Sie lebten das „andere Deutschland“ 1933-1945: Hiltgunt Zassenhaus und Harald Poelchau als „stille Helden“

In den Jahren 1933-1945 waren die Grenzen für aktiven Widerstand sehr eng. Jedes Anzeichen von Kritik oder verweigerter Anpassung konnte als „Wehrkraftzersetzung“, „Feindbegünstigung“ oder „Landesverrat“ mit dem Tode bestraft werden. Unter solchen nahezu ausweglos erscheinenden Bedingungen gewinnt jedes Zeichen der Menschlichkeit, das diesen beispiellosen Gewaltexzessen entgegen gesetzt wurde, an Bedeutung. Nur dadurch, dass es Menschen gab, die in dieser dunklen Zeit der deutschen Geschichte die Unantastbarkeit der Menschenwürde in ihrem eigenen Umfeld lebten, konnte das Vertrauen in die Wiederherstellung eines freiheitlichen und demokratischen Rechtsstaates wachsen. Vielen Verfolgten war die Erinnerung an jene Helfer von ganz entscheidender Bedeutung. Die Überzeugung, dass das „andere Deutschland“ trotz Terror und Repressionen gelebt wurde, war entscheidend für Vergebung und Aussöhnung. Umso wichtiger war den Überlebenden das Andenken an jene zahlreichen und oft namenlosen „stillen Helden“, die ihnen das Leben retteten oder ihnen zumindest für kurze Zeit ein Gefühl der Würde inmitten von all der Demütigung gaben. In diesem Beitrag möchte ich auf zwei dieser Helfer aufmerksam machen, die durch die Nutzung ihrer Position die Terror-Maschinerie des NS-Staates zumindest ein Stück weit unterwandern konnten: Die Hamburger Dolmetscherin und Medizinstudentin Hiltgunt Zassenhaus und den Berliner Gefängnisseelsorger Harald Poelchau.

Hiltgunt Zassenhaus war seit 1933 entschlossen, alle Möglichkeiten zu nutzen, um der Unmenschlichkeit des NS-Staates etwas entgegen zu setzen. Hilfreich waren dabei ihre Kenntnisse in skandinavischen Sprachen. Seit Beginn des II. Weltkrieges war sie bei der Post beschäftigt, um Post aus Skandinavien an rassistisch Verfolgte in Deutschland und den besetzten Gebieten zu zensieren. Doch anstatt dieser Aufgabe nachzukommen schmuggelte Zassenhaus diese Briefe und auch Paketsendungen mit Kleidung und Lebensmitteln an der Zensur vorbei zu ihren Adressaten. Ab 1941 war sie als Aufseherin bei Besuchen von Seelsorgern für skandinavische Widerstandskämpfer in deutschen Gefängnissen eingesetzt. Auch hier schmuggelte sie Briefe an die Angehörigen an der Zensur vorbei nach draußen. Und sie versorgte die Häftlinge heimlich und unter Einsatz ihres Lebens mit lebenswichtigen Medikamenten und Nahrungsmitteln. Am Ende des Krieges half sie mit, die Aktion „Weiße Busse“ zu organisieren, die zahlreichen skandinavischen Gefangenen das Leben retten sollte.

Auch Harald Poelchau nutzte seine Stellung als Seelsorger, um Gefangenen das Leben im Rahmen der engen Grenzen zumindest etwas zu erleichtern. Auch er war von Anfang an dazu entschlossen, etwas gegen die Unmenschlichkeit im Dritten Reich zu unternehmen und den politisch und rassistisch Verfolgten zumindest ein Stück ihrer Würde zurückzugeben. Seine Wohnung in Berlin wurde zur Anlaufstelle für untergetauchte Juden. Vielen von ihnen rettete seine ideelle und praktische Unterstützung das Leben. Poelchau stand den im Gefängnis in Berlin-Tegel inhaftierten Widerstandskämpfern des 20. Juli in ihren letzten Stunden bei und spendete ihnen Trost, wo er nur konnte. Das wussten auch deren Angehörige wie Freya von Moltke – die Frau von Helmut James Graf von Moltke, eines der führenden Köpfe des Kreisauer Kreises – sehr zu schätzen. Ohne Poelchau wären weder die letzten Briefe von Helmut von Moltke noch die zukunftsweisenden theologischen Ideen Dietrich Bonhoeffers – eines weiteren von ihm betreuten Gefangenen – jemals niedergeschrieben worden. Bis zuletzt vermittelte Poelchau den Aktivisten des Widerstandes, dass ihr Tod nicht sinnlos war. Poelchau war bewusst in welche Gefahr er sich begab und stand deswegen Todesängste aus. Doch er war entschlossen, dies im Dienste einer höheren Sache, der gottgewollten Menschlichkeit, durchzustehen.

