Das Bild des deutschen „Wirtschaftswunders“ in der Kino-Wochenschau

Verkehrsaufkommen in Berlin 19.12.1960 © Bundesarchiv
Verkehrsaufkommen in Berlin 19.12.1960 © Bundesarchiv

Verkehrsaufkommen in Berlin, NDW- Jahresrückblick von 19.12.1960. Das Bild wurde während einer Ansprache Ludwig Erhards gezeigt, in der er Luxus- und Konsumkritik übt. Der Abschnitt ist überschrieben mit „Apokalyptische Visionen im Zeitalter der Massen“. © Bundesarchiv

Woher kommt das Bild von Deutschland als einem Land, dem durch Fleiß und Kraft seiner Bevölkerung sowie dank eines „Wirtschaftswunders“ der Wiederaufbau nach dem Krieg gelang? Wie stellten Medien als „Agenten des sozialen Wandels“ das „Wirtschaftswunder“ dar? Bis zur Etablierung des Fernsehens in Deutschland in den 1960er-Jahren war die Wochenschau die einzige Nachrichtenquelle, die durch laufende Bilder die Vorstellungen einer breiten Öffentlichkeit prägen konnte. Im Projekt geht es daher um die Frage, wie die Wochenschau zum kollektiven Erinnerungsbild: „Wir sind wieder wer!

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Quelle: https://www.visual-history.de/2015/05/11/das-bild-des-deutschen-wirtschaftswunders-in-der-kino-wochenschau/

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Neue Rezensionen: H-Soz-Kult

Bücher

Bücher

In den letzten Wochen sind interessante Bücher aus dem Bereich der historischen Bildforschung auf H-Soz-Kult rezensiert worden. Wir stellen einige davon auf Visual History vor.

 

Loretana de Libero, Rache und Triumph. Krieg, Gefühle und Gedenken in der Moderne
De Gruyter Oldenbourg, München 2014
rezensiert von Manfred Hettling, redaktionell betreut durch Jan-Holger Kirsch

Cover de LiberoLoretana de Libero, Althistorikerin, untersucht in ihrer materialreichen Studie deutsche Kriegerdenkmäler nach 1918 und ergänzt ihre Arbeit mit punktuellen Ausblicken auf andere Länder. Ihr besonderes Interesse gilt der Darstellung des Feindes auf den Denkmälern. Seien es Figuren, Symbole, Allegorien, Embleme, Waffen, sprachliche Formeln – die Verweise auf den Kriegsgegner sind vielfältig.

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Quelle: https://www.visual-history.de/2015/05/04/neue-rezensionen-h-soz-kult-2/

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Befreiung? Sieg? Niederlage? Interviews zum Kriegsende (1): Frankreich

Im Rahmen des 70. Jahrestags des Kriegsendes in Europa eröffnet die Max Weber Stiftung einen Einblick in die Erinnerungskultur der Gastländer ihrer Institute. Neben einer Auseinandersetzung mit dem Gedenken an 1945 geben wir auch einen kurzen Einblick in die jeweiligen Forschungstendenzen zum Zweiten Weltkrieg. Den Anfang macht Stefan Martens, Stellvertretender Direktor des Deutschen Historischen Institut in Paris. Seine Forschungsschwerpunkte sind die Geschichte der Weimarer Republik, des Dritten Reiches und des Widerstandes, die Geschichte der französischen Dritten Republik und des Vichy-Regime sowie die Geschichte der Internationalen Beziehungen.

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Stefan Martens, Stellvertretender Direktor des DHI Paris.

Herr Martens, wie wichtig ist der 8.

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Quelle: http://mws.hypotheses.org/26843

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1000 Einträge im Katalog von Hypotheses!

Wir freuen uns, dass der Katalog von Hypotheses nun tausend Einträge umfasst. Diese symbolträchtige Zahl krönt das sechsjährige Bestehen der Plattform sowie den kürzlich gefeierten dritten Geburtstag des deutschsprachigen Portals. Die Zahl spiegelt die Dynamik der Community sowie die Qualität der Blogartikel wider, die täglich auf Hypotheses veröffentlicht werden.

Aus diesem Anlass möchten wir repräsentativ zehn Blogs unterschiedlicher Disziplinen, Thematiken, Länder und Sprachen mit ihren selbstgewählten Beschreibungen vorstellen. Die Blogs wurden von den französisch-, deutsch- und spanischsprachigen Community Managements ausgewählt und kürzlich dem Katalog hinzugefügt.

Digital Humanities LAB at CVCE
The Digital Humanities lab at the Centre virtuel de la connaissance sur l’Europe (CVCE) is an interdisciplinary team whose goal is to develop an innovative digital research infrastructure for disseminating enhanced publications in the field of European Integration Studies. This blog will provide the DHLab with a forum for the exchange of information and ideas associated with our ongoing digital humanities project. It will provide the opportunity to discuss the innovative projects we are working on and the issues and challenges we face developing tools and techniques for multi-lingual digital research environments that utilise a wide variety of data types (pictures, text, video, maps cartoons, etc).

Lxnights. Exploring Nightlife and Urban Transformation in Contemporary Lisbon
This blog is a collaborative research venture linked to a research project called “LXNights Project. Nightlife, Gentrification and the Studentification of Lisbon’s nights. Exploring New Forms of Urban Inequality in Times of Crisis.

Réseau SHS Ebola. SHS Ebola network
Réseau des chercheurs en anthropologie et autres sciences humaines et sociales travaillant sur l’épidémie de virus Ebola.

WEB90. Patrimoine, mémoires et histoire du web dans les années 1990
Où en sont l’histoire de l’internet et du web aujourd’hui ? Quelle place les archives du web et plus globalement le patrimoine nativement numérique (web, groupes de discussion, BBS, etc.) peuvent-ils jouer dans leur histoire ? Quels sont leurs apports mais aussi les freins méthodologiques, juridiques, techniques que rencontre le chercheur ? Autant de questions auxquelles il s’agira d’apporter des pistes de réponses au cours d’un projet dédié au « Patrimoine, mémoires et à l’histoire du web en France dans les années 1990 », soutenu par l’Agence nationale de la recherche.

Fantaterror. Le cinéma fantastico-horrifique espagnol sous le tardofranquisme (1968-1975)
Entre 1968 et 1975, soit la fin de la dictature franquiste en Espagne, se développe un âge d’or du cinéma fantastique et horrifique (dit « fantaterror », contraction de « fantastic » et « terror »). Cet âge d’or nous amène à questionner les notions de représentations sociales et politiques de l’Espagne de l’époque. Au fil des films étudiés, notre objectif est de voir comment ce genre cinématographique codifié reflète le contexte historique trouble dans lequel il est produit. Seront ainsi convoquées les notions de genre, la domination masculine, de répression sociale ou encore de panique morale, tous ces concepts participant à la compréhension d’un univers cinématographique idéologisé qui a recourt à des nombreux procédés visuels et narratifs pour subvertir les conventions de son temps.

