Dass alle Schüler_innen (zumindest der Sekundarstufen) in absehbarer Zeit mit einem digitalen Endgerät ausgestattet sein werden, scheint heute weniger eine Frage des ob als des wann. Verschiedene Länder weltweit schreiten bereits voran. In Deutschland hat beispielsweise die Internet-Enquetekommission des Bundestags im Januar 2012 gefordert, alle Schüler mit einem Device auszustatten. Positive Folgen sind absehbar: Aufgrund zahlreicher Schulbücher übergewichtige Schulranzen wird es kaum mehr geben. Ein digitales Endgerät (max. ca. 1,5 kg), das die notwendigen Lernmaterialien und Bildungsmedien gespeichert oder online bereithält, daneben Hefte und Mappen, sowie die übrigen Lernmittel und Pausenbrot benötigen deutlich kleinere Ranzen. Und die Schulträger dürfte freuen, dass die heute meist zwei Klassenräume bindenden Computerräume in Zukunft überflüssig werden.
Schule und Lernen werden sich durch digitale Endgeräte für alle Schüler_innen stark verändern. Digitale Geräte können nicht nur als eBook die Inhalte der Schulbücher bereithalten und somit Print-Ausgaben ersetzen. Schüler_innen werden in Zukunft im Unterricht immer online sein und das Lernen in oder mit digitalen Medien eröffnet große Potenziale hin zu einer veränderten, subjektorientierten Lernkultur. Es gilt aber auch: Digitale Endgeräte sind weder Wundermittel noch bedeutet eine flächendeckende Ausstattung, dass Schüler_innen in Zukunft nur noch mit digitalen Medien lernen. Digitale Geräte sind Werkzeug und Arbeitsmittel, die nur dann ausgepackt werden, wenn man sie braucht. Ein großer Teil des Unterrichtsgeschehens wird auch in Zukunft ohne sie stattfinden.
Eine wichtige Frage wird die Finanzierung der Geräte sein. Die Schulen sollten die Geräte zur Verfügung stellen, um eine einheitliche Ausstattung und sozial verträgliche Anschaffung zu ermöglichen. Auf den ersten Blick scheint das Vorhaben teuer. Setzt man aber beispielsweise einen Gerätepreis von 300 Euro an und unterstellt eine Laufzeit von drei Jahren, ergäbe sich Kosten von etwa 100 Euro pro Schüler pro Schuljahr – keine unüberschaubare Summe.
Wozu diese sehr allgemeine Diskussion in einem geschichtsdidaktischen Blog? Auf dem freien Markt werden zurzeit sowohl verschiedene Gerätetypen, Marken und Vertriebssysteme von Software angeboten, die (mit verschiedenen Vor- und Nachteilen) zunächst grundsätzlich zur Anschaffung in Schulen geeignet sein könnten – je nach verschiedenen Funktionen, die von den Geräten erfüllt werden sollen. Zentral ist: Sinnvolle Kategorien und Kriterien, was die Geräte leisten sollen, müssen sich an den Bedürfnissen der Fächer orientieren resp. von den verschiedenen Fachdidaktiken entwickelt und formuliert werden. Hierzu ein skizzenhafter Versuch aus Sicht des Unterrichtsfachs Geschichte, wo drei Punkte entscheidend scheinen:
1 | Geschichte als Fach, das viel mit Sprache und Textproduktion arbeitet, benötigt unbedingt eine richtige (also haptische), nicht nur eine virtuelle Tastatur.
2 | Erstes zentrales Arbeitsmittel sind Office-Paket-Anwendungen (mit Textverarbeitung, Tabellenkalkulation, Präsentation, Datenbank). Für den Schulgebrauch wäre es optimal, dabei auf kostenlose Open Source-Programme zurückzugreifen, die nur von einem Teil der Geräte unterstützt werden. Open-Source Programme garantieren auch, dass OER (Open Educational Resources) auf den Geräten benutzt werden können. Geräte hingegen, die Software und Applikationen mittels proprietärer Vermarktungsstragien anbieten (die also in zentralen Bereichen nur kostenpflichtige Programme zulassen), sind eher problematisch.
3 | Zweites zentrales Arbeitsmittel sind Browser, die von allen Geräten ohne Mehrkosten zur Verfügung gestellt werden. Das digitale Gerät muss also über integriertes WLAN verfügen. Mittels des Browsers lassen sich fast alle für den Geschichtsunterricht relevanten digitalen Medien sowie Web2.0-Anwendungen bedienen.
Notebooks, die diese drei Punkte erfüllen, finden sich in der Preisklasse bis 300 Euro in verschiedenen, stabilen Ausführungen. Zu beachten bezüglich der Anforderung Open Source ist die Frage, mit welchem Betriebssystem die Geräte arbeiten.
In den letzten zwei Jahren wird von vielen Schulen die Anschaffung von Tablets avisiert. Tablets bieten für einige (im Bereich des Geschichtsunterrichts noch nicht sehr viele) Anwendungen besondere Möglichkeiten und Vorteile. Beispielsweise lassen sich Fotos oder Videos erstellen. Strategisch könnte man aber auch fragen, ob diese Funktionen – falls erwünscht – nicht auch von Smartphones erfüllt werden können, die Schüler_innen heute in großer Zahl besitzen.[1] Es gibt inzwischen zwar “Hybrid”-Tablet-Geräte, die Punkt 1 bis 3 erfüllen, die allerdings in einer Preisklasse ab 500 Euro liegen. Solche Geräte werden ggf. in Zukunft im Preis sinken und dann auch für den Einsatz in den Schulen interessant.
Fazit: Notebook oder Tablet? Aus Sicht des Geschichtsunterrichts wäre mit dem mittelfristigen Ziel einer Ausstattung aller Schüler_innen das Notebook nach heutigem Stand der Dinge ausreichend. Interessant wäre zu hören, wie andere Unterrichtsfächer und Fachdidaktiken diese Frage beantworten würden.
[1] Nachtrag aufgrund eines tweets von @eisenmed: Hierzu wird seit einigen Monaten das Konzept BYOD (bring your won device) diskutiert; allerdings gibt es bislang nur wenige konkrete Beispiele zur Umsetzung im Bereich Schule; s. z.B. den Blog von Richard Heinen.
Bildnachweis links: Bundesarchiv, Bild 183-M0831-0028 / Link, Hubert / CC-BY-SA, rechts: Bundesarchiv, Bild 194-0097-39 / Lachmann, Hans / CC-BY-SA, via Wikimedia Commons
empfohlene Zitierweise Pallaske, Christoph (2012): Notebook oder Tablet – welches digitale Endgerät für die Schule? | Eine Antwort aus Sicht des Faches Geschichte. In: Historisch denken | Geschichte machen | Blog von Christoph Pallaske, vom 5.9.2012. Abrufbar unter URL: http://historischdenken.hypotheses.org/892, vom [Datum des Abrufs].