3. Berliner Gespräche zur Digitalen Kunstgeschichte

Das Institut für Kunst- und Bildgeschichte (IKB) der Humboldt-Universität zu Berlin lädt am 18. November 2013 zum dritten Mal zu den “Berliner Gesprächen zur Digitalen Kunstgeschichte” ein – diesmal zum Thema Kultur in Raum und Zeit.

Logo_BGDK3-300x297Mehr Informationen zur Veranstaltung und das vorläufige Programm gibts unter: http://www.kunstgeschichte.hu-berlin.de/2013/07/18-november-2013-berliner-gesprache-zur-digitalen-kunstgeschichte-iii-kultur-in-raum-und-zeit/

Die Veranstaltung ist öffentlich und kostenlos, um formlose Anmeldung per E-Mail wird gebeten unter: ikb.bgdk@hu-berlin.de

Termin: 18.11.2013, 10:00-17:00 Uhr
Ort: Jakob-und-Wilhelm-Grimm-Zentrum, Auditorium, Geschwister-Scholl-Str. 3, D-10117 Berlin

Quelle: http://dhd-blog.org/?p=2301

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Ein Bild sagt mehr … (XII): Die Revolution in China (1911)

Später als die meisten anderen satirisch-humoristischen Periodika Europas thematisiert Der wahre Jacob[1] die Xinhai辛亥-Revolution, die im Oktober 1991 das Ende der Qing-Dynastie einleitete und an deren Ende die Gründung der Republik China 1912 stand.

Am 4. November 1911 heißt es zur “Revolution in China”:

Das chinesische Volk sollte bisher nur “erwacht” sein; man sieht aber, daß es bereits “ganze Arbeit” macht.

Einst hieß es: der chinesische Teekessel wird seien Wände sprengen! Jetzt ist statt dessen nur der monarchische Topfdeckel in die Luft geflogen.

Die Chinesen gelten für die “umständlichste Nation des Erdballs”. Trotzdem machen sie jetzt mit ihrem historischen Gerümpel die allerwenigsten Umstände.

China ist wirklich ein sehr gelehriger Schüler Europas: sein früherer Meister kann heute schon allerlei von ihm lernen![2]

In der folgenden Nummer folgt das Thema auf dem Titel – mit einer Variation des Motivs ‘Völker Europas …‘, einer Karikatur von M(aximilian) Vanselow.

Der Wahre Jakob (18.11.1911)
Quelle: UB Heidelberg

Im Hintergrund brennt eine chinesische Stadt, die ersten Türme/Pagoden stürzen um. Über den Flammen schwebt eine durch Bart und Kleidung asiatisch markierte Figur mit roter Jakobinermütze auf dem Kopf, die eine große dreieckige rote Fahne schwenkt. Auf der Klippe im Mittelgrund der Erzengel Michael und allegorische Figuren, die die Mächte darstellen. Der Engel hält eine Feuerspritze in der Hand, hinter ihm eine Figur mit Pickelhaube an einer Wasserpumpe, doch aus dem Schlauch kommen nur wenige Trupfen. Unterhalb der Klippe sind die Dächer Berlins zu sehen (der Turm deutet das Rote Rathaus an, daneben ist ein Gebäude mit “Alexanderpl[atz]” beschriftet).  Die Bildunterschrift lautet: “Der heilige Michael erblaßt! Wer konnte auch voraussehen, daß die gelbe Gefahr einmal – rot werden könnte.”[3]

Die Karikatur lässt viel Raum für Interpretationen:

  • Beginnen die Löschversuche gerade oder wurden die Löschversuche aufgegeben?
  • Steht (der Erzengel) Michael für (den deutschen) Michel?
  • Und warum hält der Beobachter im Vordergrund das Fernrohr verkehrt herum?

  1. Der Wahre Jacob, der 1879 in Hamburg gegründet worden war, ab 1884 in Stuttgart verlegt wurde und – mit Unterbrechungen – bis 1933 erschien, war eine vielgelesene Zeitschrift im Umfeld der SPD. Seit 1891 dominierte eine vierfarbig gedruckte Karikatur das Titelblatt. Zur Geschichte des Blattes: Konrad Ege: Karikatur und Bildsatire im Deutschen Reich: Der ‘Wahre Jacob’, Hamburg 1879/80, Stuttgart 1884-1914; Mediengeschichte, Mitarbeiter, Chefredakteure, Grafik (=Form & Interesse; 44; Münster/Hamburg: Lit 1992); Der Wahre Jacob – Digital: UB Heidelberg.
  2. Der Wahre Jacob Nr. 660 (4.11.1911) 7262;  online: UB Heidelberg.
  3. Der Wahre Jakob Nr. 661 (18.11.1911), [1] – Online: UB Heidelberg.

Quelle: http://mindthegaps.hypotheses.org/971

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Irische Geschichte, Teil 6: Etablierung zweier Irland

