Wer bin ich, um Norbert Frei zu widersprechen? Obwohl ich ihn als Historiker sehr schätze, werde ich es trotzdem bis zu einem gewissen Grad in diesem Beitrag tun. Wer ihn nicht kennt, sollte wissen, dass es sich bei Norbert Frei um einen der vielleicht wichtigsten deutschen Professoren der Neuesten Geschichte handelt. Jeder, der sich für das Thema Neueste Geschichte interessiert – insbesondere für die Erinnerungskultur zur terroristischen Gewaltherrschaft der Nationalsozialisten – sollten seinen Artikel vom 21. November 2014 in der ZEIT lesen. Dort geht es um den Erhalt … Architektur, die nach Verdorbenem schmeckt weiterlesen →
Eine deutsch-französische Erfolgsgeschichte
Bereits zum neunten Mal wird 2015 das gemeinsame Förderprogramm der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und der Agence Nationale de la Recherche (ANR) für die Geistes- und Sozialwissenschaften ausgeschrieben. Die Nachfrage ist seit Jahren hoch. Auch Mediävisten profitieren von der Kooperation. Seit 2007 fördert das bilaterale Programm gemeinsame deutsch-französische Forschungsprojekte mit insgesamt 5 bis 6 Millionen Euro jährlich. Von der Archäologie über die Kunstgeschichte bis hin zu den Rechtswissenschaften: Insgesamt 145 Projekte aus allen geistes- und sozialwissenschaftlichen Disziplinen konnten bisher über die DFG-ANR-Kooperation finanziert werden. Über den Erfolg der Anträge entscheidet – auf Basis von zuvor eingeholten Gutachten durch die beiden Förderorganisationen – eine gemeinsame, jährlich neu zusammengesetzte deutsch-französische Auswahlkommission. Zentrales Kriterium bei der Auswahl der Projekte ist der so genannte integrierte Charakter. “Wir möchten komplementäre Forschung fördern, die einen Mehrwert erzeugt, den kein nationales Projekt so hätte erreichen können. Einen Mehrwert also, der ausschließlich durch wirklich integrierte Zusammenarbeit entsteht,” so Programmdirektor Dr. Achim Haag. Dies bedeute allerdings nicht, dass ein deutsch-französischer Forschungsgegenstand verpflichtend sei: “Die Antragsteller können sozialwissenschaftliche Untersuchungen zur Demographie in Brasilien oder archäologische Grabungen in der Türkei durchführen. Thematisch sind sie völlig frei.” Geschichtswissenschaft leicht überdurchschnittlich gefördert Seit Programmstart wurden 57 Anträge von Historikern eingereicht. 19 davon konnten gefördert […]
Quelle: http://dfmfa.hypotheses.org/2027
CfP: Göttingen Dialog in Digital Humanities
gemeldet von Gabriele Kraft, GCDH
The Göttingen Dialog in Digital Humanities (GDDH) has established a new forum for the discussion of digital methods applied to all areas of the Humanities, including Classics, Philosophy, History, Literature, Law, Languages, Social Science, Archaeology and more. The initiative is organized by the Göttingen Centre for Digital Humanities (GCDH).
The dialogs will take place every Tuesday at 5pm from late April until early July 2015 in the form of 90 minute seminars. Presentations will be 45 minutes long and delivered in English, followed by 45 minutes of discussion and student participation. Seminar content should be of interest to humanists, digital humanists, librarians and computer scientists.
We invite submissions of complete papers describing research which employs digital methods, resources or technologies in an innovative way in order to enable a better or new understanding of the Humanities, both in the past and present. Themes may include text mining, machine learning, network analysis, time series, sentiment analysis, agent-based modelling, or efficient visualization of big and humanities-relevant data. Papers should be written in English. Successful papers will be submitted for publication as a special issue of Digital Humanities Quarterly (DHQ). Furthermore, the author(s) of the best paper will receive a prize of €500, which will be awarded on the basis of both the quality and the delivery of the paper.
A small budget for travel cost reimbursements is available.
Full papers should be sent by March 20th to gkraft@gcdh.de in Word .docx format. There is no limitation in length but the suggested minimum is 5000 words. The full programme, including the venue of the dialogs, will be available by April 1st.
