Abstract: Gesellschaftliche Modernisierungsphänomene lassen den Bedarf an sozialen Hilfeleistungen ansteigen. Soziale Unternehmen, die eine intermediäre Stellung zwischen Subjekt(en) und Staatsform einnehmen und der Aufgabe nachgehen, soziale Risiken zu beseitigen oder zu mindern, bilden in der flexiblen und dynamischen Gesellschaft einen Ort … Continue reading
Abstract zum Vortrag: Voix perdues? Ungültige, verstreute und andere „sinnlose“ Stimmen bei Wahlen im Jahr 1848 (Thomas Stockinger)
Im Rahmen der auf diesem Blog bereits angekündigten Tagung „Kultur und Praxis der Wahlen. Eine Geschichte der modernen Demokratie“ / „Culture and Practice of Elections. A History of Modern Democracy“ am Alfried Krupp Wissenschaftskolleg Greifswald (veranstaltet von Hubertus Buchstein und Hedwig Richter) wird Thomas Stockinger am 16. Mai 2014 vortragen. Vorab wird hier ein Abstract zu seiner Präsentation verfügbar gemacht.
Das vollständige Tagungsprogramm gibt es als PDF-Datei hier.
Voix perdues? Ungültige, verstreute und andere „sinnlose“ Stimmen bei Wahlen im Jahr 1848 (Frankreich und Österreich)
Zweckrationales Handeln, das die Chancen maximiert, erwünschte Kandidatinnen oder Kandidaten die zu vergebenden Mandate erringen zu sehen, zählt seit langem zu den landläufigen, dabei aber durchaus fragwürdigen Erwartungen an Wählerinnen und Wähler. Abweichungen davon sind in dieser Perspektive in erster Linie als Zeichen demokratischer Inkompetenz zu interpretieren, allenfalls noch als Geste des Protests. Die meisten aktuellen Wahlrechte geben vor, dass alles, was auf einem Stimmzettel vermerkt ist, aber nicht als eindeutige Willensäußerung zugunsten einer der registrierten Kandidaturen gedeutet werden kann, ungültig ist, sofern es nicht den Stimmzettel selbst ungültig macht. Der „Wählerwille“ hat sich entweder nach den vorgezeichneten Alternativen zu richten, oder er kann nicht zur Kenntnis genommen werden.
Die frühesten Anwendungen des Massenwahlrechts waren Situationen, in denen diese Kanalisierung weniger effizient funktionierte als später, und in denen deshalb etliche Aspekte der damit verbundenen Problematik besonders deutlich hervortraten. Die Veranstalter und die Ausführenden dieser Wahlen sahen sich mit beträchtlichen Zahlen von Voten (zumeist materialisiert als Stimmzettel) konfrontiert, die sich aus verschiedenen Gründen nicht leicht in ein eindeutiges, numerisch exaktes Wahlresultat einrechnen ließen. Stimmen verteilten sich auf sehr viele verschiedene Personen, darunter solche, die nicht als Kandidaten aufgetreten waren oder nach Meinung der Wahlveranstalter gar nicht als solche in Frage kamen. Kandidaten wurden nicht deutlich genug für eine sichere Identifizierung bezeichnet, oder es wurden Angaben über sie vermerkt, die für eine solche nicht nötig gewesen wären. Die nach späteren Maßstäben oft noch recht unpräzisen rechtlichen Normen boten für den Umgang damit nur eine unzureichende Handhabe, weshalb auch die Entscheidungen der Wahlkommissionen vielfach sehr uneinheitlich ausfielen.