Von Stefan Sasse

Teil 1 findet sich hier. In ihm wurde beschrieben, wie Irland seit der Personalunion mit der englischen Krone eine wechselhafte Beziehung mit England unterhielt und vor allem durch seine inneren Konflikte gespalten war, die entlang der Konfessionsgrenzen und Besitzverhältnisse verliefen. In Teil 2 wurde deutlich gemacht, wie die Politik der britischen Regierung und des Parlaments eine immer stärkere Wechselwirkung mit Irland entwickelten, in dem sich eine nationalistische Bewegung zu bilden begann und stets an Boden gewann. Als Großbritannien sich für die Selbstverwaltung Irlands, die Home Rule, entschied, hatten die Devolutionisten, die die totale Unabhängigkeit wollten, bereits deutlich an Boden gewonnen. Teil 3 beschrieb die zunehmende Gewaltbereitschaft zwischen den Unionisten in Ulster und den Nationalisten im Rest des Landes und die Konflikte um die Home Rule und wie diese Konflikte durch den Ersten Weltkrieg erst vertagt und dann verschärft wurden. In Teil 4 wurde gezeigt, wie die Iren den bewaffneten Kampf gegen die Briten aufnahmen und bereits in diesen Tagen der inner-irische Konflikt zu einer Art verdeckten Bürgerkrieg wurde. Auch die irische Nationalbewegung spaltete sich über das Ergebnis des Konflikts - die Teilung Irlands und den Dominion-Staus - und begann den bewaffneten Kampf gegeneinander. In Teil 5 haben wir gesehen, wie die Spaltung in offenen Bürgerkrieg ausartete, der letztlich mit der Niederlage der Radikalen und dem Tod vieler Moderater endete. Profitiert hat vor allem Großbritannien, das die Unabhängigkeit Nordirlands als Ganzes sichern konnte. Viele strukturelle Probleme blieben jedoch in beiden Ländern bestehen und noch ungelöst.

Eamonn de Valera
Um die Wirren des Bürgerkriegs endlich hinter sich zu lassen, beschloss die nun regierende Fianna Fàil, die IRA zu legalisieren und einen Schlussstrich zu ziehen, indem man Amnesien für politische Gewalttaten der Vergangenheit aussprach. Die Wahlen von 1932 gewann Fianna Fàil entscheidend gegen ihre Gegner der Gründerpartei Cumann na nGaedheal, indem sie von deren laissez-faire-Politik abrückte und stattdessen ein staatlich gesteuertes Industrialisierungsprogramm, die Schaffung von Jobs und die Errichtung eines sozialen Netzes propagierte. Sie forderte außerdem die vollständige Unabhängigkeit vom britischen Empire, anstatt im bisherigen Dominion-Status zu verbleiben. Bis weit ins 20. Jahrhundert ist die Fianna Fàil die natürliche Regierungspartei Irlands geblieben.

In den 1930er Jahren erwuchs ihr jedoch Konkurrenz am rechten Rand. Die "Army Comrades Associaton", die sich bald als "National Guard" taufte und deren Anhänger wegen ihrer Uniformierung "Blauhemden" genannt wurden, versuchten zwar nicht, die Macht auf parlamentarischem Wege zu erobern (wie es Hitlers Nationalsozialisten 1933 tun würden), sondern orientierten sich mehr am Vorbild von Mussolinis italienischen Schwarzhemden. Gleichwohl gefährdeten sie die innere Sicherheit, weil sie sich beständig mit der IRA Scharmützel und offene Straßenschlachten lieferten, was gleichzeitig einen ohnehin vorhandenen Linksruck der IRA beförderte, die man bald nur noch als linksextrimistische Terrororganisation beschreiben konnte (eine Entwicklung, die in Nordirland bereits vorher verlaufen war). Als die Blauhemden 1933 in einer Nachahmung von Mussolinis "Marsch auf Rom" einen erfolglosen Angriff auf die Dáil unternommen, wurde die Organisation von Präsident de Valera verboten. Das Gespenst einer faschistischen Machtübernahme zerstob damit in Irland genausoschnell wie in Großbritannien, wo Mosley mit seiner faschistischen Partei ein ähnlich unrühmliches Ende fand.

Abzeichen der Blauhemden
Es zeigte sich bald, dass de Valeras entschiedenes Durchgreifen gegen die Blauhemden auch den anderen inneren Unruheherd begünstigte. Nachdem die IRA nun vor allem gegen Repräsentanten des Systems vorging und diese ermorderte, erließ de Valera 1936 auch ein Verbot der IRA, das 1939 mit drakonischen Maßnahmen verschärft und durchgesetzt wurde. Die irische Politik löste sich damit endgültig von der bewaffneten Durchsetzung und bewegte sich ab sofort auf verfassungsrechtlicheren Pfaden. Dazu passte, dass de Valera dem Land 1937 eine neue Verfassung gab. Sie wurde mit einfachem Plebiszit bestätigt und schaffte viele der früheren Provisorien ab, darunter auch die Titel der Regierungsorgane (Präsident statt Governor-General, Government statt Exeucutive Council, etc.). Eine Republik war das Land aber offiziell immer noch nicht, sondern Königreich im Vereinigten Königreich Großbritanniens.

Das sollte sich bald ändern, denn der Ausbruch des Zweiten Weltkriegs schuf für Großbritannien eine Reihe wesentlich dringenderer Probleme als die irische Politik. Irland erklärte sich für neutral - was viele im Land als wichtigen Schritt zur echten Unabhängigkeit empfanden - arbeitete aber im Geheimen mit den Alliierten zusammen, was so weit ging, dass Pläne für den Fall einer deutschen Invasion ausgearbeitet wurden. In diesem Fall (von der Wehrmacht mit üblich deutscher Kreativität "Fall Grün" getauft) wäre die irische Armee alliiertem Kommando unterstellt worden. Dies stellte für Irland sicher, dass die siegreichen Alliierten das Land nicht als Feind betrachten würden. Die IRA dagegen sah die Ereignisse als Chance, die Briten aus Nordirland zu vertreiben und begann eine neue Terrorkampagne. Sie plante sogar, die Nazis um Hilfe zu bitten, wozu es freilich nie kam. De Valera griff hart durch, internierte alle bekannten IRA-Anführer und hängte diverse Terroristen. Die kurze IRA-Terrorwelle kam damit schnell wieder zum Erliegen, ohne große Auswirkungen zu haben.

