Zwei neue Publikationen über Moses Hess

Volker Weiß, Mitglied des Beirates der Rosa Luxemburg Stiftung Hamburg hat für Friedrich-Ebert-Stiftung eine Broschüre über Moses Hess geschrieben: Moses Hess (1812 – 1875) : Leben, Werk und Erbe eines rheinischen Revolutionärs; Bonn, Friedrich-Ebert-Stiftung, Archiv der Sozialen Demokratie, 2013. – 40 S. = 2,5 MB, PDF-File. – ( Reihe des Gesprächskreis Geschichte  der FES, Band 99) ISBN 978-3-86498-423-5. Die Broschüre ist hier online.

Prof. Mario Keßler hat soeben “Moses Hess and Ferdinand Lassalle: Pioneers of Social Emancipation”, 2013, [= BzG – Kleine Reihe Biographien, Bd. 28], 131 S., ISBN 978-3-86464-044-5, 14,80 EUR im Berliner trafo Verlag publiziert.


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Quelle: https://kritischegeschichte.wordpress.com/2013/08/30/neue-broschure-uber-moses-hess/

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CfP “Weltkrieg und Widerstand – Arbeit und Soziale Bewegungen im “Großen Krieg” 1914-1918″

Schwerpunktheft des “JahrBuch für Forschungen zur Geschichte der Arbeiterbewegung” 2014

Der Erste Weltkrieg als „Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts“ hat in der Geschichtswissenschaft zu Recht viel Aufmerksamkeit erfahren. Denn seine Auswirkungen in Politik, Kultur und Gesellschaft bis in unsere heutige Zeit sind unbestritten und überaus vielschichtig. Trotz der intensiven Forschungen zu diesem Konflikt sind wichtige Aspekte in der neueren Forschung in den Hintergrund geraten. Dazu zählt insbesondere die Rolle der sozialen Bewegungen vor, während und nach den bewaffneten Auseinandersetzungen – also das Engagement der Arbeiterbewegung, der Frauenbewegung und anderer emanzipatorischer Kräfte gegen den Krieg und seine verheerenden Auswirkungen in allen beteiligten Ländern und Weltregionen. (…)

Der komplette Call for papers findet sich hier (und hier als PDF).

Das JahrBuch für Forschungen zur Geschichte der Arbeiterbewegung (mehr) ist eine deutschsprachige historische Fachzeitschrift mit Sitz in Berlin und erscheint seit 2002 dreimal jährlich.

Kontakt über Axel Weipert, Redakteur: axelweipert(at)hotmail.com


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Quelle: https://kritischegeschichte.wordpress.com/2013/07/12/cfp-weltkrieg-und-widerstand-arbeit-und-soziale-bewegungen-im-grosen-krieg-1914-1918/

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Arno Münster: Utopie, Emanzipation, Praxis. Sozialphilosophische Interventionen; Berlin 2012 (Rezension)

Arno Münster, emeritierter Professor für deutsche Philosophiegeschichte, Ernst Bloch-Schüler und Autor vieler Schriften, die dem Wissenstransfer zwischen der deutschen und französischen Linken dienten, legt in Utopie, Emanzipation, Praxis zehn Texte (Vorträge, Aufsätze, ein Interview) vor, deren Gemeinsamkeit er darin sieht, einen „stets kritischen, dialektischen und materialistischen Ansatz in der Gesellschaftsanalyse mit der Analyse von Denksystemen“ zu verbinden, „die die Kritik der bestehenden gesellschaftlichen Verhältnisse immer noch mit der Hoffnung einer letztendlich vielleicht doch noch möglichen gesellschaftlich-politischen Durchsetzung des Emanzipationsgedankens und der sozialen Gerechtigkeit vereint“ (S.9).

Besonders wichtig scheint es Münster dabei der von ihm diagnostizierten „’Abwicklung’ und Marginalisierung des Marxismus nach der deutschen Wiedervereinigung“ etwas entgegenzusetzen (S.10) – indem vor allem an einen anderen, freiheitlichen Marxismus erinnert wird. Hierbei steht Ernst Bloch im Zentrum dreier Texte, und dessen „Grundverdienst“ sieht Münster dann auch darin, „dass er den Marxismus humanistisch, messianisch-utopisch bereichern, erneuern wollte“ (S.41f.). Der Aufsatz/Vortrag zu Jean Paul Sartre hebt positiv hervor, dass dieser mit seiner Kritik der dialektischen Vernunft, neben wenigen anderen „den wichtigsten theoretischen Beitrag zur Neubegründung einer kritischen, undogmatischen und auf weite Strecken neo-marxistischen Praxisphilosophie im 20.Jahrhundert“ geleistet hätte (S.98). Und zum Austromarxisten Max Adler wird auf dessen „sehr wertvollen und gleichzeitig auch sehr wichtigen Beitrag zur Entdogmatisierung des Marxismus“ aufmerksam gemacht (S.190), wie auch Pierre Bourdieu bescheinigt wird, sich „der marxistischen Kritik in zahlreichen Punkt angenähert“ zu haben (S.123).