Zwar waren die ursprünglichen Grundhaltungen dieser beiden „stillen Helden“  unterschiedlich. Während Zassenhaus von humanistischen Wertvorstellungen geprägt war, war Poelchau von der christlichen Nächstenliebe überzeugt. Ihnen gemeinsam war jedoch die Entschlossenheit, in dunkelster Zeit – notfalls unter Einsatz ihres Lebens – Menschlichkeit zu leben und zumindest in Einzelfällen etwas zu bewirken. Die Entschlossenheit, auch in dieser dunkelsten Epoche der deutschen Geschichte ihre Werte zu leben, verlieh ihnen eine ungeheure physische und psychische kraft. Zassenhaus und Poelchau lebten während des Krieges in permanenter Angst, entdeckt zu werden. Doch ihre tiefe Überzeugung von der Unantastbarkeit der menschlichen Würde gab ihnen den Mut, auch unter verschärftem Terror nach dem 20. Juli 1944 durchzuhalten und weiterzumachen. Wichtig für sie war die Erfahrung des menschlichen Zusammenhalts. Von den Verfolgten bekamen sie stets viel Dankbarkeit und Wertschätzung zurück, die sie ermutigten. Darüber hinaus wussten sie, dass ihre Arbeit nur dadurch möglich war, dass stille Helfer sie unterstützten und sie nicht verrieten. Trotz allem, was Zassenhaus und Poelchau an persönlichen Belastungen auf sich nahmen, waren sie zu jedem Zeitpunkt voll und ganz von ihrem Dienst für die Menschlichkeit überzeugt und sahen auch nach dem Krieg ihre Aufgabe darin, für ein menschlicheres Miteinander ohne Vorurteile einzustehen.

Quelle: http://ueberlebensstrategien.hypotheses.org/25

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Versuchen Sie es doch erstmal mit einem Blog …

Auf die Frage, weshalb man (wissenschaftlich) bloggen soll, gibt es viele Antworten. Eine davon – eine, die regelmäßig auftaucht – bringt mich regelmäßig zum Grübeln, weshalb ich sie hier aufgreifen will. Das Argument nämlich, dass Bloggen eine gute „Schreibübung“ gerade etwa für Nachwuchswissenschaftler sei. Sozusagen ein Experimentierfeld, eine Übung, die der Lockerung von Zunge und Finger und dem Abbau von Schreibblockaden dient.

Dasselbe Argument ließe sich auf recensio.net und das dort angebotene Konzept der „Präsentationen“ übertragen, die im Verbund mit Kommentaren eine Art „lebendige Rezension“ bilden sollen. Auch hier könnte man sagen: „Liebe Leute, übt erstmal per Kommentar zu einem Kapitel, bevor Ihr irgendwann eine „echte“ Rezension über ein ganzes Buch schreibt“.