Der Vortrag nähert sich diesen Erscheinungen ausgehend von Stimmzetteln und Wahlprotokollen als Primärquellen und in Anknüpfung insbesondere an die Arbeiten von Yves Déloye und Olivier Ihl. Anhand konkreter Beispiele aus den Parlamentswahlen des Revolutionsjahres 1848 in Frankreich und in der Habsburgermonarchie (speziell Niederösterreich) soll gezeigt werden, dass zur Deutung dieser Phänomene die Kategorien „Ignoranz“ und „Protest“, obwohl beide relevant sind, nicht ausreichen. Sowohl in von Wahlnormen und Erwartungen abweichendem Verhalten der Wähler als auch in den voneinander divergierenden Reaktionen darauf spiegelte sich nicht bloß blindes Herantasten an eine ungewohnte politische Praxis, sondern vielmehr konkurrierende Vorstellungen davon, was Wählen und Repräsentation überhaupt zu bedeuten hatten, wie sie funktionierten und wie sich das Verhältnis zwischen Wählenden und Gewählten zu konstituieren hatte, welche Eigenschaften einen geeigneten Kandidaten machten, sowie auf welche geographischen Räume und sozialen Gruppen sich Repräsentation, Kandidatur und Wahl bezogen. Das scheinbar „Sinnlose“ erweist sich dabei als Teil älterer oder alternativer Logiken des Wählens, die sich nicht durchsetzten, sondern im Laufe der weiteren Entwicklung hin zu einem für die europäisch-atlantischen Gesellschaften zunehmend einheitlichen Grundmodell des Wahlvorgangs bis zur Unsichtbarkeit marginalisiert wurden.
Krieg um Kreta
Die Beratungen und Sondierungen auf dem Friedenskongreß wurden im Sommer 1645 durch ein neues Thema bereichert: „Es hetten die Türckhen albereit in Candia [= Kreta; M.K.] ein statt eingenommen undt contra datam fidem alles darinnen unbarmhertzig nidergehawen.“ So hatte es der päpstliche Nuntius den kurbayerischen Gesandten mitgeteilt (Bericht an Kurfürst Maximilian vom 3.8.1645, in: Die diplomatische Korrespondenz Kurbayerns zum Westfälischen Friedenskongreß, Bd. 2: Die diplomatische Korrespondenz Kurfürst Maximilians I. von Bayern mit seinen Gesandten in Münster und Osnabrück, Teilband 2: August – November 1645, bearb. v. Gabriele Greindl und Gerhard Immler (Quellen zur Neueren Geschichte Bayerns, 2/2), München 2013, S. 352). Die Invasion starker osmanischer Truppen auf Kreta im Juni 1645 war tatsächlich ein Ereignis, das europaweit für Aufsehen sorgte. Wie waren die Vorgänge einzuschätzen, und wie ging man in Münster mit dieser Nachricht um?
Auf den ersten Blick möchte man an das übliche Spiel mit den Stereotypen denken, wie es vom Nachrichtenwesen auch schon in dieser Zeit virtuos gespielt wurde. Die Hinweise auf gebrochene Zusagen und die Unbarmherzigkeit der Kriegführung bedienten sicherlich vorhandene Reflexe, die sich um die Begriffe der „Türkengefahr“ rankten. Doch ging es hier gar nicht so sehr um einen vielleicht sogar wohligen Grusel angesichts grausiger Neuigkeiten von einem weit entfernten Kriegsschauplatz im östlichen Mittelmeer.
Vielmehr wurde diese Nachricht sofort in die laufenden diplomatischen Aktivitäten einsortiert und für bestimmte Zielsetzungen instrumentalisiert. So hatten die bayerischen Gesandten sicher gern vom allgemeinen Friedensappell des Papstes an die anderen Mächte nach München berichtet, zumal der päpstliche Gesandte vor allem den französischen Vertretern die „pericula Europae“ vor Augen geführt habe (ebd.). Denn die kurbayerische Seite war in diesen Wochen und Monaten sehr um einen allgemeinen Waffenstillstand bemüht; zu groß waren die Belastungen des Kriegs, zu vage die Aussicht auf militärischen Erfolg. Entsprechend bezogen sich die bayerischen Gesandten, als sie Anfang August wieder mit den Franzosen verhandelten, auch auf den osmanischen Angriff auf Kreta und machten daraus ein Argument in eigener Sache: Wie könne man es vor Gott verantworten, wenn in Deutschland katholische und gehorsame Fürsten und Stände angegriffen und verfolgt würden, während der Erbfeind der Christenheit jede Gelegenheit habe, „in Europam einzuebrechen […] unnd alle unmenschliche tyranney zu verüben“? (Bericht an Maximilian vom 8.8.1645, ebd. S. 359).
