Wie werden in den Geisteswissenschaften Forschungsdaten erzeugt, genutzt und für die Nachnutzung archiviert oder weitergegeben? Welche Angebote werden von den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern gewünscht? Was können Informationsinfrastruktureinrichtungen leisten und welche organisatorischen Herausforderungen stellen sich in diesem Zusammenhang?
Ein wesentlicher Bestandteil der Antwort auf die vorgenannten Fragen sind sicherlich disziplinspezifische Forschungsdatenzentren. Diese fungieren zum einen als sicherer und vertrauenswürdiger Ort für die Aufbewahrung von Forschungsdaten nach Beendigung von Forschungsvorhaben, zum anderen können sie wichtige Impulse für die aktive Nachnutzung von bereits vorhandenen Daten für neue Forschungsfragen bilden.
Im Rahmen der Tagung „Forschungsdaten in den Geisteswissenschaften (FORGE 2015)“, die vom 15.-18. September 2015 an der Universität Hamburg stattfindet, wird das Humanities Data Centre (HDC) einen Workshop zu den oben angerissenen Fragen anbieten.
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5nd Conference “Scientific Computing and Computational Humanities”
SCCH 2015
November 23rd-25th 2015, IWH, Heidelberg, Germany http://scch2015.wordpress.com/
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Dear Colleagues,
IWR (Interdisciplinary Research Centre for Scientific Computing) and the Heidelberg University in collaboration with the Heidelberg Academy of Sciences and Humanities are organizing the fifth conference on topics of computational and mathematical methods with applications to the humanities.
Traditionally, the conference is scheduled in autumn: Nov 23rd-25th 2015. The conference is planned to synch with some local satellite workshops. More details will be published on the web site:
Der folgende Call for Papers zur ersten DiXiT convention mit dem Thema „Technology, Software, Standards for the Digital Scholarly Edition“ mag für den ein oder anderen aus dem Bereich der digitalen Edition von Interesse sein. Die convention findet von 16.-18. September 2015 am Huygens Institut in Den Haag statt.
Call for Papers:
The Huygens Institute for the History of the Netherlands is organizing the first of DiXiT’s three conventions, September 16-18 2015 in The Hague, the Netherlands. The convention will be an informal meeting where the DiXiT research fellows will present their first results in interactive sessions. We anticipate a lively get-together bristling with new ideas, and we hope that many of those working in the field of scholarly editing and digital humanities will gather here. In order to broaden the scope and diversity of the meeting, the convention organisers are issuing this call.
While the focus of the convention is on technology, software and standards, topics for the sessions may include anything related to scholarly digital editing, such as:
tools for editing, collation, publication
text markup: application, development, advantages, disadvantages
sustainability and preservation of editions: economic and technical
editing as a social endeavour: crowd-sourcing, social editions and other forms of collaboration
the role of the editor in digital editing
and others
We encourage exploratory papers. Early-career scholars are welcome.
We ask those interested in presenting a twenty-minute paper to mail their proposal to congres@huygens.knaw.nl. The proposal should include:
The meeting is preceded by two parallel workshops on September 15: Net 7 (Italy) runs a workshop about semantic enrichment of digital library content; Huygens ING runs a workshop on TEI and neighbouring standards.
Information about registration for the convention and workshops will follow.
Vorausgeschickt: Dies sind Eindrücke eines Außenstehenden zu einer Tagung, die Ende Februar 2015 an der Evangelischen Akademie in Tutzing stattfand. Das Wort außenstehend gilt dabei im doppelten Sinn: Ich bin weder Mitglied des Forschungsverbunds, noch selbst aktuell wissenschaftlich aktiv. Mein persönlicher Zugang: Das Verfolgen der Resilienzdebatte vor allem im Kontext gesellschaftlicher Transformationsdiskurse. Da es ein Ziel des Forschungsverbunds ist, in den Dialog mit der Gesellschaft einzutreten, ist aber vielleicht auch die Veröffentlichung auf diesem Blog zu rechtfertigen, so jedenfalls die Meinung der Tagungsveranstalter, die um diesen Beitrag gebeten haben.
