Ansgar, Horik und die Wikinger – der Überfall auf die Hammaburg um 845 n. Chr. (Teil I)

Unerwartet und schnell seien sie mit sechshundert Schiffen die Elbe hinaufgefahren und hätten die Hammaburg, die erste Wehrbefestigung, die beim heutigen Hamburger Domplatz am Speersort gelegen war, umzingelt und erstürmt. Plünderung, Feuer und Zerstörung machten um 845. n. Chr. die Holzbefestigung den Erdboden gleich. Seeräuber, angeführt vom dänischen König Horik I., führten diesen Überfall aus, so der Chronist Rimbert, der das Leben des Bischof Ansgar, seinerzeit geistliches Oberhaupt des Bistumsitzes in der Hammaburg in der Vita Anskarii dokumentierte.1

Jeglicher Widerstand war zwecklos und eine koordinierte Verteidigung der Stadt war in der Kürze der Zeit ohne fränkische Hilfstruppen nicht möglich. Zudem war der Stadtpräfekt, Bernhard, Gaugraf von Stormann nicht in der Stadt, um die Verteidigung zu organisieren. Bevor nun die „heraneilenden Heiden“ sich daran machten die Stadt zu plündern und flüchtende Bewohner niederzumachen, konnten Teile der Bevölkerung unter der Leitung von Bischof Ansgar entkommen und kostbare Reliquien des Bistumssitzes aus der Stadt schaffen. Nach zwei Tagen Besetzung legten die Plünderer die Stadt samt Kirche und Klosteranlage in Schutt und Asche.2 Soweit der Bericht von Rimbert.

Doch warum enthalten die Schilderungen des Chronisten, nach heutigem Kenntnisstand einige Schönheitsfehler? Warum ist es unwahrscheinlich, ja gar zu verneinen, dass Horik I. die Hammaburg angegriffen hat, um, wie von Rimbert behauptet, dem fränkischen Kaiser Ludwig den Frommen offen den Krieg zu erklären? Können darüber hinaus Aussagen über die Angreifer, ihre Motive und den Hintergrund des Feldzugs getroffen werden?

Seit 830 n. Chr. standen die Franken unter Ludwig dem Frommen in engerem wirtschaftlichen Austausch mit dem dänischen Alleinherrscher Horik I., der eine offene Konfrontation mit den Franken verhindern wollte und in einer Beschwichtigungspolitik versuchte den zunehmend häufiger auftretenden Wikingereinfällen durch das Bestrafen der verantwortlichen Rädelsführer, Herr zu werden. Doch obwohl Horik auf eine friedliche Koexistenz der beiden Reiche bedacht war, forderte er 836 n. Chr. im Gegenzug für seine freiwillig getätigten Strafexpeditionen unter den dänischen Plünderern eine Entlohnung vom fränkischen Kaiser. 838 n. Chr. verlangte Horik aus gleichem Grund die Herrschaft über die Gebiete der Friesen und Abodriten.3 Doch Horiks Forderung war vermutlich seiner Unwissenheit über das fränkische Herrschaftswesen geschuldet: Das Gebiet der Abodriten lag nicht im fränkischen Zuständigkeitsbereich und das friesische Gebiet konnte nur von jemanden beherrscht werden, der sich der Oberherrschaft des Kaisers unterstellte. Hierzu war Horik nicht bereit.4

Aufgrund häufiger werdenden Wikingerüberfällen im Frankenreich bis 840 n. Chr., geriet Horik als alleiniger dänischer König gegenüber Ludwig dem Frommen zunehmend in Erklärungsnot. Fränkische Vergeltungsmaßnahmen standen kurz bevor. Doch wollte Horik die Eigendynamik der Wikingerüberfälle unterbinden, musste er gegen die Verantwortlichen vorgehen, was ihm aber zunehmend innere Oppositionen im dänischen Reich bescheren konnte.5 Die Raubzüge gefährdeten schlichtweg seine Hausmacht. Horik stand in zweifacher Hinsicht mit dem Rücken zur Wand.

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Bibliographie:

  1. Leben des heiligen Ansgar: zu dessen tausendjähriger Todesfeier am 3. Februar 1865. Hrsg.: Dreves, Leberecht/Rittinghaus, Eduard/Commans, Franz Heinrich. Übers.: Dreves,Lebrecht. Paderborn 1864. Kapitel 16, S. 55.
  2. Ebenda, Kapitel 16, S. 56.
  3. Helten, Volker: Zwischen Kooperation und Konfrontation. Dänemark und das Frankenreich im 9. Jahrhundert. Köln 2011. S. 202-203.
  4. Helten 2011. S. 204.
  5. Helten 2011. S. 204.

Quelle: http://jbshistoryblog.de/2014/12/ansgar-horik-und-die-wikinger-der-uberfall-auf-die-hammaburg-um-845-n-chr-teil-i/

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Ansgar, Horik und die Wikinger – der Überfall auf die Hammaburg um 845 n. Chr. (Teil II)

Wer verbarg sich hinter den Raubzügen um 845 n. Chr.?