Wenn es weiter hieß, daß man besser die Truppen nicht bei den Kämpfen im Reich verwenden, sondern sie gegen die Osmanen führen sollte, stand dahinter durchaus ein altbekannter Gedanke: Die Einigkeit der Christen sollte der Verteidigung gegen die osmanische Bedrohung zugute kommen. Ähnliche Gedanken waren schon in früheren Jahren des Dreißigjährigen Kriegs immer wieder einmal aufgekommen; sie lassen sich etwa bei Wallenstein, Tilly, Pappenheim oder bei Père Joseph nachweisen. Teilweise schien dahinter durchaus eine gewisse Kreuzzugsromantik durch, doch hier ging es – eigentlich sehr durchsichtig – um etwas ganz anderes: Bayern wollte dringend ein Ende der Kämpfe im Reich. Und wenn die Türkengefahr ein weiteres Argument bot, um das Ziel eines armistitium zu befördern, griff man in den Verhandlungen eben auch Nachrichten aus dem Türkenkrieg auf: Das Schicksal Kretas ging in diesem Fall auch den Gesandten in Münster sehr nahe.
Quelle: http://dkblog.hypotheses.org/445
Kommunikationsstrategien für Archive (12. Mai 2014, Archivtag RLP/Saarland)
Textfassung und PPT-Folien meines kurzen “Impulsreferats” zum Thema stelle ich hier online zur Verfügung. Ich danke Elisabeth Steiger für die kurzfristige Mithilfe an Text und Folien.
Impulsreferat 12. Mai 2014, Worms
Folie 1
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
ich habe jetzt die Aufgabe, Ihnen über das Thema Kommunikationsstrategien und Öffentlichkeitsarbeit zu berichten, aus der Sicht eines Kommunalarchivars.
Ich habe Ihnen eine ganze Reihe von Folien mitgebracht und wir haben wenig Zeit.
Ich beginne also die Präsentation mit der folgenden Folie:
Folie 2
Nein, das ist nicht die offizielle Losung des Stadtmarketings.
Das Stadtarchiv ist das Gedächtnis der Stadt – so verstehen wir uns und so möchten wir das Archiv auch „bewerben“ und unsere Kunden inspirieren. Speyer ist als Stadt sehr bekannt und mit einem überregional positiven Image besetzt; Speyer ist touristisch sehr gut entwickelt, hat eine reiche und lange Geschichte – sichtbar auch an so manchen baulichen Zeugnissen.
Folie 3
Ah, das sollte hier aber nicht stehen. Da ist mir jetzt eine Folie reingerutscht, die ich für den österreichischen Archivtag vorgesehen hatte. Das ist die statistisch gesehen erfolgreichste Nachricht des Österreichischen Staatsarchivs überhaupt…
Folie 4
Jetzt passt es wieder.
Speyer toppt Wien,- Speyer toppt aber auch, ganz klar, Manhattan – zumal man in Speyer früher (im Jahr 1931) auf die Idee für eine solche Aufnahme gekommen ist.
Folie 5
Wie auch immer, eigentlich bietet Speyer einen guten Nährboden für eine gewisse Außenwirkung und Wahrnehmung eines Archivs in der Speyerer Bevölkerung – und darüber hinaus! Und über die traditionellen Nutzergruppen hinaus – ohne diese aus den Augen zu verlieren.
Es geht mir im jetzt darum, zu zeigen, wie eine Öffentlichkeitsarbeit im Netz aussehen kann.
Folie 6
Zurück zum Domfoto.