Einerseits freue ich mich über jeden neuen Wissenschaftsblogger und mindestens ebenso sehr über jeden, der – egal aus welchem Grund – den (kommunikativen, methodischen usw.) Mehrwert partikularen Rezensierens erprobt. Andererseits aber heißt das in der Konsequenz, dass ein Blogpost der kleine, ungewaschene Bruder des Aufsatzes und der Kommentar die rotznäsige Schwester der Rezension ist. Und wenn dieser Eindruck sich durchsetzt, stellt sich das Medium selbst ein Bein. Dann sind wir ganz schnell bei jenem Geist, den die Open-Access-Bewegung seit Jahren verzweifelt in die Flasche zurückzuargumentieren versucht: Das „Medium Internet“ – das es nie gab – ist eine gute Sache für all jene Texte, die nicht ausgereift und nicht fundiert genug sind, um es auf Papier zu schaffen.

Es ist unvermeidbar, dass dieser Eindruck in jener Phase des Übergangs entsteht, die vom Nebeneinander alter Wertekriterien (Etabliertheit von Verlagen und Redaktionen als Gatekeeper) und der Erprobung neuer Qualitätssicherungsprozesse geprägt ist. Da landen die weniger guten Qualifikationsschriften ungefiltert in universitären Repositorien, während die anderen vom (bröckelnden) Ruhm alter Verlagszeiten profitieren – und dazwischen noch keine stabilen, etablierten Angebote vorliegen.

Das Argument, dass Online-Publikationen zwar tendenziell minderen Werts seien, zum Schutz der Wälder und als Ort studentischer Fingerübungen dagegen ganz brauchbar, sollten wir nicht unnötig befeuern. Vielmehr gilt es, jene durch die Existenz des Internets geborenen neuen Textgenres als solche zu definieren und ihre eigene Identität zu stärken. Ein Blogpost erfüllt (in der Regel) andere Zwecke als ein Aufsatz. Wer wissenschaftlich bloggt, sollte (in der Regel) einen anderen Schreibstil pflegen als derjenige, der einen wissenschaftlichen Aufsatz formuliert. Das Blogpost fordert von seinem Autor einen anderen Umgang ein als es ein Aufsatz tut: Einmal publiziert darf der eine von beiden ruhen, der andere sollte das nach Möglichkeit nicht, weil er auf Dialog hin formuliert wird. Die Liste ließe sich fortsetzen – und sogar ließe sich umgekehrt fragen, was denn der Aufsatz kann, das in einem zeitschriftenähnlichen Spezialblog nicht machbar wäre – aber hier empfiehlt es sich wohl, den zweiten Schritt nicht vor dem ersten zu tun.
Und all das ist problemlos auf die Rezensionen-Kommentare-Frage übertragbar. Stoff für Panel 1 und 3!

Quelle: http://rkb.hypotheses.org/267

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Einigung bei Familienrechtspaket

Im Zentrum der Reformen des Familienrechts steht die gemeinsame Obsorge als Regelfall bei uneinvernehmlichen Scheidungen und bei Kindern unverheirateter Eltern. Mehr dazu auf oe1.orf.at:

Justizministerin Beatrix Karl (ÖVP) und Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) haben gemeinsam das Familienrechtspaket geschnürt. Damit ist der Weg für die gemeinsame Obsorge von Eltern jetzt frei – auch im Fall der Scheidung und im Fall von Kindern, deren Eltern unverheiratet sind. [weiter ...]


Quelle: http://ehenvorgericht.wordpress.com/2012/10/10/einigung-bei-familienrechtspaket/

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Für längere Dauern, größere Räume und materiellen Determinismus?

Turns gibt es viele in der Geschichtswissenschaft. Ihr Rhythmus scheint sich mit der Beschleunigung der globalisierten Welt selbst zu beschleunigen. Wir erleben “Gleichzeitigkeiten” (Achim Landwehr) von Wenden bezüglich der Interessenschwerpunkte, Theorien und Methoden.

Mir scheint aber, dass diese turns mehr gemeinsam haben, als es auf den ersten Blick scheint. Nicht immer, wenn in der Historiographie eine neue Seite aufgeschlagen wird, beginnt auch immer ein neues Kapitel. An vier Punkten will ich versuchen, die Gleichartigkeiten der turns seit der kulturalistischen Wende der 1970er Jahre (in Frankreich und Italien) bzw. der 1990er Jahre (in Deutschland) zu bezeichnen. Meine Einlassungen zu diesen vier Merkmalen der aktuellen Kulturgeschichte sind freilich nur flüchtige Überlegungen – zumal auch ich eigentlich auf der kulturwissenschaftlichen Methodenseite stehe.