Dieser Fokus auf einen anderen Marxismus hindert Münster aber nicht daran sich auch mit anarchistischen Autoren zu beschäftigen. So findet sich im Band ein kurzer Zeitungsartikel zum „radikale[n] libertäre[n] Pragmatiker“ Proudhon (S.136) und ein Vortrag/Aufsatz zur „Stirner-Rezeption im französischen Existentialismus“, in dem die Stirnerinterpretation von Albert Camus in Der Mensch in der Revolte im Mittelpunkt steht. Diese Fokussierung ist etwas schade, weil dem Einfluss Stirners, oder Stirner’sche Motive für die 1968er und die alternativen Bewegungen der 70er Jahre nachzugehen – von marxistischer Seite bisweilen in polemischer Absicht unterstellt – eine interessante Arbeit wäre und auch mit der Frage verbunden werden könnte, inwieweit, nach dem modischen Strukturalismuszwischenspiel der 1960er Jahre existentialistische Aspekte wieder aufgegriffen wurden. Mit dem Pariser Mai ’68, als der „umfassendste[n] spontane[n] Emanzipationsbewegung, die jemals über die so genannten ‚Konsumgesellschaften’ der Nachkriegszeit hinwegfegte“ (S.172), beschäftigt sich Münster, damals Augenzeuge der Ereignisse in einem weiteren Vortrag/Aufsatz.

Das Buch dürfte eine nette Lektüre für Menschen sein, die sich für die hier besprochenen Thematiken, bzw. Personen interessieren. Mir selbst erschien vieles nicht allzu originell, oft ein wenig zu knapp, bisweilen werden die von Münster geschätzten Autoren auch zu positiv perspektiviert. Man erfährt beispielsweise nichts davon, dass Bloch im Prinzip Hoffnung auf dem Höhepunkt des Stalinismus die anarchistische Kritik an der Diktatur des Proletariats als Ausdruck einer „Monomanie von Autoritätshass“ pathologisierte, sowie über seine Ausfälle gegen Dissidenten zu Zeiten der Moskauer Schauprozesse der 1930er Jahre. Im Sartre-Aufsatz gar kein Thema, wird dessen wichtige Auseinandersetzung mit Albert Camus an anderer Stelle kurz erwähnt, und – wie mir scheint – zu Unrecht Camus das Vertreten „links-liberale[r] Positionen“ vorgeworfen (S.152). Proudhons Antisemitismus wird erwähnt (S.134), aber nicht dessen massiver Antifeminismus, der seinerzeit schon Kritik hervorrief. Dass Max Adler 1919 einen „radikalen ultralinken Antiparlamentarismus“ (S.187) vertreten habe, scheint mir ebenso wenig zuzutreffen (siehe seinen Text Demokratie und Rätesystem, 1919), wie dessen Gegnerschaft zum Bolschewismus vereinseitigt wird, da Adler in den 1930er Jahren vehement betonte, dass „die russische Revolution auch in ihrer jetzigen Gestalt gegen alle feindlichen Bestrebungen des Kapitalismus und der bürgerlichen Reaktion zu verteidigen“ sei (Unsere Stellung zu Sowjetrussland, 1932).

Philippe Kellermann

Arno Münster: Utopie, Emanzipation, Praxis. Sozialphilosophische Interventionen. Karin Kramer Verlag, 2013, 208 Seiten, 19,80 Euro

Wir danken Philippe Kellermann herzlich für die Erlaubnis zur Erstpublikation dieser Rezension auf kritische-geschichte. Kellermann schreibt u.a. für Graswurzelrevolution und kritisch-lesen.de. Von ihm erschien zuletzt u.a. Anarchismus, Marxismus, Emanzipation (Berlin 2012, als Hrsg.).