Wir haben das Foto im März mit dem Hinweis, dass Speyer ja viel cooler als Manhattan sei, in einem von uns genutzten sozialen Netzwerk eingestellt. Hier gebe ich Ihnen nur den Hinweis, dass dieses Netzwerk weltweit von gut 1,2 Milliarden Menschen genutzt wird und dass es weltweit mehr Beitragsaufrufe hat als das gesamte restliche Netz zusammen – sieht man von der Suchmaschine google mal ab.
Folie 7
Das Foto wurde innerhalb weniger Tage über 20.000 mal aufgerufen. Der „Traffic“, wie man neudeutsch sagt, war in jeder Hinsicht enorm.
Folie 8
Öffentlichkeitsarbeit bietet nun gerade für Kommunalarchive die Chance, aus der reinen „Verwaltungsecke“ herauszukommen – als Stadtarchiv ist man nun einmal sehr oft in die Vermittlung und Erforschung der städtischen Geschichte eingebunden. Sie ist gerade hier eine Notwendigkeit – und man sollte den PR-Tiger reiten. Besonders auch im digitalen Zeitalter, sonst wird man irgendwann herunterfallen.
Trotzdem: klassische Presse- und Öffentlichkeitsarbeit hat immer noch erhebliche Bedeutung, wird diese auch weiterhin haben – aber sie kann mithilfe etwa der Sozialen Medien erheblich potenziert werden.
Wie auch immer man vorgeht: Themen, Projekte, Veranstaltungen, das Archiv an und für sich – all dies sollte regional, lokal, aber auch bei Bedarf fachlich im Gespräch gehalten werden. Es geht dabei auch um Kommunikation und neue Wege zur Offenheit – gerade bei Einrichtungen, die medial eher als Archiv-Kellerverliese im sonntäglichen „Tatort“, und sehr selten als etwas spezielle, aber wichtige Kulturguteinrichtungen in den Medien auftauchen.
Die Nutzung der Sozialen Medien für die Archiv-PR ist übrigens mehr eine Sache der eigenen Einstellung; es geht viel weniger um Technikkenntnisse.
Folie 9
Der Einsatz Sozialer Medien sollte meines Erachtens ganzheitlich sein. Es geht nicht nur um Facebook. Wir nutzen Facebook und vor allem auch den Kurznachrichtendienst Twitter sehr intensiv; für Fotos und virtuelle Ausstellungen setzen wir auf Flickr und Pinterest, wir haben einen eigenen kleinen Videokanal; für Vorträge und Präsentationen bietet sich „Slideshare“ gut an. Dazu kommen mehrere Blogs, die von uns betreut oder wenigstens mitbetreut werden. Am bekanntesten wird sicher das „Offene Archive“-Blog sein. Aber das ist nur ein Beispiel.
Das Ganze wird ergänzt um einen gewissen digitalen content, der sukzessive ausgebaut wird; ich freue mich auch über unsere mittlerweile relativ umfassende und moderne Homepage.
Sie ist aber relativ statisch – sie ist kein mobiles „Echtzeitmedium“ wie etwa Twitter und andere Soziale Medien.
Man kann den Einsatz der Sozialen Medien teilweise sicher mit einem „Schaufenster“ in das Archiv, in das Magazin, zu den Archivalien usw. vergleichen. Es ist aber nicht unbedingt und immer ein Hochglanz-Schaufenster – und das wäre ja auch unglaubwürdig, oder?
Auch als Archivare dürfen wir Fragen stellen, und dürfen wir die Nutzer zur Mithilfe aufrufen.
Folie 10
So, jetzt ein Blick auf einige der Blogs. Links im Bild sehen Sie die Begleitung einer umfassenden Fotobearbeitung durch das Blog „Archivar-Kamera-Weltkrieg“ – wir machen damit auf einen bislang völlig unbekannten Fotobestand zum 2. Weltkrieg aufmerksam.
