Faksimiles zur Aktenkunde nicht nur des BND

Es gibt einige gute Tafelwerke zur Aktenkunde und Paläografie der Neuzeit. Aber es zeigt sich derselbe Befunde wie in den darstellenden Kompendien des Fachs: Je näher man der Gegenwart kommt, desto spärlicher werden die Beispiele. Jede gut greifbare und handliche Veröffentlichung beispielhafter Faksimiles aus Behördenschriftgut der letzten Jahrzehnte ist darum willkommen, und das umso mehr, wenn sie aus einem “Sondergewerbe” der öffentlichen Verwaltung stammen.

Mit dem Bundesnachrichtendienst als Urheber von Faksimile-Bänden rechnet man zunächst wohl nicht. Es ist auch nicht der eigentliche Zweck der hier anzuzeigenden “Mitteilungen der Forschungs- und Arbeitsgruppe ‘Geschichte des BND’“, die Historischen Hilfswissenschaften anzufüttern – sie erfüllen ihn aber gut. Das Projekt begleitet die Arbeit der Unabhängigen Historikerkommission, die die Geschichte des Dienstes bis 1968 erforschen soll. Dazu bringt eine interne Arbeitsgruppe des BND sachthematische Quellenveröffentlichungen heraus, die leicht verkleinerte Farbfaksimiles in guter Qualität bieten. Das Schöne daran: PDFs der Druckfassungen können von der Website des Dienstes heruntergeladen werden.

Die sechs bislang veröffentlichten, zum Teil voluminösen Bände sind eine faszinierende Lektüre. Man lese als Historiker nur einmal die Dokumente aus dem Doppelband zur Kubakrise 1962 chronologisch im Wechsel mit den im entsprechenden Jahrgangsband der Akten zur auswärtigen Politik der Bundesrepublik Deutschland abgedruckten Unterlagen des Auswärtigen Amts. Und Aktenkundler freuen sich über reiches Anschauungsmaterial.

Publiziert werden vor allem nachrichtendienstliche Meldungen aus aller Welt an die Pullacher Zentrale. Dabei handelt es sich um Ausprägungen der aktenkundlichen Universalgattung “Bericht” mit einigen besonderen inneren Merkmalen, die teilweise auch im Schriftgut des Militärs begegnen: vor allem die Unterscheidung zwischen der Datierung des Berichts und der Datierung der berichteten Beobachtungen oder die kodierte Bewertung der Glaubwürdigkeit von Nachrichten. Die Fernschreiberausgabe ist dabei eine häufige Überlieferungsform. (Aktenkundlich scheint sich noch niemand vertieft mit dem Fernschreiber beschäftigt zu haben, dabei nahm er einige Neuerungen des E-Mail-Zeitalters vorweg.)

Charakteristisch sind eine Fülle von speziellen Abkürzungen, Fachbegriffen und Tarnnamen. Glücklicherweise hat die Arbeitsgruppe in derselben Reihe auch schon ein Glossar vorgelegt, das dem Verständnis nachhilft.

Daneben begegnen interner Schriftverkehr zwischen Inlandsdienststellen des BND (z. B. “Aquarium an 106/XX c pers”), Aktenvermerke und lange Ausarbeitungen. Man entdeckt hier viel mehr Gemeinsamkeiten mit dem Aktenwesen “normaler” Bundesbehörden als Trennendes. Das gilt auch für Geschäftsgangsvermerke, Verfügungen und innere Merkmale wie Tagebuchnummern und dergleichen.

In Band 7, dessen Erscheinen mir den Anlass zu diesem Beitrag gibt, findet sich in Dokument 13 sogar einmal eine mit klassischem Grünstift aufgesetzte und mit “Ge” paraphierte handschriftliche Weisung Gehlens, übrigens in einer sauberen, gut lesbaren Handschrift. Die Paläografie zeitgenössischer Aktenschriften ist ja ein weites, steiniges Feld – an Walter Hallsteins Handschrift sollen schon Qualifikationsarbeiten gescheitert sein.

Dieser Band 7 ist ohnehin bemerkenswert, weil er sich (nach einem Ausflug in die Ordenskunde in Band 5) nicht mit einem nachrichtendienstlichen Sujet im engeren Sinne befasst, sondern mit “Mr. Dynamit“, einem deutschen James-Bond-Imitat der Sechzigerjahre aus dem Dunstkreis der Jerry-Cotton- und Karl-May-Verfilmer – mit Lex Barker als BND-Superagenten und Eddi Arent als seinem “Q”! Der Produzent bemühte sich um amtliche Schützenhilfe, zu der es aber nicht kam.

Die Faksimiles stammen aus dem betreffenden BND-Vorgang, wobei die Hälfte der Dokumente Fremdstücke sind. Wie bei jedem Band der Reihe sind sie in eine grundsolide und reich annotierte historische Darstellung des Herausgebers, Bodo Hechelhammer, eingebettet. Bei aller Seriosität kann der Leser spätestens bei der doppelseitigen Reproduktion des wunderbar schundigen Filmplakats für “Mr. Dynamit” von 1967 aber ahnen, dass man beim Bundesnachrichtendienst auch über ein gerütteltes Maß an Humor verfügt.