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Quelle: https://kritischegeschichte.wordpress.com/2013/05/06/arno-munster-utopie-emanzipation-praxis-sozialphilosophische-interventionen-berlin-2012-rezension/

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“Der Überlebenskampf des Instituts für Geschichte der Arbeiterbewegung” (Rezension)

Mit zwei Aufrufen meldete sich am 4. Dezember 1989 der Arbeitsausschuss am Institut für Marxismus-Leninismus in Berlin zu Wort. Dem Gremium stand Prof. Dr. Günter Benser vor und ihm und seinen aktivsten Mitstreitern war Folgendes sehr wichtig: ein „Neuansatz der Geschichte der nationalen und internationalen Arbeiterbewegung“, die „schonungslose Aufdeckung stalinistischer Verbrechen“ sowie die „sofortige Rehabilitierung aller unschuldigen Opfer“ und die nachdrückliche Aufforderung zum Mitdenken jedes einzelnen Institutsmitarbeiters über die Perspektive des Instituts – Vorschläge seien umgehend (bis 12 Uhr des nächsten Arbeitstages) im Sekretariat abzugeben.

Couragiert agierte damals der Historiker Benser als fast einstimmig gewählter Institutsdirektor an der Spitze einer der größten gesellschaftswissenschaftlichen Institutionen der DDR. Als Abteilung des Apparats des Zentralkomitees der SED war das IML seit 1968 „im System der Gesellschaftswissenschaften der DDR zentrale Leiteinrichtung für die Tätigkeit auf den Gebieten der Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung, der deutschen und allgemeinen Geschichte sowie der Marx-Engel-Forschung“ und seine Mitarbeiter waren „stärker in die politischen Strukturen der DDR und speziell in den Apparat der SED eingebunden als Wissenschaftler aller anderen Institutionen“.

Bensers Bericht „Aus per Treuhand-Bescheid“ ist ein kurzer und übersichtlicher Text mit einem ausführlichen Dokumentenanhang aus der kurzen Wirkungszeit des Instituts für Geschichte der Arbeiterbewegung am Ende der DDR und im neuvereinten Deutschland. Selbstkritische Bestandsaufnahme und ein historisch-theoretischer Neuansatz waren die Eckpunkte, die Benser am historischen Wendepunkt verbuchen kann. Das Institut für Geschichte der Arbeiterbewegung blieb auch dem Parteivorstand der PDS zugeordnet und sollte die politische Bildungsarbeit unterstützen, jedoch entschied es „selbständig über seine wissenschaftlichen und editorischen Projekte“. Zur angestrebten Transparenz gehörte, dass schnell die Archiv- und Bibliotheksbestände für alle interessierten Nutzer aus Ost und West geöffnet wurden, ohne die in der Bundesrepublik übliche dreißigjährige Benutzungssperre. Zu den dringlichsten Aufgaben gehörte das Bemühen um einen Rettungsschirm für die Bestände der Bibliothek (ca. 800 000 Bestandseinheiten) und des Zentralen Parteiarchivs (ca. 5000 laufende Meter Archivgut), die nicht zerrissen werden und uneingeschränkt am Standort Berlin nutzbar sein sollten. Die Entscheidung fiel schließlich auf einer Anhörung des Innenausschusses des Deutschen Bundestages am 28. August 1991 mit der Bildung einer unselbständigen Stiftung unter dem Dach des Bundesarchivs. Für das IfGA gab es keine Chance. Seine Liquidierung lief auf der Schiene der autokratisch schaltenden und waltenden Treuhandanstalt – Direktorat Sondervermögen.

Benser gibt in kurzen Kapiteln das Erbe und die „Doppelherrschaft“ des IML, das Thema Stalinismus und die Arbeitsgruppe „Opfer des Stalinismus“, die MEGA-Kommission an der Akademie der Wissenschaften der DDR und den Verein MEGA-Stiftung Berlin e. V., die Historische Kommission der PDS und die Stiftung Gesellschaftsanalyse und politische Bildung, die internationalen und deutsch-deutschen Kontakte, die Publikationen und Veranstaltungen des IfGA u. a. zu Protokoll, schildert Initiativen und Arbeitsergebnisse des in seinen Inhalten selbstbestimmten wissenschaftlichen IfGA, um dann das Tempo und die Radikalität des in Deutschland „noch nie erfolgten Elitenaustausches“ durch Treuhand und Unabhängige Kommission zu skizzieren, „den keine einzige strukturbestimmende sozialwissenschaftliche Einrichtung der DDR auch nur im Entferntesten unbeschadet überstand“.