Im Jahr 845 n. Chr. hatten die Plünderfahrten im Frankenreich zweifellos einen neuen Charakter erhalten: Richteten sich die Überfälle im Jahre 844 n. Chr. noch nicht ausschließlich gegen das Frankenreich, so erfolgten die Überfälle 845 n. Chr. planmäßig von West nach Ost gen Heimat gehend zunächst gegen westfränkische Gebiete in Paris und Saintonage in Aquitanien, dann gegen Friesland im Mittelreich und schließlich gegen das ostfränkische Hamburg.1 Im Jahr 845 n. Chr. wurde nun jedes der fränkischen Teilreiche von Überfällen heimgesucht. Womöglich von ein und demselben Wikingerverband durchgeführt, waren im Jahr 845 n. Chr. die überfallenen Regionen den Angreifern durch die fränkisch-dänischen Handelsbeziehungen hinreichend bekannt.2

Die Raubzüge im fränkischen Reich deuteten zunächst auf reine Beutezüge, nicht aber auf Eroberungsfeldzüge hin. Einzig und allein der Überfall auf die Hammaburg wies nicht nur wirtschaftliche Motive von Plünderung auf, sondern deutete auf politische Expansionsbestrebungen hin. Nach der Teilung des Frankenreichs 843 n. Chr. hatte die militärische Macht der Franken sichtlich nachgelassen. Hamburg, die Siedlung an der Elbe war im noch vereinten Frankenreich ein bedeutender Vorposten und sicherte fränkische Interessen in Nordalbingien. Fiel Hamburg, konnten die im Norden angrenzenden Dänen leicht ihr Territorium ausweiten und den fränkischen Einfluss im Norden brechen.3

Die Planmäßigkeit und Vielzahl der Überfälle im Jahre 845 n. Chr. und mögliche Absichten der territorialen Expansion beim Überfall auf Hamburg, deuteten zunächst auf Horik als Urheber hin. Insgesamt bestand der Erlös der Überfälle im Frankenreich aus Beutegütern, Lösegeldern und Sklaven. Neben bereits genannten Gefahren durch dänische Aufrührer und möglichen fränkischen Vergeltungsschlägen, stand für Horik, ökonomisch gesehen, der Umfang der Beuteerlöse nicht im Verhältnis zu dem Risiko der fränkischen Vergeltung und vor allem zu dem Versiegen seiner wichtigsten Einnahmequelle – dem Handel im dänischen Raum und mit den Franken.4

Warum sollte also Horik die Raubzüge im Frankenreich und gegen Hamburg, wie von Rimbert behauptet, durchführen und sich damit selbst schaden? Die Umstände und Hintergründe des Überfalls auf die Hammaburg im Jahre 845 n. Chr. geben hierzu weitere Aufschlüsse.

Unmittelbar nach dem Überfall auf Hamburg gab es einen Feldzug von Ludwig dem Deutschen gegen die Nordwestslawen, vermutlich gegen die Abodriten, gegen die der fränkische König bereits im Jahre 844 n. Chr. gekämpft hatte. Möglicherweise führten die Slawen im Jahre 845 n. Chr. gemeinsam mit den dänischen Wikingern die Überfälle im Frankenreich durch. Der Überfall auf die Hammaburg erfolgte jedoch von Wikingern, da er von See aus, unvermittelt und äußerst schnell, aufgrund von besten Ortskenntnissen, erfolgte.5 Die Gesamtorganisation der Raubzüge im Frankenreich um 845 n. Chr. muss konsequenterweise auch von Wikingern bzw. von einem Wikingerfürsten koordiniert worden sein. Der 845 n. Chr. bei den Raubzügen im Frankenreich betriebene Aufwand an Organisation, Material und Kriegern sowie die Koordination, Kombination und das Ausmaß der Raubzüge mussten vom Wikingerfürsten gesteuert worden sein, die für die Durchführung einer solchen Reihe von Überfällen über ausreichend Macht und Ressourcen verfügten.

Laut den Annales Xantenses war jedoch nicht Horik, sondern ein gewisser Rorik, Mitglied der dänischen Königssippe, der 850 n. Chr. als Lothars (I.) Gefolgsmann Karriere im mittleren Frankenreich machte, Drahtzieher der Überfälle im Jahre 845 n. Chr.. Dieser wurde von den Annales Xantenses irritierender weise als rex bezeichnet. Sein princeps war demnach der Wikingerfürst Reginher.6 Trotz mancher Detailtiefe und Kenntnisse der dänischen Königssippe wird Horik I. in den weiteren Erzählungen der Annales Xantenses nicht namentlich erwähnt, sondern nur in der Erläuterung der Thronfolge im dänischen Königshaus umschrieben. Horiks Name und Person scheint dem Verfasser der Annalen unbekannt gewesen zu sein. Horiks Todesjahr datiert er fälschlicherweise auf das Jahr 856 n. Chr. und nennt auch bei dieser Erläuterung nicht seinen Namen. Rorik erwähnt der Verfasser der Annalen hingegen mehrfach namentlich und berichtet von ihm im Zusammenhang mit den Überfällen von 845 n. Chr. und als Gefolgsmann von Lothar I. im fränkischen Mittelreich 850 n. Chr..7

Es sprechen drei Aspekte dafür, dass nicht Horik, sondern Rorik Drahtzieher der Überfälle im Jahre 845 n. Chr. war. 1. Horiks Machtstellung im dänischen Königreich, das durch die Überfälle auf das Frankenreich gefährdet war, 2. Horiks politisches und wirtschaftliches Verhältnis zu den Franken war durch die Überfälle gefährdet und schuf die konkrete Gefahr von fränkischen Vergeltungsschlägen, 3. Horik führte jahrelang eine konsequente Beschwichtigungspolitik gegenüber den Franken. Laut der Annales Bertiani und den Fuldaer Annalen beschwichtigte Horik auch nach dem Überfall auf die Hammaburg, den König des Ostfrankenreichs, Ludwig den Deutschen.8

Motive für die Überfälle 845 n. Chr. im Frankenreich

In den Jahren von Horiks Herrschaft waren für dänische Wikingerfürsten und Verwandte von Horik (z. B. Gudurm, Neffe von Horik) ein nennenswerter Machtzuwachs, das Scharen einer kampferprobten Kriegerschaft und materieller Reichtum nur über die Zuweisung von materiellen Gütern (beneficia) seitens Horiks, Raubzüge im Ausland oder aber über die konkrete Zusammenarbeit mit den Franken möglich.9 Letztere beide Aspekte stimmen mit Roriks Werdegang in den Jahren 845 n. Chr. bis 850 n. Chr. überein. Der Bericht der Annales Xantenes wirkt an dieser Stelle glaubwürdiger als der Bericht Rimberts in der Vita Anskarii.