Was machen, wenn vor vielen Jahren umfangreiche Dokumentationen, etwa zu Zwangsarbeitern und zur Verfolgung der Juden, angelegt worden sind? Wir haben uns für ein virtuelles Gedenkbuch entschieden und kommen damit der Verpflichtung nach, frühere Forschungen nicht irgendwann auf den Servern der Stadt zu verlieren. Regelmäßige Blogbeiträge halten das Thema in der Öffentlichkeit. Hier hat auch die Kombination mit der klassischen Pressearbeit gut gegriffen: wir hatten eine erheblich überregionale Berichterstattung.
Folie 11
Schlaglichter auf die Speyerer Geschichte: das können kleine, bislang kaum bekannte Archivalien sein. Wir bloggen derzeit zum Ende des 2. Weltkriegs in Speyer „taggenau“ einen Bericht und ergänzen ihn um Hinweise auf Archivbestände, Plakate und andere historische Umstände.
Folie 12
Wir nutzen die Sozialen Medien, um analoge Ausstellungen im Nachgang virtuell sichtbar zu machen. Ganz einfach geht das mit Flickr oder auch dem Bildernetzwerk Pinterest (das Sie hier sehen).
Wir wollen demnächst eine Ausstellung zu Zeichnungen aus dem 1. Weltkrieg virtuell verlängern, indem der Besucher mittels QR-Codes in eine vertiefte und ausführlichere Darstellung der Zeichnungen einsteigen kann. Wer zu wenig Ausstellungsfläche hat, muss halbwegs kreative Lösungen suchen.
Folie 13
Thema Vorträge: Was sagt uns das, wenn bei einer Fortbildung gut 20 Teilnehmer anwesend waren. Alles schön und gut, aber die virtuelle Präsentation der Folien auf Slideshare wurde gut 1.000x angesehen.
Folie 14
Andere Vorträge wurden noch wesentlich öfter angesehen. Auch wenn es natürlich nicht egal ist, ob zu unseren Archiv-Vorträgen oder unseren „auswärtigen“ Vorträgen 10, 30 oder 80 Besucher kommen – die „klicks“ online übertreffen dies um ein Vielfaches.
Folie 15
Warum nicht einmal an einen eigenen Videokanal für das Archiv denken oder selbst gleich etwas aufzeichnen?
Folie 16
Stichwort „Vernetzung“: ein Tweet, also ein Text von maximal 140 Zeichen, wurde von einem Moderator des Rhein-Neckar-Fernsehens gelesen.
Folie 17
Es folgte die Einladung zu einem Interview über YouTube, Twitter und das Stadtarchiv.
Folie 18
Ich komme langsam zum Schluss.
Es ist aus meiner Sicht sinnvoll, dass die Archivare in ihrer täglichen Arbeit Anwendungen verwenden, die dem Prinzip einer Arbeitsorganisation 2.0 verpflichtet sind.
Das kann ein Dashboard wie Tweetdeck sein, mit dem ich meine Twitter-Accounts vernetzen und effektiv gestalten kann.
Folie 19
Arbeitsorganisation kann die Nutzung von Videokonferenzen oder Chatprogrammen beinhalten. Wie wäre es mal mit einer Livesendung oder einem Interview auf googles „Hangouts on air“? Der oberste Archivar der Vereinigten Staaten macht so etwas übrigens.
Folie 20
Ausstellungen, Projekte und Projektanträge lassen sich gut über kollaborative Arbeitsumgebungen bearbeiten. Zumindest dann wenn man keine Staatsgeheimnisse, sondern das Reichskammergericht des 16. Jahrhunderts bearbeitet.
Folie 21
Letzter Hinweis und auch ein kleiner Tipp: Die Aufgaben eines Archivs, inklusive der Öffentlichkeitsarbeit, lassen sich gut über Anwendungen wie diese hier verwalten.
Aber damit will ich es nun bewenden lassen.
Folie 22
Ich schließe mit dem Motto „Türen auf“ der Sendung mit der Maus. Am 3. Oktober erwarten wir hoffentlich zahlreiche kleine Besucher. Wir werden natürlich analog wie digital dafür werben und darüber berichten. Und die Maus ist ja nun nicht irgendwer. Warum sollte man da als Archiv nicht mal mitmachen und sein Zielpublikum, das ja von Erziehungsberechtigten begleitet wird, erweitern?