1. Mikrostudien. Der große räumliche Wurf wird nur mehr selten gewagt. Die Skalierung von Studien bezieht sich auf kleinteilige Räume: Städte, Landgerichte, kleine und mittlere Reichsterritorien oder Regionen, einzelne Klöster oder Zwischenräume wie Fenster, Brücken und Türen. Freilich gibt es Ausnahmen, die mir in der französischen Forschung mit ihrer alten Tradition der grands espaces noch am häufigsten scheinen. Aber auch dort herrscht der Mikrotrend. Friaul mit Käse und Würmern statt totaler Mittelmeergeographie.

2. Eher kurze Dauer.
100 Jahre sind lang, länger werden nur Minimalthemen oder (quellenmäßg) rare Phänomene behandelt. Thesen, die mehrere Jahrhunderte umfassen, werden seltener – abgesehen von den wild wuchernden Epochen-Überblicksbänden für Studienanfänger. Ein zeitlicher und auch konzeptuell fassbarer Großblick à la temps des réformes eines Pierre Chaunu würde womöglich nicht mehr ernst genommen werden.

3. Materialität und Grundbedingungen. Eigentlich erlebt Materialität gerade wieder ein Comeback, allerdings in einer kulturalisierten theoretischen Form. Es geht heute um die Wahrnehmungen und Bedeutungszuschreibungne zu Artefakten, deren “Materialität und Präsenz” in Ding-Raum-Mensch-Geflechten. Was ich aber meine, ist eine andere Art von Materialität: natürliche, geographische, ökonomische, klimatische Bedingungen für die Lebenswelt der Menschen. Grundbedingungen im eigentlichen Sinne, die menschliches Handeln und Wahrnehmen prägen, möglich machen, formen und konditionieren. So unkonstruktivistisch wie möglich!

4. Wehe den Determinsimen…! rufen dann viele. Der Mensch sei der Ort der Geschichte und allen Handelns, Wahrnehmens, aller Bedeutung und Sinnhaftigkeit. Aber müsste die Postmoderne nicht ein wenig von diesem anthropozentrischen Geschichtsbild abrücken? Ist es nicht tatsächlich so, dass Berge mit ihren klimatisch-geographischen Bedingungen die Landwirtschaft, Ökonomie und sogar die Zahl der Menschen dort stärker beeinflussen als umgekehrt? Präzise gefragt: Konstruiert der Mensch den Berg oder nicht doch der Berg den Menschen? Ist Geschichte bis zur Moderne nicht eine der langen Zeit und starren (da, ja, determinierten) faktischen Strukturen?

So sind doch die meisten aktuellen turns keine historiographischen Wenden, die in Bedeutung und Umbruch dem Wandel von der Politik- zur Sozial- zur Kulturgeschichte gleichen würden. Seit der kulturalistischen Wende, beginnend mit den mental und linguistic turns, schwanken Interessen. Die Grundausrichtungen aber bleibt.

Kann es überhaupt etwas anderes geben als die aktuelle kulturalistisch-anthropologische Geschichtsschreibung? Vielleicht täte es gut, mal wieder einen Blick in seinen Braudel oder – für die Deutschen – ihren Wehler zu werfen. Was mir vorschwebt ist freilich keine Rückkehr zur alten Sozialgeschichte der 1950er und 60er Jahre. Aber ein verstärkter Rückgriff auf längere Dauern, größere Räume, essentiell-materielle Lebensbedingungen und Determinismen für das menschliche Leben in der Vormoderne wäre womöglich eine Perspketive. Nicht zuletzt, um mal wieder einen fundierten und fruchtbaren Theorie- und Methodenstreit in der forschenden Zunft zu provozieren. Denn der vergangene Historikertag in Mainz war doch arg harmonisch.

