(Klein-)Mariazell in Österreich – Mythos und Wirklichkeit: Video online

FILM: (Klein-)Mariazell in Österreich – Mythos und Wirklichkeit
20. Juni 2014, Klein-Mariazell

Für alle, die nicht dabei sein konnten, es aber trotzdem interessiert, und jene, die dabei waren und es nochmals sehen möchten: der Film zur Veranstaltung letzte Woche:

Video: Robert Reiter

Vielen Dank an Robert Reiter und alle Mitwirkenden und viel Spaß beim Anschauen!

Um das ehemalige Benediktinerkloster (Klein-)Mariazell in Österreich ranken sich zahlreiche Mythen, entstanden aus mündlicher Überlieferung und direkter, unreflektierter Nacherzählung der historischen Quellen. Zweifellos machen sie aber auch einen großen Teil der Faszination aus, die dieser Ort heute auf viele Menschen ausübt.
Was verbirgt sich aber hinter diesen Mythen und wie kamen sie zustande? Wie weit halten sie einem Realitäts-Check stand? Wer oder welche Absichten ließen diese Geschichten entstehen?
Diese und noch mehr spannende Fragen sollen anhand der Gründungsgeschichte und der Baugeschichte des zwischen 1964 und 1967 abgebrochenen Klostergebäudes von einem Expertenteam erörtert werden.
Es wird ein Bogen gespannt von Mönchen des Mittelalters, die in ihren Schreibstuben Fälschungen fabrizierten, die bis heute Verwirrung stiften – bis hin zu Computeranimationen, die das alte Klostergebäude virtuell wieder auferstehen lassen.

Mitwirkende:
Dr. Thomas Aigner (Diözesanarchiv St. Pölten),
Univ.-Doz. Dr. Barbara Schedl (Universität Wien),
Prof. P. DDr. Alkuin Schachenmayr (Stift Heiligenkreuz) und
Univ.-Doz. Dr. Andreas Zajic (Österreichische Akademie der Wissenschaften)

Mariazell Multimediapräsentation

Quelle: http://ordensgeschichte.hypotheses.org/7493

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Sektion 6 – Kollaborative Archivalienerschließung im Digitalen Historischen Archiv Köln

Manuel Hagemann M.A. spricht über das Projekt, durch online gestellte Digitalisate eine Benutzung des Historischen Archivs der Stadt Köln zu ermöglichen. Er sieht hier nicht nur die Institutionen untereinander als Kooperationspartner, sondern auch die Nutzer.

Herr Hagemann erläutert zunächst, dass der Einsturz des Historischen Archivs Köln (HAK) den Anstoß für das Projekt des digitalen Historischen Archivs Köln (DHAK) gegeben habe; es sollte eine Ersatzüberlieferung geschaffen werden. Die ursprüngliche Zielsetzung des Portals sei es gewesen, Kopien und Exzerpte von Kölner Archivalien aus Privatbesitz der Nutzer zusammenzutragen und langfristig auch für das Archiv wieder nutzbar zu machen. Seit 2011 würden auch Digitalisierungen von Sicherungsverfilmungen sowie von geborgenen und restaurierten Archivalien eingespielt. Langfristiges Ziel sei es, die gesamten Bestände des HAK digital verfügbar zu machen. Das Portal befinde sich noch im Testbetrieb.

Anschließend stellt Herr Hagemann die Funktionsbereiche des Portals vor:

1) Lesesaal  (Tektonik, Volltextsuche u.a.)

2) Mein Archiv (persönlicher Speicherort für den einzelnen Nutzer)

3) Forum (Nutzerkommunikation, sowohl der Nutzer untereinander als auch mit Archivaren bzw. Projektmitarbeitern)

4) Identifizierung (Archivgut sei teilweise nach dem Einsturz des HAK nicht eindeutig identifizierbar gewesen. Auch hier sollten die Nutzer und ihre Bereitschaft zur Mithilfe eingebunden werden. Die Archivmitarbeiter entschieden dann, welche Identifizierungserfolge sie in ihrer Verzeichnung sichtbar machten.)

Dann veranschaulicht Herr Hagemann die Funktionalitäten des Portals an einigen Bespielen: Die hinterlegten Digitalisate würden immer durch einen Findmitteleintrag ergänzt, der nicht durch Nutzer bearbeitet werden könne, sowie u.a. durch einen Kommentarbereich, die Kumulierung der einzelnen Digitalisate und persönliche Notizen. Diese Einträge könnten durch Nutzer bearbeitet werden.

Ein wichtiger Aspekt sei die Transkription der Archivalien, wie Herr Hagemann weiter ausführt. Die Nutzer könnten in den Transkription durch eine Volltextsuche recherchieren, Studenten könnten sie als Transkriptionsübungen nutzen und für ungeübte Nutzer seien sie eine Lesehilfe.

Bei der Erschließung sei man abhängig von der Beteiligung und Fähigkeiten der Nutzer, d.h. die Erschließung werde auf die archivische Erschließung als Angebot aufgesetzt, um die Arbeit mit den Archivalien zu erleichtern. Herr Hagemann betont, dass es sich nicht um eine archivische Erschließung im eigentlichen Sinne handelt, sondern um den Versuch, die Nutzer in die Tiefenerschließung einzubinden.  Das Projekt sei langfristig angelegt, es erhöhe die Nutzbarkeit der Archivalien und diene am Ende auch dem Archiv selbst.

Auf Fragen aus dem Plenum hin, erläutert Herr Hagemann, dass man sich als Nutzer registrieren könne, z.B. um die Funktionen wie „Mein Archiv” nutzen zu können. Der Nutzername werde bei Kommentaren o.ä. angezeigt. In der Testphase könne man aber noch ohne Registrierung alle Bereiche ausprobieren.

Das HAK leite momentan Digitalisate an den technischen Anbieter weiter, der sie dann einspeise. Zukünftig werde das HAK die Digitalisate aber selbst hochladen.

Auf die Frage nach der Qualitätssicherung und Kontrolle, führt Herr Hagemann aus, dass das „Wikipediaprinzip” angestrebt werde, d.h. dass Nutzer sich gegenseitig helfen und verbessern. Die Redaktion sollte dort gar nicht allzu tief eingreifen, unsachgemäße Kommentare würden aber entfernt werden.

Die Web 2.0-Funktionaliäten seien noch gar nicht technisch umgesetzt, die Zugriffzahlen seien schwankend und lägen bei aktuell 1000-3000 Zugriffe pro Monat.

Die Schutz- und Sperrfristen würden natürlich eingehalten.

Quelle: http://lvrafz.hypotheses.org/1595

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Erschließung von Beziehungsgeflechten mit MidosaXML – Teil 3: Der Verzeichnungsvorgang

Im dritten Teil des Beitrags geht es um den Verzeichnungsprozess in der Praxis, also um den Anleitungsteil in den Erschließungsrichtlinien. Ein vierter Teil wird abschließend die Findmittel als Erschließungsprodukte behandeln und eine zusammenfassende Beurteilung geben.

IV. Verzeichnung

1. Metadaten der Archivgutbeschreibung

1. Objekte der Beschreibung sind die Bestandsbildner, ihre Funktionen, ihr Schriftgut und die untereinander und zu anderen Akteuren und Beständen existierenden Beziehungen.

2. Metadaten der Verzeichnungsstufen (Pflichtfelder, wenn Eintrag möglich, sind fett gedruckt) bei der Beschreibung von Archivgut:

a. Verzeichnungsstufe Bestand:

i. Bestandsbezeichnung

ii. Bestandssignatur

iii. Bestandslaufzeit

iv. Zusammenfassung zum Inhalt des Bestands

v. Provenienz

vi. Bestandsgeschichte

vii. Entstehungsgeschichte oder Biographie und / oder Normdatei nach ISAAR-CPF

viii. Information über den Erschließungsprozess

ix. Benutzungsbeschränkungen

x. Bereitstellendes Archiv

xi. Erläuterung der Ordnung und Ordnungsmaßnahmen

xii. Sprache des Archivguts

xiii. Verweis auf ähnliches Material im eigenen und in fremden Archiven

xiv. Verweis auf einen Aktenplan

xv. Verweis auf andere Findmittel

xvi. Zitierempfehlung

xvii. Akzessionsnummer und Jahr

xviii. Beschreibung der Zugänge

b. Verzeichnungsstufe Klasse:

i. Titel

ii. Zusammenfassung des Inhalts

iii. Benutzungsbedingungen

iv. Laufzeit (sofern von Software erlaubt, in MidosaXML nicht möglich)

c. Verzeichnungsstufen Serie, File (Akte) und Vorgang / Einzelstück:

i. Titel

ii. Enthält/Darin

iii. Laufzeit

iv. Bestellnummer (bei Serie Sammelbestellnummer, bei Vorgang / Einzelstück Referenzierung auf File, nicht auf Bestand (Schema „1 in [Filenummer]“)!

v. Kompositionsform (Archivalientyp)

vi. Alte Signaturen (einzutragen ins Feld „Alte Signatur“ mit zusätzlicher Erläuterung (falls möglich) und in ein Sortierfeld)

vii. Provenienz (einzutragen ins Provenienzfeld und in ein Sortierfeld; bei mehrgliedrigen Provenienzangaben nach dem Muster: „Provenienz;Organisationseinheit“, z.B. „Universität Bayreuth;Abteilung I;Referat I/1“ (keine Leerzeichen einfügen!))

viii. Verwaltungsgeschichte bzw. Biographie (MidosaXML: Entstehungsgeschichte)

ix. Bestandsgeschichte

x. Bewertungsinformation

xi. Information zum Erschließungsvorgang

xii. Benutzungsbeschränkungen

xiii. Lagerungsort

xiv. Verweis auf ähnliches Material

xv. Verweis auf einen Aktenplan

xvi. Umfang (bei Schriftgut in Blättern, abgekürzt „fol.“)

xvii. Korporationsindex

xviii. Geographischer Index

xix. Personenindex

xx. Sachindex

xxi. Materialindex

xxii. Kompetenzindex

3. Für die einzelnen Erschließungsvorhaben werden Richtlinienspezifikationen erstellt, die die allgemeinen Erschließungsrichtlinien konkretisieren.