Fazit sei mit dem Verschwinden der Institutionen der DDR-Geschichtswissenschaft eine Verarmung der bundesdeutschen Historiografie, der es an prinzipiellen Herausforderungen und „am Streit über große Themen und geschichtstheoretische Grundfragen“ mangele. Die Folgen seien noch nicht gänzlich absehbar.

Marga Voigt

Günter Benser: Aus per Treuhand-Bescheid. Der Überlebenskampf des Instituts für Geschichte der Arbeiterbewegung. Mit einem Dokumentenanhang (edition bodoni 2013, 238 Seiten, ISBN 978-3-940781-34-5)

Eine weitere Rezension des Bandes hier auf der Website der RLS.


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Quelle: https://kritischegeschichte.wordpress.com/2013/04/04/der-uberlebenskampf-des-instituts-fur-geschichte-der-arbeiterbewegung-rezension/

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Nie wieder Kommunismus? Zur linken Kritik an Stalinismus und Realsozialismus

Ein Lesetipp.

Bis vor wenigen Jahren war in der aktivistischen Linken das Thema Stalinismus- bzw. DDR-Kritik toter als tot. Die antiautoritäre Linke verlor mit einigem Grund nicht viel Worte über den „Realsozialismus“, ist dieser doch Lichtjahre entfernt von einer nicht näher definierten, utopischen, herrschaftsfreien Gesellschaft („Auf Staat und Parlamente, habe ich noch nie vertraut“). Mit der Hinwendung zum Kommunismus-Begriff, den in den vergangenen Jahren größere Teile der radikalen Linken unternommen haben, wächst auch die Notwendigkeit und das Interesse daran, sich mit dem Wesen und der Genese des Stalinismus auseinanderzusetzen. Ein erster Höhepunkt war sicherlich Bini Adamczak’s Essay „gestern morgen“ aus dem Jahr 2007.

Und tatsächlich: In der Auseinandersetzung mit der autoritär gewendeten Revolution kann nur gewonnen werden, der Band der Gruppe INEX ist dafür ein gutes Beispiel. Die Entstehung des Bandes ist verbunden mit einer Reihe von Veranstaltungen, die sich zum Teil hier nachhören lassen, geht aber in seiner Breite (12 Aufsätze und eine Einleitung) weit darüber hinaus.

Der Band ist politisch auf der Höhe der Zeit sowohl wissenschaftlich als auch politisch.[bearbeitet 25.09.2012 nach Einwand P.B./Kommentar 1) Auch wenn im Folgenden nur einzelne erwähnt sind, habe ich alle Aufsätze samt Einleitung gelesen und nur bei einem einzigen Aufsatz keine rechte Lust gehabt, ihn zu Ende zu Lesen – das ist eine verdammt gute Quote. (Hier geht’s zum Inhaltsverzeichnis)

Für einen kenntnisreichen, hoch aktuellen und systematischen Überblick über den Stalinistischen Terror etwa ist der Aufsatz von Christoph Jünke („Schädelstätte des Sozialismus“) sehr zu empfehlen. Er geht nicht nur auf die Opferzahlen oder die berüchtigten Moskauer Prozesse ein, sondern gibt gleichzeitig Einschätzungen zum Charakter dieser Maßnahmen und schließlich auch zum Widerstand dagegen.

Der Beitrag von Hendrik Wallat belegt eindrücklich, was man schon immer geahnt oder zumindest gehofft hatte: Es gab von Anfang zeitgenössische linke und kommunistische Kritik am Bolschewismus – Analysen, die sich auch heute noch mit Gewinn lesen lassen. Einige wichtige Texte wurden von Wallat ausgegraben und samt ihres rätekommunistischen oder anarchistischen Kontextes vorgestellt.

Bini Adamzcak steuert einen Text zur „geschlechtlichen Emanzipation“ in der russischen Revolution bei („Hauptsache Nebenwiderspruch“). Er ist zum Teil erheiternd, zum Teil sehr spannend, auf jeden Fall aber perspektivenerweiternd. Im Grunde genommen präsentiert dieser Aufsatz zunächst ein sehr originelles Gesamtverständnis der russischen Revolution, bevor er zur Haupt/Nebenwiderspruchsfrage übergeht.

