(Ein Beitrag von Georg Rückriem) Als Wilhelm Rückriem zum 1. April 1953 an die Adolf-Reichwein-Hochschule in Celle berufen wurde, hatte er schon einige Erfahrungen mit Provisorien in der Lehrerbildung. Das begann schon mit seiner Ernennung zum Dozenten auf Widerruf an … Weiterlesen →
„Na ohne Verluste kommen wir hier auch nicht weg“.
Abstumpfung als persönliche Schutzmauer im Krieg
Laura Olschewski
August Jasper ist ein gutes Beispiel für einen Soldaten, der im Ersten Weltkrieg darum bemüht war, die Geschehnisse nicht allzu nah an sich heranzulassen – dies wohl auch, um sich selbst zu schützen. Schon zu Beginn des Krieges gibt er sich gefasst,[1] schreibt seiner Frau gar, sie würden sich möglicherweise erst im Jenseits wiedersehen – als sei das eine völlig übliche Vorstellung.[2]


Zwar zeigt er sich fortwährend mit der Gesamtsituation unzufrieden, hofft beständig auf eine baldiges Ende des Krieges,[3] doch verliert er zu keinem Zeitpunkt ganz die Fassung – jedenfalls findet sich keine Stelle in den überlieferten Briefen, die dies dokumentieren würde –, gibt sich sogar zeitweise gleichgültig.
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Freispruch! Facebook-Abmahner mit früheren Kontakten zum Thomas Urmann
Museumstipp 5: Die Villa Stuck in München
Es gibt große und kleine Sünden, aber die schönsten stammen von Franz von Stuck (1863 – 1928). Der bayerische Maler, Zeichner und Bildhauer, der 1892 Mitbegründer der Münchner Secession war, widmete sich bevorzugt allegorischen und symbolhaften Motiven. Seine Werke mit oft düsteren und erotischen Darstellungen nackter Körper und Gestalten, die aber auch häufig biographisch-persönliche Bezüge aufweisen, sorgten um die Jahrhundertwende für Aufmerksamkeit – auch über sein Münchner Umfeld hinaus. So außergewöhnlich wie der Künstler ist auch seine Wohn- und Wirkungsstätte – das heutige Museum … Museumstipp 5: Die Villa Stuck in München weiterlesen →
Faszination japanische Wirtschaft
Von Franz Waldenberger
Für die Wirtschaftswissenschaften war Japan nach seinem rasanten Aufstieg vom Entwicklungsland zur technologisch führenden Industrienation spätestens seit den 1970er Jahren ein faszinierender Forschungsgegenstand. Die daran anschließende Bewältigung der beiden Ölkrisen und die erfolgreiche Expansion japanischer Unternehmen auf den Weltmärkten riefen nicht weniger Bewunderung hervor, weckten aber auch Ängste. Der letzte Aufsehen erregende Höhenflug der Wirtschaft in der zweiten Hälfte der 1980er Jahre entpuppte sich dann allerdings als Bubble. Seither verläuft die Wachstumsperformance unterdurchschnittlich. Der Faszination, welche Japan auf die Wirtschaftswissen-schaften ausübt, hat dies aber wenig Abbruch getan. Sei es die dramatische demographische Entwicklung, die schwindelerregend hohe Staatsverschuldung, die nicht weniger atemraubende geldpolitische Expansion oder die lang anhaltende, in modernen Industrieländern so noch nicht beobachtete Deflation – Japan inspiriert wirtschaftspolitische Diskussionen und makroökonomische Forschung gleicher-maßen.
Japan lehrt uns, dass demographischer Wandel Wirtschaftswachstum entscheidend beeinflusst. Wenn uns die japanische Wirtschaft eines lehrt, dann ist dies die Einsicht, dass Wirtschaftswachstum und demographische Entwick-lung aufs engste verbunden sind – ein Zusammenhang, der in volkswirtschaftlichen Lehrbüchern meist ausgeklammert wird.
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Quelle: http://mws.hypotheses.org/28515
Die Auferstehung der Hermaphroditen
Das Gedicht “Über den Hermaphroditen” (Carmen de ermaphrodito; der Text hier) ist vor allem ein gelehrtes Rätsel: Das lyrische Ich berichtet, wie seine schwangere Mutter die Götter über sein Schicksal befragt habe, und widersprüchliche Antworten erhalten habe: Das Kind werde ein Junge, so Phoebus, ein Mädchen, so Mars, weder noch, so Juno – dass es ein Hermaphrodit wurde, ist die “Lösung” dieser Rätselantworten. Ebenso rätselhaft die Vorhersagen zum Tod des Hermaphroditen: Er werde durch Waffen umkommen, so Juno, durch Erhängen, so Mars, durch Ertrinken, … Die Auferstehung der Hermaphroditen weiterlesen →
Warschau ’44. Ein Film über den Warschauer Aufstand für die junge Generation?