Déjà vu. Carnet de recherche visuelle de Patrick Peccatte
Recherches actuelles sur la redocumentarisation, les objets informationnels, les théories de la fiction, les pulps et les comics, et, surtout, les dispositifs de représentation de la guerre dans la culture ordinaire.

beruf:geschichte. Blog zur Praxis- und Berufsorientierung für Historikerinnen und Historiker
Ist Geschichte ein Beruf oder eine Berufung? Was bedeutet es, Historikerin oder Historiker zu sein? Ausgehend von diesen Fragen befasst sich das Blog der mit den Themen Praxis- und Berufsorientierung für Historikerinnen und Historiker. Es bietet Informationen über Berufsbilder von Historikern sowie über aktuelle Angebote (z.B. Praktikumsplätze) und begleitet universitäre Lehrveranstaltungen.

Moral Economy. Moral und Kapitalismus in Frankreich 1850-1920
Moral und Kapitalismus, oder allgemeiner: Moral und Ökonomie: Bei einer Umfrage würden viele Befragten bei diesen Begriffspaaren intuitiv von einem Spannungsverhältnis, wenn nicht von einem Konflikt ausgehen. Aber unvereinbar sind die Begriffe keineswegs. In jeder Wirtschaftsordnung orientieren sich Akteure an Verhaltensnormen, kulturellen Werten und Gewohnheiten. Diese sorgen für Berechenbarkeit und Verlässlichkeit oder provozieren Frustration, falls die Erwartungen an das Verhalten anderer enttäuscht werden. Eigene und fremde Handlungen werden als richtig oder falsch, gut oder böse bewertet. Frankreich in den dynamischen Jahrzehnten zwischen 1850 und Erstem Weltkrieg zeigt beispielhaft, wie etablierte und eingeübte Muster und Regeln ökonomischen Handelns in Frage gestellt wurden, wie gewohnheitsmäßige, moralische und legale Grenzen verschoben oder neu gesetzt wurden.

Canon y corpus. Sobre el concepto de « clásicos » en la literatura
El objetivo de este blog es crear un espacio de reflexión y discusión en torno a los conceptos de « clásico » y canon. Se trata de tomar conciencia de los procesos que constituyen el corpus de libros que generalmente se identifica con una literatura, y acerca de los condicionamientos estéticos, históricos y sociológicos que participan en dicho proceso.

El hilo de Ariadna. Arte y poder en la Edad Moderna
Este blog recoge los avances de las investigaciones llevadas a cabo en el marco de diferentes proyectos I+D+i respecto a las relaciones entre arte y poder en el ámbito de los Habsburgo durante la Edad Moderna, y en concreto sobre el arte de la tapicería.

 

Der Katalog stellt eine wichtige Etappe für das Bestehen eines Blogs dar: Der Katalogeintrag erhöht die Sichtbarkeit der Blogs deutlich und ermöglicht so eine zusätzliche Wertschätzung der Bloginhalte, vor allem aufgrund der Zuteilung einer ISSN.
Das Team von Hypotheses bedankt sich herzlich bei den Bloggenden für ihren Einsatz und die lebendige Community sowie für die vielen hochwertigen Blogbeiträge.

Quelle: http://redaktionsblog.hypotheses.org/2792

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Der “Grand Mémorial” und andere Ressourcen zum Ersten Weltkrieg (Mittwochstipp 61)

Das hundertste Jubiläum des Ausbruchs des Ersten Weltkriegs wurde durch die Bereitstellung zahlreicher neuer Online-Ressourcen zum Thema gewürdigt – einen Überblick findet man im Beitrag von Mareike König auf dem Blog La Grande Guerre, in einem Post von Klaus Graf … Weiterlesen

Quelle: http://francofil.hypotheses.org/3254

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Tagungsbericht: “Materielle Mediationen im deutsch-französischen Dialog / Médiations matérielles et dialogues franco-allemands” , 18. – 20. März 2015, IEA Paris

"Materielle Mediationen/Médiations matérielles": Eine deutsch-französische Tagung zu Materialitäten in Künsten, Literaturen und Kulturen. (Bild: Andrea von Hülsen-Esch und Alain Schnapp / © Miriam Leopold)

“Materielle Mediationen/Médiations matérielles”: Eine deutsch-französische Tagung zu Materialitäten in Künsten, Literaturen und Kulturen. (Bild: Andrea von Hülsen-Esch und Alain Schnapp / © Miriam Leopold)

1985 sorgte der französische Poststrukturalist Jean-François Lyotard mit der Ausstellung „Les Immatériaux“ im Centre Pompidou für ein Diskursereignis, das das Verständnis von Materialität grundlegend verändern sollte. Lyotards Ausstellung führte wortwörtlich vor, wie mit der Immaterialisierung der Wirklichkeit durch numerische Technologien zugleich die materielle Präsenz der Kommunikation gesteigert wird. Damit eröffnet sich aber zwischen dem Materiellen und dem Immateriellen ein dynamischer Raum für verschiedenste Mediationen.

An das mediale Ereignis “Les Immatériaux” schloss die internationale Tagung “Materielle Mediationen im deutsch-französischen Dialog/Médiations matérielles et dialogues franco-allémands”, die das GRK1678 in Zusammenarbeit mit Alain Schnapp organisierte, in zweifacher Weise an: Erstens fand die Tagung exakt dreißig Jahre nach Lyotards Ausstellung statt. Zweitens ist Lyotards Materialitätskonzept ein wichtiger Referenzpunkt für das GRK1678, wie Andrea von Hülsen-Esch und Vittoria Borsò in ihren einleitenden Vorträgen ausführten.

Andrea von Hülsen-Esch/Vittoria Borsò (Düsseldorf): Einleitung

Prof. Dr. Andrea von Hülsen-Esch  © Miriam Leopold

Prof. Dr. Andrea von Hülsen-Esch
© Miriam Leopold

Die Interdependenz zwischen Materiellem und Immateriellem bricht mit dem Primat des Geistes und setzt die unmittelbare Erfahrung ins Recht, konstatierte Andrea von Hülsen-Esch in ihrem Teil der Einleitung. Von den angelsächsisch geprägten “material studies” unterscheide die französische und deutsche Philosophie, Kunst- und Literaturwissenschaft ihre Orientierung an der Prozessualität der materiellen Meditationen, die sich explizit auch der Agentialität der Dinge und ihrer Wirkung auf den Betrachter zuwende. Die Weichen für diesen methodischen Zugang zur Materialität stellt nach von Hülsen-Esch aber nicht erst Lyotard, sondern dieses Konzept von Materialität besitzt eine verzweigte Genealogie, die auf beide Seiten des Rheins führt. Vorreiter für die deutsche Kunstwissenschaft sei Aby Warburg, der mit seinem Mnemosyne-Atlas und der “Pathosformel” die Agentialität der Bilder fokussierte. Weiter zu nennen wären auch Philippe Dubois’ Konzept “image-act” sowie Horst Bredekamps energetische Bildakttheorie.