Sitzungssaal des Dàil
1949 erklärte Irland sich endgültig zur Republik, was nach den geltenden Regularien des Commonwealth einen automatischen Ausschluss zur Folge hatte (da man ja das Oberhaupt der Krone von England nicht anerkannte). Dies war kein Ausschlussgrund; Indien etwa, das 1947 seine Unabhängigkeit als Republik erklärt hatte, trat danach wieder ein. Irland tat dies jedoch nicht, und die britische Regierung erklärte öffentlich, das Land fortan als Ausland zu betrachten. Erst 1962 jedoch wurde in Irland auch formell die englische Krone als Staatsoberhaupt abgelöst und die vakante Repräsentanz im britischen Parlament aufgegeben.

Die irische Wirtschaftspolitik hoher Schutzzölle und des Versuchs des Aufbaus eigener Industrie unter de Valera scheiterte in diesen Jahren jedoch. Obwohl Irland aus dem Zweiten Weltkrieg dank seiner Neutralität mit wesentlich besserer Wirtschaftslage herausgegangen war, stagnierte die Wirtschaft stark, während der Rest Europas einen Aufschwung erlebte. Dies führte 1958 zum Regierungswechsel. De Valera, der seit rund 20 Jahren Regierungschef gewesen war, wurde abgelöst, und mit ihm seine Wirtschaftspolitik. Irland senkte radikal die Zölle, investierte in Infrastruktur und erlebte bald hohe Wachstumsraten, die es an den europäischen Standard aufschließen ließen und die das Land verkrüppelnde Emigrationsraten deutlich senkten.

Charles de Gaulle
Auf der internationalen Bühne spielte Irland im Kalten Krieg praktisch keine Rolle. Ohne Zugehörigkeit zu einem der beiden Blöcke, aber mit starken Bindungen an die angelsächsische Welt verwehrte ihr die UdSSR bis 1955 die Anerkennung in der UNO. Danach war das große außenpolitische Projekt Irlands die Aufnahme in die Europäische Union, von der man sich - gerade dank der begonnenen Freihandelspolitik der niedrigen Zölle - deutliche Wachstumsimpulse erhoffte. Das Land wurde aber zur Geisel Frankreichs eigener Großmachtpolitik unter Charles de Gaulles in jener Zeit, der die geplante Aufnahme Großbritanniens aus machtpolitischen Gründen mit seinem Veto blockierte. Auch Irlands Aufnahme fiel unter dieses Veto, da die Insel wegen ihrer starken Anbindungen zur britischen Wirtschaft wirtschaftlich kaum von Großbriannien zu trennen war.

Eine der wichtigsten Reformen, die Irland in dieser Zeit vornahm, war die Schulgeldfreiheit. Sie gehörte in das größere Bündel der Infrastrukturmaßnahmen, war aber wesentlich mit dafür verantwortlich, dass die Gesellschaft den Sprung von der Agrargesellschaft zur Industriegesellschaft schaffte. Breiten Schichten wurde erstmals der Zugang zu höherer Bildung ermöglicht, was gleichzeitig für eine Bewegung der Bevölkerung sorgte. Viele Menschen begannen vom Land in die Stadt zu ziehen, und das soziale Klima liberalisierte sich (wenngleich die starke katholische Ausrichtung des Landes es im europäischen Vergleich immer noch illiberal erscheinen lässt, besonders in Fragen wie der Abtreibung).

Parade des Orange Order
In der Zwischenzeit hatte Nordirland seine eigenen Probleme. Die weit reichende Diskriminierung der katholischen Minderheit durch die wirtschaftliche Elite der Protestanten fand praktisch eine Insitutionalisierung; zahlreiche Gesetze benachteiligten die Katholiken und schlossen sie von Staatsämtern aus. Gleichzeitig wurde durch Wahlmanipulation ihre Bedeutung verringert. Protestantische Opposition gegen die Ulster Unionist Party konnte keine große Bedeutung erreichen, weil sie zersplittert und über ihre Ziele uneins war.


Effektiv befand sich Nordirland von 1925 bis 1965 unter einer kontinuierlichen und ruhigen Kontrolle der Unionisten, die allerdings immer wieder von gewaltsamen Zusammenstößen zwischen Katholiken und Protestanten kurz erschüttert wurde. Der schlimmste Zusammenstoß dieser Art fand 1935 statt, als der Orange Order bei einem Umzug von seiner Route abwich und durch ein katholisches Viertel zog. Erwartungsgemäß kam es zu einem Ausbruch von Gewalt mit neun Toten und zahlreichen Verletzten, der von der Regierung als Vorwand für Repressalien gegen die Katholiken genutzt wurde. Insgesamt blieb Nordirland ein Pulverfass, das kontinuierlich nicht explodierte. Die Unionisten schienen die Situation im Griff zu haben.

Parlament in Belfast
Ein Wandel wurde schließlich von innerhalb der Ulster Unionist Party erreicht, als Viscount Brookeborough von Terence O'Neill als Premierminister abgelöst wurde. Letzterer kam 1963 an die Macht, als auch die Republik Irland einen wirtschaftlichen Aufschwung erlebte. Der gemeinsame Weg zur Industrialisierung verbesserte die Beziehungen der beiden Irlands, und O'Neill bemühte sich sehr darum, die Beziehungen zwischen Katholiken und Protestanten zu verbessern. Radikale innerhalb Nordirlands selbst arbeiteten jedoch von beiden Seiten gegen ihn: weder der Orange Order noch die IRA hatten ernsthaftes Interesse an Frieden, und auch innerhalb der Partei selbst gab es heftige Kritik. Regierungsmitglieder wurden auf Versammlungen tätlich angegriffen. Doch all diese Unruhe war nichts gegen den Ärger, der ab 1969 über Nordirland hereinbrechen sollte.