Horik war während seiner Herrschaft stets darauf bedacht den Austausch und Kontakt mit den Franken aus wirtschaftlichem Interesse zu halten. Auch der Bau einer Kirche im dänischen Hedeby durch Ansgar um 850 n. Chr. war rein wirtschaftlichen Interessen geschuldet und belebte die Handelsaktivitäten in der Region Schleswig-Hedeby. Horik vermittelte weiterhin erfolgreich bei Ansgars Schwedenmission, um das belastete Verhältnis zu den Franken zu verbessern. Obwohl laut Rimbert zwischen Horik und Ansgar über die Jahre eine große Vertrautheit entstand, konnte Ansgar Horik nicht für das Christentum gewinnen. Ein wichtiges Ziel Ansgars war somit verfehlt.10

Mit manchen Indizien des Überfalls auf die Hammaburg, wie der geografischen Nähe, der Möglichkeit auf politische Expansion und der Tatsache, dass die Überfälle 845 n. Chr. von einem mächtigen Wikingerfürsten durchgeführt werden mussten, passte Horik als Drahtzieher für Rimbert perfekt ins Raster. Als Rimbert, der Vitenschreibers Ansgars, um 876 n. Chr. die Vita Anskarii verfasste, musste er sich an Horiks persönliche Verschlossenheit gegenüber dem Christentum erinnern. Doch statt dies zu erwähnen, feierte Rimbert Ansgar als denjenigen, der einen ehemaligen heidnischen Kirchenzerstörer von 845 n. Chr. und heidnischen Plünderer zum Kirchenstifter im Jahre 850 n. Chr. und Unterstützer der christlichen Kirche in Skandinavien machte. Rimberts Darstellungen der „Leistungen des Heiligen [Ansgars] in den schillerndsten Farben“11 erhielten somit keine Schönheitsfehler.

 

Empfohlene Zitierweise: Blümel, Jonathan (2014): Ansgar, Horik und die Wikinger – der Überfall auf die Hammaburg um 845 n. Chr. In: JBSHistoryBlog.de. URL: http://jbshistoryblog.de [Zugriff: DD:MM:YYYY]

 

Bibliographie:

  1. Helten 2011. S. 210.
  2. Helten 2011. S. 210.
  3. Helten 2011. S. 210.
  4. Helten 2011. S. 209.
  5. Helten 2011. S. 212-213.
  6. Helten 2011. S. 216. Anm.: Wikingerfürsten während der Überfälle als Könige zu bezeichnen war typisch in der fränkischen Historiographie.
  7. Helten 2011. S. 215.
  8. Helten 2011. S. 211.
  9. Helten 2011. S. 217.
  10. Helten 2011. S. 205-206.
  11. Helten 2011. S. 205.

Quelle: http://jbshistoryblog.de/2014/12/ansgar-horik-und-die-wikinger-der-uberfall-auf-die-hammaburg-um-845-n-chr-teil-ii/

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Mit den Greifen über Schweden

Malmö Aviation auf dem Flughafen von Umeå Foto: CC-BY Michael Meichsner

Malmö Aviation auf dem Flughafen von Umeå
Foto: CC-BY Michael Meichsner

Gullydeckel der Kommune Malmö im Museum Malmöhus slott Foto: CC BY Michael Meichsner

Gullydeckel der Kommune Malmö im Museum Malmöhus slottFoto: CC-BY Michael Meichsner

 

Auf meinem letzten Inlandsflug in Schweden war der pommersche Greif ein Begleiter, den ich nicht unbedingt erwartet hatte. Die schwedische Fluggesellschaft Malmö Aviation trägt den gekrönten pommerschen Greifen in ihrem Firmenlogo und auch die Bordzeitung des Unternehmens trägt den kurzen Titel Grip, also Greif.

Bei genauerer Betrachtung ist der Greif in und um Malmö ein ständiger Begleiter: Er wird von weiteren Firmen genutzt, die ihren Sitz in Schonen haben bzw. hatten: Die Lundenser Studentenverbindung Malmö Nation nutzt ihn als Symbol und benennt ihre Studentenzeitung auch nach dem Greifen. Die Suche schweift von der Luft zum Boden – auch die Gullydeckel in Malmö zeigen den Greifen.

Der Anfang dieser Darstellungsbegeisterung ist in der Wappenverleihung Eriks von Pommern an Malmö 1437 zu suchen. In dem erhaltenen Privileg heißt es, die Gemeinde Malmö solle für immer die beschriebenen Wappen und Kleinodien auf ihrem Siegel und Schild führen. Folgend wurde das Wappen näher beschrieben: auf weißem Feld ein roter Greifenkopf mit rotem Hals und roten Ohren mit einer goldenen Krone auf dem Haupt sowie auf dem Helm ebenso ein rotes Greifenhaupt mit einer goldenen Krone sowie einem Busch weißer und roter Straußenfedern. Zur genaueren Beschreibung findet sich auf dem Wappenprivileg eine Zeichnung dieses Wappens.