Prof. Dr. Vittoria Borsò © Miriam Leopold

Prof. Dr. Vittoria Borsò
© Miriam Leopold

Aus einem anderen Blickwinkel beleuchtet  Vittoria Borsò Lyotards These. Materielles und Immaterielles bedingen sich nicht nur gegenseitig, so Borsò. Vielmehr gehören beide zum gleichen Produktionsprozess von Wirklichkeit. Diese dynamische Ontologie habe bereits Lyotards Ausstellung performativ umgesetzt, da sich dort die Materialität als Emergenz einer komplexen Interaktion zwischen Technik und Benutzer immer wieder neu einstellte. Für die Literaturwissenschaft schlägt dagegen die Romanistin den Begriff der écriture vor, der einen durchlässigen, multimedialen Raum der Sinngebung definiert. In dieser écriture offenbart sich nach Borsò immer auch das Fremde im Eigenen, ja das Fremde wird als eine Konstituente der Materialität sichtbar – so wie es auch Roland Barthes in L’empire des signes und Gilles Déleuze in Critique et clinique vorgeführt haben. Insofern verlangen die materiellen Meditationen eine ständige Kreuzung der Aspekte, ein Changieren zwischen Epistemologie und Ontologie und nicht zuletzt einen interkulturellen Austausch. (Autor: Sergej Rickenbacher)

Alain Schnapp (Paris): Monument/Mahnmal/Merkmal – Quelques aspects de la mémoire entre France et Allemagne

Prof. Alain Schnapp © Miriam Leopold

Prof. Alain Schnapp
© Miriam Leopold

Einen interkulturellen Dialog setzte der Pariser Archäologe Alain Schnapp in seinem Vortrag in Szene. Ausgehend von den Etymologien und Übersetzungen zentraler Begriffe historischer Wissenschaften reflektierte Schnapp über die Semantiken und Funktionen von Ruinen, Monumenten, Denk- und Mahnmälern in verschiedenen Kulturen zu wechselnden Zeiten. Als zentrale Konzepte der europäischen Erinnerungskultur definierte er trace und empreinte. Während trace die Richtung vorgebe und somit Orientierung schaffe, gebe empreinte als Abdruck dem Erinnerten eine Form. Letzteres könnte auf einer Erinnerungskultur bezogen werden, wie sie Denis Diderot lebte. Die Ruine habe für Diderot die Vergangenheit verkörpert, die durch Kontemplation vor Ort wieder zugänglich wurde. Eher dem Konzept der trace müsste Alois Riegls Funktionalisierung des Denkmals in Der moderne Denkmalkultus zugeordnet werden. Das Denkmal ist nach Riegl der Ort des ritualisierten Umgangs mit der Vergangenheit. Insofern besitzen nach Schnapp die deutschen Begriffe ‘Denkmal’, ‘Mahnmal’ und ‘Merkmal’ gegenüber dem französischen ‘monument’ einen entscheidenden Vorteil: Sie drängen die Frage nach den zukünftigen Funktionen der materialisierten Vergangenheiten auf. (Autor: Sergej Rickenbacher)

 

Section I: Critique génétique

Daniel Ferrer (Paris): Le matériel et le virtuel dans la critique génétique

Dr. Daniel Ferrer © Miriam Leopold

Dr. Daniel Ferrer
© Miriam Leopold

Ungeschriebene Bücher hinterlassen Spuren. Zu Unrecht interessierten die Critique génétique diese virtuellen Werke aber nur am Rande, wie der Joyce-Spezialist Daniel Ferrer vom ITEM bemängelte. Zwar sind diese Bücher nicht als Werke vorhanden, aber sie sind auch nicht vollständig verschwunden. Diese virtuellen Bücher sind als Korrekturen, Anmerkungen oder Flecken im Manuskript präsent, was auch wichtige Rückschlüsse auf den Schreibprozesse zulasse. Wie sich diese Virtualität am Material manifestiert, veranschaulichte Ferrer an Manu- und Typoskripten von Voltaire, Gustave Flaubert, Wladimir Nabokov oder James Joyce. Besonders bei Joyce wurde deutlich, dass die gemeinte Virtualität sich nicht nur in der Schrift konkretisiert. Vielmehr wird sie auch in der Materialität der Vorlage oder in Kontexten wie der Autorenbibliothek greifbar. Im Anschluss an den Vortrag wurde besonders Ferrers Begriff der ‘Virtualität’ kritisch diskutiert, da er große Überschneidungen mit der ‘Potentialität’ besitzt. (Autor: Sergej Rickenbacher)

Dirk van Hulle (Antwerpen): The Materiality of Textual Gaps – Beckett’s Blanks for when Words gone

Prof. Dr. Dirk van der Hulle © Miriam Leopold

Prof. Dr. Dirk van der Hulle
© Miriam Leopold

Unter dem Motto “Mind the Gap” besprach Dirk van Hulle die Rolle der Leerstelle in den Werken Samuel Becketts. Besonders ging es ihm dabei um das Verhältnis, dass die in den Manuskripten und Entwürfen zu findenden Leerstellen zu den in den Werken thematisierten Leerstellen haben. Aufbauend auf Modellen der kognitiven Narratologie zur Funktionsweise des menschlichen “minds” plädierte van Hulle dafür, diese nicht nur für die Ebenen der Erzählung und der Rezeption, sondern auch für die textgenetische Ebene fruchtbar zu machen. Manuskripte, Entwürfe und Überarbeitungen sollen als essentielle Bestandteile des Schreibprozesses betrachtet werden. Unter dieser Perspektive ließen sich die einzelnen Texte dann als Extensionen des “minds” von Autorinnen und Autoren sehen, die in ihrer spezifischen Materialität den Schreibprozess beeinflussen.

Anhand von drei Werken Becketts – “Malone Dies Alone”, “Rough for Radio II” und “Cascando” – stellte er auch die Verbindung zwischen den Leerstellen in den einzelnen Textvarianten und der Thematisierung von Gedächtnis und Schreibprozess vor. Becketts Werke, so die Argumentation van Hulles, liefen auf die Konstruktion des “Unerzählbaren” hinaus. Abschließend präsentierte van Hulle das von ihm mit-geleitete Beckett Digital Manuscript Project (BDMP) in dem die Schriften Becketts digital aufbereitet werden. (Autor: Gero Brümmer)

Roger Lüdeke (Düsseldorf): The Material Art of Abstraction in Virginia Woolf’s To The Lighthouse

Roger Lüdeke eröffnete seine Präsentation mit dem Hinweis, dass diese „rachsüchtig“ und “ungerecht” sein werde. Ein Ziel dieser Rache zeigte sich, als er aus Leslie Stephens “What is Materialism?” (1886) das darin enthaltene Plädoyer für eine Hinwendung zum Materialismus zitierte. Diese Einstellung kontrastierte er mit einem Text, der als Replik auf Stephens’ Text verstanden werden kann, geschrieben von Stephens’ Tochter, Virginia Woolf (“Modern Fiction”, 1919).

Prof. Dr. Roger Lüdeke © Miriam Leopold

Prof. Dr. Roger Lüdeke
© Miriam Leopold

Das Anliegen des Vortrags war es, für einen Eigensinn der Materialität von Literatur zu plädieren. Hierzu widmete Lüdeke sich einem close reading von Virgina Woolfs To the Lighthouse (1927). Indem er den Schreib- und Überarbeitungsprozess des Romans nachzeichnete, demonstrierte er, wie Woolfs Schreibweise als eine Art materieller Abstraktion verstanden werden kann, die eine besondere Form der Beschäftigung mit dem Text und der Schreibsituation Woolfs erlaubt. Hauptaugenmerk lag dabei auf dem zweiten Kapitel, “Time Passes”, das sich sowohl im Umfang als auch in der Ausrichtung immer weiter von der ursprünglich geplanten Form entfernte und weiter entwickelte. So machte Lüdeke deutlich, wie im Laufe des Romans die Thematisierung des künstlerischen Arbeits- und des Rezeptionsprozesses dafür sorgt, dass sich die Materialität der Welt, ihre Zeitlichkeit und ihre Bewegung in eine eigene Richtung entwickeln. Nach und nach entzieht sich der Text einer menschlichen Perspektive und die Welt gewinnt so ihren materiellen Eigensinn.