For any questions, do not hesitate to contact gkraft@gcdh.de
For further information and updates, visit http://www.gcdh.de/en/events/gottingen-dialog-digital-humanities/
GDDH Board (in alphabetical order):
- Camilla Di Biase-Dyson (Georg August University Göttingen)
- Marco Büchler (Göttingen Centre for Digital Humanities)
- Jens Dierkes (Göttingen eResearch Alliance)
- Emily Franzini (Göttingen Centre for Digital Humanities)
- Greta Franzini (Göttingen Centre for Digital Humanities)
- Angelo Mario Del Grosso (ILC-CNR, Pisa, Italy)
- Berenike Herrmann (Georg August University Göttingen)
- Péter Király (Gesellschaft für wissenschaftliche Datenverarbeitung mbH Göttingen)
- Gabriele Kraft (Göttingen Centre for Digital Humanities)
- Bärbel Kröger (Göttingen Academy of Sciences and Humanities)
- Maria Moritz (Göttingen Centre for Digital Humanities)
- Sarah Bowen Savant (Aga Khan University, London, UK)
- Oliver Schmitt (Gesellschaft für wissenschaftliche Datenverarbeitung mbH Göttingen)
- Sree Ganesh Thotempudi (Göttingen Centre for Digital Humanities)
- Jörg Wettlaufer (Göttingen Centre for Digital Humanities & Göttingen Academy of Sciences and Humanities)
- Ulrike Wuttke (Göttingen Academy of Sciences and Humanities)
This event is financially supported by the German Ministry of Education and Research (No. 01UG1509).
Quelle: http://dhd-blog.org/?p=4774
CODE 3: Lukas Müller über Informatik und ihr Selbstverständnis
Interview: Bernadette Burchard über materielle und immaterielle Kirchenschätze
Mittelalterliche Kirchenschätze bestanden nicht nur aus kostbaren Materialien wie Gold und Edelsteinen. Auch handelte es sich bei Ihnen nicht um Kleinode, die nur unangetastet in dunklen, geheimen Verstecken lagerten. Wie die Schätze vielmehr durch immaterielle Vorstellungen und konkreten Praktiken konstituiert wurden, untersucht die GRK1678-Stipendiatin Bernadette Burchard in ihrem Dissertationsprojekt “Mittelalterliche Kirchenschätze Westfalens: Eine Analyse des Verhältnisses von Materialität, immateriellen Schatzvorstellungen und Schatzpraktiken anhand der Domschätze von Münster und Osnabrück und ihrer schriftlichen Überlieferung”. Lesen Sie im folgenden Interview von den Verhältnissen zwischen Materialität und Immaterialität bei Kirchenschätzen und Bernadette Burchards Arbeit im GRK1678.
Liebe Bernadette, wie entstand Dein Interesse an “Materialität” und “Produktion”?
Mein Interesse für Fragen der “Materialität” und “Produktion” entwickelte sich schon während des Studiums. Neben meinem Hauptfach Geschichte des Mittelalters habe ich auch Kunstgeschichte studiert. Außerdem besuchte ich nebenbei Veranstaltungen in Fächern wie Archäologie oder Ur- und Frühgeschichte, die den Fokus auf den Sachquellen haben. In der Kunstgeschichte hat mich die Kunsttechnologie immer besonders angesprochen, denn wenn man um die Produktionsprozesse weiß, bekommt man einen ganz anderen Blick auf die Gegenstände. Es war daher kein Zufall, dass ich in meiner Dissertation zu den mittelalterlichen Kirchenschätzen neben den klassischen Quellen des Historikers auch die Sachquellen, also die Kirchenschätze selbst, in die Untersuchung miteinbeziehen möchte.
Die mittelalterlichen Kirchenschätze von Münster und Osnabrück sind Dein Forschungsobjekt. Du gehst aber davon aus, dass immaterielle Konzepte von ‚Schatz’ die tatsächliche Herstellung von Kirchenschätzen beeinflussten. Könntest Du uns hierzu ein Beispiel nennen?