 

Wappenbrief Malmös vom 23.04.1437, Stadtarchiv Malmö Foto: CC BY-SA Sven Rosborn

Wappenbrief Malmös vom 23.04.1437, Stadtarchiv Malmö
Foto: CC-BY-SA Sven Rosborn

Nach einer kurzen Recherche zeigt sich, dass das Malmöer Wappen heute das einzige offizielle Kommunalwappen in Schweden ist, das den Greifen zeigt und somit auf die Zeit des ersten Unionskönigs der Kalmarer Union zurückgeht. Auf der Ebene der schwedischen Regionen findet sich noch das Wappen Schonens, das ebenso den Greifen zeigt. Dieses geht jedoch auf spätere Entwicklungen zurück, als Schonen nach 1658 an Schweden fiel und kein eigenes Wappen hatte. Zur Repräsentation der neugewonnenen Landschaft auf dem Begräbnis Karls X. Gustav 1660 wurde kurzerhand ein neues geschaffen, wobei man sich an dem Wappen Malmös orientierte. In Dänemark findet sich kein einziges Kommunalwappen, welches auf die Herrschaft des Greifen Erich von Pommern zurückzuführen ist.

Die Privilegierung Malmös steht in Zusammenhang mit einer Konzentration des Königs aus dem Greifengeschlecht auf die Öresundregion. Seit März 1413 stärkte Erik von Pommern diese Region in wirtschaftlicher, militärischer und politischer Hinsicht. Er gründete die Stadt Landskrona, befestigte die östliche Seite des Öresunds mit der Festung Krogen und verlagerte die Stadt Helsingör. Darüberhinausgehend erwarb er Kopenhagen für das dänische Königtum. In Malmö verlieh er dem Rat weitere Privilegien und sorgte für die Befestigung der Stadt.

Die visuelle Anbindung Malmös an das Herrscherhaus der Greifen ist in Spannungen innerhalb der Kalmarer Union zu suchen. Erik von Pommern entstammte dem Geschlecht der pommerschen Herzöge aus der Seitenlinie der Herzöge von Pommern-Stolp und erhielt zunächst den typischen Namen Bogislaw. Durch dynastische Zufälle und die energische Politik seiner Ziehmutter Margrete I. von Dänemark avancierte der junge Pommer zum Thronfolger in Dänemark, Schweden und Norwegen als Erik VII., Erik XII. und Erik III. Ab 1397 war er Regent der Kalmarer Union, die diese drei Königreiche zusammenfasste. Nach dem Tod Margaretes I. 1412 war Erik Alleinregent, wobei er die Interessen der verschiedenen Reichsräte stets in seine Politik mit einkalkulieren musste. Solange der Interessenausgleich funktionierte waren keine größeren Spannungen innerhalb der Union festzustellen. Dies wandelte sich jedoch in den 1430er Jahren. In Schweden brach 1434 ein Aufstand aus, der sich zunächst gegen eine Erhöhung von Abgaben richtete. Diesem Aufstand schlossen sich schwedische Hochadlige an, wobei nun v.a. die zentralistische Regierungsweise Eriks mit der Bevorzugung nichtschwedischer Adliger für schwedische Reichsgüter und dessen Thronfolgepläne für die drei nordischen Königreiche im Mittelpunkt standen. Zunehmend vehementer versuchte der König eine pommersche Thronfolge für die Unionsreiche durchzusetzen. Ins Auge fasste er dabei seinen Cousin Bogislaw IX., der auch im oben erwähnten Wappenbrief Malmös als Thronfolger genannt ist. Angesichts dieser Politik einer Bevorzugung pommerscher Verwandter des Königs – Bogislav wurde mit bedeutenden Burgen und Besitzungen in Dänemark bedacht – brach auch Unmut im dänischen Reichsrat aus.

Auch wenn 1436 ein Ausgleich zwischen Erik und dem schwedischen Reichsrat erzielt werden konnte, waren die Probleme, die Erik mit dem Adel seiner Reiche hatte, nicht vollständig ausgeräumt. Auch in Dänemark wuchs 1438 die Unzufriedenheit mit Eriks zentralistischem Regierungsstil und seinen Plänen, die Greifen als Erben der Unionskönigswürde zu installieren. Der Konflikt zwischen den Mitgliedern der Reichsräte und Erik von Pommern kulminierte schließlich 1439 in der aufeinander folgenden Absetzung Eriks  als König in Dänemark und Schweden. Die Norweger schlossen sich dieser Entscheidung später an – die Union zwischen den Reichen sollte aber fortbestehen. Die Wappenverleihung an Malmö ist in diesem Kontext als Versuch des Königs zu verstehen, in einer schwierigen Zeit Verbündete in einer der wichtigsten Handelsstädte der Öresundregion zu gewinnen.

Um den Konflikten in seinen Reichen zu entgehen und um eine zentrale Position im Ostseeraum einzunehmen, zog sich Erik 1438 nach Gotland zurück. Von dort aus versuchte er bis 1449 weiterhin Einfluss auf die Entwicklungen innerhalb der Kalmarer Union zu nehmen. Gotland war auch schon vorher ein sicherer Hafen für Erik. Das Privileg für Malmö wurde1437 so auch auf der Visborg abgefasst – seit dem ersten Viertel des 15. Jahrhunderts eine der bedeutendsten Burganlagen des Ostseeraums. Seinen Lebensabend verbrachte Erik schließlich wieder als Herzog von Pommern-Stolp, er starb 1459 in Rügenwalde/Darłowo.