Er schloss den Vortrag mit einigen Anmerkungen zur Bedeutung dieser Abstraktion und der Berücksichtigung eines solchen materiellen Eigensinns, der, so Lüdeke, eine eigene ethische Haltung der Literatur evoziere. (Autor: Gero Brümmer)

 

Section II: Materialité et écriture

Ricarda Bauschke-Hartung (Düsseldorf): Die Materialisierung von Textsinn im Spannungsfeld handschriftlicher Varianz – Mehrfachüberlieferungen mittelhochdeutscher Lyrik.

Prof. Dr. Ricarda Bauschke-Hartung

Prof. Dr. Ricarda Bauschke-Hartung © Miriam Leopold

Handschriftliche Varianzen bringen selten Klarheit für das Verständnis von Texten. Oftmals verschleiern und vervielfachen weitere Handschriften durch Unterschiede, Schreibfehler, Lücken, Angleichungen und Anpassungen das Material mit dem sich Literaturwissenschaftler beschäftigen: Texte und Fiktion. In ihrem Vortrag behandelte Ricarda Bauschke-Hartung den Umgang mit dieser Vielheit. Dabei bezog sie eine Position zwischen Old Philology und New Philology und verwies darauf, dass beide konkurrierende Strömungen problematisch für ein adäquates Textverstehen sind. Während die erste eine Urtextform zu (re)konstruieren versuche, forciere die zweite den Pluralismus der Texte und begründe dies mit der Auftrittssituation im Mittelalter. Am Beispiel von Heinrich von Morungens Des Minnesangs Frühling wies Bauschke-Hartung darauf hin, wie komplex eine Textgenese ist und wie missverständlich die Pluralität der Texte sein kann. Dabei lautet ihr Vorschlag, die Vielheit bei gleichzeitiger Hierarchisierung historischer, sprachlicher und kultureller Fakten beizubehalten. Gerade der material turn diene dabei als produktiver Ausgangspunkt. Die Hinwendung zum Textmaterial zeige, wie immer schon Autorenbilder konstruiert, Textzuschreibungen inszeniert und die Potentialität des Textes poetisiert wird. In der Diskussion wurde kritisch beleuchtet, welchen Weg die Philologie zwischen den Ideologien von Urtext und Autor sowie von Vielheit und Gleichwertigkeit gehen kann. (Autor: Martin Bartelmus)

Martin Stingelin (Dortmund): Im Höhlenlabyrinth der Materialität von Christoph Martin Wieland und Friedrich Dürrenmatt

Prof. Dr. Martin Stingelin © Miriam Leopold

Prof. Dr. Martin Stingelin
© Miriam Leopold

Literatur befindet sich immer schon im Spannungsfeld zwischen dem Schreiben mit seinen Akteuren – wie Tinte, Schreiber, Stift, Maschine, Papier und Sekretärin – und der Fiktion –also all dem, was geschrieben, erzählt, inszeniert und produziert wird. Martin Stingelin verband in seiner Analyse die Materialität mit der Fiktionalität von Schreibszenen. Ausgangspunkt bildete Christoph Martin Wielands Sokrates Mainomemos, in dem Diogenes über das Schreiben reflektiert und gleichzeitig schreibt. Wie körperlich und materiell Schreiben sein kann, zeigte eine handschriftliche Notiz von Georg Christoph Lichtenberg, in der er mit Kaffee schreibt, und schreibt, dass er mit Blut schreiben würde, hätte er keinen Kaffee als Tintenersatz. Sichtbar wird, auf welch radikale Körperlichkeit der Akt des Schreibens immer schon verweist. Auch bei Friedrich Dürrenmatts Winterkrieg in Tibet zeichnet sich die ganze Bandbreite der Verschränkungen von Fiktion und Materialität ab. An Dürrenmatts Manu- und Typoskripten machte Stingelin deutlich, wie sich materiell-semiotische Knoten bilden – im Text sowie auf dem Blatt Papier. Die Fiktion kenne nicht nur eine Vielheit an menschlichen und nicht-menschlichen Akteuren im Schreibprozess. Vielmehr zeige sich auch bei Dürrenmatt und Robert Walser, dessen Bleistifthandschriften auch ins Spiel gebracht wurden, dass nie nur der Autor die Fiktion entwirft, sondern das Schreiben ein Kollektiv versammelt: aus Schriftart, Bleistifte, Schreibmaschinen etc. Das Schreiben ist nicht nur eine Praxis zur Herstellung literarischer Texte, sondern auch eine Praxis des Zusammenbringens von Akteuren, mithin ein Spiel zwischen Mikropolitik und Ökonomie des Schreibens.(Autor: Martin Bartelmus)

 

Section III: Materialité et médialité

Reinhold Görling (Düsseldorf): Material und Abstraktion

Prof. Dr. Reinhold Görling © Miriam Leopold

Prof. Dr. Reinhold Görling
© Miriam Leopold

Anhand der Audiovertonung von James Joyce’ Anna Livia Plurabelle und der Video-Installation The Woolworth Choir 1979 von Elizabeth Price erkundete Reinhold Görling das Verhältnis von Abstraktion und Material.

Die 1929 entstandene Vertonung von Anna Livia Plurabelle, dem wohl bekanntesten Kapitel aus dem als unübersetzbar geltenden Finnegans Wake, beschrieb Görling als vielstimmigen Text über Zeit und Verben, Begehren und Körper. Hierin spiegele sich das Verhältnis von Materialität und Produktion, so man Produktion (als eine Tätigkeit der Formwandlung) als zeitliche Ausbreitung und Material als räumliche Ausbreitung fasse. Die an Musik grenzende Sprache arbeite gegen den Sinn im Text an, da der Text ständig selber Rhythmen und Gesten übersetze und somit mit Benjamin eine ‚reine Sprache’ genannt werden könnte. Görling schlug dagegen vor, mit Whitehead und Déleuze/Guattari Anna Livia Plurabelle und The Woolworth Choir 1979 anstatt als Produktionen als Abstraktionen verstehen, die zugleich Konkretionen sind. Sie gehen als Relationen den Relata voraus und gebärden sich ereignishaft, ohne jedoch in eine Zeitstruktur eingebunden zu sein. Das beschriebene Material entspräche in dieser methodischen Perspektive eher Bewegungen oder Rhythmen denn Substanzen. (Autorin: Maike Vollmer)

Beate Ochsner (Konstanz): Das Cochlea Implantat zwischen epistemischem und technischem Ding

Prof. Dr. Beate Ochsner © Miriam Leopold

Prof. Dr. Beate Ochsner
© Miriam Leopold

Beate Ochsner reflektiert in ihrem Vortrag das Cochlea Implantat (CI) zwischen epistemischem und technischem Ding. Das CI ist eine chirurgisch zu implantierende Neuroprothese, die gehörlosen und schwerhörigen Menschen eine Darstellung der Umgebungsgeräusche vermitteln kann und somit die Teilhabe an der hörenden Welt ermöglicht. Ochsner analysierte audiovisuelle Repräsentationsräume, die aus (Noch-)Nicht-Teilhabenden Teilhabende machen. Die Ereignishaftigkeit der Mediation (des Hörend-Werdens) könne selbst nur medial verständlich gemacht werden.