4. Für die Nutzung des Index siehe Abschnitt VII!

2. Grundsätze der Titelbildung

1. Der Nutzer soll anhand des Titels entscheiden können, ob die Durchsicht der beschriebenen Unterlagen für sein Vorhaben nützlich ist oder nicht. Sind bereits Titel aus der vorarchivischen Bearbeitung überliefert, sollen diese entweder übernommen oder an geeigneter Stelle als vorarchivische Titel vermerkt werden. Präzisierungen und Korrekturen sind dann mittels der Enthältvermerke vorzunehmen (s.u.). Sofern auf einen Aktenplan verwiesen werden kann, soll der vorarchivische Titel in MidosaXML als Erläuterung zur Altsignatur (= Aktenplannummer) vermerkt werden.

2. Ist eine Unterlage mittels einer Titelvergabe nicht hinreichend zu beschreiben, sind zusätzliche Vermerke anzubringen („Enthältvermerke“).

3. Titel sind kurz und prägnant im Nominalstil parataktischer Wortgruppen zu formulieren. Grammatische Sätze und durch Pronomina oder Konjunktionen eingeleitete Nebensätze sollen vermieden werden.

4. Die Titel sind sach- und betreffsbezogen zu formulieren, sofern damit der Entstehungsgeschichte der Unterlage entsprochen werden kann und die Ablageprinzipien der Provenienzstellen dem nicht entgegenstehen. Ist eine sach- und betreffsbezogene Titelbildung nicht möglich, soll eine inhaltsbezogene Konkretisierung in einem Enthältvermerk und ggf. eine Erläuterung der Unterlagenstruktur in einer Zusatzinformation zur Erschließung {processinfo} oder Bestandsgeschichte {custodhist} hinzugefügt werden.

5. In Titeln sollen Abkürzungen vermieden werden. Sind sie nicht zu umgehen, sollen nur allgemein gebräuchliche Formen verwendet werden. Wenn Abkürzungen verwendet werden, ist für das Findbuch ein Abkürzungsverzeichnis zu erstellen.

6. Der Enthältvermerk ist ein fakultatives Element eines Beschreibungsdatensatzes. Er dient der Erläuterung und Ergänzung des Titels oder / und zur Bezeichnung der Unterlagen- oder Schriftstücktypen, wie z.B. „Listen, Briefe, Manuskripte“ usw. Angaben zu Unterlagentypen sind zudem im Feld „Archivalientyp“ {genreform} zu vermerken, soweit das möglich ist.

7. Zum Einsatz kommen die folgenden Arten von Enthältvermerken in der folgenden verbindlichen Reihenfolge ihrer Aufnahme:

a. „Enthält:“ Die darauf folgende Angabe präzisiert den Titel oder erläutert den Inhalt vollständig. Die Angaben erstrecken sich auf die gesamte Verzeichnungseinheit.
b. „Enthält v.a.:“ „Enthält vor allem“ meint den inhaltlichen, betreffsmäßigen oder unterlagentypbezogenen Schwerpunkt einer Verzeichnungseinheit.
c. „Enthält u.a.:“ „Enthält unter anderem“ macht auf hervorhebenswerte inhaltliche, betreffsmäßige oder unterlagentypbezogene Teile einer Verzeichnungseinheit aufmerksam, deren Vorhandensein aus dem Titel nicht mit hinreichender Sicherheit hervorgeht.
d. „Enthält auch:“ Die darauf folgende Angabe weist auf Teile einer Verzeichnungseinheit hin, die auf der Grundlage des Titels nicht zu erwarten wären.
e. „Enthält nur:“ Die darauf folgende Angabe engt einen weiter gefassten Titel auf den tatsächlichen inhaltlichen Umfang einer Verzeichnungseinheit ein.

8. Eine weitere Form präzisierender Beschreibung drückt sich in der Verwendung des „Darinvermerks“ aus („Darin:“). Er bezeichnet Inhalte besonderer oder auffällig abweichender physischer Beschaffenheit (z.B. Fotos, Karten, Pläne in Akten) und wesentlich abweichende Dokumentationsformen (z.B. dreidimensionale Gegenstäde, Artefakten usw.), die sich in der Verzeichnungseinheit befinden.

9. Mehrere gleichartige Enthältvermerke werden zu einem zusammengefasst, so dass pro Verzeichnungseinheit jede Art von Enthältvermerk maximal einmal vorkommt. Mehrere Einträge innerhalb eines Enthältvermerks werden untereinander nach Spiegelstrich gesetzt. Hinter jedem Eintrag soll nach Möglichkeit eine auf den jeweiligen Eintrag bezogene Laufzeitangabe stehen.

10. Titel und Enthältvermerke schließen ohne Satzzeichen ab. Hat ein Titel oder Enthältvermerk ausnahmsweise satzähnliche Gestalt, ist er mit einem Punkt, im mehrgliedrigen Enthältvermerk an nicht letzter Stelle mit Semikolon abzuschließen.

3. Laufzeitbestimmung

1. Die Laufzeit beginnt mit dem ältesten und endet mit dem jüngsten Schriftstück einer Verzeichnungseinheit.

2. Bei Verwaltungsschriftgut umfasst die Laufzeit den Bearbeitungszeitraum. Sie beginnt mit dem Datum des ersten Eingangsvermerks (-stempels) oder alternativ mit dem Datum des ersten Entwurfs eines ausgehenden Schreibens, mit dem die Stelle einen Vorgang eröffnete, und endet mit dem Datum der letzten Bearbeiterverfügung. Sie soll grundsätzlich jahrgenau, erforderlichenfalls präzise mit Tag und/oder Monat angegeben werden. Bei der Verwendung von bloßen Jahresangaben steht zwischen Zahl und Bindestrich kein Leerraum, andernfalls ist vor und nach dem Bindestrich ein Leerzeichen zu setzen.

 

Muster: 1977-1987, 1977 – 1.4.1987, 13.11.1977 – 1.4.1987

 

3. Wichtige Datumsangaben, auf die sich der Inhalt des Archivguts bezieht (Bezugslaufzeit), sind in geeigneter Weise im Titel oder Enthältvermerk unterzubringen (z.B. „Jahresbericht für 1976“, während seine Entstehung und damit die Laufzeit das darauf folgende Jahr 1977 ist).

4. Ist ein Datum nicht ermittelbar, wird die Abkürzung „o.J.“ für „ohne Jahr“ eingetragen. Bei Schätzungen wird vor das Datum ein „ca.“ gesetzt. Ist ein Datum nur erschlossen, wird es in eckige Klammern gesetzt.

5. Datierungen von Schriftgut, das der Unterlage beigefügt, aber nicht im Bearbeitungsprozess bei einer der beteiligten Parteien entstanden ist, werden ggf. in runden Klammern vermerkt. In fast allen Fällen spielt dies nur eine Rolle, wenn solches Material beigefügt wurde, das vor dem Beginn der Bearbeitung entstanden ist oder nach Beendigung der Bearbeitung ablagetechnisch noch hinzugefügt wurde (i.d.R. Dokumentationsmaterial).

 

Muster: (1971) 1977-1987: Hier konnte z.B. eine zum Vorgangsbetreff passende Festrede, ein Bericht oder ein Zeitungsausschnitt von 1971 als Informationsmaterial für den Bearbeiter hinzugegeben worden sein, während die Vorgangsbearbeitung selbst (Eingangsstempel) erst 1977 begann.

 

6. Unterbrechungen oder längere Pausen der Bearbeitung können als unterbrochene Laufzeiten verzeichnet werden (z.B. 1977-1982, 1985-1987). Ob Unterbrechungen vermerkt werden sollen, liegt im Ermessen des Bearbeiters, soweit es nicht durch Richtlinienspezifikationen geregelt wird.

4. Indexierung

1. Kompetenzindex:

Im Kompetenzindex werden Funktionen im Sinne des ICA-Standards ISDF indexiert. Dafür stehen Funktionen erster und zweiter Ordnung zur Verfügung. Darüber hinaus ist derzeit keine weitere Vertiefung möglich. Indexiert wird nach folgendem Schema: Funktion-Semikolon (ohne Leerzeichen)-Subfunktion (Bsp.: „Studium;Graduierung“). Eine Funktion ist ein Wirken oder eine Aufgabe mit Entstehungsursächlichkeit für das betroffene Archivale. Dadurch unterscheidet sich der Kompetenzindex deutlich vom Sachindex, wo der inhaltliche Bezug ausschlaggebend ist.

Folgende Funktionen und Subfunktionen stehen für die Indexierung zur Verfügung (Indexierungsbegriff in Klammern, falls von Funktionsbezeichnung abweichend aufzunehmen!):

    • Forschung und Innovation

      • Strategische Entwicklung [Strategisches]
      • (Eintragungsform: „Forschung und Innovation;Strategisches“)
      • Wissenschaftliche Durchführung
      • Forschungsmanagement (Administration)
    • Lehre
      • Strategische Entwicklung [Strategisches]
      • Durchführung der Lehre
      • Evaluation
      • Studentische Beiträge
      • Angebote der Weiterbildung [Weiterbildung]
    • Studium
      • Anwerbung, Auswahl, Zulassung
      • Studierendenverwaltung und -betreuung
      • Studienberatung und Studiengestaltung
      • Schaffung und Bereitstellung von Lernumgebungen
      • Prüfungen, Examinierung, Graduierung [Graduierung]
    • Verwaltung
      • “Körperschaftlichkeit” (Existenzgrundlagen) [Körperschaftlichkeit]
      • Personalverwaltung
      • Administration (“Maintaining”, allg. Verwaltung)
      • Finanzierung und Drittmitttelförderung
      • Geographische Positionierung, Liegenschaften [Geographische Positionierung]
    • Sozialisation
      • Extrakurrikulare Aktivitäten
      • Schaffung und Bereitstellung sozialer Einrichtungen für Studierende [soziale Einrichtungen]
      • Beziehungen zu studentischen Gruppen
      • Alumni-Beziehungen
    • Kulturelles Engagement
      • Pflege wissenschaftlicher Sammlungen
      • Kulturelle Aktivitäten
      • Musische, sportliche und sonstige kulturelle Förderung der Studierenden
    • Außenbeziehungen
      • Lokale und regionale Vernetzung
      • Überregionale Vernetzung
      • Kontakte zu universitätsbezogenen Gruppen / Vereinen
      • Kooperation mit der Wirtschaft

2. Materialindex:

In den Materialindex werden abweichende und besondere Überlieferungsformen indexiert, die auch in den Darinvermerken erscheinen können (s. Definition dort, Abschnitt IV.2.8!).