Folie 23
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!
Ad fontes: “bibliotheca.gym” – ein neues Blog!
Manch ein Reisender war Jahrhunderte unterwegs. Heutige Forscher reisen, real oder virtuell, um an die Quellen zu kommen, zum Beispiel für die Geschichte Bayerns.
Womöglich trägt die eine oder andere der schriftlichen Quellen den Stempel einer historischen Gymnasialbibliothek oder eines Gymnasialarchivs? Mag ein solcher Stempel für die eigene Forschung auch eher marginal sein, für das Blog bibliotheca.gym könnte er nebst der solchermaßen in ihrer Provenienz gekennzeichneten Schrift indes eine Bereicherung darstellen – deshalb bitte das Blog anschauen und gerne mitmachen!
Die sogenannte Causa Stralsund, der Verkauf einer geschlossenen Gymnasialbibliothek aus dem Stadtarchiv in Stralsund 2012, hat gezeigt, wie gefährdet heute diese Sammlungen sind, nicht zuletzt, weil die spezielle Sammlungsform – und damit auch ein Stück Bildungsgeschichte unseres Landes – in Vergessenheit geraten ist.
Vernetzung hilft der Forschung und dient überdies der Bewahrung schriftlichen Kulturguts ersten Ranges!
Christoph Deeg, Gaming und Social Media in Archiven – Ein Grundkonzept
Das Video und die Präsentation des Kurzvortrags (4. April 2014, Offene Archive 2.1) sind jetzt online!
Zwei Orte der Wissenschaft
Die Doktorarbeit basiert auf einer Reihe Inkunabeln und Alten Drucken. Obwohl inzwischen die meisten als Scan im Internet recherchiert werden können, war es dennoch nötig, diese in einigen ausgewählten Bibliotheken nachzurecherchieren. Im Zuge dessen habe ich mich für jeweils einen … Continue reading →
Die Fallstricke des kunsthistorischen Publizierens. Was kostet eine Architekturzeichnung? #1
Aus aktuellem Anlass, der bevorstehenden Publikation meiner Dissertationsschrift, bin ich mit der Frage konfrontiert, was eigentlich eine Architekturzeichnung kostet, sofern man diese publizieren möchte. Im Laufe meiner Rechrechen hatte ich mit bundesweiten Archiven, Graphischen Sammlungen und Bibliotheken zu tun. Dabei … Continue reading →
Abstract zum Vortrag: Haben die Preußen die Revolution niedergeschlagen? (Klaus Seidl)
Zur Erinnerung: Am 13. Mai 2014 ab 18.15 findet im Rahmen des Kolloquiums am Lehrstuhl für Neuere und Neueste Geschichte der Universität Eichstätt (Prof. Dr. Stefan Grüner) der hier bereits früher angekündigte Vortrag von Klaus Seidl statt. Das Plakat zu dieser Veranstaltung gibt es hier als PDF-Dokument.
Klaus Seidl hat uns das nachstehende Abstract zu seinem Vortrag zur Verfügung gestellt:
Haben die Preußen die Revolution niedergeschlagen? Eine Neuinterpretation der Reichsverfassungskampagne von 1849
Seit den 1970er Jahren hat sich die Revolutionsforschung zunehmend von langlebigen Mythen und Erklärungsmustern verabschiedet, die bis dahin scheinbar untrennbar mit dem Bild von 1848/49 verbunden waren. So ist kaum etwas von der einst prägenden Vorstellung übriggeblieben, 1848 habe eine gescheiterte „bürgerliche“ Revolution einen verhängnisvollen Scheidepunkt zum deutschen Sonderweg markiert. Anstelle derart eindimensionaler Erklärungen öffnete sich vielmehr der Blick auf die charakteristische „Komplexität von 1848“.