Ochsner zeigte, dass in sogenannten “First-Time-Activation”-Videos, die vorgeben, den Augenblick der ersten Aktivierung der Prothese festzuhalten, mit standardisierten Blickzurichtungen und akustischen Aufmerksamkeitsspots operiert wird, die das epistemische in ein technisches Ding verwandeln und gleichzeitig die Selbstreferentialität des Hörenden medial erzeugen. Die Konstruktion der Selbstreferentialität entspreche der Logik des Supplements und habe die Nicht-Wahrnehmung und Auslöschung einer gehörlosen Möglichkeit der Identität zur Folge. (Autorin: Maike Vollmer)

 

Conference du soir

Bernard Stiegler (Paris): L’appareillage noétique

Pour comprendre les Immatériaux, il faut penser au delà de J-F. Lyotard !

Ainsi commence la conférence de Bernard Stiegler sur l’appareillage noétique définissant le cerveau comme « appareil de production du savoir ».

Pour penser contre l’automatisation du savoir dans le web, et pour un usage noétique du numérique Stiegler se réfère au concept qu’il baptise rétention tertiaire, un concept à partir des deux types de rétentions forgés par Husserl.

Prof. Bernard Stiegler © Miriam Leopold

Prof. Bernard Stiegler
© Miriam Leopold

Stiegler prend l’exemple du discours. Un discours écrit est une rétention tertiaire. Quand le public l’écoute pour la première fois, il se produit des rétentions primaires. Si l’on avait la possibilité de fixer le discours par un procédé audio et de le réécouter, il se produirait des rétentions secondaires et de nouvelles rétentions primaires, les anciennes rétentions primaires étant par la réécoute transformées en rétentions secondaires. La prise de note participe de ce même processus, transformant le support transindividuel en « enrichisssement du texte » par l’attention individuelle à tel ou tel aspect du discours. Ces notes peuvent être le chemin d’une nouvelle transindiviuation.

La rétention tertiaire numérique, le web, ouvre de nouvelles possibilités herméneutiques ; le numérique comme objet spatiotemporel favorise un régime de la transindividuation ou autrement dit, un social networking. Les groupes qui consolident des rétentions secondaires collectives, définies par l’interprétation et la production des processus de catégorisation contribuent aux matériaux de savoir.

Le web comme ardoise magique collective ( nouveau wunderblock freudien) devient ainsi un circuit de transindividuation à travers des bifurcations qui se créent pendant le dialogue des groupes sur le web. (Auteur: Aleksandra Lendzinska)

 

 Section IV: Materialité et l’histoire d’art

Jean-Claude Schmitt (Paris): Les deux corps de la vierge

Prof. Jean-Claude Schmitt © Miriam Leopold

Prof. Jean-Claude Schmitt
© Miriam Leopold

Die letzte Sektion der Tagung eröffnete der französische Mediävist und Vertreter der anthropologie historique Jean-Claude Schmitt. Seinen Vortrag widmete Schmitt der Produktion von Sakralität in der Marien-Prozession Círio de Nazaré in Belem, die aktuell als eines der größten religiösen Feste weltweit gilt. Während der zweitägigen Prozession wird eine Marienstatue mit verschiedenen Transportmitteln bzw. –formen von der Nachbarstadt Ananindeua zur Basilika Sanctuário de Nazaré in Belém transportiert. Entscheidend seien die verschiedenen Vervielfachungen des Marienkörpers, die erst die Produktion von Sakralität in der Menschenmasse erlauben. Seit 1966 begeht die Prozession eine Kopie der originalen Statue, die während den Festlichkeiten in der Basilika bleibt. Diese Verdoppelung des Körpers bleibt nach Schmitt jedoch nicht die einzige Multiplikation. Vor der Prozession schenken sich Privatpersonen, Geschäfte und Firmen gegenseitig kleine Marienstatuen, ebenso wie digitale Fotos überzeitliche Nähe produzieren. (Autor: Sergej Rickenbacher)

Philipe Cordez (München): Esclaves d’ébène – À propos du mobilier du Andrea Brustolon pour Pietro Venier (Venise 1706)

Dr. Philippe Cordez © Miriam Leopold

Dr. Philippe Cordez
© Miriam Leopold

Der Frage, woher die Verbindung der Assoziation von schwarzer Haut und dem Material Ebenholz stammt, widmete sich Philipe Cordez in einer Betrachtung des Mobiliars Andrea Brustolons für Pietro Venier (Venedig, 1706). Basierend auf einem materialsemantischen Ausgangspunkt zeigte er in seinem auf Deutsch gehaltenen Vortrag, dass der materialisierenden Identifizierung des afrikanischen Körpers mit dem kostbaren Ebenholz und den Darstellungsmodi der Afrikaner im Mobiliar kulturell bedingte Handlungsmuster zugrunde liegen, indem er die komplexen semantischen Assoziationen des französischen Wortes “guéridon” sowie der Begriffe “Bois d’ébéne” und “ebony” über die Sprache historisch zurückverfolgte. (Autorin: Sabrina Pompe)

Hans Körner (Düsseldorf): Die Mauer – Zur Materialität der Erinnerung im französischen Denkmal des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts

Prof. Dr. Hans Körner © Miriam Leopold

Prof. Dr. Hans Körner
© Miriam Leopold

Reflektierte Alain Schnapp im Eröffnungsvortrag die kulturelle Produktion von Erinnerung mittels Denkmälern, so wendete sich der Düsseldorfer Kunsthistoriker Hans Körner ihrem entgegengesetzten Pol zu: ihrer Materialität. Körner bezog verschiedene Medien und historische Ereignisse um 1900 aufeinander und zeigte, dass die Mauer in den Denkmälern dieser Zeit bei weitem nicht nur Staffage ist. Vielmehr bildet sie nach Körner die Leerstelle der Denkmäler, in der sich die Ephemerität der Vergangenheit, die Imagination des Betrachters und die Materialität des Kunstwerks begegnen. Als Beispiele dienten u.a. das Ölbild “Der Tod des Marschalls Ney” (1867) sowie das erste Denkmalprojekt zu Neys Hinrichtung von François Rude (1848) und Paul Moreau-Vauthiers “Aux victimes des révolutions” (1907), das den letzten hingerichteten Pariser Kommunarden gewidmet ist. Körner führte eindrücklich vor, wie gerade an diesen Mauern die Spannung zwischen Absenz und Aktualisierung manifest wird. (Autor: Sergej Rickenbacher)

 

 

Quelle: http://grk1678.hypotheses.org/473

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DHI London: Frauenbildung in den (ehemaligen) britischen Kolonien


Den diesjährigen “Women’s History Month“ möchte die Max Weber Stiftung zum Anlass nehmen aktuelle Forschungsprojekte zur Frauengeschichte aus den Instituten der Stiftung vorzustellen.

Am DHI London forscht vor allem die Transnational Research Group – India (TRG) zur Frauengeschichte. Neben Themen wie Kastenwesen, Armut, und gesellschaftlichen Wandel ist vor allem die Bildung von Frauen und Mädchen in den ehemaligen britischen Kolonien aus historischer Perspektive.