Literaturhinweise: 
Richard English - Armed Struggle - The history of the IRA 
T. R. Dwyer - Michael Collins
Michael Collins (DVD, Spielfilm)
The Wind that shakes the Barley (DVD, Spielfilm) 
Bildnachweise: 
Eamonn de Valera - National Photo Collection (gemeinfrei)
Blauhemd-Abzeichen - Thomas Gun (gemeinfrei)
Sitzungssaal - Tommy Kavanagh (CC-BY-SA 3.0)
Charles de Gaulle - Office of War Information (gemeinfrei)
Parade - Helenalex (CC-BY-SA 3.0)
Parlament - LukeM212 (CC-BY-SA 2.0)

Quelle: http://geschichts-blog.blogspot.com/2013/09/irische-geschichte-teil-6-etablierung.html

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Konferenzblog “Geld – Macht – Emotionen” (DHI Rom)

DHI-Logo_duenner_Rahmen_medium1-110x150Unseres Wissens nach zum ersten Mal wird eine (überwiegend) mediävistisch geprägte Konferenz von einem eigenen Konferenzblog – natürlich Teil von de.hypotheses – begleitet. Am 25. und 26. September findet am Deutschen Historischen Institut in Rom die Konferenz “Geld – Macht – Emotionen. Reichtum in historischer Perspektive / Denaro – potere – emozioni. La ricchezza in una prospettiva storica” statt (Programm hier). Wir sind sehr gespannt, wie das Blog parallel zur Konferenz konkret genutzt werden wird. Die Organisatorin der Konferenz, Petra Schulte, will mit gewissem Abstand auf unserem Blog über ihre Einschätzung von Nutzen und Nachteil eines solchen Mediums für eine Konferenz berichten. Auch darauf freuen wir uns und wünschen der Veranstaltung allen Erfolg!

Quelle: http://mittelalter.hypotheses.org/2256

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Tagungsankündigung “Die Methoden einer Soziologie der Praxis” (FernUniversität Hagen, 6.12.-7.12.2013)

Praxisanalytische Zugänge erfreuen sich in den Sozialwissenschaften immer größerer Beliebtheit. Die Vielfalt der Publikationen zu praxissoziologischen Themenstellungen zeigt, dass eine am Praxisbegriff ausgerichtete Forschung längst in der Mitte der Sozialwissenschaften angekommen ist. Während die theoretischen Diskussionen hinsichtlich eines praxeologischen Zugangs … Weiterlesen

Quelle: http://soziologieblog.hypotheses.org/5361

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Vortrag zur Einführung des Spannbetons in Belgien und in den USA

Ich jauchze, denn die Betonfraktion meldet sich wieder zu Wort, schon kommende Woche findet in Berlin folgender Vortrag statt:

Prof. Dr.Ir. Bernard Espion, Université Libre de Bruxelles, BATir Department

Thema: Gustave Magnel und die Einführung des Spannbetons in Belgien und in den USA

Zeit: Do, 26.9.2013, 17:30
Ort: Deutsches Technikmuseum Berlin, Trebbiner Straße 9 (Vortragssaal 4. Stock)

Abstract:

Die Einführung des Spannbetons in Belgien geht einher mit den Experimenten von Gustave Magnel, Professor an der Universität in Gent. Zusammen mit dem Unternehmer Blaton entwickelte er ab 1941 ein eigenes Spannkabel- und Verankerungssystem mit dem Namen „Sandwich“, welches bis in die 1960er Jahre im Spannbetonbau in Belgien vorherrschte.
Magnel war an den meisten frühen Anwendungen des Spannbetons in Belgien beteiligt, darunter auch Weltpremieren, wie zum Beispiel die Anwendung der Vorspannung in Siloanlagen und in Durchlaufträgerbrücken. Bereits 1948 erschien aus seiner Hand das erste Fachbuch zum Thema, welches die Ergebnisse seiner Experimente und den Stand der Vorspanntechnik in Belgien zusammenfasste. Sein Name steht für den Bau der Walnut Lane Brücke in Philadelphia, der ersten Spannbetonbrücke in den USA. 1951 organisierte er in Gent den 1. Internationalen Kongress für Spannbeton.
Sein Buch erschien 1953 in einer erweiterten Ausgabe auch in Englisch; einige seiner Entwurfsansätze sind noch heute gültig.
(Der Vortrag wird in Englisch gehalten.)


[via Mailingliste der Gesellschaft für Technikgeschichte]

Quelle: http://adresscomptoir.twoday.net/stories/491548934/

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#OER brauchen Zeit | (kurze) Eindrücke vom OER Camp Köln 2013

Was sind nochmal OER? Die Abkürzung steht für Open Educational Ressources, also im Netz frei verfügbare Bildungsmedien, und ist vielen Lehrer/innen noch nicht geläufig. Und selbst die Lehrer/innen, die sich heute an ihrem freien Samstag zum OER Camp nach Köln aufgemacht haben, meinten: Eigentlich haben wir an den Schulen andere Sorgen, als uns zu fragen, unter welcher Lizenz Arbeitsblätter und andere Lernmaterialien stehen, ob sie als OER gelabelt sind – oder eben wie bisher üblich, von kommerziellen Anbietern von Bildungsmedien stammen und man ein © am Seitenende findet.

Am 21.9.2013 fand das OER Camp Köln statt.
  