Fernand Braudel, der Entdecker der longue durée und des Mittelmeers.

Quelle: http://catholiccultures.hypotheses.org/205

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Datenbank: Personen im Nekrolog von Saint-Victor de Paris

Zu den Personen, derer im Nekrolog der Pariser Abtei Saint-Victor (über die Edition des Nekrologs wurde hier berichtet: http://ordensgeschichte.hypotheses.org/501) gedacht wurde, existiert eine prosopographische Online-Datenbank. In ihr ist eine große Anzal identifizierter und prosopographisch erschlossener Personen recherchierbar. Je nach Person und Forschungsstand kann eine Fülle von Detailinformationen in den jeweiligen Biogrammen abgerufen werden. Das können z. B. Ämter in Konventen, Verwandtschaftsbeziehungen, Bildungsstand, Werke und Schenkungen der verstorbenen Person an die Abtei Saint-Victor sein – Quellen- und Literaturbelege werden angegeben. Eine Datenbank mit Informationen zu [...]

Quelle: http://ordensgeschichte.hypotheses.org/567

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Wegweisung und Kirchenarrest anno 1665

Ehetrennungen verliefen selten reibungslos. Bei Nicht-Befolgung von Vorladungen, wenn eine Person flüchtig war oder gerichtliche Auflagen ignorierte, ersuchte das Konsistorium häufig um die Amtshilfe weltlicher Obrigkeiten. Seltener finden sich Belege, dass das Kirchengericht selbst zu Zwangsmaßnahmen griff.

Im Juni 1665 hielt es Ursula Grieblerin mit ihrem gewalttätigen Ehemann nicht mehr aus. Nachdem Lucas Griebler selbst zugegeben hatte, seine Frau immer wieder zu schlagen, gewährte das Wiener Konsistorialgericht eine zweijährige Trennung mit der Auflage, dass Lucas Griebler bey arrestierung seiner persohn sich der klägerin ihrer persohn und ihres zimmers und cohabitation gänzlich enthalten solle. Dies wollte er nicht akzeptieren, sondern protestierte direkt vor Gericht, er wöll geich in ihr zimmer heimbgehen. Das Konsistorium sah sich genötigt, Lucas Griebler wegen seines truzes vom Cursor in Arrest nehmen und ihn bei Wasser und Brot so lang eingesperrt zu lassen, bis er Besserung gelobe. Nach vier Tagen wurde er schließlich entlassen.

15. Juni 1665
Grieblerin Ursula contra maritum Lucasen Griebler.
Actrix enormem saevitiam und zeigt lividos oculos, wie ers erbärmlich tractirt, begehrt von ihm nichts, sondern nur ein toleranz.
Reus bekhendt sie also geschlagen zu haben, erzelt, wie er arrestirt gewesen, wehr sie nicht zu ihm khomen, hette nichts geschickht, sie seye ein böß weib.
Conclusum: Weil die üble tractation in confesso und auß allen umstendten khein besserung, sondern noch mehreres übl zu besorgen, ist ein toleranz auff zwey jahr verwilligt, entzwischen dem mann aufferelget, daß er bey arrestierung seiner persohn sich der klägerin ihrer persohn und ihres zimmers und cohabitation gänzlich enthalten solle.
Reus will in die toleranz kurzumb nit verwilligen, sondern erclärt sich außtruckhentlich, er thue es nicht, sondrn, ist also balden in arrest verschafft, und dem cursori aufferelegt worden, daß er ihm nichts anders, alß wasser und brodt volgen lassen solle, biß das er sich bessert.
Ist in arrest verblieben biß 19ten dits, an wellchem der arrestierte auf sein erbietten und anglieben, das er sie weder mit wortt noch werkhen nicht offendieren, auch nicht in ihr zümmer khumen wölle, erlassen worden, doch stehet ihm sein beschwähr, da er eine zu haben vermeint, bevohr.