Ich verzichte dabei darauf, die Tagung insgesamt zu beschreiben oder gar die Vorträge zusammenzufassen, sondern beschränke mich auf Splitter zu einigen der Vorträge. Die Texte oder die Präsentationen sind im Netz verfügbar.
Wenn Markus Vogt bei seiner Explikation von Resilienz aus geophysikalischer Sicht diese in Verbindung setzt mit dem „planetary boundary concept“ und ihr dabei den Status einer funktionalisierten bzw. operationalisierten Nachhaltigkeit zuerkennt, dann meine Rückfrage: Was ist dabei der Mehrwert im Vergleich zur einfachen Weiterverwendung von „Nachhaltigkeit“ – vorausgesetzt, Nachhaltigkeit wird im ursprünglichen Sinn eines Hans Carl von Carlowitz oder des Brundlandt-Berichts verwendet und nicht als weithin sinnentleerte semantische Black Box heutigen Marketings?
Julian Nida-Rümelin versteht unter Resilienz Widerständigkeit und sieht sie damit im Unterschied zu reiner Anpassungsfähigkeit; zusammengedacht mit Amartya Sens Capability-Ansatz ergibt sich eine normative Füllung von Resilienz als persönliche Handlungsfähigkeit und Selbstbestimmung, eine Art „Autorschaft“ über das eigene Leben. Die Rückfragen an dieses für mich intuitiv überzeugende Konzept: Wo ist Resilienz anzusiedeln auf der Bandbreite zwischen reaktiv und proaktiv? Ist Autorschaft jenseits des Individuellen für Kollektive sinnvoll denkbar? Gibt es einen Konnex zu gesellschaftsverändernden Konzepten, und wenn ja, worin bestünde er?
Beim Versuch, systemisches bzw. institutionelles Handeln (Markt, Politik, Governance) auf ihre Resilienzfähigkeit hin zu untersuchen, stellt sich mir die Frage, was dabei der Mehrwert ist? Worin wäre dabei zum Beispiel der widerständige Charakter zu sehen, den es nach Nida-Rümelin braucht?
Für Martin Schneider ist Resilienz im klassischen Verständnis ein reaktives Konzept, das sich auszeichnet durch Sicherheits- und Schutzmaßnahmen, eine Orientierung am Status Quo und Vulnerabilitätsvermeidung. Dieses Verständnis ist ihm nur bedingt sympathisch, daher sein Bestreben: Resilienz, traditionell konservativ interpretiert, auch fruchtbar machen für transformative Prozesse. Sein Versuch: Mittels einer von ihm so genannten reflexiven Resilienz die Einführung von Ziel-Perspektiven in die Konzeptualisierung.
Meine Einwand: Im klassischen Verständnis reagiert Resilienz auf von außen induzierten Wandel. Gesellschaftliche Transformation aber ist Wandel, der selbst verursacht wird oder werden soll. Um eine dergestalt transformative und dabei notwendigerweise interpersonale Perspektive überhaupt in einen Resilienz-Ansatz integrieren zu können, braucht es das Einziehen einer neuen „reflexiven“ Ebene, ein zwar theoretisch spannendes, aber auch aufwändiges Unterfangen. Und auch hier wieder die Frage: Zu welchem Zweck? Was kann besser damit besser erklärt werden als mit bisherigen Ansätzen sozialen Wandels?
Als ganz knappes persönliches Tagungsresümee: Offenkundig besteht innerhalb des Forschungsverbunds kein einheitlicher Resilienzbegriff, der sich für mich während der Tagung in einer dreifachen Spannung bewegte: zwischen funktional-deskriptiv und normativ, zwischen reaktiv-konservativ und transformativ, zwischen Widerständigkeit und Anpassungsfähigkeit. Diese Uneinheitlichkeit erschwert den gewünschten Dialog mit der Öffentlichkeit, der zusätzlich dadurch behindert wird, dass aus den spezifischen Wissenschaftssemantiken herauszutreten offenkundig schwierig ist.