OER werden in Deutschland seit Herbst 2011, also noch nicht sehr lange diskutiert. Verschiedene Initiativen und Veranstaltungen wie auch die OER Konferenz vergangenes Wochenende in Berlin werden bisher nur in relativ kleinen Kreisen netzaffiner Lehrer/innen und anderer Akteure im Bildungsbereich wahrgenommen. Auf der Berliner Konferenz war die UNESCO Schirmherrin, die jüngst eine Broschüre zum Stand der OER in Deutschland herausgegeben hat.

Veranstaltungen wie das Barcamp in Köln machen deutlich: Es wurde in den zwei Jahren seit Beginn der OER-Diskussion in Deutschland (ausgelöst durch die Schultrojaner-Diskussion) relativ viel über Grundsätzliches debattiert, bis heute aber gibt es relativ wenige OER-Materialien und -Projekte, die von Lehrer/innen abgerufen und im Unterricht Verwendung finden können (in der UNESCO-Broschüre finden sich nur vier Beispiele: ZUM, segu, rpi, Schulwiki Köln). Auch die Bundeszentrale für politische Bildung will ihre Materialien und Angebote zukünftig verstärkt als OER verbreiten. Es ist berechtigt, dass Lehrer/innen weniger die Debatten interessieren, sondern der konkrete Nutzen: Wo kann ich gute Materialien herunterladen?

Auf dem OER Camp wurde diskutiert, warum Lehrer/innen sich nicht stärker austauschen und unterstützen: Man lädt eigene Materialien hoch und profitiert von den Materialien anderer. Diese Materialien könnten dann auf Suchplattformen wie edutags oder den diversen Landesbildungsservern (z.B. Elixier, Learnline NRW) gesucht und gefunden werden. Aber zurecht wurde auf die immer noch oft verbreitete (Un-)Kultur hingewiesen, dass Lehrer/innen sogar in der eigenen Schule oft wenig kooperieren und Materialien austauschen. Erst recht gelte das für im Netz öffentlich gemachte Materialien: Sind die überhaupt gut genug? Dann sehen die anderen ja, was ich so mache. Diese Mentalität wird sich wohl erst wandeln, wenn die Zahl von Lehrern erstellter und unter freier Lizenz veröffentlichter Materialien allmählich ansteigt. Das braucht Zeit, erstens.

Zweitens bedeuten OER nicht nur, dass eine immer größere Fülle von irgendwo im Netz aufzufindender Arbeitsblätter und Lernmaterialien kursiert. OER bieten heute weit besser als kommerzielle Bildungsmedien (immer noch vor allem Schulbücher) die Chance, Schüler/innen (und auf die kommt es schließlich an!) zum Lernen mit digitalen Medien anzuleiten. Sie können digital verfügbare Lernmaterialien nicht nur selbst recherchieren und selbstgesteuert bearbeiten, sondern auch selbst erstellen und (so schwer ist der richtige Umgang mit den Urheberrechten nicht) auch z.B. in Blogs oder Wikis öffentlich machen. Hier liegt die Chance zu einer Veränderung der Lernkultur hin zu offeneren Unterrichtsformen. Obwohl in den Jahren nach Pisa individuelle Förderungen und Differenzierung vielfach gefordert wurden, ist das Beharrungsvermögen lehrerzentrierter Unterrichtsformen in Deutschland – besonders an den Schulen der Sekundarstufen – immer noch enorm. Bis sich sinnvolle Lernkonzepte zum Lernen mit digitalen Medien in Breite etablieren braucht es vermutlich also noch mehr Zeit.

Dennoch – gemessen daran, dass die Diskussion um OER noch jung ist – zeigen Veranstaltungen wie das OER Camp in Köln, dass der Stein erst allmählich ins Rollen kommt (in Deutschland übrigens viel langsamer als in anderen Ländern, wo OER staatlich gefördert werden, z.B. Norwegen, Polen). Dies ändert nichts daran, dass OER grundsätzlich funktionieren, dass sich die Idee freier Bildungsmedien wohl immer weiter herumsprechen wird und dass die Zahl netzaffiner Lehrer/innen immer weiter ansteigt. Deshalb sind Veranstaltungen wie in Berlin und Köln (bei aller möglicher Kritik daran, dass es bisher zu wenig konkrete OER-Angebote gibt) wichtig. Dank an die Veranstalter!

Quelle: http://historischdenken.hypotheses.org/2012

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Lernen

Bislang war ich immer sehr skeptisch, was das "Lernen aus der Geschichte" angeht. Mittlerweile bin ich da vorsichtiger. Nicht, dass es ein einfaches Lernen aus der Geschichte gäbe, aber es wäre vielleicht doch sinnvoller, wenn bei strukturellen Entscheidungen in diesem Land kompetente Historiker beteiligt würden. Das aktuelle Desaster um den Jade-Weser-Port ist für mich da ein gutes Beispiel. Mit einem immensen Aufwand wurde ein Tiefwasserhafen in Konkurrenz zu Bremerhaven und Hamburg aufgebaut. Dagegen wäre ja nichts einzuwenden. Nur: Wilhelmshaven bietet eine lange Geschichte der nicht nutzbaren Chancen. Oder anders formuliert: Das Projekt, aus einem Nur-Kriegshafen einen erfolgreichen und konkurrenzfähigen Tiefwasserhafen zu machen, ist nicht neu, sondern hat eine lange Vorgeschichte. Zunächst wurde direkt nach 1945 der Hafen samt der Werft systematisch zerstört. Danach versuchte man es mit neuen zivilen und nicht-maritimen Produkten, ab Mitte der 1950er Jahre wurde nicht nur Marine hier stationiert, sondern später sollte der vorhandene Tiefwasserhafen als Standortvorteil genutzt werden, doch die interne Konkurrenz, siehe oben, war immer stärker.