Quelle: http://ehenvorgericht.wordpress.com/2012/10/10/wegweisung-und-kirchenarrest-anno-1665/

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Passig/Lobos Internetbuch for free

Da ich darüber gestolpert bin und ich bislang nirgendwo sonst einen Hinweis darauf gefunden habe, entblöde ich mich nicht, am viralen Marketing teilzunehmen:

Kathrin Passigs und Sascha Lobos neues Internet-Buch (nicht frei zugängliche Rezensionen in der aktuellen Zeit-Literaturbeilage und heute in der FAZ) gibt es als EPUB zumindest bei thalia.de und thalia.at zum Preis der Hergabe der eigenen Daten und Euro 0.

Passig, Kathrin/Lobo, Sascha: Internet. Segen oder Fluch. Berlin: Rowohlt, 2012.

Quelle: http://adresscomptoir.twoday.net/stories/158962019/

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Nachgefragt | Der verkürzte, dreijährige Geschichtsunterricht in der Sek I Gymn. NRW – das Fach Geschichte fünf Jahre nach Einführung des Kernlehrplans


In den letzen Tagen wurde in diesem Blog die Frage nach einem chronologischen oder themenorientierten Geschichtsunterricht in der Sek I aufgeworfen. Daniel Bernsen hat in seinem Blog Medien im Geschichtsunterricht das neue, innovative Konzept des zukünftigen Lehrplans Geschichte für Rheinland-Pfalz zur Diskussion gestellt.

 

Vor gut fünf Jahren trat im Zuge von G8 der Kernlehrplan Geschichte für das Gymnasium NRW (KLP) in Kraft. Wichtigste Änderung war die Verkürzung des Geschichtsunterrichts auf drei Jahre bei einem im Wesentlichen beibehaltenen vollständigen chronologischen Durchlauf. Die naheliegende Epocheneinteilung Antike – Mittelalter – Neuzeit – Zeitgeschichte in bisher vier Schuljahren wurde aufgegeben. Seither reicht das erste Geschichtsjahr (5. oder 6. Klasse) von der Anfangsgeschichte bis zum Hochmittelalter, das zweite Geschichtsjahr (7. oder 8. Klasse) vom Spätmittelalter bis zum Ersten Weltkrieg sowie das dritte Geschichtsjahr (9. Klasse) vom Epochenjahr 1917 bis zu Aspekten der jüngsten Vergangenheit. Zusätzlich wurden je drei Inhaltsfelder Was Menschen früher voneinander wussten und heute voneinander wissen implementiert. Der KLP verfolgt ein kompetenzorientiertes Modell, das allerdings unter politikdidaktischer Domäne und mit dem Ziel der Vereinheitlichung der Kompetenzbegriffe in Erdkunde, Politik/Wirtschaft und Geschichte die Begriffe Sachkompetenz – Methodenkompetenz – Urteilskompetenz – Handlungskompetenz vorgibt.

Fünf Jahre seit der Einführung sind ein angemessener Zeitraum um zu fragen, wie der Geschichtsunterricht am Gymnasium NRW gegenwärtig dasteht. Fünf Punkte und Aspekte scheinen maßgeblich. Es wäre hilfreich (um z.B. die Frage chronologischer oder themenorientierter Geschichtsunterricht weiterzudenken) hierzu noch mehr (als die auf langjährige Berufserfahrung und mehrere Gespräche zurückgehenden) Eindrücke “aus der Praxis” zu gewinnen.