Quelle: http://aktenkunde.hypotheses.org/159

Weiterlesen

Bonaventura Thommens Dissertation (1935) über die Prunkreden des Abtes Johannes Trithemius online

Letzten Herbst kam während der Bibliotheksführung im Bozener Kloster Muri-Gries durch den liebenswürdigen Pater Pacidus Hungerbühler die Rede auf eine Studie über den Humanisten Johannes Trithemius (1462-1516), die Bonaventura Thommen in Freiburg in der Schweiz bei Richard Newald vorgelegt hatte (gedruckt in zwei Teilen jeweils als Beilage zum Jahresbericht der Kantonalen Lehranstalt Sarnen 1933/34 und 1934/35). Thommen (1897-1965) war Benediktiner des Konvents von Muri-Gries im Benediktinerkolleg Sarnen und wirkte lange Jahre als Rektor der damals von den Mönchen getragenen Kantonsschule in Sarnen. In Erinnerungen […]

Quelle: http://ordensgeschichte.hypotheses.org/6872

Weiterlesen

Max Weber Stiftung und DARIAH-DE kooperieren beim Aufbau von digitalen Forschungsinfrastrukturen

Die Max Weber Stiftung – Deutsche Geisteswissenschaftliche Institute im Ausland und das von der Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen koordinierte Projekt DARIAH-DE arbeiten beim Aufbau von Forschungsinfrastrukturen für die digitalen Geisteswissenschaften künftig verstärkt zusammen.

Max Weber Stiftung & DARIAH-DEAm 19. Februar 2014 fand in der Bonner Geschäftsstelle der Max Weber Stiftung ein Workshop zum Thema „Digitale Geisteswissenschaften“ statt. Die digitalen Geisteswissenschaften – oder auch Digital Humanities – arbeiten mit digitalen Methoden, Verfahren und Daten, um Forschungsfragen in ihrer Disziplin zu beantworten. An ihm nahmen Vertreter der Auslandsinstitute der Max Weber Stiftung, Mitarbeiter der Geschäftsstelle, Kooperationspartner und insgesamt zehn Vertreter des Projekts DARIAH-DE teil.

Im Zentrum der Veranstaltung standen Fragen nach dem Umgang mit digitalen Forschungsdaten, ihrer vertrauenswürdigen und langfristigen Speicherung sowie ihrer Nachnutzung für andere Forschungsfragen. Ferner wurden relevante technische Infrastrukturkomponenten, die zum Beispiel eine gemeinsame und ortsverteilte Programmierung erlauben, und verschiedene fachwissenschaftliche Tools und Services vorgestellt. Ziel war es, die geisteswissenschaftliche Forscherperspektive mit der Sicht der IT-Experten in Austausch zu bringen und darüber hinaus Herausforderungen beim Einsatz von digitalen Forschungsinfrastrukturen in einem internationalen Umfeld aufzuzeigen.

Im Laufe des Workshops zeichneten sich viele gemeinsame Interessen zwischen der Max Weber Stiftung und DARIAH-DE ab. Die Vertreter beider Organisationen haben daher beschlossen, die hier initiierte Kooperation fortzusetzen. Dazu wurden Themen und Projekte für eine konkrete Zusammenarbeit identifiziert und ein Folgetreffen in der zweiten Hälfte des Jahres 2014 vereinbart.

Die Max Weber Stiftung – Deutsche Geisteswissenschaftliche Institute im Ausland fördert die außeruniversitäre Forschung mit Schwerpunkten auf den Gebieten der Geschichts-, Kultur-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften in ausgewählten Ländern sowie das gegenseitige Verständnis zwischen Deutschland und diesen Ländern. Sie unterhält zurzeit zehn geisteswissenschaftliche Institute im Ausland. Für den internationalen wissenschaftlichen Austausch betreibt sie die elektronische Publikationsplattform perspectivia.net. Sie steht im Zentrum der virtuellen Forschungsinfrastruktur, die die Max Weber Stiftung für ihre Institute und weitere Kooperationspartner anbietet. Ziel von perspectivia.net ist die Intensivierung und Weiterentwicklung der wissenschaftlichen Kommunikation durch die Bereitstellung von Forschungsmitteln in Form von Literatur, Quellen und Datenbanken. Die Publikationsumgebung ist dem Open-Access-Prinzip zur Förderung des freien wissenschaftlichen Austausches verpflichtet. Da die Grundlagenforschung ein besonderes Förderanliegen der Max Weber Stiftung darstellt, stellt perspectivia.net vermehrt Datenbanklösungen für die Präsentation von Quelleneditionen bereit. Hierbei steht nicht nur die Aufbereitung von Primärforschungsdaten im Vordergrund, sondern auch die Bereitstellung von virtuellen Arbeitsumgebungen, in denen die Erarbeitung wissenschaftlicher Ergebnisse in einem zeitgemäßen Umfeld erfolgen kann.

DARIAH-DE unterstützt die mit digitalen Methoden und Verfahren arbeitende Forschung in den Geistes- und Kulturwissenschaften. Die Forschungsinfrastruktur besteht aus vier Säulen: 1. Lehre: Durchführung von Workshops, Bereitstellung von Schulungsmaterialien und Nachwuchsförderung für die e-Humanities, 2. Forschung: Entwicklung von digitalen Tools und Services für die geistes- und kulturwissenschaftliche Forschung, 3. Forschungsdaten: Weiterentwicklung von Standards und Empfehlungen im Umgang mit Forschungsdaten und der Entwicklung eines Forschungsdaten-Repositorys und 4. Technische Infrastruktur: Bereitstellung von IT-Komponenten, wie z.B. AAI, PID-Service, Monitoring und kollaborative Arbeitsumgebungen. Auf dieser Basis wird der Austausch von Methoden, Daten, Erfahrungen und Ressourcen zwischen den verschiedenen geistes- und kulturwissenschaftlich arbeitenden Disziplinen ermöglicht und gestärkt. Durch enge Zusammenarbeit mit FachwissenschaftlerInnen verschiedener geistes- und kulturwissenschaftlicher Disziplinen wird eine nachhaltige Akzeptanz und Nutzung der Forschungsinfrastruktur durch die Forschungscommunity möglich.

DARIAH-DE (www.de.dariah.eu) ist eingebettet in das Projekt DARIAH-EU (www.dariah.eu), das in deutsch-französisch-niederländischer Zusammenarbeit geleitet wird. Auf Grundlage des ESFRI-Roadmap und der Rechtsform ERIC wird die DARIAH-DE-Forschungsinfrastruktur in eine pan-europäische digitale Forschungsinfrastruktur überführt.