Es liegt an Konzept und Fragestellung des Bandes, dass sich auch die weiteren Aufsätze des Bandes auf Bolschewismus bzw. Staatssozialismus konzentrieren (z.B. der Beitrag der Gruppe paeris) und historisch nicht wirksam gewordene Alternativen (Anarchismus, Sozialrevolutionäre) entsprechend randständig bleiben. Deshalb erscheint mir die zum Teil recht harsche Kritik in dieser Hinsicht als ziemlich unangemessen.

Meckern kann man ja meistens, hier zum Beispiel darüber, dass nur Ulrike Breitsprecher es geschafft hat, auf andere Artikel innerhalb des Bandes zu verweisen. Die Verdienste dieses Bandes werden aber durch solche kleineren Unzulänglichkeiten nicht ernsthaft eingeschränkt.

Gruppe INEX (Hg:) Nie wieder Kommunismus? Zur linken Kritik an Stalinismus und Realsozialismus, Münster 2012.
232 Seiten, 14,80 Euros


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Quelle: http://kritischegeschichte.wordpress.com/2012/09/23/nie-wieder-kommunismus-zur-linken-kritik-an-stalinismus-und-realsozialismus/

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25.000 historische Fotografien aus Dänemark für EuropeanaPhotography


No.3 Folding Pocket Kodak Model C
Flickr CC-BY-NC schoeband

Das Großvorhaben EuropeanaPhotography, in dessen Rahmen historische Fotografien aus einem Zeitraum von 100 Jahren digitialisiert und online zugänglich gemacht werden sollen, hat bereits Aufmerksamkeit erweckt. Von den ersten Daguerreotypien um 1839 bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkriegs wurde der Zeitraum gewählt, aus dem die Fotografien stammen sollen. Bis zum Ende der Projektlaufzeit am 31.1.2015 solle, so der Plan, über 500.000 Bilder gesammelt, bearbeitet und verfügbar gemacht werden. 19 Projektpartner aus 13 Mitgliedsstaaten der EU sind an dem durch die EU-Kommission finanzierten Mammutprojekt beteiligt, Nordeuropa ist durch das Arbejdermuseet, das Museum der dänischen Arbeiterbewegung sowie die eng mit ihm verbundenen Institutionen Bibliothek und Archiv der Arbeiterbewegung vertreten. Die Institutionen sollen 25.000 Bilder zu der Sammlung beisteuern.

Auf dem Europeana-Portal, das als zentraler digitaler Zugang zum europäischen kulturellen Erbe dienen soll, sind bisher, wie in der Projektbeschreibung eingeräumt wird, nur wenige historische Fotografien vertreten. Nun soll mit dieser groß angelegten Aktion eine relevante Sammlung von Fotos von “historischer Qualität” entstehen, die die bisher in der Datenbank vorhandenen Abbildungen von kulturellen Artefakten wie Gemälden und Manuskripten ergänzen soll. Im Mittelpunkt, und so kommt eben auch eine Institution wie das Arbeitermuseum ins Spiel, sollen Abbildungen zur Alltags- und Kulturgeschichte stehen. Wie es auf der Museums-Webseite heißt:

“Die vielen Bilder sollen somit einen einmaligen EInblick geben, wie Städte, Landschaften, Kleidung, Wohnverhältnisse, Arbeitsverhältnisse, Transport sowie das Verhältnis zwischen den Geschlechtern und Gesellschaftklassen sich im Laufe dieser Periode veränderte. Zugleich werden sie die Geschichte über die Entwicklung der Fotografie in Hinblick auf Ästhetik, Technik und Praxis vermitteln.”

EuropeanaPhotography soll nach eigenem Verständnis nicht als reine Bilddatenbank gesehen werden, in der man sich zu Illustrationszwecken bedienen kann. Es geht in der Tat darum, Fotografien stärker als Quelle für geschichtswissenschaftliche Forschungsarbeiten zu etablieren, ein Ansinnen, dass Anerkennung verdient. Auch wenn das Thema der wissenschaftlichen Nutzung von Bildern als historische Quellen keineswegs neu ist, so spiegelt sich dies in der wissenschaftlichen Praxis nur in geringem Maße wider.

Die dänischen Projektpartner haben primär die Aufgabe, in dem thematisch weit gespannten Vorhaben die Geschichte der Arbeiterbewegung und das Alltagsleben gewöhnlicher Menschen angemessen zu berücksichtigen. Ganz nebenbei wird durch ihre Beteiligung aber auch der dänische Anteil im Europeana-Portal, der bislang eher bescheiden ist, beträchtlich anwachsen.