3. Korporationsindex:

Körperschaften, juristische Personen, Firmen u.ä. Es ist auf die Verwendung der korrekten offiziellen Bezeichnungen sowohl bei der Titelbildung als auch bei der Indexierung zu achten!

4. Personenindex:

Personennamen, aufzunehmen nach dem Muster: Nachname, Vorname, (ggf. Titel oder Adelsprädikat)

5. Sachindex:

Sachen, Betreffe, Inhalte, zu denen das indexierte Archivgut in einer nicht unmittelbar entstehungsursächlichen Beziehung steht. Die Begriffe sollen in Titel oder Enthältvermerk bereits genannt sein.

6. Geographischer Index:

Orte, die in Titel oder Index genannt werden, Orte die ggf. auf Grund einer Richtlinienspezifikation darüber hinaus zu erfassen sind. Orte sind Städte und Gemeinden, Landschafts- und Regionsbezeichnungen, Ländernamen.
Über die Anwendung von Deskriptoren entscheiden die jeweiligen Richtlinienspezifikationen.

5. Personen- und Körperschaftsbeschreibungen

Abgebende Stellen und Provenienzstellen sollen in Form eines verwaltungsgeschichtlichen oder biographischen Abrisses in einer Zusatzinformation zur Entstehungsgeschichte kurz beschrieben werden. Soweit das Archiv einen ISAAR(CPF)-Beschreibung vorhält, soll zusätzlich auf diese verwiesen werden. Weitere Normdateien, insbesondere die GND-Datensätze, sollen ebenfalls berücksichtigt und referenziert werden.

Eintrag aus dem Akzessionsverzeichnis; die Verzeichnungseinheit entspricht hier der Gesamtheit einer Akzession von einer Abgabestelle.

6. Ordnung der Verzeichnungseinheiten

Mit dem Ordnungsvorgang ist die Bildung einer Klassifikation gemeint. Die Grundlagen für die Ordnung sollen in den Feldern „Alte Signatur“, „Kompetenzindex“ und den Sortierfeldern so weit gelegt sein, dass aus ihnen eine Bestandsgliederung abgeleitet werden kann. Die Gliederung wird am Ende der Verzeichnung manuell in einer Kopie der Findbuchdatenbank erstellt und ist die Grundlage zur Generierung eines Onlinefindbuchs. Bei umfassenderen Verzeichnungen kann die Gliederung auf oberster Ebene zur Abgrenzung mehrerer Findbücher voneinander dienen. Bei der Generierung von Findbüchern werden die Verzeichnungseinheiten innerhalb der Gliederungspunkte chronologisch sortiert.

7. Dokumentation des Erschließungsprozesses

Über die Erschließungsarbeiten führt jeder daran Beteiligte ein Arbeitsprotokoll. Gegliedert nach Verzeichnungseinheiten, sind Auffälligkeiten inhaltlicher Art, Besonderheiten im Erschließungsprozess, vorgenommene Ordnungsarbeiten, Bemerkungen über den konservatorischen Zustand usw. zu vermerken. Die Arbeitsprotokolle bilden eine Grundlage für die spätere Erstellung der Abschnitte über die Verwaltungsgeschichte bzw. Biographie, die Bestandsgeschichte, die Erläuterungen der Ordnung und des Erschließungsprozesses und für Normdateien, die mit dem Findbuch verlinkt werden sollen. Die gewissenhafte Führung des Arbeitsprotokolls ist daher von großer Bedeutung für eine qualitativ hochstehende Erschließung. Sofern ein Formular für das Arbeitsprotokoll bereitgestellt wird, ist dieses zu benützen.

Quelle: http://archive20.hypotheses.org/1796

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Projekt: Übersetzung der Chronik des sanktblasianer Priorats Bürgeln

Für Mittelalter am Oberrhein übersetze ich in den kommenden Monaten kapitelweise das sogenannte Chronicon Bürglense, Gründungsbericht und Traditionsbuch des sanktblasianer Priorats Bürgeln.  Kürzlich wurde das erste Kapitel mit lateinischem Text und deutscher Übertragung, einer kurzen Einordnung der Quelle sowie einem Kommentar zum ersten Kapitel veröffentlicht. Ende des 12. Jahrhunderts entstanden, ist das Chronicon Bürglense ein Beispielfall für eine Hybridform aus Gründungsbericht und Traditionsbuch, die im  Umfeld südwestdeutscher, von Hirsau oder Sankt Blasien reformierter Klöster häufiger auftritt:

Ähnlich wie die wesentlich prominenteren Zwiefalter Chroniken (1, 2) beschreibt das Chronicon Bürglense die Gründung eines, wenn auch deutlich kleineren Klosters, durch eine Adelsfamilie. Im Falle des zwischen Basel und Freiburg, unweit von Schliengen gelegenen Bürgelns, [1] war dies die nach Ausweis des Chronicons die im Breisgau, Burgund und Rhätien begüterte Familie der Herren von Kaltenbach. Anders als die Gründer von Zwiefalten, die Grafen Liutold von Achalm und Kuno von Wülflingen, traten Werner von Kaltenbach und seine Frau Ita aber bereits anlässlich der initialen Schenkung in das Kloster St. Blasien ein, ein Schritt, den  – teilweise vor, teilweise nach den Eltern – auch zwei Söhne und zwei Töchter vollzogen. [2] Damit traten alle Mitglieder der Familie ins Kloster St. Blasien und dessen Priorate ein, [3], ein in seiner Totalität durchaus ungewöhnlicher Fall. [4]

Der im Blog abgedruckte lateinische Text  entstammt einem Druck des 18. Jahrhunderts, den der sanktblasianer Mönch Rusten Heer besorgte.

Dieser stützte sich dabei zwar hauptsächlich auf eine Abschrift des Chronicons, die 1494 der Notar Ulrich Buck anfertigte und zudem ins Deutsche übersetzte, [5]) konnte aber auch noch auf das heute verlorene Autograph zurückgreifen, nach Angabe Bucks ein ungefähr handbreiter und sieben Ellen langer Rodel, der heute wohl verloren ist. [6] Heer notierte gelegentlich Variationen aus dem Autograph hielt sich aber sonst an die Abschrift Bucks, der nach Heer auch die zusammenfassenden Kapiteltitel verfasste. [7]

 

Notarszeichen-und-Schriftproben

Notariatszeichen des Notars Ulrich Buck und Schriftproben aus dem heute verlorenen Autograph sowie der Handschrift GLA Karlsruhe 65/139, gedruckt Chronicon Bürglense, S. 384

 

Die deutsche Übertragung des ersten Kapitels, sei im Folgenden zitiert: Den ganzen Artikel, inklusive lateinischem Text und Kommentar, gibt es hier. Für Hinweise zu Einleitung, Übersetzung und Kommentar bin ich äußerst dankbar.

Kap. 1: Wie das Kloster am Berg Bürgeln begonnen sein soll und wem der Berg zuvor gehörte? [8]

Man zweifelt nicht an, dass alles, was verkündet oder geschrieben wird – sofern es am Grundsatz der Wahrheit mangelt – leer und unnütz ist. Deshalb, um die dunkle Finsternis des schändlichen Vergessens zu vertreiben und um das Licht der wahrhaften Erkenntnis zu erhellen, hielten wir es für angemessen zum Nutzen der Nachwelt zu erzählen, wie am Berg Bürgeln der Dienst an Gott nach klösterlicher Gewohnheit seinen Anfang nahm. Der besagte Berg gehört – erbrechtlich von einer Vorfahrensippe herrührend – nämlich, mit allem seinem Zubehör zur Herrschaft einer Verwandtengruppe, die von Kaltenbach genannt wird; er war ihrer Herrschaft gegeben und ihrer Obhut unterworfen. Dort soll vor langer Zeit eine alte Kirche erbaut und ihr durch die Emsigkeit eines einzelnen Klerikers Gestalt gegeben worden sein. Nun aber ist sie dank der Hilfe und der Gnade des Herrn mit der klugen Fürsorge der Mönche versehen worden (wie es derzeit zu sehen ist).