Die Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen ist federführend an einer Vielzahl nationaler und internationaler Projekte zur Optimierung der Literatur- und Informationsversorgung sowie zum Auf- und Ausbau digitaler Forschungs- und Informationsinfrastrukturen beteiligt. Als Verbundprojekte zum Aufbau von digitalen geistes- und kulturwissenschaftlichen Infrastrukturen unterstützen die von der Bibliothek koordinierten Projekte DARIAH-DE und TextGrid Forscherinnen und Forscher mithilfe neuer IT-gestützter Technologien. Dazu zählt etwa die Entwicklung digitaler Technologien, mit deren Hilfe eine Zusammenarbeit möglich ist, um Informationen standortunabhängig und disziplinübergreifend auszutauschen, auszuwerten und zu bearbeiten. Mit verschiedenen Kooperationspartern am Wissenschaftsstandort Göttingen entwickelt die Bibliothek digitale Editionen des Werkes namhafter Wissenschaftler und Autoren wie des Altertumswissenschaftlers Christian Gottlob Heyne oder des Schriftstellers Theodor Fontane; in Zusammenarbeit mit der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen stellt sie ein Internet-Portal bereit, das umfangreiche Informationen über Forschungsprojekte aus dem Akademienprogramm mit Datenbanken und Multimedia-Inhalten verbindet.

 

Die Pressemitteilung ist auch zu finden unter: https://de.dariah.eu/pressemitteilung-max-weber-stiftung

 

Weitere Informationen und Kontakt:

Dr. Michael Kaiser
Leiter des Referats perspectivia.net, Bibliotheken, IT

Max Weber Stiftung – Deutsche Geisteswissenschaftliche Institute im Ausland

Rheinallee 6

53173 Bonn
Tel.: +49 (0)228 377 86 24
Mobil: +49 (0)173 729 72 76

Fax: +49 (0)228 377 86 19
E-Mail: kaiser@maxweberstiftung.dewww.perspectivia.net,
http://dkblog.hypotheses.org, www.maxweberstiftung.de

 

Dr. Heike Neuroth

Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen

Papendiek 14, 37073 Göttingen

Telefon (0551) 39-33866

E-Mail: neuroth@sub.uni-goettingen.de

Internet: www.sub.uni-goettingen.de

 

 

Quelle: http://dhd-blog.org/?p=3224

Weiterlesen

Linksammlung: Neues zum Oberrhein im Mittelalter

Immer wieder stolpern wir über interessante Links zur mittelalterlichen Geschichte des Oberrheingebiets. In unregelmäßigen Abständen wollen wir solche Links nun im Blog präsentieren und kurz kommentieren:

Der von mir und der Archäologin Sophie Hüglin gemeinsam verfasste Tagungsbericht fasst die meisten Vorträge der interdisziplinären Tagung “Grenzen, Räume und Identitäten am Oberrhein und in seinen Nachbarregionen von der Antike bis ins Hochmittelalter” für H-Soz-u-Kult zusammen. Als verkürztes Ergebnis der Tagung ist festzuhalten, “dass der Oberrhein von der Antike bis ins Hochmittelalter keinen einheitlichen kulturellen Raum konstituierte und weder eine oberrheinische Identität bestand noch postuliert wurde. Er erwies sich jedoch als gutes Beispiel, um neuere Raumkonzepte zu diskutieren und für die beiden beteiligten Hauptdisziplinen fruchtbar zu machen.”

Maxi Maria Platz berichtet in ihrem Blog “MinusEinsEbene” über die Ergebnisse ihrer Magisterarbeit mit dem Titel: ““Altenmünster – Seehof – Kreuzwiese. Neue Betrachtungen zum Siedlungsraum Lorsch von der Spätlatènezeit bis zum Ende des Hochmittelalters”. Dort ist sowohl ihre Magisterarbeit zum Download bereitgestellt, als auch drei online verfügbare und von ihr verfasste Artikel verlinkt.

Ausgehend von einem Artikel in der Badischen Zeitung über die Ergebnisse einer Georadarbegehung des Landesamts für Denkmalpflege Baden-Württemberg habe ich einen kleinen Artikel für das Blog Ordensgeschichte verfasst.

  • Frühkarolingische Kirchenfragmente in Mainz gefunden.

Ein längerer Artikel in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung setzt sich mit den archäologischen Funden auseinander, die bei einer Grabung in der Mainzer Johanniskirche aufgetaucht sind und die daraufhindeuten, dass im Fundament der Kirche noch zahlreiche Überreste des wohl um 800 unter Erzbischof Hatto errichteten Vorgängerbaus des heutigen um das Jahr 1000 errichteten Domes befinden. Mit dem gleichen Thema beschäftigt sich auch ein Interview des SWR mit dem Heidelberger Kunsthistoriker und Mittelalterarchäologen Matthias Untermann, der gemeinsam mit seinem Team die Funde untersucht. Erste Publikationen von Teilergebnissen findet man hier.

In der Badischen Zeitung ist am 16. März ein Artikel von Peter Kalchthaler erschienen, in dem er davon berichtet, wie die farbige Ausmalung des Mittelalters in der Barockzeit durch einen graublauen Anstrich ersetzt wurden, bevor dann ab Ende des 18. Jahrhunderts eine neogotische Restaurierung den Naturstein freilegte.

Von acht der insgesamt elf Vorträge, die im Rahmen der Samstagsuni der Universität Freiburg im Wintersemester 2013/14 zum Freiburger Münster gehalten wurden, sind mittlerweile Mitschnitte auf den Seiten des Studium Generale eingestellt. So finden sich dort zum Beispiel die Vorträge vom Schweizer Kunsthistoriker Peter Kurmann zum Thema “Langhaus und Turm des Freiburger Münsters – Brennspiegel der „Gotik um 1300“?“, von Thomas Zotz zum Thema “Die Stadtherren von Freiburg und das Münster: Berthold V. von Zähringen, die Grafen von Freiburg und das Haus Habsburg“  oder Münsterbaumeisterin Yvonne Faller über “Stein ist nicht ewig: neueste Entwicklungen und jahrhundertealte Fragen rund um die Erhaltung des Freiburger Münsters.”