Quelle: http://nordichistoryblog.hypotheses.org/870

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Gramsci: Everything that Concerns People (1987)

Reblogged from Entdinglichung:

Gramsci: Everything that Concerns People, ein Film, produziert von Mike Alexander und Douglas Eadie für Channel4 (Scotland), wissenschaftliche Beratung von Tom Nairn, hat tip to Cedar Lounge Revolution:

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Eine Dokumentation über Antonio Gramsci (1987)

Quelle: http://kritischegeschichte.wordpress.com/2012/07/26/2063/

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100 Jahre Arbeiterbildungsverein in Schweden – ›Niveauerhöhung‹ für alle

  Dieses Jahr begeht Arbetarnas Bildningsförbund (ABF) [Der Bildungsverband der Arbeiter] sein 100-jähriges Jubiläum, welches er mit einer umfangreichen Veranstaltungswoche mit Vorlesungen, Workshops, Musik und Ausstellungen in Stockholm feiert. Anlässlich des Jubiläums einer der größten Weiterbildungseinrichtungen Nordeuropas erscheint es angebracht, einen Blick auf die Gründung – vor allem die Begründung – des ABF zu werfen. Logo Arbetarnas Bildningsförbund Der ABF wurde 1912 durch Initiative des Schulleiters von Brunnsviks folkhögskola, der ersten ›rörelsefolkhögskola‹ [Volksbewegungshochschule] Schwedens, Rickard Sandler, gegründet, zunächst unter dem Namen Arbetarnas riksförbund för biblioteks- och föreläsningsverksamhet [Der Reichsverband der Arbeiter für den Bibliotheks- und Vorlesungsbetrieb]. Durch ihn fand die Weiterbildungsarbeit der Arbeiterbewegung ihre zentrale Institution, die heute Schwedens größter Studienverband, mit Niederlassungen in nahezu jeder Kommune, ist. Die Weiterbildungsarbeit stellte einen zentralen Wirkungsbereich der Arbeiterbewegung dar, womit sie eine Tradition der Volksbildung fortsetzten, die seit dem 19. Jahrhundert vor allem durch die Kirchen, aber auch durch Volksbewegungen wie die Abstinenzler, betrieben wurde. Die Arbeiter sollten (weiter-)gebildet werden, um sie – und in der Idealvorstellung die gesamte Gesellschaft – zu ›besseren Menschen‹ zu erziehen und ihr ›Niveau zu erhöhen‹, wie Rickard Sandler in seiner Grundsatzrede zum Verhältnis der Sozialdemokratie und Volksbildung ausrief: »Wir brauchen keine Idealmenschen. Dass aber eine auf breitem demokratischen Fundament basierende Gesellschaft ein besseres Menschenmaterial [sic] benötigt als wir es heute besitzen, ist zweifellos. Wenn sich die Funktionen der Gesellschaft erweitern, wächst natürlich der Anspruch an die Kompetenz der Gesellschaftsmitglieder. Deshalb muss die Volksbildung ein Hauptanliegen des sozialistischen Staats sein, auf ganz andere Weise als für den kapitalistischen.« Bildung stellte eine Grundvoraussetzung für die Verwirklichung der Sozialdemokratie/des Sozialismus dar, indem die Arbeiter zum Einen theoretisch geschult und zum Anderen moralisch und intellektuell ›erhöht‹ werden sollten. Besonders letzteres Bildungsziel nahm sich der ABF auch aus taktischen Gründen zu Herzen, da die sozialdemokratische Jugend, stellvertretend für die gesamte Arbeiterklasse, in der Presse sowie in bürgerlichen Kreisen einen zweifelhaften Ruf hatte, den es zu verbessern galt. Durch die Priorisierung der allgemeinbildenden Inhalte war es zudem möglich, sich staatliche Unterstützung