Vor diesem Hintergrund überrascht es, dass in den meisten Überblickswerken die Reichsverfassungskampagne im Frühjahr 1849 vor allem an der militärischen Überlegenheit Preußens scheiterte. Tatsächlich reproduziert diese Interpretation jedoch unbewusst die preußische Selbststilisierung als „Drachentöter“ der Revolution und erschwert somit eine differenzierte Analyse des Revolutionsfinales. Demgegenüber liegt der Fokus des Vortrags nicht auf der militärischen Auseinandersetzung an sich, sondern auf den Bedingungen und Begründungen, die den „Kampf gegen die Revolution“ erst ermöglichten. Dadurch rückt zum einen die bislang weitgehend übersehene gesellschaftliche Basis der Gegenrevolution in den Blick. Zum anderen gewinnt aus dieser Perspektive auch die häufig unterschätzte Politik des Reichsverwesers und der Provisorischen Zentralgewalt an Kontur. Insgesamt soll dabei problematisiert werden, inwiefern oft implizite Vorannahmen unser Revolutionsverständnis noch immer bestimmen.
Mario Glauert, Ausblick
Das Video zum Vortrag von Mario Glauert ist jetzt online!
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
zum Schluss unserer Tagung nun keine „Twomplet“ (wie sie uns Alexander Ebel vorgestellt hat), sondern der Versuch eines kurzen Resümees und eines Ausblicks. Bei 25 Vorträgen aus 7 Ländern an zwei Tagen fällt es allerdings nicht leicht, einen roten Faden zu finden, zumal die Organisatoren bei der Planung eher eine rote Linie im Kopf haben mussten, da sie nicht alle Themen und Vorträge in das Programm aufnehmen konnten.
Mit dem Blick zurück auf die Tagung Offene Archive 2.0 im November 2012 in Speyer kann man wohl sagen, dass das Thema nun endgültig in der Community angekommen ist. Wir können es also mit Ingmar Koch halten, der im Twitterinterview vorab auf die Frage, ob das Web 2.0 Fluch oder Segen sei, antwortete: „Es ist egal, es ist da“.
Die großen Landesarchive haben sich des Themas ebenso angenommen, wie der „Archivar“ oder die BKK (wie von Ulrich Nieß gehört), die großen Portale vom Archivportal Europa (Silke Jagodzinski) bis zu Europeana (Neil Bates) oder das DFG-Pilotprojekt zur Digitalisierung (Teilprojekt des Landesarchivs Baden-Württemberg).
Die Verteidigungshaltung ist gewichen, Twitterer sind nicht mehr die „Angry Birds“ in den Archiven. Das Bewusstsein, dass sich die Archive in einem neuen Businessmodell (Kate Theimer) bewegen, hat sich in der Community etabliert, auch wenn Bastian Gillner uns wieder einmal gezeigt hat, dass sich in vielen Archiven die Arbeitsabläufe in den letzten 50 Jahren kaum verändert haben.
Das Thema Social Media ist in der Community angekommen. Aber ist es auch schon bei unseren Nutzern angekommen?
„Merken Sie eigentlich, dass Sie sich nur mit sich selbst unterhalten?“, hat uns Christoph Deeg gewohnt lebendig gefragt. Diese Frage ist nicht ganz unberechtigt. Ob wir uns untereinander Blogstöckchen zuwerfen (Tanja Praske) oder über offene Archive in geschlossenen Facebook-Gruppen (Angela Stilwell) diskutieren – schaut man sich die Blogs und Facebookauftritte an, gewinnt man schon den Eindruck, als ob wir uns dort vielfach tatsächlich vornehmlich mit Kolleginnen und Kollegen austauschen, viel weniger mit unseren Nutzern. Überhaupt finden sich zumeist wenig Kommentare oder Diskussionen, wie viele Referenten beklagt haben.