Im Untergrund gegen die deutschen Besatzer. Szene aus dem Film »Warschau ’44«, Foto: ZDF/Ola Grochowska
Das ZDF zeigt am 2. August in Zusammenarbeit mit dem polnischen Partnersender TVP 1 den Film »Miasto 44 / Warschau ’44« von Jan Komasa. Der Film, der im vorigen Jahr in Polen Premiere hatte, betrifft den Warschauer Aufstand. Für die Polen ist der von den Deutschen blutig niedergeschlagene Versuch der Befreiung ihrer Hauptstadt durch die Untergrund- oder Heimatarmee – die »Armia Krajowa« – eines der wichtigsten Kriegsereignisse, das bis heute große Emotionen und Diskussionen auslöst. Der Film Komasas, eines talentierten Vertreters der jungen Generation der polnischen Regisseure, löste in Polen eine lebhafte Debatte aus. Die Art und Weise der Darstellung des Aufstandes wurde kritisiert. Der Film wurde mit den amerikanischen Superfilmproduktionen über den Zweiten Weltkrieg verglichen, es wurden besonders die technischen Qualitäten gelobt. Komasa lockte eine Rekordzahl von Besuchern in die Kinosäle.
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Bouvard und Pécuchet machen einen Vorschlag oder: Die Grenzen der Nummerierung im 19. Jahrhundert
Gegen Schluss des nach den beiden Protagonisten benannten Romanfragments Bouvard und Pécuchet schwingen diese – es herrscht schon Napoleon III. – beim Kneipenwirt Beljambe politische Reden, sorgen damit für Unruhe und ventilieren schließlich einen Plan:
Da man ihnen den Vorwurf der Praxisferne machte und sie zudem beschuldigte, zur Nivellierung und zum Immoralismus anzuleiten, entwickelten sie den folgenden Dreistufenplan. [Absatz] Ersatz des Familiennamens durch eine Matrikelnummer. [Absatz] Hierarchische Gliederung aller Franzosen – und zur Aufrechterhaltung seines Ranges habe jedermann von Zeit zu Zeit ein Examen abzulegen. [Absatz] Keine Strafen, keine Belohnungen mehr, aber in allen Dörfern eine genaue Chronik der individuellen Lebensläufe, die der Nachwelt überliefert werden sollte. [Absatz] Man verabscheute ihr System.1
Das Schicksal des Plans gleicht so vielem, was Bouvard und Pécuchet in den Jahren zuvor versucht haben, weder interessiert sich die lokale Zeitung dafür, noch reagieren die Behörden, geschweige denn der Kaiser. Auch im keineswegs nummerierungsfeindlichen Frankreich scheint der Vorschlag, den Familiennamen durch eine Nummer („numéro matricule“) zu ersetzen, zu weit zu gehen, und auch die Reihung aller Franzosen nach einem mittels regelmäßigen Prüfungen zu bestimmenden Rangnummer scheint nur als eine maßlose satirische Verallgemeinerung der in Schulen üblichen „bio-numerisch[en]“ Ordnung (Heinrich Bosse)2 wahrnehmbar zu sein.
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Quelle: http://nummer.hypotheses.org/107
Kriegsgewinnler und Drückeberger
Die „verratene Front“ bei August Jasper
Lisa Peters
Der Topos der „verratenen Front“ hatte für den Diskurs um die deutsche Niederlage noch bis in den Zweiten Weltkrieg hinein große Bedeutung.[1] Seinen Ursprung fand er in der Rechtfertigungsideologie der politischen und militärischen Eliten des besiegten Kaiserreichs. Jegliche Schuld an der Niederlage von sich weisend, machten sie unter anderem Streiks in der Rüstungsindustrie (die auf die Sozialdemokraten und Gewerkschaften zurückgingen) sowie eine mangelhafte Unterstützung durch eine vermeintlich kriegsmüde „Heimatfront“ verantwortlich.[2] Wenngleich dieser Topos inzwischen als ideologisch gefärbt dekonstruiert wurde,[3] erscheint es vor diesem Hintergrund als besonders interessant, dass auch August Jasper sich in seinen Briefen an seine Frau Bernhardine wiederholt kritisch über eine mangelnde Solidarität in der Heimat mit den kämpfenden Soldaten beklagt. Fern der obrigkeitlichen Diskurse gewähren seine Aussagen einen Einblick in die diesbezüglichen Vorstellungen und Deutungen eines einfachen Soldaten, bevor sie durch die Rechtfertigungsideologie der Nachkriegszeit beeinflusst wurden.

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