„Unbequeme Konkurrentinnen“

In einem großen zweiteiligen Zimmer sind mehrere junge Frauen in langen Kleidern zu sehen, die verschiedenen Tätigkeiten mit der Kamera nachgehen.

Im Februar 1866 wurde der Verein zur Förderung der Erwerbstätigkeit des weiblichen Geschlechts unter dem Vorsitz des Juristen und Sozialpolitikers Wilhelm Adolf Lette (1799-1868) und unter dem Protektorat der preußischen Kronprinzessin Victoria (1840-1901) in Berlin gegründet.[1] Die Pläne des Vereins umfassten zwei Wege zur Verbesserung der weiblichen Bildungschancen: Zum einen setzte man auf eine „lebenspraktische und berufliche Bildung“.[2] Hierfür sah der Verein die Gründung verschiedener Institute oder die Unterstützung bereits bestehender Einrichtungen vor. Weiterhin setzte der Verein auf eine wissenschaftliche Wissensvermittlung. Ab 1869 konnten Frauen in der vom Lette-Verein unterstützten Bildungseinrichtung, dem Victoria-Lyceum, Vorlesungen renommierter Wissenschaftler hören und erhielten so u.a. Einblicke in die Medizin, das Rechtswesen, die deutsche Klassik, Musiktheorie, Botanik, Physik.[3]

Nach Lettes Tod im Jahr 1868 übernahm zunächst der Jurist Franz von Holtzendorff (1829-1889) und ab 1872 Lettes Tochter Anna Schepeler-Lette (1827-1897) den Vereinsvorsitz. Unter ihrer Leitung wurde der Lette-Verein – diesen Namen erhielt er 1869 zum Gedenken an seinen Gründer – zum Schulträger: So entstanden u.

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Quelle: https://visual-history.de/2023/09/19/vitten-unbequeme-konkurrentinnen-lette-verein-berlin/

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Der Fotograf. Ein Blickwechsel

Screenshot der Website des Museums für Fotografie mit einem mehrfach duplizierten Bild, das einen Mann mit Halbglatze und Fotoapparat zeigt.

In der Ausstellung treten aktuelle künstlerische Positionen von Schüler:innen des Lette Vereins in einen offenen Dialog mit dem Nachlass des Berliner Amateurfotografen Kurt Rohde (1920-1996) aus der Sammlung Fotografie der Kunstbibliothek und eröffnen eine ästhetische wie kritische Auseinandersetzung mit Fotopraktiken im Angesicht der digitalen Transformation und dem Umgang mit Archiven.

Screenshot der Website des Museums für Fotografie mit einem Bild von Sara-Lena Maierhofer, Der Fotograf, Detail, 2023, Scannogramm © Sara-Lena Maierhofer

Fotografien erscheinen meist statisch. Eingebunden in Zirkulationsprozesse jedoch können sich ihre Bildaussagen wandeln. Selbst in Archiven sind sie selten nur mit einer einzigen Erzählung verbunden. Besonders deutlich wird das bei künstlerischen Interventionen in archivierte Bestände, die bisher wenig Sichtbares hervorholen und neue Zugänge schaffen können.

 

Der Amateurfotograf Kurt Rohde



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Quelle: https://visual-history.de/2023/07/31/der-fotograf-ein-blickwechsel/

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Aktuelles Heft der „FOTOGESCHICHTE“: Kritik der Autorschaft

Screenshot: Banner der Fotogeschichte: ein Mann mit Melone, ein rodelndes Kind, das vom Schlitten gefallen ist; das Heft der „Fotogeschichte“ ; Foto eines Jungen

Wer Fotografien macht, scheint klar zu sein: Fotograf:innen. Aber stimmt denn diese Annahme so ohne weiteres? Bereits in der gewerblichen Fotografie des 19. Jahrhunderts war das Fotografieren ein arbeitsteiliger Prozess, auch wenn im Ateliernamen meist die Vorstellung einer singulären Autor:innenschaft gepflegt wurde. Und auch im kunst- und fotohistorischen Mainstream des 20. und 21. Jahrhunderts wurde dieses Bild weiter gefestigt. Im Kunst- und Ausstellungsbetrieb huldigte man häufig dem künstlerischen Geniekult und dem Mythos der kreativen Schöpfung. Doch welche Rolle spielen die einzelnen Tätigkeiten – etwa das Vorbereiten und Aufnehmen, das Entwickeln, Retuschieren und Kopieren, das Kolorieren, Beschriften und Montieren, aber auch das Verkaufen, Verteilen und Zeigen – bei der Wahrnehmung von Fotografien?