  1. Nicht wie Kastner, Historiae S. 45 fälschlicherweise meint Bürglen in der Schweiz.
  2. Vgl. zur Chronologie der Eintritte Adolf Schmidt-Clever: Die Gründung der Probstei Bürgeln. Mit einem Nachwort von Friedrich Pfaff, in: Alemannia 40 (1912), S. 47-80, hier S. 76f., online einsehbar mit US-Proxy.
  3. Ein im Chronicon genannter dritter Sohn ist sonst nicht historisch greifbar und könnte früh verstorben sein, vgl. Conradi de S. Blasio Chronicon Bürglense, hg. von Rusten Heer, in: Ders.: Anonymus Murensis denudatus et ad locum suum restitutus seu acta fundationis principalis Monast. Murensis denuo examinata, et auctori suo adscripta…, Freiburg i. Br. 1755, Appendix II, S. 365-84, Digitalisat bei der Bayerischen Staatsbibliothek, hier Kapitel 2, S. 367.
  4. Vgl. als Parallelbeispiel den Fall der Grafen von Cappenberg, die ihre Burg in ein Stift umwandelten, Norbert Bewerunge: Der Ordenseintritt des Grafen Gottfried von Cappenberg, in: Archiv für mittelrheinische Kirchengeschichte 33, 1981, S. 63-81.
  5. Heute GLA Karlsruhe 65/139, vgl. zu dieser Handschrift den Eintrag im Katalog: Die Handschriften der Staatsarchive in Baden-Württemberg, Bd. 2: Die Handschriften 65/1-1200 im Generallandesarchiv Karlsruhe beschrieben von Michael Klein, Wiesbaden 1978, hier S. 61 (online einsehbar bei Google Books); ebenfalls zu dieser und weiteren davon abhängigen Handschriften, UB St. Blasien, Nr. 130 (Vorbemerkung
  6. Vgl. Chronicon Bürglense, S. 383
  7. Chronicon Bürglense, S. 365.
  8. Für Hilfe bei der Übersetzung bin ich Dr. Tobie Walther, Mark Wittlinger M. A. und Albert Stoer zu großem Dank verpflichtet

Quelle: http://ordensgeschichte.hypotheses.org/7481

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Interview zur Tagung “Offene Archive 2.1″ beim ICARUS-Meeting, 16. – 18. Juni 2014, Kopenhagen, Dänemark

Beim letzten ICARUS-Meeting, das vom 16. – 18. Juni 2014 in Kopenhagen (Dänemark) veranstaltet wurde, wurde das Stadtarchiv Speyer über die Tagung “Offene Archive 2.1″ interviewt, die von 3. – 4. April 2014 im Hauptstaatsarchiv Stuttgart stattfand.

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Elisabeth Steiger: The conference „Open archives 2.1“

  • What means „open archives“?

The term “Open Archive” can first of all be understood quite literally. If you hear the word “open” you first think of open doors, the archive opens its doors to anyone who is interested to learn something about it. In relation to the conferences “Open Archives” the meaning even goes one step further: Not only analog doors are opened, but also digital doors.

The “Open archive” introduces itself to the virtual audience on different channels, for example on social media platforms like Flickr, Twitter or Facebook. Also crowdsourcing belongs to an open archive. The user should be given the opportunity, to participate actively in the archival happenings and to get an overview over the archival content.

In this sense the conference planning was designed: All preparation steps were published on a conference blog. By the way, the access-numbers to the blog increased particularly before the meeting extremely! During the conference Twitter and Facebook have been continuously updated. There was a life stream and the presentations were filmed and made available gradually on YouTube. There is also a Flickr album of the conference with lots of impressions.

  • How do you use these „different channels“ you spoke of?

This happens in several ways: It can be done using short Tweets that describe the followers what is happening in the archives at the moment, but also through larger projects such as virtual exhibitions that are shown on social networks like Flickr or Pinterest. Or by small “appetizers” on Facebook, a beautiful photo or a short statement. Even videos on YouTube are now used by archives, to make themselves known. Also crowdsourcing is currently a popular topic in the European archives: Photos will be put online on a particular platform and viewer theoretically from all over the world can comment on the photo and open it up. This is very practical.

But these are just a few examples. There are many more ways to actively pursue public relations.

  • Back to the conference: Was it a conference only for archivists?

No. Sure there were essentially representatives of the archival sector as guests. But we pay attention already with the selection of our speakers that there is certain diversity within the themes and also the represented institutions. And so we also experience some variety among the guests. This topic is so interesting and in demands that also completely different career fields are interested, for example journalists or computer scientists. Both the speakers and the guests so were a “mixed bag”.

  • From which cultural area came the speakers?

Our speakers came from the fields of archives, gaming, university, museum and church. This gave us not only a variety of topics, but also different perspectives on the same subject. The church for example operates in a different way with social media platforms, in our special case Twitter, than we in our archives. In this way we see clearly what others do and what is possible. Thus, the conference provides many different ideas and approaches for your own use of new platforms and offers.

  • Which countries were represented?

Not only in the subjects, but also in the choice of countries of origin of our speakers we try to achieve the greatest possible variety. So we reach more prospects and a larger number of demands. Our speakers of “Open Archives 2.1” came from Denmark, the USA, Austria, the Netherlands, Great Britain, Spain, Poland, Switzerland and of course Germany. Our guests also came partly from abroad. There were visitors from Italy and Switzerland.

  • Which topics have been addressed?

There have been addressed many different topics:

  • The use of archives, both digital and analog
  • Gaming in archives
  • Blogs
  • Social Networks
  • Web 2.0 concepts
  • Crowdsourcing
  • Digital Archives

In summary we can say that all areas of the new “open” archives were touched and discussed. This was an overview to see what currently is going on in the modern archives.

  • What do you think, is the development in Web 2.0-issues in the European area on a good way?

Yes, I think so. As we heard at the meeting, the archives are currently massively on the move and on the rise towards new, open archives, which are available for everyone through various channels. Unfortunately, we must say that this movement has only just really begun in Germany and unfortunately there are comparatively still a few archives that have joined this movement. But as we saw, the colleagues abroad are a step ahead us in many ways. They use new platforms, they elaborate again and again new concepts and they take new paths. So I would say, in general European archives are on the right track. Sure there is still a lot to do because an open archive takes a lot of work! However, as we have clearly seen at the meeting: It is worth! The user WANTS this offer, better still, he EXPECTS it!

It remains to hope that this innovative way will be used continuously and that all opportunities that present themselves will be used as good as possible.

  • Will there be a further continuation of „Open archives“?

Yes! It is planned that the meeting will be held in the district of Siegen-Wittgenstein towards the end of 2015. The district archive of Siegen-Wittgenstein was a Co-organizer at the last two meetings.

 

Und es gibt auch eine deutsche Fassung! :-)

Elisabeth Steiger: Die Konferenz „Offene Archive 2.1“

  • Was bedeutet „Offene Archive“?

Der Begriff „Offene Archive“ kann zunächst einmal ganz wortwörtlich verstanden werden. Bei dem Wort „Offen“ denkt man an geöffnete Türen, das Archiv öffnet seine Türen jedem, der daran interessiert ist, etwas darüber zu erfahren.

Bezogen auf die Konferenzen „Offene Archive“ geht die Bedeutung sogar einen Schritt weiter: Nicht nur analoge Türen werden geöffnet, sondern auch digitale.

Das „Offene Archiv“ stellt sich dem virtuellen Publikum auf verschiedenen Kanälen, beispielsweise auf Social-Media-Plattformen wie Twitter, Flickr oder Facebook vor. Auch Crowdsourcing gehört zu einem offenen Archiv. Der Nutzer soll die Möglichkeit erhalten, zu jeder Zeit am Geschehen im Archiv auch aktiv teilzunehmen und einen Überblick über die Inhalte des Archivs zu bekommen.

In diesem Sinne wurde auch die Tagungsplanung gestaltet: Alle Vorbereitungsschritte wurden auf einem Tagungsblog veröffentlicht, während der Tagung wurden Facebook und Twitter ständig aktualisiert. Es gab einen Lifestream und alle Vorträge wurden gefilmt und werden nach und nach auf Youtube gestellt. Außerdem gibt es ein Flickr-Album zur Tagung mit vielen Impressionen.

  • Wie werden diese verschiedenen Kanäle, die Du angesprochen hast, genutzt?

Dies geschieht auf verschiedene Art und Weise: Es kann mittels kurzer Tweets erfolgen, die dem Follower beschreiben, was im Archiv gerade passiert, es geschieht aber auch durch größere Projekte, beispielsweise virtuelle Ausstellungen, die über Netzwerke wie Pinterest oder Flickr gezeigt werden. Oder durch kleine „Appetithäppchen“ auf Facebook, ein schönes Foto oder ein kurzes Statement. Selbst Filme auf Youtube werden mittlerweile von Archiven genutzt, um sich bekannt zu machen.

Auch Crowdsourcing ist momentan ein beliebtes Thema im europäischen Archivwesen: Fotos werden online gestellt auf einer bestimmten Plattform und Betrachter, theoretisch von überall auf der Welt, können das Foto kommentieren und erschließen. Das ist sehr praktisch.

Doch dies sind nur einige Beispiele. Es gibt viel mehr Möglichkeiten, aktiv Öffentlichkeitsarbeit zu betreiben.

  • Zurück zur Tagung: War es eine Tagung nur für Archivare?

Nein. Sicher waren im Wesentlichen Vertreter der Archivbranche zu Gast. Doch wir achten schon bei der Auswahl unserer Referenten darauf, dass eine gewisse Vielfalt innerhalb der Themen und damit auch der vertretenen Einrichtungen vorhanden ist. Und so erleben wir auch unter den Gästen eine gewisse Vielfalt.

Dieses Thema ist so interessant und gefragt, dass sich auch ganz andere Berufsfelder dafür interessieren, beispielsweise Journalisten oder Informatiker. Sowohl die Referenten als auch die Gäste ergaben also eine bunte Mischung.

  • Aus welchen kulturellen Bereichen kamen die Referenten?

Unsere Referenten kamen aus den Bereichen Archiv, Gaming, Universität, Museum und Kirche. Damit erreichten wir nicht nur eine Themenvielfalt, sondern auch verschiedene Blickwinkel auf das gleiche Thema. Die Kirche arbeitet beispielsweise anders mit Social Media-Plattformen, in unserem konkreten Fall Twitter, als wir im Archiv. Es wird also auf diese Weise nicht nur deutlich, was andere machen, sondern auch, was überhaupt alles möglich ist. Die Tagung bietet also viele verschiedene Impulse und Ansätze zur eigenen Nutzung neuer Plattformen und Angebote.

  • Welche Länder waren vertreten?

Nicht nur bei den Themen, sondern auch bei der Wahl der Herkunftsländer unserer Referenten versuchen wir, eine möglichst große Vielfalt zu erzielen. Damit erreichten wir mehr Interessenten und werden einer größeren Anzahl von Ansprüchen gerecht. Unsere Referenten kamen bei „Offene Archive 2.1“ aus Dänemark, den USA, Österreich, den Niederlanden, Großbritannien, Spanien, Polen, der Schweiz und natürlich Deutschland. Auch unsere Gäste kamen zum Teil aus dem Ausland. Es kamen Besucher aus Italien und der Schweiz.