Persönlich überzeugt hat mich die Anwendung des Resilienzbegriffs am meisten auf der individuellen Ebene: Resilienz in der Bandbreite zwischen Widerständigkeit und Anpassung, personale Identität voraussetzend, perspektivisch im Sinne von Handlungs- und Gestaltungsfähigkeit des eigenen Lebens durch die Zeit erhaltend (Nida-Rümelins „Autorschaft“), Kultur dabei als wichtig mitbeachtend.
Der DH Summit 2015 im Berliner Harnack-Haus war von einer ertragreichen Aufbruchsstimmung geprägt, die sich auch in der neuen Video-Zusammenfassung zeigt.
Wer in diesem Jahr nicht dabei sein konnte, findet Bilder, Poster und weitere Videos auf der Seite https://de.dariah.eu/dhsummit2015.
Ziel des Workshops
Der eintägige Workshop hat zum Ziel, ein Spektrum verschiedener Herangehensweisen zur Entwicklung mobiler Applikationen aufzuzeigen. Dabei werden grundlegende Fragen danach aufgeworfen, was eine App zur App macht und warum mobile Applikationen in den Digital Humanities überhaupt gebraucht werden. Der Workshop gruppiert sich hierbei um drei Apps aus den Bereichen Jüdische Geschichte, Medienkunst und Literatur herum, um den Prozess der Entwicklung einer App – von der ersten Idee bis hin zur konkreten Umsetzung – zu beleuchten. Darüber hinaus wird genug Raum geboten, um Fragen zu stellen oder über eigene Erfahrungen zu berichten.
Teilnahme
Der Workshop richtet sich an Studierende aller Fachgebiete. Die Teilnahme ist kostenlos und erfordert keine Programmierkenntnisse. Eigene Devices können gerne mitgebracht werden, sind aber nicht unbedingt erforderlich. Am Ende erhalten alle TeilnehmerInnen ein Zertifikat. Die Teilnehmerzahl ist auf 15 Personen beschränkt.
Wann und wo?
Wann: 24. April 2015, 9-16 Uhr
Wo: Technische Universität Darmstadt, Institut für Sprach- und Literaturwissenschaft,
Landwehrstraße 50a, Gebäude S4/23, Raum 119
Orte jüdischer Geschichte – eine Web-App (Harald Lordick)
Hier stand eine Synagoge?! Die vor allem für mobile Geräte entwickelte App erschließt ortsbezogene, frei verfügbare Datensammlungen zur deutsch-jüdischen Geschichte und gruppiert sie passend zum gewählten geografischen Ausgangspunkt. Sie enthält eine Kartenansicht und führt zu (oft nicht mehr erkennbaren) Orten wie Synagogen, sogenannten KZ-Außenlagern, Plätzen von NS-Bücherverbrennungen, jüdischen Friedhöfen sowie zu mehr als 11.000 Stolpersteinen.
DECISION MAKER – App Art über die Entscheidungsfreiheit des Menschen (Ruth Reiche)
Der DECISION MAKER ist eine App von Christian Boehme, Maggy Boehme, Daniel Kurzawe und Ruth Reiche, die 2014 als Wettbewerbsbeitrag für den App Art Award des ZKM konzipiert wurde. Die App reflektiert das Medium App und versteht sich selbst als Kunst: Wo sind wir und wo wollen wir hin? Wie lässt sich eine Stadt erleben, wenn wir unsere Entscheidungen abgeben und ab wann widersetzt man sich seinem Souverän? Dieser Antagonismus, der Konflikt zwischen Folgsamkeit und Eigenwille, wird durch den DECISION MAKER verdeutlicht, doch auch persifliert.