Bild: Women Education | Tony.saji | CC BY-SA 3.0

Bild: Women Education | Tony.saji | CC BY-SA 3.0

Die Bildungsdebatte in den United Provinces von British India (1854-1920)

Preeti beschäftigt sich in ihrem Projekt mit der Schulbildung von Frauen, insbesondere der weiblicher Mitglieder ärmerer und unterprivilegierter Bevölkerungsschichten von Hindus und Muslimen. Die Entwicklung der Bildungsansätze sowie die treibenden Gründe für das allgemeine Interesse in der Bildung von Mädchen und jungen Frauen, insbesondere in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, steht dabei besonders Vordergrund. Einige der Fragen, denen das Projekt nachgeht sind, inwiefern Frauenbildung durch den sozialen und wirtschaftlichen Wandel der Region in diesem Zeitraum notwendig wurde, welche sozialen Klassen und Schichten von dieser Entwicklung profitierten und aus welchen Gründen eine Vielzahl von Frauen von den Neuerungen profitierten, obwohl sich das Programm ursprünglich nur an eine kleine Randgruppe marginalisierter Frauen richtete. Methodisch geht die Studie komparativ vor, indem sie Jungen- und Mädchenbildung (Lehrpläne, Finanzierung, Schulpflicht, Koedukation, Privilegierung) der Zeit miteinander vergleicht.

Moralerziehung, weibliche Handlungsmacht und Biopolitik im spätkolonialen Indien

In dem Projekt von Jana Tschurenev geht es um die Analyse der Bildungsreform in Indien im Kontext des globalen Bildungsreformtrends zwischen 1882 und der Zwischenkriegszeit. Zunächst untersucht Tschurenev die Scientific-Temperance-Instruction-Mehtode (STI), die im Rahmen der Reformkampagne erstmals in reguläre Lehrpläne aufgenommen wurde. Der zweite Teil der Studie beschäftigt sich mit den historischen Bemühungen, Schulbildung systematisch auch auf Vorschulkinder auszuweiten. Beide Bildungsreformen profitierten stark auf Frauen als öffentliche Befürworterinnen und professionelle Erzieher, und griffen hierbei auf weit verbreitete Vorstellungen von der weiblichen Begabung für Kinderbetreuung und ihr Pflichtgefühl als “Mütter der Menschheit”. Beides, die Verbreitung von STI und die Bestrebungen Kindergartenerziehung zu reformieren und auszubauen, basierten auf den Grundannahmen, dass sozialer Fortschritt durch die moralische Erziehung von Kindern erreicht werden kann. Diese Erziehung sollte durch wissenschaftliche Erkenntnisse aus den Bereichen der Gesundheits-, Hygiene- und Reproduktionsforschung gestärkt werden. Zunehmend verließ man sich auch auf systematisch angelegte, kinderpsychologische Studien. Diese und neuere Entwicklungen sollten dabei helfen pädagogische Ansätze hervorzubringen, die Kinder bewusstes und moralisches handeln beibringen konnten. Tschurenevs Projekt versucht eine neue Perspektive auf die Entwicklung von Erziehungsansätzen im spätkolonialen Indien zu entwickeln, in dem sie die oben erwähnten,  globalen Strömungen analysiert, für die weibliche Selbstbestimmung, Ideen von Weiblichkeit und Mutterschaft eine wichtige Rolle spielten. Darüber hinaus zeigt ihre Schwerpunktsetzung auf biopolitisch motivierte Bemühungen den Bildungsinhalt, die Pädagogik und die Konzentration auf Grundschulen und Kindergärten, wie generative Reproduktion ein Eckpfeiler für Sozialreform und Gesellschaftspolitik werden kann.

Mehr zu diesen beiden Projekten und genaueres über die Arbeit der TRG India kann man zurzeit auf der Hompage des DHI London nachlesen.

 

Quelle: http://mws.hypotheses.org/26101

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Wann kommt die russische – und die ukrainische – Ausgabe von Thomas Pikettys Capital in the Twenty-First Century?

Richard Frensch (Regensburg)

In seinem Buch Capital in the Twenty-First Century kombiniert Thomas Piketty, auf der Basis einer reichen Datensammlung, Konzepte der langfristigen Wirtschaftsentwicklung mit Erklärungsansätzen zur funktionalen und personellen Einkommensverteilung zu einem innovativen Ansatz zur Erklärung langfristiger Verteilungstrends (Frensch, Richard: Werden die Reichen immer reicher und die Armen immer ärmer?, Einführung und Diskussion zu Thomas Pikettys Capital in the 21st Century. LIE Lecture, Universität Regensburg, 9. Dezember 2014, siehe auch die Diskussion im Journal of Economic Perspectives, 29, 1, Winter 2015). Er argumentiert, dass Vermögens- und Einkommensdivergenzen über längere Zeiträume unvermeidlich sind, und dass die Kriege und anschließenden Konvergenzprozesse des 20. Jhdt. in dieser Hinsicht nur eine erklärbare, vorübergehende Ausnahme von der Regel verursachten.

Pikettys Daten zeigen in der Tat sehr langfristige Trends in Westeuropa und Nordamerika zu mehr Vermögenskonzentration, die im 20. Jhdt. dramatisch unterbrochen wurden. Diese Unterbrechung scheint seit den achtziger Jahren wieder aufgehoben. Dagegen empfiehlt Piketty progressivere Besteuerung von Einkommen und Vermögen (Erbschaftssteuer).

Pikettys Vorstellung von Demokratie beruht auf Chancengleichheit. Nach seiner Überzeugung ist eine demokratische Gesellschaft nicht auf Dauer funktionsfähig, wenn an der Spitze der Einkommensverteilung Arbeitseinkommen von Einkommen aus vererbten Vermögen dominiert werden, so wie in den europäischen Gesellschaften des 19. Jhdts. Zum großen Teil kreist die Diskussion um Pikettys Buch deshalb auch darum, inwieweit die heutige Situation mit der damaligen vergleichbar ist. Zwar sind Vermögen immer höher konzentriert als Arbeitseinkommen, die Vermögenskonzentration heute ist aber weitaus geringer, zudem sind Grenzsteuersätze für Einkommen und Erbschaften höher, als vor hundert Jahren. Entsprechend spielen Vermögenseinkommen gegenüber Arbeitseinkommen in Westeuropa und Nordamerika im obersten Prozent der Einkommensverteilung heute eine deutlich geringere Rolle als vor hundert Jahren.

Erstaunlicherweise werden Osteuropa, und speziell Russland und die Ukraine, bisher nur sehr am Rande in diese Diskussion einbezogen. Nach Pikettys Schätzungen betrug das private Vermögen in Russland zu Ende der Nullerjahre etwa das Vierfache des Nationaleinkommens, so wie auch zum Ende der achtziger Jahre. Während damals der private Anteil sehr gering war, ist es nun umgekehrt, so wie in Westeuropa und Nordamerika. Allerdings ist die Vermögenskonzentration – nach der vermutlich weitestgehenden Privatisierung von Kapital und Vermögen aller Zeiten – dort deutlich höher als hier, und entsprechend spielen Vermögenseinkommen gegenüber Arbeitseinkommen an der Spitze der Einkommensverteilung dort eine deutlich höhere Rolle.