  • Welche Themen wurden angesprochen?

Es wurden viele verschiedene Themen angesprochen:

  • Die Nutzung von Archiven, sowohl digital, als auch analog
  • Gaming in Archiven
  • Blogs
  • Soziale Netzwerke
  • Web 2.0-Konzepte
  • Crowdsourcing
  • Digitale Archive

Zusammengefasst kann man sagen, dass alle Bereiche des neuen, „offenen“ Archivs angerissen und erwähnt wurden. Dies diente einem Überblick, zu sehen, was im modernen Archivwesen momentan überhaupt vor sich  geht.

  • Was meinst Du, ist die Entwicklung in Web 2.0-Dingen im Europäischen Raum auf einem guten Weg?

Ich denke schon. Wie wir auf der Tagung hörten, ist das Archivwesen momentan massiv in Bewegung und auf dem Vormarsch in Richtung auf ein neues, offenes Archivwesen, das für jedermann über verschiedene Kanäle zugänglich ist. Leider muss man dazu sagen, dass diese Bewegung in Deutschland gerade erst richtig angefangen hat und es nach wie vor leider noch verhältnismäßig wenige Archive sind, die sich dieser Bewegung angeschlossen haben. Doch wie wir sahen, sind uns die Kollegen im Ausland in vielerlei Hinsicht in Stück voraus. Es werden neue Plattformen genutzt, immer wieder neue Konzepte ausgearbeitet und neue Wege beschritten. Ich würde also sagen, ganz allgemein sind die europäischen Archive auf einem sehr guten Weg. Sicher gibt es noch jede Menge zu tun, denn hinter einem offenen Archiv steckt sehr viel Arbeit. Doch wie wir auf der Tagung ebenfalls ganz deutlich sehen konnten: Es lohnt sich! Der Benutzer WILL dieses Angebot, besser noch, er erwartet es. Es bleibt also zu hoffen, dass dieser innovative Weg auch weiter beschritten wird und dass alle Möglichkeiten, die sich bieten, genutzt werden.

  • Wird es eine weitere Fortsetzung von „Offene Archive“ geben?

Ja. Es ist geplant, dass die Tagung gegen Ende des Jahres 2015 im Kreis Siegen-Wittgenstein stattfinden wird. Das Kreisarchiv Siegen-Wittgenstein war bei den beiden vergangenen Tagungen Mitorganisator.

Quelle: http://archive20.hypotheses.org/1806

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Unterschiede zwischen Nord und Süd (II)

Im ersten Teil dieser losen Serie (Unterschiede zwischen Nord und Süd (I)) wurden Differenzierungen zwischen Nord- und Süchina betrachtet, die in der chinesischen Sprache gleichsam zu stehenden Wendungen geworden sind.

Der chinesische Literaturwissenschaftler Jiang Kanghu 江亢虎 (1883-1954), der unter anderem 1930-1933 an der kanadischen McGill University tätig war, widmete sich in seiner 1935 erschienenen Einführung in die Geschichte der chinesischen Kultur[1] den Unterschieden zwischen Nord- und Südchina. Jiang schrieb, dass diese Unterschiede schon im Wesen der Menschen deutlich zutage treten würden. Während die Bevölkerung Nordchinas als „dull, slow, conservative, and stubborn“ charakterisiert werden könne, wären die Südchinesen „clever, quick, more radical, but less stable.“ Auch im Zusammenhang mit der äußeren Erscheinung der Menschen sah er deutliche Unterschiede: die Nordchinesen wären „usually tall, heavy, and strongly built“, während man die Südchinesen als „comparatively small in size“ bezeichnen könnte. Der Norden habe mehr Gelehrte hervorgebracht, aus dem Süden dagegen wären eher die Literaten („more belles lettres writers“) gekommen. Einer eher materialistischen Philosophie im Norden stehe eine mehr idealistische Philosophie im Süden Chinas gegenüber. Für den Bereich der traditionellen chinesischen Kampfkunst (wushu 武術) nannte Jiang folgende Unterschiede: im Norden eher „offensive and active“, im Süden eher „defensive and passive“. Im Hinblick auf die Herkunft von Persönlichkeiten in Geschichte und Politik formulierte Jiang das folgende Modell: während die Mehrheit der Dynastiengründer aus dem Norden stammte, kamen die bedeutenden Staatsmänner überwiegend aus dem Süden – eng damit verknüpft und in diesem Sinne auch logisch erscheint seine letzte Gegenüberstellung: während Nordchina „more military leaders“ hervorgebracht habe, stammten aus dem Süden Chinas „more political leaders“. [2].

Offen bleibt, auf welche Quellen Jiang für diese Zusammenstellung zurückgegriffen hat: handelte es sich dabei ausschließlich um in der chinesischen Tradition fest etablierte Zuschreibungen oder griff er zur Veranschaulichung der Unterschiede auch auf “westliche” Darstellungen zurück?

  1. Kiang Kang-hu [Jiang Kanghu]: Chinese Civilization. An Introduction to Sinology (Shanghai: Chung Hwa Book Co. Ltd., 1935) 94.
  2. Alle Zitate ebd.

Quelle: http://wenhua.hypotheses.org/1197

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Erschließung von Beziehungsgeflechten mit MidosaXML – Teil 2: Ziele, Ordnung, Verzeichnungsstufen


B. Erschließungsrichtlinien

I. Ziele und Aufgaben

  1. Ziel der archivischen Erschließung ist es, durch die Bereitstellung von Informationen über das Archivgut, die für seine Entstehung verantwortlichen Akteure und Funktionen sowie über das verwahrende Archiv den Zugang zum Archivgut zu ermöglichen. Hierzu werden geeignete Findmittel erarbeitet, die im Archiv der Universität und nach Möglichkeit im Internet zur Verfügung gestellt werden.
  2. Aufgabe der archivischen Erschließung ist es, die Struktur der Bestände, ihre Inhalte, ihre Entstehungs- und Überlieferungszusammenhänge transparent zu machen.
  3. Die Methoden der Erschließung orientieren sich an international anerkannten Standards.
  4. Die vorliegenden Richtlinien setzen einen Rahmen, der angesichts unterschiedlicher Strukturen des Archivguts zweckmäßige Abweichungen zulässt. Zu ihrer Dokumentation sollen gegebenenfalls Richtlinienspezifikationen für einzelne Erschließungsvorhaben niedergelegt werden.

II. Bewertung und Ordnung

  1. Dem Erschließungsvorgang geht die Bewertung grundsätzlich voraus.
  2. Die Bewertung erfolgt nach Möglichkeit auf der Grundlage von Aussonderungslisten. Darauf wird Archivwürdigkeit als A, Kassation als K und nötige Einsichtnahme als E vermerkt. Die mit A und E bewerteten Unterlagen werden ins Archiv übernommen. Die endgültige Bewertung der mit E gekennzeichneten Unterlagen erfolgt spätestens im Zuge der archivischen Erschließung. Über die mit K gekennzeichneten Unterlagen wird ein Inventar auf der Grundlage der Angaben in der Aussonderungsliste angefertigt. Dieses wird der Kassationsverfügung als Anlage beigegeben und im Archiv öffentlich einsehbar gemacht. Auf diese Weise wird der Bewertungsvorgang dauerhaft transparent und nachvollziehbar erhalten.
  3. Um Akzessionen schnellstmöglich nutzbar zu machen, können Aussonderungslisten und Akzessionsverzeichnisse als vorläufige Findmittel auch vor dem Abschluss der Bewertung bereits öffentlich zugänglich gemacht werden. Sofern dafür vorläufige Erschließungsarbeiten des Archivs erforderlich werden, sollen diese flach erfolgen. Anhand von Bewertungskategorien sollen Unterlagen, deren Archivwürdigkeit aus formalen Gründen bezweifelt werden kann, nur durch eine einfache Aufnahme des Vorlagetitels erfasst werden.
  4. Akzessionsverzeichnisse beziehen sich auf jeweils eine abgebende Stelle. Übergreifende Akzessionsverzeichnisse sind nach abgebenden Stellen gegliedert.
  5. Vor dem Beginn der eigentlichen Erschließung soll der Bestand nach Möglichkeit vorgeordnet werden. Fällige Feinordnungsarbeiten und endgültige Bewertungsentscheidungen in Einzelfällen können im Zuge der Verzeichnung erfolgen.
  6. Bei der archivischen Erschließung erfolgt die Gliederung der Bestände nach den die Unterlagen tatsächlich zuletzt bearbeitenden und die Unterlagen formierenden Stellen (Provenienzstellen). Keine Provenienzstelle in diesem Sinne ist eine abgebende Stelle, die die Unterlagen im Zuge ihrer Aufgabenerfüllung nur sammelte, aber nicht sachlich und inhaltlich weiterbearbeitet hat.
  7. Bei der Ordnung auf der Ebene der Archivalieneinheiten („file-level“) werden Dokumente und Vorgänge („item-level“) zu Verzeichnungseinheiten auf File-Ebene[1] zusammengefasst, sofern der Bearbeiter nicht entscheidet, dass diese als selbständige Einheiten in das Findmittelsystem Eingang finden sollen.[2] (Näheres in Abschnitt III. Stufen der Verzeichnung). Aus den Verzeichnungseinheiten definiert das Archiv Bestände und Tektoniken, die den Zugriff auf das Archivgut als Einheiten gemeinsamer Beziehungen ermöglichen.
  8. Die Identifikation des Archivguts erfolgt mittels Akzessionssignaturen, Magazinsignaturen und Archivsignaturen.
    1. Die Akzessionssignatur bezeichnet die abgebende Stelle durch eine römische Zahl, die Nummer der Aussonderung durch eine arabische Zahl (z.B. 1., 2. Oder 3. Aussonderung) sowie die Nummer der Unterlageneinheit (Akzessionseinheit) durch eine weitere arabische Zahl (Bsp: XV/1/193: Akte 193 aus der ersten Aussonderung der Abgabestelle Nr. XV). In gleicher Weise werden die Unterlagen bis zu Ihrer weiteren Bearbeitung beschriftet. Die Akzessionssignatur wird in MidosaXML in das Feld „Bestellnummer“ und in das Feld „Alte Signaturen“, dort mit dem erläuternden Text „Akzessionssignatur“, eingetragen. Ein separat geführtes Lokaturverzeichnis gibt Auskunft über den genauen Lagerungsort innerhalb des Magazins.
    2. Die Magazinsignatur ist eine fortlaufende Nummer, die bei der Erschließung anstelle der Akzessionssignatur vergeben wird. Sie bezeichnet eine physische Archivalieneinheit, die in dieser Form und in diesem Umfang im Magazin gelagert wird. Die Magazinsignatur wird in MidosaXML in das Feld „Bestellnummer“ und in das Feld „Lagerungsort“ eingetragen. Im Feld „Bestellnummer“ ersetzt sie die ggf. vorher dort befindliche Akzessionssignatur. Ein separat geführtes Lokaturverzeichnis gibt Auskunft über den genauen Lagerungsort innerhalb des Magazins.
    3. Die Archivsignatur bezeichnet zunächst eine im Erschließungsprozess identifizierte Beziehungsgemeinschaft im Rang einer Archivalieneinheit. Diese stimmt in Form und Umfang mindestens mit der magazinierten physischen Einheit überein. Deshalb ist in diesen Fällen die Magazinsignatur mit der Archivsignatur identisch. Es erfolgt dann kein eigener Eintrag für die Archivsignatur in MidosaXML.
    4. Die Archivsignatur kann darüber hinaus auch zur Identifizierung von Verzeichnungseinheiten auf der Grundlage von Beziehungsgemeinschaften dienen, die nicht für die registraturmäßige Struktur, Form und Umfang der physisch vorliegenden Archivalieneinheit[3] (Magazinierungseinheiten) verantwortlich waren.[4] Dies ist der Fall, wenn mehrere Magazinierungseinheiten oder Teile aus unterschiedlichen Magazinierungseinheiten zu einer Verzeichnungseinheit zusammengefasst werden. Dabei wird in das Feld „Bestellnummer“ anstelle der Magazinsignatur der Buchstabe D und eine innerhalb des Buchstabens fortlaufende Nummer eingetragen (z.B. D 143). Die betroffenen Magazinierungseinheiten werden dann mittels ihrer Magazinsignaturen im Feld „Lagerungsort“ hintereinandergereiht. Sofern es sich nur um Teile von Magazinierungseinheiten handelt, sind hinter der betreffenden Magazinsignatur die jeweiligen Folionummern zu vermerken.