Literjahrtur – eine Kalender-App für Android mit Daten aus einem weltliterarischen Korpus (Jannik Stroetgen und Frank Fischer)
Wann findet die deutsche Literatur statt? – Um diese Frage zu beantworten, haben Jannik Stroetgen und Frank Fischer mit Methoden des Natural Language Processing Zeitangaben aus weltliterarischen Korpora extrahiert. Bei der Auswertung ergab sich mit der Verteilung der Datumsangaben automatisch und quasi als Nebenprodukt ein weltliterarischer Kalender, für dessen Präsentation sich eine Kalender-App anbot. Das Browsen durch das literarische Jahr, aber auch die Verschränkung mit der Alarm-Funktion ermöglichen so eine innovative Exploration der Daten auf Mobilgeräten.
Das Deutsche Archäologische Institut (DAI) ist Gastgeber des 8. Berliner DH-Rundgangs. Bei diesem DH-Rundgang liegt der Schwerpunkt auf den Themen digitale Langzeitarchivierung und Datenvernetzung.
Das Deutsche Archäologische Institut (DAI) ist eine im Geschäftsbereich des Auswärtigen Amtes tätige Bundesanstalt und betreibt Forschungen auf dem Gebiet der Altertumswissenschaften und seiner Nachbardisziplinen. Es ist mit der Zentrale in Berlin und 15 Zweiganstalten im In- und Ausland die größte außeruniversitäre Forschungseinrichtung auf dem Gebiet der Archäologie und der Altertumswissenschaften in der Bundesrepublik Deutschland.
Der DH-Rundgang führt mit zwei Kurzvorträgen in die iDAI.welt, der virtuellen Forschungsumgebung des DAI, ein und stellt die aktuellen Arbeiten zu diesen Themen dar.
In der Präsentation über das Forschungsdatenzentrum IANUS, dessen primäre Aufgabe die Langzeitarchivierung digitaler Daten aus den Altertumswissenschaften in Deutschland sein wird, wird auf das Projekt und den Aufbau einer solchen Infrastruktur eingegangen. Den Schwerpunkt werden aber die aktuellen Überlegungen zu notwendigen Workflows, benötigten Systemen, geeigneten Dateiformaten und relevanten Metadaten bilden, die in der Summe erforderlich sind, um eine künftige Nachnutzung heute generierter Daten zu ermöglichen.
Anhand des “Syrian Heritage Archive Project” (DAI, SPK, AA), welches die Erstellung eines digitalen Kulturgüterregisters für Syrien zum Ziel hat, soll die Datenhaltung in der iDAI.welt, der DAI IT Infrastruktur, demonstriert werden. Der Fokus liegt dabei auf der Geodatenhaltung und der Interoperabilität der verteilten DAI Ressourcen.
Programm
10:00 Uhr: Begrüßung, Die iDAI.welt (Reinhard Förtsch)
10:20 Uhr: IANUS und die Langzeitarchivierung digitaler Daten (Felix Schäfer)
10:40 Uhr: Das “Syrian Heritage Archive Project” in der IT Infrastruktur des DAI (Philipp Gerth)
13. Mai 2015, 10:00-11:30 Uhr: Alexander von Humboldt Institut für Internet und Gesellschaft (HIIG)
29. Juni 2015, 17:00-18:30 Uhr: Freie Universität Berlin, Institut für Informatik / AG Netzbasierte Informationssysteme
Sie wollen Ihre Institution bei einem Berliner DH-Rundgang vorstellen? Dann schreiben Sie uns bitte eine kurze E-Mail an info@ifdhberlin.de oder nehmen Sie telefonisch Kontakt zu uns auf.