Die Badische Zeitung berichtet über die Pläne eines Vereins, der in der alten Klosterscheune des Klosters St. Peter ein Zähringermuseum entstehen lassen will. Der Fokus der Ausstellung, die unter Leitung von Casimir Bumiller entstehen wird, soll nicht auf Exponaten, sondern “auf der anschaulichen Vermittlung von Wissen über die Epoche des Hochmittelalters und ein Herrschergeschlecht, das sich neben den schwäbischen Staufern zunächst nicht recht behaupten konnte” liegen. Daneben soll aber auch auf den Stadtgründungen der Zähringer und der Geschichte von den Zähringern bevogteter Klöster Raum eingeräumt werden. Derzeit werden Gelder aus dem “Leader”, dem EU-Programm zur Förderung des ländlichen Raums beantragt, um baldmöglichst mit der Verwirklichung der Ausstellung zu beginnen.

Klaus Graf verweist in Archivalia darauf, dass der auf der Reichenau entstandene Klosterplan von St. Gallen nun in einer hochauflösenden Version beim Projekt E-Codices zur Verfügung steht. Weitere Informationen gibt es auch beim „St. Gall Monastery Plan Project“ der University of Virginia.

Wir freuen uns besonders, dass sich mittlerweile erste Diskussionen auf “Mittelalter am Oberrhein entwickeln. So beispielsweise zur Frage nach Besitz der Klöster Hirsau und Reichenbach bei Au am Rhein. Hoffentlich ist dies nur der Anfang!

Eine Linksammlung, wie die hier zusammengestellte, ist natürlich nie vollständig. Wer Ergänzungen oder zusätzliche Hinweise hat, darf diese gerne in den Kommentaren ergänzen oder per Mail an mich weitergeben.

 

Quelle: http://oberrhein.hypotheses.org/350

Weiterlesen

International Summer School: Visual Analysis with Digital Tools

The Göttingen Centre for Digital Humanities (GCDH) is hosting an International Summer School focusing on the ‘Visual Analysis with Digital Tools’. It is aimed at MA and PhD level students and will take place in Göttingen from 28 July to 1 August 2014. The deadline for applications is 30 April 2014.

Introduction

The Digital Humanities enhance the methods of traditional research in the humanities through automated data acquisition and processing. Visualisations can play a central role in analysing such data. This Summer School will address a set of fundamental problems, such as requirements for scientific visualisation or visual strategies. The main goal, however, is to focus on the practical side to enable the participants to tackle specific visualisation problems in order to advance their own research.

A set of tools has emerged in recent years and has introduced a number of visualisation practices into the humanities. Charts, graphics, 3D visualisations or “Maps, Graphs, Trees” (to quote the title of a well-known recent book on the subject), should not only illustrate, but also create new knowledge. Only then can we call visualisations a true method in the Digital Humanities. Or, to paraphrase Edward Tufte, visualisations should not be implemented for their own sake, but should be used to address “thinking tasks” as a tool for new insights.

Programme

There will be two separate strands:

1. Analysing Words and Networks with ConText: Information and Relation Extraction from Text Data, Network Visualisation and Analysis

The focus of this workshop is on teaching practical, hands-on skills for using text analysis methods in an informed, systematic and efficient fashion. Our goal is to equip the participants with the skills and tools needed to use the covered techniques for their own research and text data sets.

Going from texts to networks involves some principles and strategies originating from computer science that are not only applicable to the task at hand, but to a wide range of problems. These principles and strategies are referred to as “Computational Thinking” – a basic skill like reading, writing and arithmetic that is crucial for solving problems and understanding human behaviour across fields (Wing 2006). In this workshop, participants are introduced to Computational Thinking and practise applying this way of thinking. We will use ConText and Gephi as primary software.

The workshop will be held by Jana Diesner, Assistant Professor at the iSchool at the University of Illinois Urbana-Champaign (UIUC) and affiliate at the Department of Computer Science (CS). Jana’s work is at the nexus of social network analysis, natural language processing and machine learning.

2. 3D Documentation for Cultural Heritage: Geometry Acquisition and Processing

This strand will focus on the visualisation of objects such as sculptures, plaster figurines, etc. and is aimed at students of archaeology, (art) history and related disciplines. After refreshing some basic geometric knowledge and an introduction to technical terms like ‘sampling density’, the strand will shift to practical work. The participants will be acquainted with state-of-the-art equipment and software in the 3D modeling field (Breuckmann/AICON).

The workshop will be held by Sven Havemann, founding member of the Institute of Computer Graphics and Knowledge Visualisation at Graz University of Technology. His primary research interests are in interactive 3D modeling and visualisation.

Both workshops will take place in parallel, from Monday to Friday, 9 a.m. to 1 p.m. Applicants need to indicate which one they are interested in. An appropriate number of ECTS credits can be obtained.

Afternoon Programme

The afternoons will be reserved for the presentation of Digital Humanities projects and small workshops to acquaint the participants with specific use-cases to give them examples and inspiration to follow their own projects (e.g., introduction to the GeoBrowser, to the Processing development environment, to data visualisation with R). The programme is complemented by two evening keynotes held by experts in the Visual Analytics field, Prof. Dr. Daniel Keim, Chair for Data Analysis and Visualisation at the University of Constance, and Manuel Lima, founder of visualcomplexity.com and often referred to as “the Edward Tufte of the 21st century”.