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Quelle: https://visual-history.de/2023/07/07/aktuelles-heft-der-fotogeschichte-kritik-der-autorschaft/

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Nadeshda Bojkos Fotoalbum. Erinnerungsbilder einer Ostarbeiterin

Doppelseite eines Fotoalbums: links: Schrift, rechts: zwei Fotos von zwei Frauen sowie einer Burg

Während des Zweiten Weltkrieges wurden aus den durch die Wehrmacht besetzten Ländern viele Millionen Menschen zur Zwangsarbeit ins Deutsche Reich verschleppt. Die sogenannten Ostarbeiter und Ostarbeiterinnen standen in der nationalsozialistischen Ausländerhierarchie auf der untersten Stufe. Fast drei Millionen Menschen wurden aus der Sowjetunion, überwiegend aus Belarus und der Ukraine, zur Zwangsarbeit ins Deutsche Reich deportiert. Aufgrund der „Ostarbeiter-Erlasse“ vom 20. Februar 1942 waren sie dazu verpflichtet, ein blaues Stoffquadrat mit der weißen Aufschrift „OST“ gut sichtbar an ihrer Kleidung zu befestigen. Ein deutliches Zeichen der Ausgrenzung.

Nadeshda Terentewa, geborene Bojko, war eine von ihnen. Sie kam bereits 1942 in die „Stadt des KdF-Wagens“, das heutige Wolfsburg, und leistete dort im Volkswagenwerk bis zum Kriegsende Zwangsarbeit. Im Volkswagenwerk arbeiteten ab 1942 zwischen 4000 und 5000 Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter aus der Sowjetunion.

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Quelle: https://visual-history.de/2023/07/03/nedelkovski-pagenstecher-nadeshda-bojkos-fotoalbum-erinnerungsbilder-einer-ostarbeiterin/

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Urban Eyes

Collage von ineinander verschränkten Fotografien von Hochhäusern, einer Hochbahn, einer Straße

New York: Faszinosum – Freiheit – Vielfältigkeit – Überwältigung – Chaos – Orientierungslosigkeit. So in etwa erging es in den 1930er und 1940er Jahren auch jenen deutschsprachigen Fotograf:innen, die sich nach der Passage in die Emigration auf den Straßen in der US-amerikanischen Metropole wiederfanden. Die Großstadt war einigen von ihnen durch Medien der Weimarer Republik bekannt. Ihre Ankunft fand jedoch nicht im Kontext einer Reise statt, in der Sightseeing an erster Stelle stand.

Fred Stein/Helene Roth, Coenties Slip, New York, 1946/2022. Collage © Fred Stein Archive/Helene Roth

Mit Machtantritt der Nationalsozialisten etablierte sich New York als Ankunftsstadt für deutschsprachige Kunstschaffende und Fotograf:innen, denen die Flucht aus Europa gelungen war. Aufgrund politischer, religiöser, sexueller oder künstlerischer Verfolgung hatten sie Deutschland verlassen müssen. Über mehrere Staatsgrenzen hinweg, über Zwischenstationen und Internierungslager gelangten sie mit unterschiedlichen Kenntnissen, Kameratypen, Ausbildungen und Emigrationsverläufen per Schiff zwischen 1933 und 1941 in die US-amerikanische Metropole.

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Quelle: https://visual-history.de/2023/06/26/roth-urban-eyes/

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Berliner Kontraste (2004-2015): Fotografien von Frank Silberbach und Nikolas von Safft

Mehrere Personen mit Rollkoffern und einem Einkaufswagen überqueren eine Kreuzung.

In Berlin trifft Herz auf Berliner Schnauze, Jetset auf Lokalpatriotismus und Geschichte auf Zukunft. Hier mischen sich verschiedene Sprachen. Hektik und Ruhe, Erhabenes wie Alltägliches, Überfluss und Armut liegen nah beieinander. Es gibt viele Perspektiven auf diese Stadt der Kontraste.

Frank Silberbach (geb. 1958): Badstraße, aus der Serie „Berlin 140°“, 2008
© Stadtmuseum Berlin | 2016 erworben von der Berliner Senatsverwaltung für Kultur und Europa aus Mitteln der Deutschen Klassenlotterie Berlin

Die Fotografen Frank Silberbach und Nikolas von Safft haben ihr Berlin-Bild mit sehr unterschiedlichen Mitteln geformt. Während der eine in das Gewimmel der Straßen und Plätze eintauchte, erkundete der andere die entferntere Zone zwischen Stadt und Land. Beide nutzten die analoge Schwarz-Weiß-Fotografie, um ihre Bildwelt in Formen, Konturen, Kontrasten und dem Spiel von Licht und Schatten zu komponieren.

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Quelle: https://visual-history.de/2023/06/14/berliner-kontraste-2004-2015-fotografien-von-frank-silberbach-und-nikolas-von-safft/

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Nomadic Camera. Photography, Displacement and Dis:connectivities

Grafik mit einer gezeichneten Sonne am Himmel und einer Person mit übergroßer Kamera auf dem Rücken am Boden darunter

Grafik aus dem Buch: Erich Stenger, Die Geschichte der Kleinbildkamera bis zur Leica, Wetzlar 1949 S. 16

Processes of migration and flight after 2015 and their depiction, perception and distribution through photography are the starting point of “Nomadic Camera”. We seek to investigate the relationship of photography and contemporary migration in technology, the media and aesthetics in addition to historical exile and flight as the pivotal discursive setting in which specific forms of mobility extending from the mid-19th century to today have been negotiated.