Das wichtigste Schatzkonzept des Christentums ist immateriell, gemeint ist die christliche Lehre als der größte Schatz. Damit einher geht eigentlich die Ablehnung materieller Reichtümer. Das Gleichnis vom Kamel, das eher durch ein Nadelöhr passt, als dass ein Reicher ins Himmelreich kommt (Mt 19, 24; Mc 10, 25; Lk 18, 25), ist hier bezeichnend. Allerdings benutzt auch die Bibel eine Bildsprache in der kostbare immaterielle Dinge mit kostbaren materiellen Dingen gleichgesetzt werden, z. B. gleicht die christliche Lehre einer Perle (Mt 13, 46). Das himmlische Jerusalem besteht aus Gold und Edelsteinen (Apc 21, 18-20). Diese Bildsprache wurde in den Kirchenschätzen umgesetzt. Deshalb wurden bspw. die Gebeine von Heiligen, die zu Lebzeiten materiellen Reichtum abgelehnt hatten, in Behälter aus Gold und Silber gegeben. Es war ein didaktisches Mittel, um ihre Heiligkeit augenscheinlich zu machen, das im Grunde noch aus der Antike stammte, in der Reichtum sozialen Status bzw. Macht darstellte. Das Armutsgebot wurde jedoch nie ganz vergessen, so gebot es die christliche Caritas (Nächstenliebe), dass der Kirchenschatz in Notsituationen für die Gläubigen eingesetzt werden sollte. Für die materiellen Kirchenschätze bedeutet dies im Umkehrschluss, dass sie einen hohen ökonomischen Wert haben können, aber niemals müssen.
Neben der Materialität und Produktion von Schätzen interessiert Dich auch der Umgang mit Schätzen. Was wurde mit den Kirchenschätzen angestellt?
Kirchenschatzobjekte waren in die verschiedensten Funktionszusammenhänge eingebunden und eigentlich mit allen Bereichen des Lebens verknüpft: Als liturgische Geräte waren sie unverzichtbar für den Gottesdienst. Gestiftete Ensemble und Einzelstücke dienten der Memoria ihrer Stifter. Dabei ging es nicht nur darum etwas für das eigene Seelenheil zu tun, sondern auch seinen gesellschaftlichen Status zu präsentieren und zu konservieren. Im Kirchenschatz als Ganzem spiegelte sich die spirituelle, politische und soziale Identität der Gemeinde. Seine verschiedenen Funktionen trugen dazu bei, dass sich ein Kirchenschatz in einem permanenten Wandel befand, also gerade kein Schatz im Sinne eines Hortes, Piratenschatzes oder heute Museumsobjektes war.
Das GRK ist nicht nur interdisziplinär, sondern umfasst auch verschiedene historische Epochen vom Mittelalter bis zur Gegenwart. Wie erlebst Du die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Disziplinen und Fachbereichen?
Für mich ist das GRK ein großartiger Rahmen, um die eigenen Forschungsfragen interdisziplinär zu diskutieren und somit den eigenen Horizont zu erweitern. Dabei wird auch das gegenseitige Verständnis geschärft, indem man die Unterschiede, aber auch die Schnittmengen der verschiedenen Disziplinen und Epochen auslotet. Häufig bekommt man Anregungen und Ideen aus Richtungen mit denen man nicht gerechnet hätte. Das empfinde ich als sehr bereichernd.
Deutschland und die Armeniergräuel im Ersten Weltkrieg
Seit Veröffentlichung seines neuen Buches mit dem Titel “Beihilfe zum Völkermord: Deutschlands Rolle bei der Vernichtung der Armenier” wird Jürgen Gottschlich, Mitbegründer der taz und seit vielen Jahren als Journalist in Istanbul tätig, in vielen Medien angefragt und zitiert – es etabliert sich damit, jedenfalls kurzfristig, ein bestimmtes Narrativ. Gottschlich wird auf tagesschau.de etwa so zitiert:
“Es gab eine deutsche Beteiligung bei der Planung der Deportation. Die Deutschen haben das politisch abgewehrt. Sie haben die Deportation und Vernichtung, die ihre osmanischen Partner durchgeführt haben, politisch gedeckt und geschützt”, ist der Journalist überzeugt.
Ich habe den Auftrag, das Buch für die Sehepunkte zu rezensieren. Ich bin daher schon sehr gespannt, wie er das ausgeführt hat. In der Ausstellung, die ich unter http://geschichtsadmin.hypotheses.org/304 angekündigt habe, gehen wir nicht davon aus, dass es eine klar benennbare “deutsche” Rolle gibt, aber jede Menge Eigenlogiken deutscher Akteure unter ihren je verschiedenen institutionellen Rahmenbedingungen. Das ist eine komplexe und interessante Geschichte; sie lässt sich nicht ohne Weiteres auf den Begriff der “Beihilfe zum Völkermord” bringen.
Am Wochenende beginnt dazu übrigens im Deutschen Historischen Museum eine Tagung des Lepsiushauses, an der ich mit 2 Studierenden aus dem Projekt teilnehmen werde (eine davon, Frau Perisic, trägt selbst vor). Auch da hoffe ich noch auf neue Perspektiven, mit denen sich die Auseinandersetzung lohnt.