Auseinandersetzungen um Vermögenskonzentration – wenn man das so nennen möchte – finden in Russland zwischen Oligarchen und staatlichen Organen statt, in der Ukraine weitgehend ohne staatliche Beteiligung. Eine wirklich gesellschaftliche Debatte, auch zur Rolle der Wirtschaftspolitik, in diesem Prozess – wie in den meisten Ländern der Region gibt es in Russland eine flat tax Einkommensteuer – ist bisher nicht in Gang gekommen.

Quelle: http://ostblog.hypotheses.org/539

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Von August Sander bis heute

August Sander, 1925

In loser Folge stellen wir auf www.visual-history.de Institutionen vor, die im Kontext der Historischen Bildforschung von Interesse sind. Wir erkunden fotohistorische Sammlungen, Museen und Archive oder beleuchten einzelne Bildbestände.

 

Die Photographische Sammlung/SK Stiftung Kultur in Köln wurde 1992 mit der Übernahme des August Sander Archivs gegründet. Der Nachlass eines der bedeutendsten Fotografen des 20. Jahrhunderts legte den Grundstein für eine mittlerweile stark angewachsene Sammlung, die bis in die zeitgenössische Fotografie reicht.

August Sander, 1925

August Sander, 1925. Mit freundlicher Genehmigung der Photographischen Sammlung/SK Stiftung Kultur – August Sander Archiv, Köln; VG Bild-Kunst, Bonn, 2015

Die Institution hat es sich zur Aufgabe gemacht, den Sander-Bestand nicht nur zu archivieren und wissenschaftlich zu betreuen, sondern gleichermaßen die Forschung zu dokumentarischer Fotografie voranzutreiben. Sachlich-dokumentarische Fotografie als künstlerisches Ausdrucksmittel steht demzufolge im Fokus der Sammlungsaktivitäten.

Die Gründer orientierten sich an Institutionen wie beispielsweise in den Vereinigten Staaten, wo Fotografie innerhalb von Museen zu einem deutlich früheren Zeitpunkt als in Deutschland wahrgenommen und ausgestellt wurde. Inzwischen zeichnet sich das Sammlungsprofil durch weit mehr Künstler als nur August Sander aus, wenn auch die Identifikation mit seinem Werk stark ist. Laut Gabriele Conrath-Scholl – Leiterin der Photographischen Sammlung/SK Stiftung Kultur –, ist es insbesondere die zeitlose Anschlussfähigkeit der dokumentarischen Fotografie Sanders an unterschiedliche und immer neue Fragestellungen, die den Kernbestand der Sammlung so richtungsweisend macht: „Die vielen verschiedenen Themen und die Methodik, die sich im August Sander Archiv spiegeln, dienen unserer Arbeit als Fundament, ja geradezu als Ideenpool.“ Auf 450 Quadratmetern Fläche zeigt die Institution zwei bis drei Sonderschauen pro Jahr, größtenteils aus eigenen Beständen, aber auch im Austausch mit nationalen und internationalen Museen.

 

Von Gabriele und Helmut Nothhelfer bis Walker Evans, von historischen Reisefotografien des 19. Jahrhunderts bis hin zu zeitgenössischen fotografischen Kartierungen Kölns – in den Ausstellungen spiegelt sich das Spektrum der Sammlung wider. Und zwischendurch: immer wieder August Sander. Zuletzt konnten Besucher noch Fotografien des US-amerikanischen Künstlers Jim Dine sehen, dessen fotografisches Archiv ebenso zum Bestand der Institution zählt. Der jüngste Zugang zur Sammlung ist ein Konvolut des Fotografen Martin Rosswog, der in den 1980er-Jahren sein Studium bei Bernd Becher absolvierte. Ein Teil der Arbeiten von Rosswog ist auch in der aktuellen Ausstellung „Entlang Europa“ zu sehen. In dem fotografischen Langzeitprojekt porträtiert der Künstler seit den 1980er-Jahren ländliche Lebenswelten sowie deren Bewohner und steht damit in direkter Tradition zu den Aufnahmen August Sanders, Walker Evans oder Bernd & Hilla Becher.

 

 

Der Bestand

Die Sammlung umfasst etwa 30.000 Werke internationaler Fotografen und Fotografinnen. Das Spektrum reicht dabei von der Frühzeit der Fotografie bis zur Gegenwart und von regionalen Künstlern bis hin zu den „Stars“ der internationalen Fotoszene. Die Schlüsselthemen sind Porträt, Landschaft, Architektur sowie urbaner und industrieller Raum. Das Herzstück der Sammlung – das August Sander Archiv – besteht aus 10.500 Negativen und 5500 Originalabzügen. Im Besitz der Stiftung befindet sich auch die Sammlung der Deutschen Gesellschaft für Photographie (DGPh), die ihren Sitz ebenfalls in Köln hat und deren Gründungsmitglied nicht zuletzt auch August Sander war.

Liste der vertretenen Künstler*innen: http://www.photographie-sk-kultur.de/sammlung-a-z/

 

 

Blick in die Ausstellung ZECHE HANNOVER. Photographien aus dem Ruhrgebiet von Bernd und Hilla Becher, Photographische Sammlung, 2010

Blick in die Ausstellung ZECHE HANNOVER. Photographien aus dem Ruhrgebiet von Bernd und Hilla Becher, Photographische Sammlung, 2010

Bernd und Hilla Becher: Zeche Hannover, Bochum-Hordel, Ruhrgebiet, 1973

Bernd und Hilla Becher: Zeche Hannover, Bochum-Hordel, Ruhrgebiet, 1973. Mit freundlicher Genehmigung der Photographischen Sammlung/SK Stiftung Kultur.

 

Forschung

Die Photographische Sammlung/SK Stiftung Kultur steht für Wissenschaftler*innen offen. Für die Forschung – insbesondere für die historische Forschung – ist sie von besonderem Wert, da sie nicht nur große Werkkomplexe von Originalabzügen umfasst, sondern teilweise auch Negative, zugehörige Kontaktabzüge oder Dokumente, die die Entstehungsprozesse der Fotografien nachvollziehbar werden lassen und die Einordnung in kulturhistorische Zusammenhänge ermöglichen. Der Bestand ist außerordentlich gut erschlossen. Rund 95% der Objekte sind umfassend inventarisiert. Dabei geht die Erfassung in vielen Fällen über die Standard-Inventarisierung hinaus, da die Archivierung nach Möglichkeit jeweils an Künstler*in und Werk angepasst wird. So sind beispielsweise beim Werk von Bernd und Hilla Becher Bildgruppen und Hänge-Ordnungen mit registriert. Das umfangreiche Werk des Fotografen Karl Blossfeldt (1865-1932) ist online auf der Homepage der Stiftung recherchierbar: http://www.photographie-sk-kultur.de/karl-blossfeldt/werke/. Langfristig sollen noch weitere Bestände online zugänglich gemacht werden.

Für Forscher*innen steht überdies eine Fach-Bibliothek zur Verfügung. Vor allem Literatur zur Geschichte der Fotografie, Fototheorie oder einzelnen fotografischen Richtungen, aber auch Künstlermonografien, Ausstellungs- und Auktionskataloge und eine Sammlung von Zeitungsausschnitten stehen zur Benutzung bereit. Die Stiftung ist ebenfalls im Besitz von 900 Bänden der Privatbibliothek von August Sander, die vor Ort nach Terminabsprache eingesehen werden können.