Participants

We are inviting up to 40 international participants (MA and PhD students). Up to 20 students can be registered for each one of the two strands. The first one is designed for those students of the humanities and social sciences who work with text-based data. The second strand is aiming at archaeologists and (art) historians or, more generally, at scholars who deal with objects and object data.

Costs and fees

The registration fee for accepted applicants is 80 € and includes costs for tuition (workshops + lectures) and lunches in the refectory. We provide free accommodation in near-by hostels (mostly dormitory-style) or holiday homes; if you prefer to stay in a hotel, we can assist you with the reservation, but you will have to cover the costs yourself. Fees do not include travel costs, but you can apply for a travel grant if such funds are not available from your institution.

Given the hands-on character of the Summer School, it is essential to bring your own laptop. (Participants of the 3D strand are also asked to bring their own cameras.) The installation of required (free) software will be communicated in a timely manner and supported by us throughout the entire Summer School.

Application

Your application should include three things:

  • a cover letter indicating which strand you’re interested in (“Analysing Words and Networks with ConText” or “3D Documentation for Cultural Heritage”),
  • a short CV (1 page max.),
  • a letter of motivation (2 pages max.), including an explanation as to why you would like to participate, what previous knowledge you have and what your expectations are; please also tell us about your current project if you have one.

Please e-mail your application as one integral PDF file to the coordinator of the Summer School, Frank Fischer (frank.fischer@zentr.uni-goettingen.de). Deadline for applications is 30 April 2014. You will be notified on your application status until 15 May 2014.

For further information, please don’t hesitate in contacting the coordinator of the Summer School or visit the website (http://www.gcdh.de/summer-school-2014/).

Quelle: http://dhd-blog.org/?p=3244

Weiterlesen

5 Fragen zur Digitalen Geschichtswissenschaft an…Anton Tantner

Anton Tantner ist Privatdozent für Neuere Geschichte an der Universität Wien und im Sommersemester 2014 Gastprofessor ebendort am Institut für Geschichte. Seine Forschungen widmen sich Ordnungs- und Wissenssystemen wie die Hausnummerierung oder die Entstehung von Adressbüros. Er ist aber ebenso Vertreter einer historischen Medienwissenschaft, er forscht und lehrt auch zum Einsatz neuer Medien in der Geschichtswissenschaft.

1. Bitte vervollständigen Sie folgenden Satz: “Digitale Geschichtswissenschaft ist für mich…”

… Online-Recherche, die Analyse wie Bereitstellung historischen Materials bzw. Daten (vormals “Quellenkritik” und “Quellenedition” genannt) samt Beteiligung an Crowdsourcingprojekten, die Online-Begleitung der eigenen Forschung sowie die möglichst Open Access erfolgende Publikation der Ergebnisse geschichtswissenschaftlicher Arbeit.

2. Welche Schlüsselkompetenzen müssten Historiker_innen in der heutigen Zeit aufweisen? Gehört Programmieren dazu?

  • Phantasie bei Recherche und Entwicklung neuer Schreibformen
  • die Kraft, Texte und Projekte abzuschließen
  • die Bereitschaft immer wieder neue digitale Hilfsmittel zu erlernen
  • Programmierkenntnisse mögen sicher begrüßenswert sein, betrachte ich aber nicht als absolutes Muss, eher die Fähigkeit, mit ProgrammiererInnen kommunizieren zu können

3. Wikipedia in der universitären Lehre – funktioniert das aus Ihrer Sicht?

Selbstverständlich, wenn sie offensiv in der Lehre eingesetzt wird und die Studierenden dazu aufgerufen werden, Wikipedia-Inhalte zu analysieren und auch in einem Übungs-Wiki erste Schritte in einer solchen Plattform lernen. Ausführlicher habe ich diese Frage in meinem Beitrag im Merkur-Weblog behandelt, siehe http://www.merkur-blog.de/2014/03/wikipedia-in-der-universitaeren-lehre/

4. Wohin geht die Entwicklung im Bereich der Digitalen Geschichtswissenschaft Ihrer Ansicht nach?

Immer mehr und mehr wird online zugänglich sein – selbst Material, von dem wir uns das bis vor kurzem nie zu träumen gewagt hätten – und die Klage über den Information Overload wird zunehmen, wenn nicht mehr nur 20%, sondern fast 100% aller HistorikerInnnen bloggen.

5. Zum Schluss: Welche Lektüre in Sachen Digitale Geschichtswissenschaft würden Sie empfehlen?

Insbesondere die einschlägigen Postings sowie Artikel von Klaus Graf und Mareike König, dann die entsprechenden Lemmata im 2013 bei Transcript erschienenen Handwörterbuch Über die Praxis des kulturwissenschaftlichen Arbeitens sowie Gasteiner/Haber (Hg): Digitale Arbeitstechniken (UTB 2010).

Quelle: http://digigw.hypotheses.org/671

Weiterlesen

Die Revolution von 1848/49 in der Pfalz: Dissertationsprojekt Markus Meyer

Das Dissertationsvorhaben von Markus Meyer ist thematisch eng mit dem DFG-Projekt der Edition der Akten der Provisorischen Zentralgewalt verbunden und wird von der Stiftung zur Förderung pfälzischer Geschichtsforschung gefördert. Ziel der Arbeit ist, die Voraussetzungen und Motive der Erhebung in der Pfalz sowie die politischen Konzepte deren Teilnehmer darzulegen.