TextGrid und DARIAH-DE laden vom 11.-13. Mai 2015 nach Göttingen ein, um das 7. TextGrid-Nutzertreffen – diesmal zum Thema Archivieren und Publizieren – mit dem Workshop Store it, share it, use it. Lizenzierung digitaler Forschungsdaten in den Sprach- und Literaturwissenschaften zu verbinden. Dabei wird es u.a. um Technologien und Modelle zur Archivierung und Publikation, um Urheber- und Nutzungsrechte sowie um den Datenschutz im Rahmen geisteswissenschaftlicher Forschungsdaten gehen.
Beide Veranstaltungen richten sich an Interessierte v.a. aus den Sprach- und Literaturwissenschaften, die im Rahmen von z.B. digitalen Editionen Archivierungs- und Publizierungslösungen erarbeiten wollen und die Expertise in der Lizenzwahl und -erstellung für ihre digitalen Forschungsdaten benötigen. Auf dem Programm stehen Einführungen, Projektpräsentationen sowie verschiedene Hands-On-Workshops. Nähere Informationen sowie die Möglichkeit zur Online-Anmeldung finden Sie auf den Webseiten von TextGrid und DARIAH-DE.
Die Veranstaltungen können “en bloc” oder separat gebucht werden. Herzlich willkommen!
Wenn Forscherinnen und Forscher aus verschiedenen Digital Humanities-Projekten über das Thema Annotationen diskutieren, kann es schon mal passieren, dass man zunächst aneinander vorbei redet. Für die einen steht ein Tool im Mittelpunkt, das Annotationen vor allem als flüchtige Anmerkungen im individuellen Forschungsprozess unterstützt. Andere begreifen Annotationen vor allem als Mikropublikationen, die am annotierten Gegenstand bzw. im jeweiligen Repositorium verankert sein müssen und einer langfristigen und nachnutzbaren Archivierung bedürfen. Annotationen als Zwischenschritt und Grundlage für Analyse- und Visualisierungsverfahren oder Machine Learning bilden eine weitere Perspektive auf das Thema.
Nicht nur die Ziele einer Annotation und die damit verbundenen Methoden können sehr verschieden sein, sondern auch die Gegenstände (bzw. ihre digitalen Repräsentationen), die annotiert werden. Sie bilden ein breites Spektrum aus unterschiedlichen Forschungsobjekten, darunter z.B. schriftsprachliche Texte und deren Abbildungen, graphische Elemente und Bilder, Videos, Noten oder gar 3D-Objekte. Doch nicht nur der Annotationsgegenstand, sondern auch die Annotationsinhalte selbst sind vielgestaltig. Annotationen sind nicht immer schriftsprachlich, auch die Unterstreichung eines Wortes, die strukturelle Untermalung einer Textseite, die formale Erfassung der Komposition eines Bildes stellen typische Beispiele für Annotationen dar.
Heterogenität und Diversität mögen auf den ersten Blick hinderlich wirken, um zu gemeinsamen Standards und Verfahrenswegen zu finden.Sie eröffnen jedoch auch die Chance, zu neuen Perspektiven und spezifischen Sichtweisen zu gelangen – sei es durch den wechselseitigen, praxisorientierten Austausch, die differenzierte Betrachtung verschiedener Annotationsverfahren oder die Bündelung einzelner Facetten im Annotationsprozess. Wenn Annotationen mehr als nur individuelle Gedankenstützen sein sollen, können sie ihr Potential nur dann optimal entfalten, wenn bestimmte Standards verwendetwerden. Denn nur dadurch können Austauschbarkeit und Nachnutzung von Forschungs(zwischen)ergebnissen gewährleistet werden. Um gemeinsame Lösungen möglichst nachhaltig zu entwickeln und das Thema in der geisteswissenschaftlichen Community zu diskutieren, ist die Kopplung an vorhandene Forschungsinfrastrukturen von großer Bedeutung.