An die Zeit des Unionskönigs aus dem Greifengeschlecht erinnern also noch heute der Greif im Stadtwappen Malmös oder die Fluggesellschaft Malmö Aviation. Auch wenn Erik von Pommern seine Königswürde am Ende verlor, ist es noch möglich mit dem König  über Schweden und die Ostsee zu reisen…

Malmö Aviation über Schweden Fotos: CC BY Michael Meichsner

Malmö Aviation über Schweden
Fotos: CC BY Michael Meichsner

Quelle: http://nordichistoryblog.hypotheses.org/2715

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Abraham und die Sterne am Himmel

Undank ist der Welten Lohn! Da ruft die GEO in einem Sonderheft die 100 größten Forscher aller Zeiten aus und übergeht dabei den größten, weil ersten, Forscher. Die Rede ist natürlich vom Begründer der Astronomie: von Abraham.

“Moment”, wird jetzt sicher der eine oder andere denken, “Abraham?” Als Stammvater der Israeliten kennt man ihn aus der Bibel, aber nun auch Stammvater der Astronomen, das scheint doch arg weit hergeholt.

Abraham als Vater der drei Weltreligionen. Moulins, bibliothèque municipale classée, Manuscrit 1, f. 256r. 12. Jahrhundert.

Abraham als Vater der drei Weltreligionen. Moulins, bibliothèque municipale classée, Manuscrit 1, f. 256r. 12. Jahrhundert.

Ist es auch, und zwar aus der jüdischen Antike, genauer den Antiquitates Judaicae, den Jüdischen Altertümern des Flavius Josephus.1 Dieser schrieb über Abraham, der zunächst in Chaldäa lebte, folgende Zeilen:

(158) Eine Erwähnung unseres Vaters Abraham findet sich bei Berosos, nicht namentlich, aber mit folgenden Worten: Nach der Sintflut, in der zehnten Generation, gab es bei den Chaldäern einen gerechten und bedeutenden Mann, erfahren auch in Himmelskunde.“ ((Flavius Josephus: Antiquitates Judaicae, 1,1-2,200. Vorveröffentlichung der Übersetzung des Institutum Judaicum Delitzschianum, 1,154-157, S. 21.))

Und weiter:

(154) Abraham […] gewann ungeheuer leicht Einsicht in alle Dinge und wirkte überzeugend auf alle, die ihm zuhörten und ging in seinen Einschätzungen nie fehl. (155) Daher begann er mehr als die anderen über Tugend nachzudenken und beschloss daraufhin, das allgemein übliche Gottesverständnis neu und anders zu fassen. So wagte er als erster, zu lehren, dass Gott Schöpfer des Alls sei, einer; und wenn von den übrigen (Mächten) eine etwas zum Lebensglück beitrage, tue dies jede nach seiner Anordnung und nicht aus eigener Kraft. (156) Er schloss das aus den wechselnden Vorgängen auf Erde und Meer und all dem, was sich mit Sonne, Mond und allen Himmelskörpern abspielt: Hätten sie (eigene) Kraft, würden sie ihre eigene Ordnung selbst regeln (so lehrte er); doch dass sie über keine solche verfügten, sei offensichtlich, und gar nichts zu unserem Nutzen beitragen könnten aus eigener Vollmacht, sondern dass sie entsprechend der Stärke des (ihnen) Befehlenden Dienst leisten müssten, dem gebührenderweise allein die Ehre und der Dank zu erweisen seien. (157) Als deswegen die Chaldäer und die übrigen Mesopotamier sich gegen ihn erhoben, hielt er es für gut umzusiedeln und bekam nach dem Willen und mit der Hilfe Gottes das kanaanäische Land; dort ansässig geworden, errichtete er einen Altar und brachte Gott ein Opfer dar.2

Abraham war nach Flavius Josephus nicht nur ein Experte in der Astronomie, mit Hilfe seiner Sternkunde erfand er nebenbei auch noch den Monotheismus (man beachte die Reihenfolge!). Daneben war Abraham exzellent in der Lehre, wovon vor allem die Ägypter profitierten.

(166) Die Ägypter hatten (damals) an anderen Sitten Gefallen (als andere) und machten die Lebensregeln anderer schlecht, wurden deswegen (sogar) unter sich feindselig; da besprach er sich mit ihrer jedem, spottete über die Begründungen, die sie für ihre eigenen (Ansichten) vorbrachten, und wies nach, dass sie gehaltslos waren und nichts Wahres an sich hatten. (167) Er wurde folglich von ihnen bewundert in diesen Zusammenkünften als überaus verständig und als ein Mann mit enormer Begabung nicht nur nachzudenken, sondern auch mit seinen Worten zu überzeugen in allem, was er zu lehren sich vornahm; so schenkte er ihnen die Arithmetik und vermittelte ihnen die gesamte Astronomie. (168) Denn vor dem Kommen Abrahams nach Ägypten waren die Ägypter in diesen Dingen unwissend; von den Chaldäern kamen sie nach Ägypten, von wo sie auch zu den Griechen gelangten.3

Das astronomische Wissen der Antike, der Ägypter und Griechen sei also weniger deren eigener Verdienst, sondern ginge in Wahrheit auf Abraham zurück. Damit ist es letztlich gar nicht heidnischen Ursprungs, sondern wurzelt im monotheistischen Judentum und dient auch als Möglichkeit der Gotteserkenntnis.