Beispiel: „13, 35 fol. 13-54, 44, 105 fol. 87-99“; d.i.: Magazinierungseinheit 13, Magazinierungseinheit 35 (nur Blätter 13 bis 54), Magzinierungseinheit 44 und Magazinierungseinheit 105 (nur Blätter 87 bis 99). Um derartige Verzeichnungseinheiten tatsächlich vorlegbar zu machen, ist eine Digitalisierung des betroffenen Archivguts auf Dauer unumgänglich.

Die Zuordnung desselben Archivguts kann zu beliebig vielen Verzeichnungseinheiten mit D-Signaturen erfolgen.[5]

E. Erscheint es im Hinblick auf die Nachnutzbarkeit zur Bildung von Verzeichnungseinheiten mit D-Signaturen zweckmäßig, können Magazinierungseinheiten bei der Verzeichnung in Unterabschnitte eingeteilt werden. Diese sind in MidosaXML als „Vorgänge“ anzulegen und am physischen Archivgut durch geeignete beschriftete Einlageblätter zu kennzeichnen.

III. Stufen der Verzeichnung

Die Tradition, Archive in voneinander abhängigen, in hierarchischen Beziehungen stehenden Ebenen zu beschreiben, wurde als Stufenmodell im International Standard Archival Description (General), kurz ISAD(G), manifestiert. Erschließung in Stufen bedeutet, dass Erschließungsinformation, die bereits auf höherer Ebene erfasst wurde, sich auf die nachgeordneten Ebenen vererbt und dort nicht mehr explizit wiederholt wird. Auf diese Weise unterscheidet sich die archivische Erschließung fundamental von der bibliothekarischen Katalogisierung. Die Stufenverzeichnung ist ein Versuch, der „Vereinzelung von Archivguteinheiten entgegenzuwirken, indem diejenige Information, die mehrere Verzeichnungseinheiten gleichzeitig betrifft, auf einer höheren Stufe erfasst und dadurch mit den Elementen der nachgeordneten Ebenen verknüpft wird.“[6] Damit soll der Gefahr der Individualisierung der Einzelstücke begegnet werden. Mit diesem Verzeichnungsprinzip ist ein Bestandsabgrenzungsprinzip verbunden, das die Kohärenzen innerhalb eines Bestandskorpus zu bewahren bestrebt ist. Der Verzeichnungsstandard ISAD(G) setzt somit ein hierarchisches Informationsgeflecht zwischen Archivalieneinheiten, Archivaliengruppen und Teilbeständen voraus, um sinnvoll angewandt zu werden. Auf diese Weise ergänzen sich das Prinzip der Bestandsbildung auf der Grundlage der Provenienz und das Prinzip der integrativen Verzeichnung hierarchisch aufeinander aufbauender Informationsebenen (Stufenverzeichnung). Die Verzeichnungseinheiten werden dadurch allerdings in statischen Kontextstrukturen fixiert. Sie zusätzlich in anderen Beziehungsgemeinschaften darzustellen, kann problematisch werden, wenn Information über die Verzeichnungseinheit referenziert werden soll, die nicht unmittelbar mit ihr verknüpft, sondern hierarchisch höher, z.B. auf der Ebene eines Teilbestands fixiert wurde.

Das Stufenmodell, das die Bezeichnung der einzelnen Ebenen im Begriff der „Verzeichnungsstufe“ differenziert, lässt sich mit den „Kompositionsstufen“ der Erschließungslehre von Johannes Papritz in Beziehung bringen. Dabei besteht jede Kompositionsstufe aus Einheiten von verknüpften Elementen (Kompositionen), deren jedes für sich in einer voneinander verschiedenen Entstehungsstufe (Entwurf, Ausfertigung usw.) existieren kann. Diese Einheiten oder Kompositionen bieten die Grundlage für die Verzeichnungsstufe. Eine Zusammenstellung von Schriftstücken kann unter bestimmten Voraussetzungen als Akte bezeichnet werden, die auf der Verzeichnungsstufe der Akte beschrieben wird. Bilden mehrere Akten eine Serie, wird die Serie auf der Verzeichnungsstufe der Serie/Aktengruppe beschrieben, wobei die Erschließungsinformationen, die für alle diese Akten zutreffen, auf der Verzeichnungsstufe der Serie hinterlegt werden. Auf der Verzeichnungsstufe Akte finden sich dann nur die Informationen, die die einzelne Akte der Serie von der anderen Akte unterscheiden. Das Stufenmodell des ISAD(G) ist somit ein hierarchisches Modell der Beschreibung von Einheiten ohne informative Redundanz. Das Beschreibungsmodell wird auf diese Weise sehr komplex, je höher die oberste Verzeichnungsstufe angesetzt wird.

Die deutsche Terminologie überschneidet sich in einigen Fällen bei Kompositionsstufen und Verzeichnungsstufen, wobei die stufenmäßige Abgrenzung von Kompositionen selten tatsächlich eine Rolle spielt. Deshalb soll im Folgenden stattdessen vorwiegend von Kompositionsformen die Rede sein.

Verzeichnungsstufe = relative Kategorisierung von Archivgut gemäß der durch Findmittel dargestellten Mikro-Tektonik;
Kompositionsstufe = absolute Kategorisierung nach Aggregationsgrad von Archivgut;
Kompositionsform = Kategorisierung nach Archivaliengattungen.

Eine solche Unschärfe besteht beispielsweise bei der Kompositionsform Akte und der Verzeichnungsstufe Akte. Da auf der Verzeichnungsstufe „Akte“ jeweils das verzeichnet wird, was vom Bearbeiter als für diese Ebene vorgesehene Kompositionsform vorgesehen wird, können dies z.B. Fotos oder Fotoalben, Filme, Urkunden, Briefe oder – auch – Akten sein. Es wäre daher empfehlenswert, die Terminologie der Verzeichnungsstufen von der der Kompositionsformen deutlicher zu trennen. Brauchbar könnte eine Unterscheidung innerhalb der Verzeichnungsstufen auf unterer Ebene zwischen „file“ als der kleinsten bei der Erschließung als selbständig behandelten Verzeichnungseinheit und „item“ als der kleinsten unselbständigen bei der Verzeichnung berücksichtigten Verzeichnungseinheit (z.B. Foto (item) innerhalb eines Fotoalbums (file)) sein. Die terminologische Entsprechung dazu, dass Verzeichnungsstufen relative Größen sind und ein nur relatives Verhältnis zu den Kompositionsformen und Kompositionsstufen haben, macht auch die Verwendung des Serienbegriffs als Verzeichnungsstufe fragwürdig. Die Serie im Sinne einer Verzeichnungsstufe ist nichts anderes als eine selbständige oder unselbständige, den als kleinste selbständige definierten Einheiten übergeordnete Einheit.[7] Der Begriff der Serie bezieht sich als Terminus für eine Verzeichnungsstufe demnach auf die tektonische Behandlung von Archivalieneinheiten im Archiv, während sich die Begriffe der Kompositionsformen und –stufen auf die Archivaliengattung und ihre Strukturtypen erstrecken.