[...]

Quelle: http://digireg.twoday.net/stories/491548690/

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Die Qual der Wahl im Kampf um Kultur- und Wissenschaftpolitik

Würden Platons Philosophen die Wahl gewinnen..?!

Und wenn Platons Philosophen die Wahl gewinnen würden..?!

Kultur- und Wissenschaftspolitik spielten im Wahlkampf 2013 kaum eine Rolle und das obwohl alle Parteien nicht müde werden, die hohe Bedeutung beider Aspekte zu betonen. Dies mag daran liegen, dass Bildung, Hochschule und Kultur auf Länderebene angesiedelt sind und im Wahlkampf aus diesem Grund nur bedingt Versprechungen gemacht werden können – inwieweit diese dann eingehalten werden, ist nochmal eine andere Frage. Zumindest gibt es aber im Wahlprogramm aller großen Parteien Darlegungen zu diesen Themen, die sich durchaus mit übergreifenden Aspekten wie Finanzierung, Digitalisierung und Urheberrecht oder den Aufgaben von Kultur und (Geistes)Wissenschaft in der Gesellschaft beschäftigen. Die Herangehensweise der Parteien ist hierbei naturgemäß sehr unterschiedlich. Insgesamt ist aber wenig überraschend festzustellen, dass CDU und FDP mehrheitlich ähnliche Pläne verfolgen, die bestehendes schützen und sich an Neuerungen herantasten wollen. Die SPD zeigt sich bereits sehr offen für neue Tendenzen. Die Programme der Grünen und Piraten weisen vielfache Übereinstimmungen auf und treten stärker für Änderungen ein, gerade in puncto Open Access und digitaler Wandel. Die Linke ist zwischen ihnen und der SPD anzusiedeln.

I. Rang und Einordnung von Kulturpolitik im Parteiprogramm

Das Thema Kulturpolitik fassen CDU, FDP und auch SPD mit der Medienpolitik in einem Punkt zusammen. Keines der drei Wahlprogramme erklärt diese anscheinend selbstverständliche Zuordnung jedoch. Auch sind alle drei Stanpunkte zur Kultur recht kompakt, greifen jedoch angrenzende Bereiche in anderen Abschnitten auf, so die Arbeitsbedingungen im Kulturbereich, das Urheberrecht oder gesellschaftliche, mit Kultur verknüpfte Bildungsinhalte. Interessant sind die Oberpunkte, denen Kultur und Medien jeweils zugeordnet werden. Sie weisen in dieselbe Richtung wie das entsprechende Programm. Bei der FDP ist dies „Vielfalt und freie Wahl“, bei der CDU „Heimat schützen“ und bei der SPD „Bildung und Gleichberechtigung“. Die SPD ordnet unter den selben Programmpunkt auch Wissenschaft und Bildung. Bei der CDU und der FDP ist Forschung unter „Fortschritt“ angesiedelt. Die FDP greift zudem das Urheberrecht im Punkt „Freiheit“ noch einmal extra auf.

Etwas anders ist die Aufteilung bei der Linken, den Grünen und den Piraten. Im Wahlprogramm der Linken finden sich Bildungs- und Kulturpolitik unter dem Punkt „Solidarität neu erfinden“, wobei die Kultur- und Kreativwirtschaft einen eigenen Unterpunkt hat. Bei den Piraten ist Kultur ein Hauptpunkt, der, entsprechend den zentralen Anliegen der Partei, getrennt von Medienpolitik behandelt wird. Wissenschaft ordnen sie zu „Bildung und Forschung“. Das Parteiprogramm der Grünen zum Thema Kultur ist am umfangreichsten und umfasst unter dem Oberpunkt „Kunst und Kultur beflügeln“ sechs Unterpunkte. Auch die Medienpolitik wird unter „Freies Netz und unabhängige Medien für alle“ bei den Grünen, wie bei den Piraten, getrennt behandelt. Gleiches gilt für Forschung und Wissenschaft, die zu „Teilhaben an guter Bildung“ gehören.

II. Besonders betonte Inhalte des kulturpolitischen Programms

Die Mehrheit der Wahlprogramme bezeichnet Kultur und Forschung als einen zentralen Aspekt der Gesellschaft, der bei der Lösung sozialer Probleme helfen, moralische Werte aufrecht erhalten und Identität stiften kann. Aus diesem Grund wird betont, dass an den wert von Kultur nicht wirtschaftliche Gesichtspunkte, sondern ein eigenes Bemessungssystem angelegt werden muss. Zudem wird die Bedeutung von Kultur, Kreativwirtschaft, Bildung und Wissenschaft für den Arbeitsmarkt, Fortschritt und Wirtschaft hervorgehoben. Wegen dieser Vielzahl an Aspekten möchten alle Parteien die Bedeutung von Kultur und (Geistes)Wissenschaft im öffentlichen Ansehen erhöhen. Dabei haben sie weitgefasste Auffassungen davon, was Kultur beinhaltet. Sie schließen Hochkultur ebenso ein wie Alltagskultur, Subkultur, Freizeitmöglichkeiten und Kreativität im Allgemeinen. Aufgrund der Trennung der gesetzlichen Verantwortlichkeiten für Kultur, Bildung und Wissenschaft gibt es zwar Schnittmengen, im Allgemeinen werden aber die Geistes- und Kulturwissenschaften dem Kulturbereich nur bedingt zugeordnet.