Ab dem 11. Jahrhundert tritt Abraham übrigens vermehrt als Nutzer eines astronomischen Instruments auf, von dem hier schon vermehrt die Rede war, dem Astrolab.4 Und das wohl nicht ohne Grund. Während Astronomie gerade im frühen Mittelalter vor allem auf tradiertem Buchwissen basierte (nicht nur, aber vor allem), begannen Gelehrte wie Hermann von der Reichenau und Wilhelm von Hirsau mit der Beobachtung und Messung des Sternenlaufes, unter anderem anhand des Astrolabs.5

Abraham mit Astrolab. Ausschnitt aus Paris, BNF Lat. 12117, f. 106r. 11. Jahrhundert.

Abraham mit Astrolab. Ausschnitt aus Paris, BNF Lat. 12117, f. 106r. 11. Jahrhundert.

Diese wissenschaftliche Tätigkeit stieß nicht überall auf Gegenliebe. Das lag wohl weniger an der Wissenschaftfeindlichkeit des Mittelalters, sondern an der Erwartung, dass Mönche sich eigentlich auf das Gebet konzentrieren sollten. Verdächtig war darüber hinaus auch die Herkunft des Wissens bzw. des Instrumentes, dem sich die Forscher bedienten: dem muslimischen Orient.6

Durch die Verbindung ihrer wissenschaftlichen Tätigkeit mit Abraham konnten monastische Wissenschaftler gleich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Sie entkräfteten zum einen den Vorwurf, einer heidnischen Tätigkeit nachzugehen; zum anderen stellten sie ihre wissenschaftliche Tätigkeit dem täglichen Gebet zumindest ein bisschen gleich. Wenn schon Abraham die Sternenkunde als Weg zur Gotteserkenntnis diente, konnte sie für den einfachen Mönch so falsch nicht sein.

Auch der alte Abraham hatte dadurch – Dank der Vermittlung des Flavius Josephus – seinen Anteil an der Entwicklung der modernen Naturwissenschaft. Ob das einen Platz unter den wichtigsten 100 Forschern in der GEO rechtfertigt, das sei anderen überlassen.

  1. Zu den Gründen, die Flavius Josephus zu dieser Verknüpfung von Abraham und Astronomie bewogen haben vgl. Reed, Annette Yoshiko: Abraham as Chaldean scientist and father oft he Jews. Josephus ant. 1.154-168 and the Greco-Roman discourse about astronomy/astrology. In: Journal for the Study of Judaism 35,2 (2004), S. 119-158.
  2. Ebd.
  3. Ebd., S. 22.
  4. Vgl. Borrelli, Arianna: Aspects of the astrolabe: architectonia ratio in tenth- and eleventh-century Europe. 2008, S. 170 und 212f.
  5. Vgl. Wiesenbach, Joachim: Wilhelm von Hirsau: Astrolab und Astronomie im 11. Jahrhundert. In: Schreiber, Klaus (Hg.): Hirsau St. Peter und Paul 1091-1991, Bd. 2. Stuttgart 1991, S. 109-154.
  6. Vgl. ebd., 145/146.

Quelle: http://quadrivium.hypotheses.org/355

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#wbgavie | Torsten Hiltmann: Heraldica Nova

Gastbeitrag von Torsten Hiltmann (Münster) anlässlich des Workshops „Bloggen in Geschichtswissenschaft und Archivwesen“, der am 10. November 2014 in Wien stattgefunden hat.

Die Heraldik wurde von Historikerinnen und Historikern für lange Zeit oft nur als selbstreferentielle Hilfswissenschaft betrachtet, die sich auf das Systematisieren und Kategorisieren von Wappen beschränkt. Dass jedoch das omnipräsente Phänomen der Wappen und die überlieferten Quellen mit Blick auf Kommunikation, Mentalitäten und Kultur des europäischen Mittelalters und der Frühen Neuzeit ein enormes Erkenntnispotenzial mitbringen, hat erst in jüngerer Zeit das Interesse der Forschung gefunden. Seitdem versuchen Forscherinnen und Forscher der Heraldik und der Geschichtswissenschaft im gegenseitigen Austausch gemeinsam, das Phänomen der heraldischen Zeichen aus der Perspektive der neuen Kulturgeschichte in ihren gesellschaftlichen Performanzen und Funktionen zu untersuchen. Durch das interaktive Medium des Blogs will das Heraldikportal „Heraldica Nova“ der Forschung zur Geschichte der heraldischen Kommunikation als Sprachrohr zur interessierten Öffentlichkeit dienen und den Aufbau eines internationalen Forschungsnetzwerkes fördern, indem es eine zentrale Kommunikationsplattform für den heraldisch-historischen Forschungsdiskurs anbietet.

Kulturgeschichte der Heraldik – neue Ansätze für alte Quellen

Der Blog „Heraldica Nova“, ins Leben gerufen 2013 von Torsten Hiltmann als Teil des von der VolkswagenStiftung geförderten Dilthey-Projektes „Die Performanz der Wappen“ an der Universität Münster, möchte die Chancen einer kulturwissenschaftlichen Auseinandersetzung mit heraldischen Zeichen mittels eines offenen Blogs dem akademischen und öffentlichen Diskurs zugänglich machen. Seit der Veröffentlichung im vergangenen Jahr kann der Blog bereits auf eine erfolgreiche Entwicklung zurückblicken: In mehr als 80 Beiträgen sind Einblicke in die laufende kulturwissenschaftlich-heraldische Forschung gegeben worden, die von rund 3.000 Besucherinnen und Besuchern pro Monat gelesen und kommentiert werden. Dies haben die Macher zum ersten Jubiläum als Anlass genommen, den Blog in seiner inhaltlichen Ausrichtung und seinen Angeboten gründlich zu überarbeiten und zu erweitern. Beschränkte sich der Blog anfangs auf mittelalterliche Heraldik, sind angesichts der epochenübergreifenden Bedeutung von Wappen für die vormoderne Gesellschaft nun auch frühneuzeitliche Forschungen ausdrücklich willkommen.