Folgende Verzeichnungsstufen werden verwendet (in Klammern dafür gebräuchliche englischsprachige Begriffe für die häufigsten damit verbundenen Kompositionsformen und -stufen):

  1. Bestandsgruppe [fakultativ]
  2. Bestand (fonds, collection)
  3. Teilbestand, Klasse (subfonds, subcollection, class)
  4. Serie (series) [fakultativ]
  5. Akte / File (file, record)
  6. Vorgang (subfile) [fakultativ]
  7. Einzelstück / Item (item, piece)

Weniger aus grundsätzlich-methodischen Erwägungen, als vielmehr aus pragmatischen Gründen, um Komplikationen bei der Datenverarbeitung aus dem Weg zu gehen, sollen die strengen Regeln der ISAD(G)-Vererbungslehre in diesen Richtlinien außer Kraft gesetzt werden. Die Verzeichnungsmethode im Universitätsarchiv Bayreuth strebt dahin, Erschließungsinformation über ein Objekt nach Möglichkeit unmittelbar mit dem Objekt selbst und direkt zu verknüpfen.

Die Trennung von Verzeichnungsstufe und Kompositionsform bzw. –stufe spielt insbesondere dann eine wichtige Rolle, wenn Strukturtypen unvoreingenommen bei der Erschließung so bezeichnet werden sollen, wie sie vorliegen, und zwar unter Berücksichtigung ihres Überlieferungskontextes. So ist es beispielsweise möglich, eine Sammlung innerhalb einer Akte vorzufinden. Dies sollte dann auch so verzeichnet werden. So könnten etwa folgende Entsprechungen in der Praxis vorliegen: Verzeichnungsstufe File – Kompositionsform Akte; Verzeichnungsstufe File – Kompositionsstufe Item; Verzeichnungsstufe File – Kompositionsstufe Sammlung; Verzeichnungsstufe Serie – Kompositionsform Fotoalbum usw.[8]

1. Bestandsgruppe

Die Bestandsgruppe ist ein fakultatives Element in der Tektonik eines Archivs, das nicht durchgängig für alle Bestände existieren muss. Bei der Erschließung werden die gemeinsamen Merkmale beschrieben. Die Bildung von Bestandsgruppen soll für den äußeren Betrachter nachvollziehbar, transparent und einsichtig sein.

2. Bestand

Der Bestand ist das zentrale Strukturierungselement des Archivguts eines Archivs. Er ist auf der ersten (bzw. zweiten, falls Bestandsgruppen vorhanden) Gliederungsstufe innerhalb der äußeren Tektonik eines Archivs angesiedelt. Ein Bestand, der nur Archivgut unter Wahrung der Entstehungszusammenhänge umfasst, wird als Fonds bezeichnet. – Auf die gemeinsame Herkunft des Archivguts in einem Bestand legt die Definition des ISAD(G) besonderen Wert. Bestand und Fonds werden dort grundsätzlich gleichgesetzt: „Alle Unterlagen, unabhängig von Form und Trägermaterial, die auf organische Weise bei einer Person, Familie oder Körperschaft im Rahmen ihrer Tätigkeit und Funktion erwachsen und / oder von ihr zusammengestellt bzw. genutzt worden sind.“[9] Daneben existiert (ohne Erwähung im ISAD(G) (!) der Sammlungsbestand, der nach anderen als Provenienzkriterien zusammengesetzt sein kann.[10]

3. Teilbestand, Klassifikationsgruppe (Klasse)

Teilbestände werden als verknüpfende Elemente der Gliederung (Klassifikation) abgebildet (Gliederungspunkte). Sie sollen den Aufbau der Stelle wiederspiegeln, in deren Wirken der Bestand entstanden ist (Provenienzstelle). Sofern das nicht rekonstruierbar oder aus Gründen einer davon abweichenden Anwendung des Provenienzprinzips nicht beabsichtigt ist, gliedern Teilbestände den Bestand nach geographischen, chronologischen, funktionalen oder ähnlichen Kriterien.

4. Serie

Die Serie als Verzeichnungsstufe ist ein referenzierbarer (selbständiger) oder nicht referenzierbarer (unselbständiger) Container für nachgeordnete referenzierbare (selbständige) Verzeichnungseinheiten. Die Entscheidung darüber, ob die Verzeichnungsstufe Serie verwendet werden soll, soll sich nach Möglichkeiten an den Voraussetzungen orientieren, die eine Kompositionsform als Serie definieren:

Die Kompositionsform Serie sind „Unterlagen, die nach einem Schriftgutverwaltungssystem geordnet oder als Einheit aufbewahrt werden, weil sie aus derselben Sammlung, demselben Entstehungsprozeß oder derselben Tätigkeit erwachsen sind, eine besondere Form aufweisen oder weil sie in besonderer Beziehung zueinander stehen aufgrund ihrer Entstehung, ihres Empfangs oder ihrer Nutzung. Eine Serie kann als Aktenserie aufgefasst werden.“[11] Innerhalb einer Serie gibt es unter den Serienelementen keine inneren Anhaltspunkte zu einer Systematisierung. Als äußere Kriterien kommt beispielsweise die alphabetische, numerische oder chronologische Sortierung in Betracht, ebenfalls auch nach Korrespondenzpartnern. Die physischen Einschnitte werden durch Lagerungs- und Kompositionstechnik bedingt. Serienelemente können keine eigenen Titel haben, vielmehr muss dieser immer dem Serientitel entsprechen und kann durch einen Enthältvermerk bei Bedarf näher spezifiziert werden. Die Erfüllung dieser Mindestvoraussetzung muss auch dann bei der Bildung von Serien und Aktengruppen beachtet werden, wenn sie erst im Archiv geschieht (archivische Serien).

5. File / Akte

Die Verzeichnungsstufe File bezeichnet das, was in einem Findbuch als kleinste selbständige, d.h. mit eigener Signatur versehene Verzeichnungseinheit existiert. Dies ist unabhängig vom Strukturtyp und der Gattung des Archivale. Beispielsweise befindet sich eine Verzeichnung von Einzelfotos als selbständige Verzeichnungseinheiten mit jeweils eigener Signatur pro Foto aus diesem Grund auf der Verzeichnungsstufe der File-Ebene und nicht auf der der Item- oder Einzelstückebene, obwohl es sich um die Kompositionsstufe des Einzelstücks handelt.

6./7. Vorgang, Einzelstück

Vorgänge und Einzelstücke bezeichnen als Verzeichnungsstufen unselbständige, d.h. nicht selbständig referenzierbare Verzeichnungseinheiten, die immer einer selbständigen Verzeichnungseinheit (File) nachgeordnet sind. Als nicht selbständig sollen sie dann verzeichnet werden, wenn ihre selbständige Aufnahme ins Findmittelsystem dazu führen könnte, Entstehungskontext zu verdunkeln und das Archivgut ohne Not aus seinen Entstehungszusammenhängen herauszulösen und isoliert darzustellen. Möchte man Stücke, die ihrer Kompositionstufe entsprechend Einzelstücke sind, als selbständige Einheiten verzeichnen, ist dafür die Verzeichnungsstufe „File“ angebracht. Die übergeordnete Einheit wäre demzufolge in der Verzeichnungsstufe „Serie“ zu beschreiben.

Die Verzeichnungsstufe „Vorgang“ soll regelmäßig dann genutzt werden, wenn Archivalieneinheiten, z.B. Akten, in der Entstehungsstelle bewusst in erkennbar abgegrenzte Vorgänge untergliedert wurden, und wenn gleichzeitig wesentliche Information verloren ginge, wenn diese Untergliederung bei der Verzeichnung nicht abgebildet würde. Bei der Wahl der Verzeichnungsmethode ist in den übrigen Fällen zwischen der Nutzung von Enthältvermerken an Verzeichnungseinheiten auf File-Ebene und der Nutzung der tieferen Verzeichnungsstufe „Vorgang“ abzuwägen.

[1] In MidosaXML: Akte.

[2] In letzterem Fall ist die Einheit in MidosaXML als „Akte“ aufzunehmen.

[3] Physisch vorliegende Archivalieneinheiten = Magazinierungseinheiten.

[4] Beziehungsgemeinschaften können hier z.B. Gemeinschaften oder Schnittmengen von Funktionen sein, deren Ausübung für die Entstehung des Archivguts ursächlich war. Dabei können auch mehrere Funktionen zugleich für die ganze Akte oder Teile der Akte als entstehungsursächlich gewirkt haben. Daraus lassen sich mehrere – funktionsbasierte – Beziehungsgemeinschaften identifizieren.

[5] Über die bei der Vergabe von D-Signaturen jeweils anzuwendenden Verzeichnungsstufen in der Archivsoftware siehe Abschnitt III. Stufen der Verzeichnung.

[6] ISAD(G) – Internationale Grundsätze für die archivische Verzeichnung, 2., überarb. Aufl., übersetzt und neu bearbeitet von Rainer Brüning, Werner Heegewaldt, Nils Brübach, Marburg, 2002, S. 5 (= Veröffentlichungen der Archivschule Marburg, Nr. 23).

[7] Ganz anders dagegen die Kompositionsstufe oder -form „Serie“, die eine genuine selbständige Archivalieneinheit bezeichnet.

[8] Eine separate Erfassung von Verzeichnungs- und Kompositionsstufe in den Findmittelsystemen wäre wünschenswert. In EAD werden Kompositionsformen bereits jetzt im Abschnitt <physdesc> festgehalten. Denkbar wäre es, die Kompositionsstufe unter <arrangement> innerhalb der c-Ebenen einzufügen, etwa als „level of arrangement“.

[9] ISAD(G), deutsche Übersetzung 2002 (s. Fn. 12), Glossar s.v. Bestand.

[10] Vgl. Multilingual Archival Terminology, hrsg. vom International Council on Archives (ICA), s.v. Sammlung: http://www.ciscra.org/mat/termdb/term/1460.

[11] Angelika Menne-Haritz: Schlüsselbegriffe der Archivterminologie, Marburg, Nachdruck der 3., durchgesehenen Auflage, 2006, s.v. Serie (= Veröffentlichungen der Archivschule Marburg, Nr. 20).

