der Abteilung “Zeitgeschichte der Medien- und Informationsgesellschaft” am ZZF.
Der Beitrag diskutiert am Beispiel des am ZZF Potsdam angesiedelten Projekts Docupedia Zeitgeschichte die spezifischen Probleme, die sich aus Einbindung von Techniken des Web 2.0 in fachwissenschaftliche Diskurse und Publikationsformate ergeben. Im Mittelpunkt steht dabei die Frage, inwiefern Formen des kollektiven Schreibens und der Nutzerpartizipation kompatibel mit der etablierten autorenzentrierten Wissenschaftskultur und historisch gewachsenen Kommunikationsformen in den Geisteswissenschaften sind. Ausgehend von diesem Spannungsverhältnis sollen inhaltliche und redaktionelle Konsequenzen für die Entwicklung partizipativer Informationsangebote im Bereich der Zeitgeschichte diskutiert werden.
12h40 Diskussion
13h00 Ende der Veranstaltung
Weitere Informationen
Website des Historikertags: http://www.historikertag.de/Mainz2012/nc/de/startseite.html
Twitterhashtag: histag12
Quelle: http://dhdhi.hypotheses.org/1188