Inhalte: Projekte, Debatten, Hilfsmittel

Als Plattform einer neuen kulturwissenschaftlichen Heraldik versteht sich der Blog durch Ankündigungen und Berichte von Konferenzen sowie durch Überblicke und Rezensionen zu aktueller Literatur zum einen als Wegweiser im laufenden Forschungsdiskurs. Darüber hinaus werden nun auch Materialien und Ressourcen zur Verfügung gestellt, die bei der Erforschung heraldischer Zeichen von Nutzen sein können und einen Einstieg in die wenig bekannte Materie geben. Dies schließt neben einem Überblick über die wichtigsten Zeitschriften und Bibliografien auch Datenbanken und Werkzeuge mit ein, die bei der Bestimmung von Wappen und dem Umgang mit heraldischen Begrifflichkeiten helfen können. Sammlungen digitalisierter Wappenbücher bieten einen einfachen Einstieg in die Quellen der heraldischen Forschung.

Online-Kommunikation als Forschungs- und Öffentlichkeitsarbeit

Vor allem aber versteht „Heraldica Nova“ sich als Plattform, auf der interessierte Forscherinnen und Forscher ausdrücklich aufgefordert sind, ihre eigenen Erkenntnisse zu veröffentlichen, neue Ideen vorzustellen und aktuelle Forschung und Literatur im Online-Gespräch mit den Kolleginnen und Kollegen zu diskutieren. Das Trägerprojekt „Die Performanz der Wappen“ an der Universität Münster stellt dabei nicht nur die notwendigen Ressourcen, sondern auch eine redaktionelle Betreuung der Beiträge sowie wissenschaftliche Ansprechpartner zur Verfügung. Der akademische Diskurs auf der Plattform des Blogs soll so die Potenziale der kulturwissenschaftlich-heraldischen Forschung einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich machen und ihre Vertreterinnen und Vertreter miteinander vernetzen. Leserinnen und Leser sind ausdrücklich dazu aufgerufen, diese Beiträge zu kommentieren. Im freien Austausch der Blog-Lesenden mit den Verfasserinnen und Verfassern entwickeln sich so oft fruchtbare Gespräche und wertvolle Impulse für die eigene Forschung, besonders dann, wenn das Wissen der mitlesenden Expertengemeinde unmittelbar angesprochen wird und über die Kommentarfunktion sofort antworten kann.

Sichtbarkeit durch Vernetzung

Das Medium des Blogs bietet auf diese Weise die Möglichkeit, nicht nur die Sichtbarkeit der eigenen Forschung zu erhöhen, sondern auch deren Vernetzung innerhalb der Fachwelt zu fördern. Dies gelingt, weil das Blog nahtlos mit anderen Online-Medien vernetzt und erreichbar ist: Über RSS-Feeds und Newsletter können Interessierte ebenso „am Ball bleiben“ wie über Twitter, Facebook und Google+.

Torsten Hiltmann ist Juniorprofessor für die Geschichte des Hoch- und Spätmittelalters und Historische Hilfswissenschaften am Historischen Seminar der Universität Münster. Hier leitet er u.a. das von der VolkswagenStiftung im Rahmen eines Dilthey-Fellowships geförderte Forschungsprojekt „Die Performanz der Wappen. Zur Entwicklung von Funktion und Bedeutung heraldischer Kommunikation in der mittelalterlichen Kultur (12.–15. Jahrhundert)“.

Quelle: http://bioeg.hypotheses.org/830

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Grafschaft Sponheim um 1620

Nachdem Gräfin Elisabeth von Sponheim-Kreuznach 1417 kinderlos starb, erlosch die Linie Kreuznach und damit die so genannte “Vordere Grafschaft” Sponheims, die die Städte und Ämter Kirchberg, Koppenstein, Kreuznach und Naumburg umfasst hatte. Ein Fünftel des Besitzes ging als “kurpfälzisches Erbfünftel” … Weiterlesen

Quelle: http://ockenheim.hypotheses.org/553

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Rezension: Michal Slivka: Pohľady do dejín stredovekého Slovenska. Martin, 2013.(Blicke auf die mittelalterliche Geschichte der Slowakei, Martin, 2013)

Einen Beitrag zur Ordensgeschichte in der Slowakei liefert Michal Slivkas neue Publikation Pohľady do dejín stredovekého Slovenska (Blicke auf die mittelalterliche Geschichte der Slowakei). Als einer der wichtigsten slowakischen Archäologen hat er langjährige Erfahrung in der Archäologie des Mittelalters. Die neue Publikation vergleicht die Kenntnisse über das Leben in ungarischen Klöstern, Städten und Burgen mit denen über den westeuropäischen Raum. Der Autor findet die Denkmäler der Materialkultur so wichtig wie die schriftlichen Quellen und er versucht, diese im Vergleich mit den religiösen Vorstellungen zu präsentieren. Slivka beschäftigt sich mit Synkretismus im mittelalterlichen Europa, den Anfängen des Christentums in Ungarn und damit verknüpft mit den durchgeführten religiösen Praktiken (zu der Zeit noch gemischt mit alten  heidnischen Praktiken). Sehr interessant ist auch der Beitrag zur Entwicklung der ersten Ordensgemeinschaften in Ungarn. Aufgrund archäologischer Entdeckungen kann man den Etablierungsprozess der Ordensgemeinschaften in mittelalterlichen Städten rekonstruieren. Weiter beschäftigt sich der Autor mit dem Phänomen des Patroziniums, als Schutzpatronat der Einrichtungen: von Kirchen, Klöstern und auch des Staates. Im Mittelalter versuchte der königliche Hof sich auch über die Heiligsprechung im kirchlichen und politischen Leben zu legitimieren. Damit wollten die Könige ihre Dynastie stärken und deswegen haben sie ein Familienmitglied vom Papst heiligsprechen lassen. Abschließend widmet sich Michal Slivka dem Charakter der Interaktion zwischen Klöstern und der restlichen Welt und zwar im Rahmen des wirtschaftlichen Systems des Mittelalters.