Der von DARIAH-DE organisierte Expertenworkshop Annotation of Digital Media: Infrastructural Needs (Round Table II), der am 23. und 24. März 2015 an der Technischen Universität Darmstadt stattfand, zielte auf genau diese Punkte. Den Grundstein für die konstruktive Diskussionsrunde bildeten die Ergebnisse eines ersten Round Table, der im Juni 2014 von der HRA Heidelberg ausgerichtet wurde. Neben der definitorischen Abgrenzung, also der Frage, was Annotationen denn nun eigentlich sind, standen schon in diesem ersten Workshop Differenzierungen zwischen manuell und maschinell generierten Annotationen, verschiedenen Öffentlichkeitsgraden sowie zwischen Flüchtigkeit und Persistenz von Annotationen zur Diskussion. Daran anknüpfend wurde nun im Rahmen des zweiten Workshops versucht, zu konkretisieren, welche Kriterien und Ansatzpunkte für die Entwicklung von technisch-infrastrukturellen Lösungen relevant sind, um letztlich dem großen Ziel ein wenig näher zu kommen, Analyse- und Annotationsprozesse zusammenzuführen und hierdurch Zusammenhänge sichtbar zu machen – so wie es einst Niklas Luhmann mit seinem Zettelkasten vorgeführt hat.
Zwei Perspektiven erwiesen sich in diesenZusammenhängen als besonders bedeutend: zum einen die auf Anforderungen an Annotations-Tools, zum anderen die auf Speicherorte bzw. Repositorien und Datenbanken. Damit waren Fragen verbunden wie: Auf welche Datenmodelle, Tagsets, Vokabulare oder Ontologien muss ein Annotationstool zurückgreifen können und inwiefern kann hierbei Standardisierung umgesetzt werden? Wo setzt ein Tool am Gegenstand an, worauf greift es zu, wo werden Annotationen verankert, abgelegt und verwaltet?Wie wird der Zugriff unterschiedlicher Akteure darauf organisiert? Wie stabil bzw. veränderbar muss oder kann der zu annotierende Gegenstand sein, wie die Annotationsebene? Wie geht man mit verschiedenen Versionen um? Wie kann bei Annotationen Zitierbarkeit und gleichzeitig Nachnutzbarkeit erreicht werden? Wie können verschiedene inhaltliche Schichten von Annotationen (z.B. aus verschiedenen Fachperspektiven) selektiv zugänglich gemacht werden? Wie lassen sich Annotationen zu einem Referenz- bzw. Wissensnetzwerk verknüpfen? Diese und noch viele weitere Fragen wurden vor allem – aber nicht nur – mit Blick auf technische Lösungsmöglichkeiten diskutiert. Festgehalten werden die gemeinsam erschlossenen Lösungswege in einem kollaborativ verfassten Positionspapier, das in Kürze in den DARIAH-DE Working Papers erscheint.
Im Rahmen des DARIAH-DE-Clusters Fachwissenschaftliche Annotationensind bereits weitere Workshops rund um das Annotieren geplant. Gelegenheit zur fächerübergreifenden und multiperspektivischen Diskussion bietet zudem auch die Mailingliste Annotationen. Wir freuen uns über rege Beteiligung!
„Die Schlacht dauert immerzu, dann mal stärker, dann mal schwächer, die Kugeln pfeifen Tag und Nacht.“, schreibt Ludwig Faudt am 10. November 1914, im Schützengraben liegend. Über 100 Jahre später erklingt seine Stimme im Museum Bückeburg. „Die Kugeln pfeifen Tag und Nacht.“ Mich hat dieser Satz aus seiner Feldpost schon von Anfang an berührt, seit wir die Briefe im Seminarraum der Uni das erste Mal gelesen haben. Aber heute Abend, da dieser Satz in die gespannte Stille der vielen Zuhörer hineingesprochen wird, wo er gleichermaßen der Titel der Lesung ist, da berührt er mich noch mehr.