zu sichern, die einer rein sozialistisch ausgerichteten Bildungseinrichtung verwehrt geblieben wäre. Aufgrund der staatlichen Unterstützung waren die Einrichtungen des ABF zudem für alle offen, nicht nur für Arbeiter. Zu den moralischen Bildungszielen gehörte die Bekämpfung des Alkoholkonsums, die schon seit den Anfängen der proletarischen Weiterbildungsarbeit, aufgrund der engen Verbindung führender Personen der Abstinenzler- zur Arbeiterbewegung, auf der Tagesordnung stand. Es galt, die vor allem durch die Einführung des Achtstundenarbeitstags neu erlangte Freizeit der Arbeiter sinnvoll zu füllen und ein Alternativangebot zu dekadenten Freizeitbeschäftigungen wie eben dem Alkoholkonsum sowie dem Konsum ›schlechter‹ Literatur zu schaffen. Der ABF bekämpfte indirekt, durch sein Bildungsangebot, sowie direkt, durch eine groß angelegte Kampagne, die so genannte ›Schundliteratur‹: Detektivgeschichten, wie die Nick-Carter Hefte, und andere Groschenromane, die vor allem die Jugend verziehen würden: »Die Volksseele wird durch die Presseprodukte, die lediglich das Leben verbittern oder Nahrung für Sensationslust und Skandalhunger bieten, vergiftet. Jeder Freund der Volksgesundheit sollte sich deshalb verpflichtet fühlen, solche Vergiftung zu verhindern.« Wenn es auch noch weitere Zwecke der Weiterbildungsarbeit des ABF gab, wie zum Beispiel die Agitation und die Gleichstellung von Frauen, so waren es doch gerade die allgemeinbildenden Ziele des Verbandes, die sein Programm maßgeblich beeinflussten und den Inhalt von Studienzirkeln, Vorlesungen, Lesezirkeln und Bildungsausflügen prägten, in denen sich relativ unbeeinflusst durch sozialistische Propaganda mit Literatur, Kunst und Musik auseinander gesetzt wurde. Gerade die Studienzirkel, an denen bereits 1926 über 30.000 Schweden teilnahmen, stellten den Kern der Weiterbildungsarbeit dar. Rickard Sandler beschreibt die Ausrichtung der Studienzirkel in seiner Grundsatzrede von 1917: »Der Studienzirkel wird zu dem, was seine Mitglieder aus ihm machen. Ihr Bestes können sie nur in Freiheit tun. Keine patentierte Konstruktion, keine Gebrauchsanweisung der Welt kann mehr bewirken als das eigene freie Interesse der Mitglieder. Die Schablone ist der Tod für die Bildungsarbeit.« Diese bereits durch Sandler geforderte Freiheit für die Bildungsarbeit des ABF, die die Gesellschaft verbessern soll, findet sich noch 100 Jahre später in Form eines kreativen Fotowettbewerbs, den der ABF anlässlich seines Jubiläums ausrichtet und unter anderem auf Youtube bewirbt.   Der heutige ABF ist, bezogen auf seine inhaltliche Ausrichtung, seinem Erbe treu geblieben, wirft man einen Blick auf sein umfangreiches und breit gefächertes Angebot, das sich sehr von dem seiner etwas jüngeren Schwesterorganisationen in Dänemark (Arbejdernes oplysningsforbund, AOF, gegründet 1924) und Norwegen (Arbeidernes Opplysningsforbund, AOF, gegründet 1931) unterscheidet, wo vor allem berufliche Aus-Bildung im Vordergrund steht. Auch bezüglich seiner Herkunft ist sich ABF treu geblieben. Es ist die einzige der drei Organisationen, die ihr Akronym bereits auf der Startseite ihrer Homepage auflöst, den Besucher in Großbuchstaben mit der Überschrift »ABETARNAS BILDNINGSFÖRBUND« begrüßt und somit die politisch-ideologische Herkunft nicht versteckt.    