Die zentralen Themen der Kulturpolitik, die für die Mehrheit der Parteien Reformen bedürfen, sind die Kreativwirtschaft, kulturelle Bildung, Teilhabe und Vielfalt. Das historisch-archäologisch wichtige Thema Kulturelles Erbe wird vor allem im Kontext mit der Verarbeitung der deutschen Diktaturen behandelt – die Grünen heben auch die Wiedergutmachung deutscher Kolonialgeschichte hervor. Die Baudenkmalpflege wird zudem u.a. von der Linken und auch der CDU besonders betont, die den Schwerpunkt des kulturpolitischen Programmes entsprechend ihres Mottos „Heimat schützen“ auf Bestand ausgelegt hat. Die Bodendenkmalpflege wird hingegen nur bei der SPD explizit als wichtige Aufgabe von Bund, Ländern und Kommunen erwähnt. Die starke Kritik von Seiten der Medien und Bürger an den Kürzungsplänen der SPD-Landesregierung in NRW im Frühjahr scheint sich die Partei zu Herzen genommen zu haben.

Inhalte, die sich nur bei einigen der Parteien finden, sind der Deutsche Filmförderfonds (DFFF) bei der SPD, das Programm „InvestOst“ bei der CDU, die stärkere Verknüpfung von Kultur und Tourismus zugunsten der Wirtschaft bei CDU und FDP und zugunsten des Kulturgüterschutzes bei der Linken. Grün macht zudem auch Sport als Aspekt des sozialen Zusammenhalts, privaten Engagements und Austausches zum Kulturthema.

Die Grünen und die Piraten möchten im Besonderen die Herausforderungen des Digitalen Wandels für Kultur und Wissenschaft thematisieren. Bei den Piraten sind die Inhalte ihres kulturpolitischen Programms naturgemäß eng an den Programmschwerpunkt Medienpolitik gebunden. Aber auch die Grünen betonen, dass eine bessere Nutzung der technischen Möglichkeiten und pluralistischen, partizipativen Kulturgüter weiter vorangetrieben werden soll. Dazu gehören für beide Parteien mehr Förderung für Digitalisierungs- und Archivierungsprojekte nicht nur im historischen Bereich und daran geknüpft transparentere Mittelvergabeverfahren. Zu diesen muss es auch gehören, die Freiheit zu haben, Neues auszuprobieren. Um die geforderten Freiräume zu schaffen, ist gerade für die Piraten ein größerer Einfluss der Kulturmacher in Politik und Gremien wichtig.

III. Verantwortlichkeit für und Finanzierung von Kultur zwischen Staat und Ländern

Die Mehrheit der Parteien – die SPD, die Linken, Grünen und Piraten ­– wollen Kultur als Staatsziel ins Grundgesetz aufnehmen und das Kooperationsverbot zwischen Bund und Ländern aufheben. Dies hätte Auswirkungen auf den Kultur-, Bildungs- und Hochschulbereich, die verschiedentlich angegangen werden sollen. Insgesamt soll der Bedarf an Kultur besser mit den Angeboten in Übereinstimmung gebracht und vorhandene Infrastrukturen geprüft, verbessert und gestärkt werden. Auch sollen Kulturprogramme mit regionalem Bezug in den Händen der besser auszustattenden Kommunen verbleiben, wo die Expertise dafür angesiedelt ist. Bei größeren Aufgaben soll es dem Bund möglich sein, Koordinierungsmöglichkeiten zu schaffen, gute Ideen zu übernehmen und Defizite abzubauen. Dass hierfür eine Neustrukturierungen der finanziellen Verteilung und Fördermöglichkeiten notwendig ist, sehen auch die Parteien. Gerade die Aufgabe eines Bundeskulturministeriums soll es bei einem solchen kooperativen Föderalismus sein, neben der Kulturstiftung auch kleine Projekte, den Kulturschutz und die Vermehrung des zugänglichen Wissens zu stärken. Gerade für die SPD sind dies alles Aspekte auch für Stadtentwicklungsplanung, Sozialpolitik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft von Bedeutung.

Die CDU und die FDP sehen in einer Aufhebung des Kooperationsverbotes keine Lösung. Sie möchten stattdessen an der Finanzkraft der Kommunen und an einem Bildungspakt arbeiten, um die örtliche Daseinsvorsorge zu sichern. Die FDP würde hierbei eine Föderalismuskommission begründen und das Konnexitätsprinzip fest verankern, um die Bewältigung kultureller Aufgaben durch die Kommunen finanziell abzusichern. Daneben soll die Kulturförderung durch den Bund auch weiterhin als Vorbild für Länder und Kommunen dienen und die Rahmenbedingungen für Künstler, Kulturmacher und Wissenschaftler sowie die Zusammenarbeit mit den Bürgern als Konsumenten und Mitgestalter von Kultur sichern. Damit wird für die beiden Parteien ein Bundeskulturministerium überflüssig.