The concept adapts the term “nomadic” — a transitory form of existence — beyond static concepts of being and national boundaries (Demos 2017). “Nomadism” refers to a form of mobility that converges with and diverges from other terms, such as “travel”, “displacement” and “exile” (Kaplan 1996). At the same time, displacements are intrinsically related to connective and disconnective experiences, including place-making and belonging, ruptures between life and work in the past and present, experiences of loss and challenges of beginnings.

“Nomadic Camera” will centre around the following questions: how do dislocations interconnect with the technical evolution of photography as a mobile medium?

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Quelle: https://visual-history.de/2023/05/29/nomadic-camera-photography-displacement-and-disconnectivities/

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Krieg, Gewalt und Zeitlichkeit in Fotografien

Titelbild eines Flyers: zwei völlig zerschossene Hochhäuser in einer Stadt; der Titel des Workshops und das Datum.

Flyer des Workshops: „Krieg, Gewalt und Zeitlichkeit in Fotografien“. Foto: Quasimodogeniti,
Ausgebrannte UNIS-Türme, Sarajevo, Mai 1996. Quelle: Wikimedia Commons, CC BY 3.0

Fotografien halten Momente fest, wirken in der Aktualität, aber auch über lange Zeiten hinweg und in wechselnden medialen und diskursiven Kontexten. Kriegsfotografien entstehen unter besonderen Bedingungen: während oder nach bestimmten Ereignissen, aus der Perspektive beteiligter Parteien, im Auftrag bestimmter Medien u.a.

Wie kommen Bilder der Gewalt zustande?

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Quelle: https://visual-history.de/2023/05/25/krieg-gewalt-und-zeitlichkeit-in-fotografien/

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Rezension: #LastSeen Bildatlas

Screenshot der Startseite: Rechts sind Fotografien von Menschen mit Koffern und auf Bahnhöfen zu sehen; links auf schwarzem Untergrund die Textzeile #lastseeen Bildatlas sowie die Navigation der Website

Zum Projekt

Als Online-Rechercheplattform zur Fotogeschichte der nationalsozialistischen Verfolgung präsentiert sich seit Mitte März 2023 das Projekt #LastSeen und setzt dabei eigene neue Maßstäbe. Auf der Landingpage der Webseite www.lastseen.org hat der:die Benutzer:in zunächst die Wahl zwischen dem Entdeckungsspiel und dem Bildatlas. Der vorliegende Text widmet sich ausschließlich dem Bildatlas sowie der historischen Einbettung und Präsentation der in ihm enthaltenen derzeit 406 Fotografien von Deportationen von Jüdinnen und Juden sowie von Sinti:zze und Rom:nja aus 32 Orten in den Jahren 1938 bis 1943.

Abb. 1: Screenshot: Website #LastSeen Bildatlas © [15.05.

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Quelle: https://visual-history.de/2023/05/19/hammerle-starke-rezension-lastseen-bildatlas/

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Falsches Feuer

Schwarz-Weiß-Fotografie: Mehrere Menschen stehen alleine und in Gruppen auf der Straße und blicken auf ein Gebäude vor ihnen. Aus der Kuppel steigt Qualm empor, auch Flammen sind zu erkennen.

Welche besondere Sorgfalt bei der redaktionellen Verwendung von historischen Fotos nötig ist, konnte man zuletzt im Kontext des 90. Jahrestages des Reichstagsbrandes im Februar 2023 beobachten. In vielen Tageszeitungen, Dokumentationen oder Fernsehberichten wurde an das Ereignis erinnert, denn bis heute sind die Hintergründe der Brandstiftung umstritten. Die lange Zeit dominierende These, der Niederländer Marinus van der Lubbe habe den Brand allein gelegt, wird seit länger Zeit kritisch hinterfragt.[1] Wenn über ein solches historisches Ereignis und dessen Deutung berichtet wird, stellt sich in vielen Zeitungs- und Online-Redaktionen zwangsläufig die Frage nach der Bebilderung. Im Kontext des Reichstagsbrandes kommt es dabei häufig zu ungenauen oder falschen Darstellungen, da es nur sehr wenige Aufnahmen gibt, die tatsächlich am Abend des 27. Februars 1933 entstanden sind und den brennenden Reichstag zeigen. In den einschlägigen Bildagenturen werden darüber hinaus aber auch vermeintlich „echte“ Fotos vertrieben, die einer genauen Überprüfung bedürfen.

Eines der bekanntesten Motive, das häufig zur Bebilderung des Brandes benutzt wird, zeigt eine kleinere Gruppe von Passanten, die den brennenden Reichstag beobachten.

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Quelle: https://visual-history.de/2023/05/12/koetzing-falsches-feuer-bilder-reichstagsbrand/

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