Quelle: http://ordensgeschichte.hypotheses.org/7695

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Eine Kulturgeschichte des Tringelds. Der Rest ist für Sie!

http://sz.de/1.2105798 Warum bezahlt man Kellner und Friseure, obwohl man ihnen eigentlich gar nichts schuldet? Eine kleine Kulturgeschichte des Trinkgelds – von altgriechischen Prostituierten bis ins Bierzelt von heute.

Quelle: http://www.einsichten-online.de/2014/08/5327/

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aventinus studiosa Nr. 6 [19.08.2014]: Online-Tutorium Mittelalterliche Geschichte der Eberhard-Karls-Universität Tübingen

http://www.mittelalter.uni-tuebingen.de/?q=tutorium/start.htm Das Online-Tutorium bietet einen Überblick zu den wichtigsten Bereichen und Techniken Wissenschaftlichen Arbeitens, die für einen Mittelalterhistoriker unerlässlich sind. Erfreulicherweise liegen die letzten Aktualisierungen gerade erst ein Jahr zurück.

Quelle: http://www.einsichten-online.de/2014/08/5310/

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Das Andechser Missale Clm 3005 und seine geschichtlichen Einträge

Im Rahmen von Europeana Regia hat die Bayerische Staatsbibliothek ein qualitätvolles Digitalisat des berühmt-berüchtigten Andechser Missales Clm 3005 ins Netz gestellt. Am Ende des 14. Jahrhunderts wurden in die wohl in der ersten Hälfte des 10. Jahrhunderts entstandene liturgische Handschrift (siehe auch die Forschungsdokumentation)  historiographische Texte und Urkundenfälschungen eingetragen, die der Kultförderung des 1388 “entdeckten” Andechser Reliquienschatzes dienen sollten. Das Missale wurde in Andechs (seit 1455 ein Benediktinerkloster) immer mit den Reliquien zusammen verwahrt, nie in der Bibliothek.

Einzelne Einträge sind schon früh gedruckt worden. Albert Brackmann, der die Entstehung der Andechser Wallfahrt in den Abhandlungen der Berliner Akademie 1929 Nr. 5 erörterte, verzichtete auf eine Edition und gab lediglich S. 28-31 24 von seinem Schüler Otto Meyer gefertigte Regesten bei, nachdem ihm die von dem jungen Benediktiner Romuald Bauerreiß (1893-1971) (GND)  gefertigte Edition zur Kenntnis gelangt war: Die geschichtlichen Einträge des “Andechser Missale” (Clm. 3005) . Texte und Untersuchung. In: Studien und Mitteilungen zur Geschichte des Benediktinerordens 47 (1929), S. 52-90, 433-447, die Texte S. 56-90 in 27 Nummern. Da sonst wichtige Grundlagenliteratur zum Traditionskomplex Andechs nicht online vorliegt, bin ich dem Abt von St. Bonifaz in München außerordentlich dankbar, dass er als Rechteinhaber die Internetveröffentlichung des Aufsatzes (archive.org) genehmigte. Dank des Digitalisats kann man nun überprüfen, ob das Verdikt von Alois Schütz (in: Königliche Tochterstämme 2002, S. 301), die Edition weise “gravierende Mängel” auf und strotze vor Lesefehlern, berechtigt ist. Unbedenklich ist die Textwiedergabe von Bauerreiß keineswegs, sie sollte jetzt stets anhand der online bequem zugänglichen Handschrift kontrolliert werden, wie eine eigene Stichprobe (Bl. 74v unten, Bauerreiß Nr. 13) ergab. Man vermisst Editionsrichtlinien, der Editor hat stillschweigend die z der Vorlage in s umgewandelt (z.B. das statt daz) und transkribiert nicht genau (beispielsweise iklich statt iekleich).

Mit den geschichtlichen Einträgen des Missales haben sich nach Brackmann und Bauerreiß beschäftigt: Benedikt Kraft in seinen voluminösen Andechser Studien (Oberbayerisches Archiv 73 und 74, 1937 und 1940); Alois Schütz mit neuem Quellenmaterial im Katalog “Herzöge und Heilige” (1993), Eduard Hlawitschka 1993 und wieder abgedruckt mit einer harschen Zurechtweisung von Schütz in dem Band Andechser Anfänge (2000), wogegen Schütz replizierte im Sammelband Königliche Tochterstämme von 2002 (Auszüge). Einen guten Überblick über die Andechser Quellenlage vermittelt Hartmut Kühnes “Ostensio Reliquiarum” von 2000 (Auszüge), während die neueste Behandlung durch Toni Aigner (Das Andechser Heiltum, 2013) möglicherweise nicht nur mich enttäuscht.

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Quelle: http://ordensgeschichte.hypotheses.org/7909

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