Die pfälzische Erhebung im Mai und Juni 1849 ist zwar ohne Zweifel Teil der Reichsverfassungskampagne, doch hatte sie eine ganz spezifische Vorgeschichte. Die Pfalz war nach über zwanzigjähriger Zugehörigkeit zu Frankreich auch nach ihrem Übergang an das Königreich Bayern 1815 ein Bezirk mit Sonderstatus geblieben. Die aus der französischen Zeit stammenden „rheinischen Institutionen“, die nicht nur eine moderne Bürokratie, sondern auch die Verbürgung von Rechtseinheit, Rechtsgleichheit und Rechtssicherheit beschrieben und von Montgelas’ Zentralismus weitgehend unangetastet blieben, galten den Pfälzern als ihre eigentliche Verfassung und machten den Landesteil zu einem der politisch fortschrittlichsten in ganz Deutschland. Als solcher wurde er im gesamten Vormärz zum Agitationsgebiet liberaler Vordenker einerseits und Sorgenkind des bayerischen Monarchen andererseits. Die Ereignisse um das Hambacher Fest 1832 weckten in den Fürstenhäusern ganz Deutschlands Zweifel, ob die Wittelsbacher noch Herr der Lage wären.

Ausgerechnet im fortschrittlichsten Teil Bayerns blieb es von außen betrachtet im Jahr 1848 auffällig ruhig; nach Meinung vieler zeitgenössischer Beobachter deshalb, weil den Pfälzern die meisten der andernorts eingeforderten Rechte bereits gegeben waren. Im Inneren dagegen erwachte durchaus ein reges, wenn auch von den Eliten dominiertes politisches Leben.

In der Darstellung der Vorgänge des Jahres 1848 nehmen die kulturpolitischen Forderungen der pfälzischen Liberalen großen Raum ein. Das ergibt sich einerseits in der bewussten Abkehr von älteren Narrationen, die allein machtpolitischen Instrumenten politische Gestaltungsmöglichkeiten einräumen und korporatives oder publizistisches Handeln geringschätzen und daher die komplette Vereins- und Reformbewegung des Jahres 1848 spärlich beschreiben; andererseits unterscheidet sich die Pfalz gerade darin von der gesamtdeutschen Bewegung.

Über den Hebel des laizistischen Kampfes gegen das ‚papistische System’ glaubte die rationalistische Partei der Pfalz einem egalitäreren Rechtssystem den Boden bereiten zu können. Eine ‚vernünftige’ Staatsverfassung sei nicht zu erzielen, solange kirchlicher Einfluss obwalte: Der Primat des Staates lasse den Atavismus separater kirchlicher Justiz- und Verwaltungsapparate nicht zu. Aus dieser Haltung speiste sich auch die ins Panische hin überzogene Jesuitenfurcht. Der als fortschrittlich erachtete theologische Rationalismus wurde umso deutlicher propagiert, als damit eine bewusste Abgrenzung vom katholischen Altbayern möglich war. In der Rückschau ist der Kampf um die Selbstverwaltung der vereinigten Kirche der Pfalz demnach als Vorspiel für die revolutionäre Erklärung der politischen Autonomie vom Mai 1849 zu sehen. Formuliert wurde Letztere allerdings erst auf dem Höhepunkt der Reichsverfassungskampagne, als Zurückhaltung nicht mehr opportun war.

Im Augenblick erfolgt die ereignisgeschichtliche und vergleichende Beschreibung der Revolutionsmonate Mai und Juni des Jahres 1849. Grundlage dieses Abschnittes sind die Berichte führender Teilnehmer des Aufstandes, aus deren Darstellungen sich die motivationalen Ursachen für das Ausbrechen der Bewegung ergeben.

Die Nationalversammlung galt gerade Liberalen, die in dem Sinne von den entschiedenen Demokraten als gemäßigt abzugrenzen sind, dass sie auf eine Ausweitung der politischen Teilhaberechte des Volkes auf verfassungsmäßigem Weg und damit durch parlamentarische Arbeit vertrauten, als Motor des konstitutionellen Fortschritts. Verschiedene Enttäuschungen und Rückschläge auf innen- und außenpolitischem Gebiet, die Schwerfälligkeit des parlamentarischen Entscheidungsprozesses und die Stabilisierung der monarchischen Gewalten schürten freilich Zweifel an der Durchsetzungsfähigkeit der Legislative wie auch der Frankfurter Exekutive, der Provisorischen Zentralgewalt1. In den zeitgenössischen Darstellungen wird allerdings die Hoffnung deutlich, dass ein Paukenschlag das ganze Projekt der Neuausrichtung Deutschlands hätte retten können: die von der Nationalversammlung erarbeitete Verfassung, die alle Verheißungen manifestieren sollte. Deren Ablehnung durch die Fürsten gab schließlich den Ausschlag zu den Erhebungen in Sachsen sowie kurze Zeit später in Baden und der Pfalz, welche das Werk mit Waffengewalt zur Durchsetzung bringen wollten; folgerichtig werden die Aufstände zusammenfassend als Reichsverfassungskampagne bezeichnet.

Neben den Köpfen der Bewegung wird allerdings speziell den einfachen Teilnehmern an der Reichsverfassungskampagne Beachtung geschenkt. Ihre Beweggründe sollen sich aus den umfangreichen Untersuchungsakten erschließen, die der Formulierung der Anklageschrift im Gerichtsprozess gegen 333 Teilnehmer des Aufstandes im Jahr 1851 dienten. Da die ältere Forschung vielfach individuellen Merkmalen und lokalen Verhältnissen derart viel Gewicht beigemessen hat, dass man versucht sei, „in den Beweggründen für das Zustandekommen jener Geschehnisse mehr ein psychologisches als ein politisches Problem zu sehen“2 (Kurt Baumann), muss abstrahiert, sprich entpersonalisiert werden.

Damit ist allerdings keine Abkehr von der Zielsetzung einer Analyse der Mikroebene, also individueller Motivationen, verbunden; lediglich die Psychologisierung derselben muss unterbleiben. Die aus den Vernehmungs- und Verhörprotokollen hervorgehenden Positionierungen derjenigen Beteiligten, die nicht aus eigenem Antrieb Darstellungen verfasst haben, bleiben von großer Bedeutung. Die Analyse der Gerichtsakten soll das maßgebliche Erkenntnisinteresse der Arbeit befriedigen: Unter Rückgriff auf die theoretische Diskursanalyse sollen die Ziele und Motivationen der Akteure unterschiedlicher sozialer Herkunft extrahiert und mit den Bestrebungen des elitären vormärzlichen Liberalismus abgeglichen werden.