Quelle: http://nordichistoryblog.hypotheses.org/515

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Ralf Hoffrogge: Sozialismus und Arbeiterbewegung in Deutschland. Von den Anfangen bis 1914.

Cover Hoffrogge SozialismusMarion Liebhold vom Buchladenkollektiv Schwarze Risse (Berlin) hat reingeblättert.

Die Geschichtsschreibung der Arbeiterbewegung in Deutschland wurde lange dominiert von der Sozialdemokratie und dem orthodoxen Marxismus. Sie hat an den Niederlagen der Bewegung selbst, bis hin zu ihrer Zerschlagung 1933, gelitten. Eine Folge davon ist, dass, wie Ralf Hoffrogge in der Einführung zu diesem Buch schreibt, ein Großteil der linken „Gruppen und Bewegungen abseits von Linkspartei und Gewerkschaften in ihrer politischen Aktivität keinen Bezug mehr zur Geschichte des Sozialismus hat.“ Weil aber die „Klassenfrage“ heute aktueller denn je ist, sind es auch die Erfahrungen und Lehren, die sich aus der Geschichte der Klassenkämpfe und ihrer Organisationen ziehen lassen.

Da eine Sozialgeschichte der modernen Arbeiterbewegung den Rahmen einer theorie.org-Einführung sprengen würde, konzentriert sich Hoffrogge vor allem auf ihre politische Geschichte. Er stellt die Organisationen, ihre Entstehungsbedingungen und LeiterInnen vor und zeichnet die richtungweisenden Debatten und Entscheidungen nach.Die erste wichtige Organisation der Arbeiterbewegung in Deutschland war der ‚Bund der Geächteten‘, zu dem sich 1834 wandernde Gesellen und exilierte Intellektuelle in Paris zusammenschlossen – und zum ersten Mal Arbeiterkämpfe mit der politisch-philosophischen Perspektive eines Sozialismus bzw. (damals noch gleichbedeutend:) Kommunismus verbanden, also mit der Vision einer den Kapitalismus überwindenden Gesellschaft. Die Entwicklung von dort bis zur SDAP bzw. SPD als erster Massenpartei der Arbeiterbewegung und zur Verbreitung der Gewerkschaften war geprägt vom Kampf gegen Repression und um Anerkennung als politischer Akteur.

Dass am Ende dieser Entwicklung die Partei ihre Erfolge nicht mehr an der Revolution, sondern nur noch an Wählerstimmen maß und im arbeitsteiligen Verbund mit den Gewerkschaften an der Verdrängung des politischen Klassenkampfes arbeitete, war auch internen Verwerfungen geschuldet. Die Konflikte zwischen unterschiedlichen Fraktionen, an der Basis der Bewegung und an den Rändern der Organisationen sind die interessantesten Momente der Geschichte.

Hoffrogge gibt den marginalisierten Stimmen und Strömungen viel Raum und rezipiert ‚andere‘ Historiker der Arbeiterbewegung wie Karl Heinz Roth, Ahlrich Meyer und Erhard Lucas. Seine eigene Darstellung politischer Geschichte zeichnet aus, dass in ihr meist nicht einfach ‚eins zum anderen’ führt, sondern die historischen Zusammenhänge komplex und bisweilen paradox sind. Hoffrogge gelingt es, viele Schwächen und Beschränkungen in der geschichtlichen  Theorie und Praxis der organisierten Arbeiterbewegung kritisieren, ohne sich von ihr zu verabschieden.

Schmetterling Verlag [theorie.org], Stuttgardt 2011, ISBN 978-3-89657-655-0, Paperback, 216 Seiten, 10,- €


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Quelle: https://kritischegeschichte.wordpress.com/2011/12/13/ralf-hoffrogge-sozialismus-und-arbeiterbewegung-in-deutschland-von-den-anfangen-bis-1914/

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Zweimal linke Bewegungsgeschichte

Richard Müller Novemberrevolution Cover Sachen, die man lesen könnte:

Da ist zum einen das dritte Heft Beiträge zur Geschichte einer pluralen Linken. Bewegungen, Parteien, Ideen, herausgegeben von Marcel Bois und Bernd Hüttner, erschienen. Auf die beiden ersten Hefte habe ich hier schon hingewiesen.

Und dann habe ich mir noch „Eine Geschichte der Novemberrevolution“ von Richard Müller angesehen. Im Original erschienen 1924 und 1925 wurde diese jetzt neu herausgegeben.
Geschichtspolitisch und historiographisch halte ich das Buch für bedeutend. So war Müller Metallarbeiter und Vorsitzender des Vollzugsrats der Arbeiter- und Soldatenräte in der deutschen Novemberrevolution. Wir erhalten mit seiner Darstellung der Geschehnisse einen Blick auf die Revolution aus Sicht der Räte und revolutionären Obleute, die in den gängigen Darstellungen nicht oder nur verzerrt widergegeben wird.
Müller ging es politisch um den Nachweis, dass die Eskalation der Konflikte eine gezielte Strategie der Gegenrevolution war: Es gab keinen Bürgerkrieg von links, vielmehr wurde der Bürgerkrieg von rechts geführt. Müller arbeitete dazu recht akribisch mit historischen Belegen. Und so ist seine „Geschichte der Novemberrevolution“ auch eine im akademischen Sinn richtige Geschichtsschreibung, die in der Einleitung von Ralf Hoffrogge lesenswert in die Historiographiegeschichte eingeordnet wird.


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Quelle: https://kritischegeschichte.wordpress.com/2011/10/29/zweimal-linke-bewegungsgeschichte/

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