Das Thema ist in der Community angekommen und prompt war in den letzten beiden Tagen wiederholt der Ruf nach einer Strategie zu hören. Den Archiven fehlt zumeist eine digitale Gesamtstrategie, in der Social Media ein Baustein ist, aber sicher nicht der Einzige und vielleicht auch nicht der Erste. Wozu, so hat Bastian Gillner gefragt, dienen Social Media strategisch und festgestellt: „Neue Mediennutzung und Arbeitspraxis fremdeln noch miteinander“.
Die Frage des archivischen Nutzens rückte zunehmend nach vorn, die Frage vom Mehrwert der Mehrarbeit, die Social Media mit sich bringen. Es wurde gewissenhaft geprüft, welche Programme sich für welche Zwecke am besten eignen, und vor allem: Mit welchem Programm man die beste Wirkung erreicht: „It´s not about traffic, but it´s about reach“, hat uns Neil Bates erklärt. Die Maßstäbe für die Messung solcher Wirkungen wären aber wohl erst noch gemeinsam zu finden und abzustimmen.
Neben den beeindruckenden Vorstellungen der vielfältigen Social-Media-Aktivitäten aus Wien (Christoph Sonnlechner), Bilbao (Anabella Arahuentes Barroso) oder Polen (Anna Sobczak) war Crowdsourcing das beherrschende Thema unseres zweiten Tages, mit beachtlichen Ergebnissen auch aus Dänemark (Nanna Floor Clausen) und der Schweiz (Nicole Graf). „Think, think, think Images“ war hier der Appell von Neil Bates, wobei die vorgestellten Gaming-Elemente die Motivation zum Mitmachen sicher deutlich erhöhen können.
Aber Crowdsourcing oder auch „Adressed Sourcing“ (Karsten Kühnel) erfordert wie jede kollaborative Erschließung, das ist wohl ziemlich deutlich geworden, vor allem abgestimmte Normen und Standards. Ohne Editionsrichtlinien geht es nicht, denn es geht immer um Daten, die anschließend nachgenutzt, ausgewertet und geteilt werden sollen. TEI, Linked Open Data und Ontologien waren Begriffe, die in diesem Zusammenhang gefallen sind und die viele vorher vielleicht nicht kannten oder wohl nicht zuerst mit archivischen Social Media Projekten in Verbindung gebracht hätten. Es sind Begriffe aus der Dokumentations- und Informationswissenschaft und vielleicht gerät es nun zum Nachteil, dass die Archive diesen wichtigen Bereich ihres Faches lange aus dem Blick verloren hatten.
Auch für Twitter, Facebook und Co. sind Guidelines wichtig, interne Regeln für die externe Kommunikation. Und in vielen Verwaltungen endet das Archiv 2.0 noch an der Pressestelle 1.0. Und schließlich scheinen auch die rechtlichen Fragen der Nachnutzung von nutzergenierten Metadaten noch längst nicht ausreichend geklärt zu sein.
Das Bild, das mich in den beiden Tagen aber am nachdenklichsten gestimmt hat, waren die bunten Schlafsäcke in der ehrwürdigen Rotunde der US National Archives. Dieses Beispiel von Kate Theimer für die neue Mission der Archive hat mir noch einmal bewusst gemacht, dass die Offenen Archive unseres Tagungsbanners vor allem Archive der offenen Türen sein müssen. Das Offene Archiv 2.0 macht nicht nur seine Arbeitsweise über Facebook und Twitter sichtbar oder gibt seine Daten frei für semantische Verknüpfungen – es öffnet vor allem seine wirklichen Türen, agiert zuerst in der analogen Welt offen und einladend – und darf sich keinesfalls hinter Posts und Tweets verstecken.
Von Köln vielleicht einmal abgesehen, werden Archive in Deutschland auf längere Zeit vor allem noch analoge Archive sein, keine digitalen. Bitte lassen Sie uns daher bei aller Begeisterung für die Sozialen Medien nicht vergessen, dass die Kommunikation mit dem Nutzer auch, immer und zuerst im persönlichen Gespräch stattfinden muss.
Ich freue mich nun auf die Schlussdiskussion.