Die lange Vorbereitung auf die Lesung, die gerade für ein kleines Orga-Team eine besondere Belastung darstellt, ist endlich zum Ende gekommen. Alles ist erledigt, jeder auf seiner Position und es kann losgehen. Das Museum ist noch voller als erwartet. In der ersten Reihe sitzt Hans Faudt, der Neffe der beiden Brüder Carl und Ludwig, deren Briefe wir heute vorlesen. Ich stehe an meinem Platz und frage mich, was er wohl empfinden mag. Wundere mich, welch glückliche Umstände es waren, unter denen wir die Briefe gefunden haben. Und sorge mich ein wenig, ob wir dem Ganzen gerecht werden können.
Eine engelsgleiche hohe Stimme stimmt „Ein feste Burg ist unser Gott“ an, sie singt jenen Kirchenchoral, welcher die Brüder 1914 bei der Mobilmachung begleitet hat. Heute leitet dieses Lied unsere Lesung ein und verfehlt seine Wirkung nicht. Der kleine Saal wird mucksmäuschenstill und verfolgt aufmerksam die Schicksale der beiden Bückeburger Brüder.
Bäckerei der Familie Faudt
„Wenn ich nach Hause komme, kann ich euch noch unendlich viel erzählen.“, schreibt Ludwig, und mir wird es ganz anders. Bei der Generalprobe am Nachmittag hatte ich schon eine Gänsehaut, aber nun ist die Atmosphäre eine viel dichtere und ich empfinde alles viel intensiver.
„Bald mehr.“, schreibt auch Carl an seine Eltern, und ich weiß, dass dem nicht so ist. Mehr wird nicht kommen, mehr wird Carl nicht schreiben. Und sobald dieser Satz verstummt ist, erklingt ein weiterer Choral und eine weiße Grabkerze wird für ihn entzündet. Manche Zuhörer wischen sich verstohlen eine Träne aus dem Augenwinkel. Auch ich muss meinen Kloß, den ich im Hals habe, herunterschlucken.
„Teile euch mit, dass ich noch gesund und munter bin.“, schreibt Ludwig kurz darauf in seinem letzten Brief, drei Tage vor seinem Tod. Wieder ein Choral, noch eine Kerze und jedem wird in diesem Moment bewusst, dass die Eltern bereits im ersten Kriegsjahr beide Söhne verloren haben.
Zu jedem vorgelesenen Kondolenzbrief, den die Familie erhält, wird eine rote Grabkerze entzüdet und gesellt sich zu den beiden weißen. Als sich die Lesung dem Ende neigt, ist der kleine Sims, auf dem die Photos von Carl und Ludwig stehen, voller Kerzen.
Tosender Applaus. Auf meiner Seite überwiegen vor allem Erleichterung und Dankbarkeit.
Eine so herrliche, gespannte und aufmerksame Stimmung wünscht man sich für jede Veranstaltung, rechnet aber eigentlich nicht damit. Die Resonanz war durchweg positiv, egal, mit wem wir gesprochen haben. Wir hatten im Museum noch eine kleine Ausstellung zur Geschichte der Familie Faudt auf die Beine gestellt, welche auch sehr, sehr gut aufgenommen wurde.
Herr Faudt bedankte sich nach der Lesung noch einmal bei uns Studierenden und meinte, durch diese Lesung wären Carl und Ludwig wieder ein Stück weit zum Leben erweckt worden. Ein bewegender Gedanke, wie ich finde, da es sich für mich genauso anfühlt. Aus den Briefen ist so viel herauszulesen und wenn man sich so lange mit dem Leben der beiden beschäftigt, fühlt man doch arg mit, wenn sie dann „wieder“ sterben.
Heute Abend kam alles zusammen. Die Stimmen der Brüder, die Ausstellung zu deren Leben, die Anwesenheit ihrer Nachfahren. Es fühlte sich an, als würden sich einzelne Puzzlestücke zusammensetzen und die Geschichte einen Abschluss finden.