  1. Vgl. etwa ZINN, Christian: Die Erhebung in der Rheinpfalz und die pfälzische Volkswehr in Baden, Strassburg 1850, 6.
  2. BAUMANN, Kurt: Zur Charakteristik der pfälzischen Revolution von 1849, in: Bei uns daheim. Aus Vergangenheit und Gegenwart der Pfalz. Heimatbeilage zur „Pfälzischen Post“, 18. 9. 1929, 93.

Quelle: http://achtundvierzig.hypotheses.org/544

Weiterlesen

Ein Bild sagt mehr … (XIX): “Die verkehrten Verbeugungen” (1901)

Im Beitrag Sühne wurde eine Karikatur zur so genannten “Sühnegesandtschaft” diskutiert, die die Diskrepanz zwischen den Erwartungen an eine Sühnegesandtschaft und dem tatsächlichen Verlauf thematisierte. Nach dem eigentlichen Sühne-Akt überschlugen sich die Kommentare, wie das Ereigniss einzuschätzen wäre und warum sich wer wann wie verhalten hat. Eine sehr prägnante Interpretation findet sich in der Karikatur “Die verkehrten Verbeugungen.” im Kikeriki vom 15. September 1901:

Kikeriki Nr. 74 (15.9.1901) 1.

Kikeriki Nr. 74 (15.9.1901) 1  | Quelle: ANNO

Die anonyme Karikatur, die knapp die Hälfte der Titelseite der Nummer ausfüllt, zeigt zwei Figuren: Rechts steht hoch erhobenen Hauptes eine männliche, europäisch markierte Figur, die durch die Pickelhaube als Deutscher und durch die Gesichtszüge (und den “Es-ist-erreicht”-Bart) als deutscher Kaiser identifiziert wird. Links steht eine durch Zopf, Kleidung und Kappe mit Pfauenfeder als ‘asiatisch’ markierte Figur. Der Asiate verbeugt sich und reckt dabei dem Deutschen den verlängerten Rücken entgegen, auf dem ein lachendes Gesicht aufgemalt ist.
Darunter eine kurze Zeile:

Wahrscheinlich hat _diese_ Concession den Prinzen Tschun zur Reise nach Berlin bewogen.

Ohne Wissen um den Kontext erscheint das Bild eher banal und nicht besonders originell.
Was ist daran bemerkenswert, dass ein je nach Blickwinkel lächelndes oder hämisch grinsendes) komisches Männchen einer ebenso merkwürdig adjustierten Figur den Allerwertesten entgegenreckt?

Wie aber kommt man (so der Kontext nicht geläufig ist, darauf, was/wer gemeint sein könnte bzw. gemeint ist?
Es empfiehlt sich ein Blick in überregionale Tageszeitungen vom September 1901 nach Berichten über China und das Deutsche Reich und/oder einen Chinesen beim deutschen Kaiser. Für den Anfang sollten einige Berichte  genügen:

  • Neuigkeits-Welt-Blatt Nr. 200 (1.9.1901), 1; Nr. 203 (5.9.1901) 1 f.
  • Neue Freie Presse Nr. 13301 (5.9.1901) 1-3 (mit Abdruck der beim Sühne-Akt gehaltenen Reden)
  • Das Vaterland Nr. 243 (5.9.1901) 1 und 3.
  • Die Arbeiter-Zeitung Nr. 243 (5.9.1901) 1.
  • Pester Lloyd Nr. 212 (5.9.1901) 3.

Im Neuigkeits-Welt-Blatt heißt es am 5. September 1901:

In dem an den seltsamsten Zwischenfällen überreichen Drama des Kreiges mit _China_ darf die jüngste Episode, die famose _Sühn-Expedition_ des Prinzen _Tschun_ als eine der interessantesten erscheinen, wiewohl sie in ihrem Verlaufe nahe daran war, zu einer Farce herabzusinken. [...] Prinz Tschun weigerte sich, die sichere Schweiz zu verlassen, ehe man in Berlin von dem geforderten “Kotau”[1] Abstand nahm.
Diese echt chinesische Zeremonie besteht in einer dreimaligen tiefen Verbeugung des Oberkörpers und einer neunmaligen Rumpfbeuge, und ihre Durchführung erschien dem chinesischen Prinzen, dem Bruder des Kaisers von China, als eine zu große Demüthigung, obgleich sie in China selbst weder unter Prinzen noch unter Mandarinen etwas Seltsames ist.
Nun ist eine Sühneleistung, die nach dem Ausmaß der Verbeugungstiefe berechnet wird, allerdings eine Forderung, der man auch in den Bevölkerungskreisen Deutschlands wenig Geschmack abgewinnen kann, allein es liegt dem Begehren des deutschen Kaisers doch ein tieferer Sinn zu Grunde. In China spielt eben das Zeremoniell in allen Dingen, namentlich aber im Verkehr mit den Vertretern des Auslandes eine große Rolle. Sollten die chinesischen Machthaber den vollen Ernst ihrer Pflicht, für das begangene Verbrechen des Gesandtenmordes Buße zu thun, erkennen, dann müßte dies auch in einer Form geschehen, die ihrem eigenen, dem chinesischen Zeremoniell entspricht und gerade aus der Weigerung des Prinzen Tschun, sich dieser Forderung zu unterwerfen, kann man den Schluß ziehen, daß es den Chinesen noch immer beliebt, Europa mit den gewohnten Ränken zu begegnen.[2]

Und in der sozialdemokratischen Arbeiter-Zeitung vom selben Tag heißt es:

[...] Dem maßlos eitlen Sinn des deutschen Kaisers mag es schmeicheln, die Chinesen einmal so anschnauzen zu dürfen, wie er es sonst nur mit seinen “Unterthanen” wagen dard; aber ob die erlittene Demüthigung den Chinesen imponiren, sie einschütern wird, ist noch sehr die Frage [...][3]

Damit wird klar, was dem zeitgenössischen Leser im September 1901 niemand erklären musste: Die chinesische Seite hat Abbitte geleistet, doch wäre zu bezweifeln, ob das von der chinesischen Seite allerdings tatsächlich ernst genommen wurde.