Quelle: http://archive20.hypotheses.org/1787

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Kloster und Wissen. Einige Thesen zur Diagrammatik der Philosophia mundi.

 

Zu Beginn des Jahres wurde eine deutlich erweiterte Fassung meiner Masterarbeit veröffentlicht, die mittlerweile auch online über den Freiburger Dokumentenserver zugänglich ist.1 In dieser Arbeit habe ich mich mit der so genannten Arnsteinbibel, London BL Harley 2798 und Harley 2799 beschäftigt.

“Das […] Buch behandelt die monastische Wissenskultur des hohen Mittelalters und basiert auf einer mit dem Erasmus Prize for the Liberal Arts and Sciences (2013) ausgezeichneten Qualifikationsschrift des Autors. Anhand wissenschaftlicher Diagramme der so genannten Arnsteinbibel (British Library Harley 2799) werden die lebensweltlichen Bedingungen von Wissen im Prämonstratenserstift Arnstein a.d. Lahn im frühen 13. Jahrhundert untersucht. Dabei eröffnet sich dem modernen Betrachter ein ungewohnter, genuin mittelalterlicher Zugang zu naturwissenschaftlichem Wissen, das in Arnstein eine spirituelle und liturgische Dimension erhielt.“2

Harley 2799, fol. 166r (This image identified by the The British Library, is free of known copyright restrictions)

In dieser Arbeit vertrete ich unter anderem die These, dass der Diagrammzyklus in Harley 2799 größtenteils auf der Philosophia mundi Wilhelm von Conches basiert.

Harley 2799, fol, 242r. (This image identified by the The British Library, is free of known copyright restrictions)

Ich interpretiere die drei Diagramme auf folio 242r der Bibel als diagrammatische Synthese einer komplexen Stelle im zweiten Buch der Philosophia, in der die Beziehung zwischen dem Kosmos (vor allem dem jeweiligen Stand der Sonne zu den verschiedenen Jahreszeiten) und dem menschlichen Körper beschrieben wird. Diese inhaltliche Interdependenz zwischen den astronomischen und medizinischen Phänomenen entspricht einer didaktischen Interdependenz zwischen den drei Diagrammen.3

Diese These scheint mir inhaltlich überzeugend, sie war in zweierlei Hinsicht aber nicht unproblematisch: Zum einen bezeugt der überlieferte mittelalterliche Katalog der Abtei4 keinen Eintrag, der sich eindeutig auf das Werk des nordfranzösischen Magisters beziehen ließe; und zum anderen konnte ich bislang keine entsprechenden Diagramme in der Überlieferung des zweiten Buches der Philosophia mundi ausfindig machen.

Erst nach Fertigstellung des Manuskripts der Arbeit konnten mit freundlicher Hilfe von Prof. Dr. Paul Dutton mittlerweile drei Handschriften gefunden werden, die zur Illustration der Textstelle auf eine ähnliche diagrammatische Formensprache wie die Arnsteinbibel zurückgreifen: Paris BNF Lat. 6560, Paris BNF Lat. 11130 sowie Zürich Car. C. 137 (299 Mohlberg).

Die beiden Pariser Handschriften sind mittlerweile (leider ebenfalls erst nach Abschluss des Manuskripts) online konsultierbar, bislang allerdings völlig unzureichend und fehlerhaft beschrieben.

Alle drei Handschriften stammen vermutlich aus der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts, die genaue Herkunft ist bislang nicht bekannt. Sie stellen neben der Arnsteinbibel die einzigen bekannten Zeugnisse dieser diagrammatischen Tradition dar. Während Lat. 11130 und Car. C. 137 die Zusammenhänge im Text ähnlich der Arnsteinbibel mit mehreren (zwei) Diagrammen illustrieren, sind die entsprechenden Elemente in Lat. 6560 in einem Diagramm zusammengefasst.

Paris BNF lat. 11130, fol. 47v und 48r.
Paris BNF lat. 6560, fol. 53r.

Diese neue Überlieferungslage stärkt die im Buch vertretene These, die Abtei habe tatsächlich eine Abschrift der Philosophia mundi besessen, die als Vorlage des Diagrammzyklus zu sehen ist.5

In seinem Standardwerk Album of Science hat sich John Murdoch 1984 wie folgt zur Erforschung der diagrammatischen Produktion geäußert:

„Our knowledge of how manuscript illustrations were produced is infinitely more complete in the case of the well known artistic miniatures of illuminated medieval manuscripts than in that of the scientific illustration or diagram.”6

Ich möchte an dieser Stelle vorsichtig die Vermutung äußern, dass die nunmehr vier Zeugen der Diagrammtradition einen seltenen Blick hinter die Kulissen dieser Produktion ermöglichen und hierzu einige knappe Thesen skizzieren:

Die vier Zeugen lassen sich im Hinblick auf ihre Komplexität sortieren: Das eine Ende der Tradition bildet die Arnsteinbibel, die den Zusammenhang zwischen Kosmos und Körper mit drei Diagrammen darstellt. Lat. 6560 steht am anderen Ende, da es den gleichen Sachverhalt in einem einzigen Diagramm vereint (auch wenn auf der Folgeseite das Verhältnis der Elemente erneut dargestellt wird). Lat. 11130 und Car. C. 137 nehmen mit zwei Diagrammen eine Mittelstellung ein.

Es ist dabei verlockend, über diese unterschiedliche Komplexität auf verschiedene Phasen der Entwicklung dieser Diagramme zu schließen. Da der Arnsteinbibel wichtige gestalterische Elemente fehlen, die den anderen Handschriften gemein sind (hier sind vor allem die versetzte Anordnung der Sternzeichen sowie die doppelwandigen Halbkreise mit den Himmelsrichtungen und den Jahreszeiten zu nennen), scheint es wahrscheinlich, dass die Bibel einer früheren Entwicklungsstufe der Tradition entspricht. Lat. 6550 wäre in dieser Lesart der Endpunkt dieser Entwicklung.

In diesem Fall böte sich hier ein aufschlussreicher Einblick in die Entstehung dieser diagrammatischen Traditionen:

Eine ursprünglich diagrammfreie Fassung des zweiten Buches der Philosophia wurde vermutlich zur Klärung des komplizierten Textes mit Illustrationen versehen, die die wesentlichen Elemente der Textstelle verdeutlichen. Der Urheber dieser Abbildungen bediente sich dabei des klassischen bekannten Formenrepertoirs und war bemüht, die sehr unterschiedlichen thematischen Felder des Textes zu isolieren, gleichzeitig aber auch ihre Beziehung deutlich zu machen. Diese graphische Umsetzung besticht durch ihre Einfachheit, hat aber auch eine entscheidende Schwäche: Man muss erst erkennen, dass die drei Diagramme aufeinander zu beziehen sind, damit die Abbildungen ihren Sinn entfalten können.

Diesem Umstand trägt die zweite Entstehungsstufe in Lat. 11130 und Car. C. 137 Rechnung. Hier wird D2, also der Lauf der Sonne durch die Jahreszeiten, in die graphisch reduzierte Abbildung des Kosmos integriert und dem Schema der Elemente gegenüberstellt. So wird ein besseres Verständnis gewährleistet; die Diagramme verlieren dadurch aber auch an Bildlichkeit und werden abstrakter.

Lat. 6560 könnte nun den letzten Schritt in dieser Entwicklung darstellen. Die Elemente wurden auf ein stark abstrahierendes Diagramm reduziert. Die ursprünglichen klassischen Formen sind in einem neuen Diagramm aufgegangen.

Diese Beobachtungen – sollten sie sich erhärten lassen – legen den Schluss nahe, dass hochmittelalterliche  Diagramme nicht einfach aus dem Nichts geschaffen werden konnten, sondern zunächst aus dem überlieferten Formenspektrum schöpfen mussten. Damit bestätigt sich die Vermutung von Ramírez-Weaver:

“The creator of a diagram, even a new one […] was restricted by standard techniques of visualization […] medieval preferences for the formal arrangements
of charted information (like rotae), and a relatively straightforward adherence to well-known ›facts‹ […].”7

Einmal etabliert werden diese Diagramme dann zunehmend abstrahiert und in ein einzelnes Diagramm integriert.

Diese Überlegungen sind sicherlich noch sehr vorläufig und bedürfen eingehender Prüfung. Rätselhaft ist zum Beispiel das plötzliche Verschwinden dieser diagrammatischen Tradition mit Lat. 6560 ab dem 13. Jahrhundert. Die drei Handschriften der Philosophia, Car. C. 137, Lat. 11130 und Lat. 6560, scheinen auf jeden Fall in einer Beziehung zueinander und zur Arnsteinbibel zu stehen, die näher zu untersuchen sich sicherlich lohnen würde.8

  1. Schonhardt, Michael: Kloster und Wissen – Die Arnsteinbibel und ihr Kontext im frühen 13. Jahrhundert. (Reihe Septem, 2) Freiburg 2014.
  2. Kurzbeschreibung auf Freidok.
  3. Vgl. Schonhardt: Kloster und Wissen, S. 58-61.
  4. Ediert in Gottlieb, Theodor: Über mittelalterliche Bibliotheken. Leipzig 1890, S. 293-298.
  5. Vgl. Schonhardt: Kloster und Wissen, S. 98-100.
  6. Murdoch, John: Album of Science, Antiquity and the Middle Ages. New York 1984, S. 15.
  7. Ramírez-Weaver, Eric: Creative Cosmologies in Late Gothic Bohemia: Illuminated Diagrams and Memory Tools for the Court of Wenceslas IV, in: Manuscripta Bd. 54 (2010), S. 21–48, hier S. 31.
  8. Ein wichtiger Beitrag ist in dieser Hinsicht sicherlich von der geplanten Edition der Philosophia durch Paul Edward Dutton im CCCM zu erwarten.

 

 

Quelle: http://quadrivium.hypotheses.org/228

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