August Sander: Zirkusartisten, 1926-1932

August Sander: Zirkusartisten, 1926-1932. Mit freundlicher Genehmigung der Photographischen
Sammlung/SK Stiftung Kultur – August Sander Archiv, Köln; VG Bild-Kunst, Bonn, 2015

 

Die Photographische Sammlung/

SK Stiftung Kultur

Im Mediapark 7

50670 Köln

Telefon: 0049-(0)221-88895 300

Fax: 0049-(0)221-88895 301

photographie@sk-kultur.de

www.photographie-sk-kultur.de

 

Öffnungszeiten der Ausstellungen: Täglich von 14 bis 19 Uhr, mittwochs geschlossen, montags Eintritt frei

Öffnungszeiten Bibliothek: Montag bis Donnerstag 9.00 bis 14.00 Uhr

Quelle: http://www.visual-history.de/2015/03/16/von-august-sander-bis-heute/

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DIJ Tokyo: Moderne Frauen in Japan


Den diesjährigen “Women’s History Month“ möchte die Max Weber Stiftung zum Anlass nehmen aktuelle Forschungsprojekte zur Frauengeschichte aus den Instituten der Stiftung vorzustellen.

 

Auch am Deutsche Institut für Japanstudien (DIJ) in Tokyo wird zu Themen unter dem Aspekt soziologischen Aspekt “Gender” geforscht. Im Gegensatz zu den Projekten an den anderen Instituten der Max Weber Stiftung orientieren sich die Projekte am DIJ stärker am aktuellen Zeitgeschehen. Gerade die Spezialisierung des Instituts auf politische und soziologische Fragestellungen, lassen einen anderen Blick auf den “Gender”-Aspekt zu, als es vielleicht historische Arbeit tun würde.

Japanische Mütter und politische Partizipation nach 3/11 

Bild: Mädchen mit Computer | Flickr: MIKI Yoshihito (´・ω・) | CC BY 2.0

Bild: Mädchen mit Computer | Flickr: MIKI Yoshihito (´・ω・) | CC BY 2.0

Nach der Katastrophe vom 11. März 2011 gründeten über 300 besorgte Eltern in ganz Japan landesweite, soziale Organisationen, die sich für den Schutz von Kindern vor der von Fukushima ausgehenden, radioaktiven Strahlung einsetzten.  Insbesondere Mütter wurden in diesen Organisationsnetzwerken politisch aktiv.  Für viele von ihnen eine völlig neue Erfahrung. Ihr Einsatz stand im krassen Gegensatz zum dem sonst in der japanischen Öffentlichkeit vorherrschenden, idealisierten Bild von der  Mutter als “stillen Beschützerin der Famile”. Mutterschaft und politischer Aktivismus sind zwei Konzepte, die einander nach der Logik der japanischen Gesellschaft eigentlich ausschließen sollten, aber dennoch untrennbar miteinander verbunden sind.

Phoebe Stella Holdegrün und Barbara Holthus forschten über zwei Jahre hinweg in Feldarbeit die Partizipationsstrategien japanischer Mütter unter den Mitgliedern der tokioter Zivilgesellschaftsorganisationen. Sie untersuchten welche Bedeutung Geschlechterrollen und ihr Verständnis für die Mütter und ihre “Widersacher”, allesamt männliche Repräsentanten von “Vater Staat” hatten. Sozialkapital und Interessenvertretung wurden bei der Auswertung der Befunde ebenfalls berücksichtigt.

Letztendlich zeigte die Studie, dass Gruppenmitglieder auf ein starkes Sozialkapital zurückgreifen konnten, die Einforderung ihrer Interessen in Interaktion mit den Lokalbehörden jedoch dünn ausfiel. Dieser, auf den ersten Blick schwache Stand, sei aber eine ganz bewusste gewählte Strategie von Müttern innerhalb der Bewegung, die mit kleinen Schritten langfristige Änderung anstreben.

 

Japanische Lebensläufe im Wandel

Noch vor dem einschneidenden Erdbeben untersuchte Hiromi Tanaka in ihrem Forschungsprojekt die Lebensläufen lediger, berufstätiger Frauen in Tokyo. Die Studie war Teil eines international-vergleichenden Forschungsprojekts zu ledigen, berufstätigen Frauen in ökonomisch entwickelten Territorien, in denen ein Ehe- und Geburtenrückgangstrend zu beobachten ist.

Women wearing kimonos in Tokyo, Japan | Flickr: Masahiro Hayata, 2007 | CC BY-SA 2.0

Bild: Frauen in Kimonos | Flickr: Masahiro Hayata, 2007 | CC BY-SA 2.0

Im Japan der Nachkriegszeit und der darauffolgenden Phase des Wirtschaftswachstums erfuhren die Lebensläufe von Männern und Frauen eine “Standardisierung”. Anstatt sich individuell von einander abzugrenzen, stellten die neue Art von Lebenslauf die Projektion eines idealisierten Bild von Familien- und Berufsleben in der japanischen Gesellschaft dar. Konkret hieß das, dass von Männern eine lebenslange Anstellung und die Rolle als Ernährer der Familie erwartet wurde. Frauen dagegen sollten in erster Linie als Ehefrauen und Mütter von zwei bis drei Kindern für den Haushalt sorgen sein. Diese Vorstellungen von de Rollenverteilung der Geschlechter spiegelten eine gesellschaftlich konstruierte und in der japanischen Mittelschichtgesellschaft breit akzeptierte Vorstellung eines “glücklichen Lebens”.

In ihrer soziologischen Studie stellte Tanaka fest, dass diese standardisierten Lebensläufe in den letzten Dekaden zunehmend verschwinden. Ihr Projekt beschäftigt sich mit eben diesem Wandel der standardisierten modernen Lebensläufe in Japan, wobei der Fokus ihrer empirischen Arbeit auf ledigen, berufstätigen Frauen in Tokyo in der Altersgruppe zwischen 30 und 50 Jahren lag. Die Werdegänge dieser Gruppe von Frauen zeigte in Hinsicht auf die Aspekte Ehe, Mutterschaft und Erwerbstätigkeit eine drastische Verschiebung im Vergleich zu den Lebensläufen älterer Generationen. Mit Hilfe qualitativer Interviews versuchte Tanka den Ursachen für diesen Wandel in den Entscheidungen lediger, berufstätiger Frauen auf den Grund zu gehen, führte Tanaka qualitative Interviews. Hierbei ging sie unter anderem folgenden Fragen nach welche gesellschaftlichen Faktoren einen Eherückgang unter berufstätigen Frauen in Japan – insbesondere in Tokyo – beeinflussen, wie diese Frauen ihr Leben bzw. ihren gesellschaftlichen Status als unverheiratete Frau wahrnehmen, welche Wünsche oder Erwartungen sie bezüglich Ehe, Elternschaft und Arbeit haben, und wie sie Arbeits-, Partner- und Elternschafts-bezogene Entscheidungen treffen.

Die Ergebnisse der beiden Forschungsprojekte kann man in den bereits veröffentlichten Studien Beyond a Standardized Life Course und Gender and Political Participation in post-3/11 Japan nachlesen.

Quelle: http://mws.hypotheses.org/26006

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