 

  1. Zum “Kotau” s. den Beitrag Kotau – die chinesische Ehrenbezeugung von Georg Lehner auf De rebus sincis.
  2. Neuig-keits-Welt-Blatt Nr. 203 (5.9.1901) 1 – Online: ANNO.
  3. Arbeiter-Zeitung Nr. 243 (5.9.1901) 1 – Online: ANNO.

Quelle: http://mindthegaps.hypotheses.org/1402

Weiterlesen

Ost und West im Bildvergleich

Köchinnen, Neukirchen-Wyhra, 1990

62 Schwarz-Weiß-Porträts von Menschen unterschiedlicher Milieus und Berufsstände von Stefan Moses stellt das Haus der Geschichte in Bonn derzeit in seiner U-Bahn-Galerie aus. Ob Maler, Köche, Kaminkehrer oder Bergarbeiter, Polizisten oder Tänzer – Moses stellte sie alle vor ein graues Tuch und lichtete sie ab. Anfang der 1960er-Jahre begann er damit in der Bundesrepublik, nach dem Fall der Mauer führte er seine „Deutschenporträts“ auch im Osten des Landes fort. Im Haus der Geschichte stehen die Bilder nun zum direkten Vergleich nebeneinander. „Trotz der zeitlichen und räumlichen Trennung stehen die Gemeinsamkeiten im Vordergrund“, so die Kuratorin der Ausstellung Judith Koppetsch im Pressetext zur Ausstellung.

Köchinnen, Neukirchen-Wyhra, 1990

Köchinnen, Neukirchen-Wyhra, 1990

Hotel-Köche, West-Berlin, 1964

Hotel-Köche, West-Berlin, 1964

Und tatsächlich: Stellt sich der/die Betrachter/in vor ein beliebiges Bilderpaar, vermag eine geografische oder zeitliche Einordnung ohne einen Blick auf den Objekttext kaum möglich. In den Bildern von Stefan Moses verschwinden die während des Kalten Kriegs propagierten Abgrenzungen zwischen Ost und West auf verblüffende Weise. Moses bringt die Abgelichteten durch den stets gleichen Hintergrund auf eine Art Bühne und richtet die Aufmerksamkeit gänzlich auf die fotografierten Menschen, deren berufsspezifische Merkmale und deren sichtliche Freude vor der Kamera.

Bereits in den vergangenen Ausstellungen „drüben. Deutsche Blickwechsel“ (2006) und in der Schau „Frauenobjektiv. Fotografinnen 1940 bis 1950“ (2001) standen im Haus der Geschichte (bildliche) Ost-West-Unterschiede und Gemeinsamkeiten zur Diskussion. Nunmehr fast 25 Jahre nach der deutsch-deutschen Wiedervereinigung fragt die Ausstellung der Moses-Bilder nach deutsch-deutscher Identität und rüttelt an Mustern in den Köpfen ihrer Betrachter. Gleichzeitig dokumentieren die Bilder auf einzigartige Weise Berufs- und Lebensrealitäten von 1963 bis 1990.

Pfannenputzer, West-Berlin, 1964

Pfannenputzer, West-Berlin, 1964

Stefan Moses wurde 1928 in Liegnitz (Schlesien) geboren. Von 1947 bis 1950 arbeitete er als Theaterfotograf in Weimar. Durch seine Arbeit als Bildberichterstatter für den „Stern“, „Magnum“ und „twen“ wurde er bekannt. Ein großes Lebensthema des Fotografen waren „Deutschland und die Deutschen“. Ob Intellektuelle oder Otto Normalbürger – in seinen umfangreichen Porträtserien ließ Moses über Jahrzehnte hinweg ein nahezu psychologisches Abbild der deutschen Gesellschaft entstehen. Seine Vorgehensweise erinnert dabei an August Sander (1876 bis 1964), den Altmeister dokumentarischer und sachlich-konzeptueller Fotografie. Dieser hatte in seinem Werk „Menschen des 20. Jahrhundert“ zahlreiche Personen porträtiert und diese „eingeteilt in 7 Gruppen, nach Ständen geordnet“. Moses selbst hat diese Traditionslinie im Übrigen verneint.

Die Bilder von Stefan Moses sind noch bis Juni 2014 zu sehen: U-Bahn-Galerie, Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland in Bonn.

 

 

 

„wir sind wir – Deutsche in Ost und West. Fotografien von Stefan Moses“
Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, U-Bahn-Galerie
Willy-Brandt-Allee 14, 53113, Bonn
25. Juni 2013 – Juni 2014
Jederzeit frei zugänglich

Plakat_wir_sind_wir2

Quelle: http://www.visual-history.de/2014/03/24/ost-und-west-im-bildvergleich/

Weiterlesen

Fundstücke

Von Stefan Sasse

- 100.000 neue Bilder wurden digitalisiert und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Der Guardian berichtet über ein paar (Englisch)

- Die Welt berichtet über ein neues Buch, das einen neuen Blick auf die Schlacht von Verdun wirft.  

- SZ hat eine Bilderstrecke zur deutschen Besetzung Griechenlands. 

- Wie sich die Europäer exotische Tiere vorstellten (Englisch, aber viele Bilder)

Quelle: http://geschichts-blog.blogspot.com/2014/03/fundstucke_24.html

Weiterlesen