  1. Sind die vorgegebenen Inhaltsfelder zu schaffen? Viele Kolleg_innen berichten, das besonders das Mittelalter (Endphase 1. Geschichtsjahr /Anfangsphase 2. Geschichtsjahr) kaum mehr berücksichtigt wird, genauso das späte 19. Jahrhundert/der Erste Weltkrieg (Endphase 2. Geschichtsjahr /Anfangsphase 3. Geschichtsjahr) sowie Aspekte der Zeitgeschichte, z.B. BRD/DDR, deutsche Vereinigung (Endphase 3. Schuljahr).
  2. Sind die Inhaltsfelder altersangemessen? Auf den Implementierungsveranstaltungen zum KLP 2007 und 2008 wurde die These vertreten, dass im Grunde jede Epoche in jeder Altersstufe bei angemessener didaktischer Reduktion behandelt werden könne. Auffällig bei der Durchsicht der (2007ff. in großer Eile herausgegebenen) Schulbücher ist aber, dass dieselben Inhalte, die früher beispielsweise in der 9. Klasse behandelt wurden (Revolutionen, politische Ideen, Imperialismus) jetzt im zweiten Geschichtsjahr (7. oder 8. Klasse) durchgenommen werden – und die Schulbücher dabei teilweise schlicht “umetikettiert” wurden. Besonders abstrakte historische Kategorien wie z.B. Staatsform oder Ideologien sind in der Jgst. 7 oder 8 schwer(er) zu verstehen.
  3. Sind die historischen Zugänge vielfältig genug? Zwar bieten besonders die Inhaltsfelder Was Menschen früher voneinander wussten und heute voneinander wissen auch einige alltags- oder mentalitätsgeschichtliche Zugänge, fallen aber häufig aus Zeitgründen unter den Tisch. So bleibt beim engen Zeitrahmen im chronologischen Durchlauf der Fokus vorwiegend auf Ereignis- und Politikgeschichte, dabei oft aus Perspektive von Nationengeschichten, beschränkt.
  4. Ist das zugrundeliegende Kompetenzmodell (lern-)zielführend? Die Debatte über Kompetenzen wurde von außen an die Fachdidaktiken herangetragen; innerhalb der Geschichtsdidaktik gibt es bis heute kein Konzept, das sich nach über zehnjähriger Debatte herauskristallisiert hat. Das hat einer Wertschätzung des Kompetenzbegriffs seitens vieler Lehrer_innen ohnehin nicht geholfen. Kann das – zudem nur teilweise fachspezifische – Konzept, das dem KLP zugrundeliegt, den Anspruch erfüllen, Geschichtsunterricht nicht nur instrumentell zu planen, sondern mittels didaktisch-methodischer Reflexion (über Ausbildung von Geschichtsbewusstsein, Problemorientierung, Gegenwartsbezüge usw.) auch Prozesse historischen Denkens anzuregen? Und können Lehrer_innen es in sinnvolle Unterrichtsplanungen übersetzen?
  5. Haben sich – angesichts des engen Zeitrahmens – Elemente kompetenzorientierten und stärker selbstständigen Lernens durchsetzen können? Kompetenzorientierter Unterricht, beispielsweise die sinnvolle, intensivere Beschäftigung mit Methoden historischen Lernens oder ein vielfältigerer Medieneinsatz brauchen genauso mehr Zeit wie (im NRW-Schulgesetz von 2006 gefordert) stärker auf Individualisierung und Differenzierung zielen Lehr-/Lernkonzepte. Lassen sich die Ausbildung von Kompetenzen oder individuelle Lernformen so mit Lernen historischer Sachinhalte verbinden, dass beiden Ansprüchen hinreichend Rechnung getragen wird?

 

empfohlene Zitierweise    Pallaske, Christoph (2012): Nachgefragt | Der verkürzte, dreijährige Geschichtsunterricht in der Sek I Gymn. NRW – das Fach Geschichte fünf Jahre nach Einführung des Kernlehrplans. In: Historisch denken | Geschichte machen | Blog von Christoph Pallaske, vom 9.10.2012. Abrufbar unter URL: http://historischdenken.hypotheses.org/1278, vom [Datum des Abrufs].

Quelle: http://historischdenken.hypotheses.org/1278

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Feyerabend und die Astrologie

Die Leitfrage meiner Dissertation lautet, in welcher Form die Astrologie im 16. Jahrhundert als Wissenschaft gepflegt wurde. Dabei boten auch die Thesen des österreichischen Wissenschaftstheoretikers Paul Feyerabend einen Anreiz, mich mit diesem Thema zu beschäftigen. Feyerabend äußerte sich einige Male … Weiterlesen

Quelle: http://astrologiefnz.hypotheses.org/149

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