IV. Kulturpolitik und gesellschaftliche Kontexte

In Bezug auf die Verbindung zwischen Kultur, Geistesweissenschaften und Gesellschaft sind bei allen Parteien ähnliche Schwerpunkte, Gemeinsamkeiten und Unterschiede wie bei den besonders betonten Inhalten festzustellen. Einen Ausbau der kulturellen Bildung, Vielfalt und Teilhabe streben alle an, um mit ihnen Austausch, Integration und Toleranz herzustellen, soziale Spaltungen und den demographischen Wandel anzugehen und das Interesse an der Demokratie wieder zu stärken. Forschungen in diesem Bereich spielen jedoch nur eine untergeordnete Rolle. Besonders neue Formate der Breiten- und Subkultur der vielen verschiedenen in Deutschland lebenden Gruppen sollen zu einem offeneren Umgang beitragen. Die Grünen fordern, Kultur dafür immer wieder an neue Gegebenheiten anzupassen und Neues auszuprobieren. Die Ideen können durch einen Ausbau privaten Engagements, z.B. in der Vereins- und Verbandskultur, geschehen, wie es CDU und FDP anstreben, oder durch eine stärkere Fokussierung auf kulturelle Bildung im schulischen und lebenslangen Lernen, wofür neben der CDU auch die SPD und die Grünen plädieren. FDP, CDU, die Grünen und die Piraten möchten sich zudem für die Stärkung der Medienkompetenz einsetzen. Von diesen Ideen weichen auch die Piraten kaum ab und stellen, passend zu ihrem Wahlprogramm, Transparenz und eine bessere Zugänglichkeit zu immateriellen Kulturgütern ins Zentrum ihrer Pläne.

In einen ähnlichen Bereich gehört die auswärtige Kultur- und Bildungspolitik. Auch hierbei wollen alle Parteien Neugier, Kommunikation und Gleichberechtigung wecken und vermitteln. Ein spezieller Punkt ist dabei die Weiterentwicklung der europäischen Kulturpolitik, den die CDU in engem Zusammenhang mit der Wirtschaftspolitik sieht, während die Linke internationale Projekte in den Mittelpunkt stellen möchte.

V. Medien-/Internetpolitik, Urheberrecht und Kultur

Mit Entwicklungen wie Digitalisierungsprojekten, E-Learning-Möglichkeiten und Problemen mit dem Urheberrecht wird die Verknüpfung von Kultur-, Medien- und Netzpolitik immer enger. Aus diesem Grund greifen alle Parteien diese Themen in ihrem Wahlprogramm auf, zeigen sich dabei aber unterschiedlich innovativ. Einig sind sie sich darüber, dass ein reformiertes Urheberrecht ebenso notwendig ist wie flächendeckender Zugang zum Breitbandinternet. Während die Linke diese in öffentliches Gemeingut umwandeln möchte, sieht die FDP im freien Wettbewerb zwischen den Anbietern den richtigen Weg.Auch beim Urheberrecht herrscht kaum Einigkeit. Alle Parteien möchten die Urheber gerade im Internet besser schützen und zugleich die Möglichkeiten der Um- und Weiternutzung geschützter Inhalte weiterentwickeln. Für die CDU ist es dabei zentral, Urheber, Rechteinhaber, Verbraucher und Verwerter unter einem angepassten Urheberrecht zusammenbringen. Explizite Ideen für die dafür notwendigen Regelungen hat die Partei aber noch nicht entwickelt. Die SPD möchte neue wirtschaftliche Möglichkeiten der Kulturbranche im Internet fördern, wobei Künstler und Kreative zugleich Urheber und Weiternutzer geschützter Güter sein können. Auch möchte sie ein neues Urheberrecht bildungs- und wissenschaftsfreundlicher gestalten, Zweitpublikation vereinfachen und eine bessere Nutzung entsprechender Inhalte in Schulen und Hochschulen ermöglichen. Ebenso liegt es der FDP nahe Urhebern, Rechteinhabern und Nutzern gerecht zu werden. Der Schwerpunkt soll für sie jedoch weiterhin in der analogen Welt liegen. Für beide Welten möchte die FDP unterschiedliche Lizenzmodelle etablieren, ohne dabei auf bereits bekannte Modelle einzugehen, und die Freiheit der Urheber ausweiten, ihre Werke nach ihren Wünschen zu vermarkten. Das Programm der Linken beschäftigt sich schon intensiver mit den Möglichkeiten, die bereits zur Verfügung stehen. So wollen sie, wie auch die Grünen, die Verwertungs- und Nutzungsrechte unter Einbeziehung neuer Lizenz- und Vergütungsmodelle wie Creative Commons oder Crowdfunding reformieren. Zudem spricht sich die Linke für die Kulturwertmark als auf einer Kulturflatrate basierende Verwertungsgesellschaft aus. Die Piraten gehen noch einen Schritt weiter. Sie möchten die Urheber vor allem gegenüber den Rechteinhabern stärken, Zweitverwertungsrechte einräumen, undefinierte Nutzungen verhindern und ausschließliche Nutzungsrechte beschränken. Auch soll die Geltungsdauer des Urheberrechts gesenkt bzw. an die Bedürfnisse der Sparten und Nutzer angepasst werden. Alternativen Bezahl- und Finanzierungsmodellen gehören für sie selbstverständlich dazu. Auch ist es ein Anliegen der Grünen, für kommerzielle Nutzungen eine zentrale Anlaufstelle zum Erwerb von Bearbeitungsrechten einrichten. Für sie ist auch eine vereinfachte nichtkommerzielle (Weiter)Gestaltung von geschützten Werken zentral, die den Urhebern ein Mitbestimmungsrecht einräumt.

Sehr unterschiedlich sind die Meinungen der Parteien auch in Bezug auf Open Access. Die SPD will die Zugänglichkeit für Kultur, Wissenschaft und Bildung erweitern. Auch die Linke unterstützt dieses Prinzip. Sie möchte zusätzlich auch Open-Source-Softwares, E-Learning-Modelle und Digitalisierungsprojekte fördern, wenn sie hierzu beitragen. Hierfür sollen es zu einem Grundprinzip werden, dass öffentlich finanzierte Inhalte dauerhaft frei zur Verfügung stehen. Auch die Piraten und die Grünen stehen für die Nutzung von Open Educational Resources, für erweiterte urheberrechtsfreie Zugänge zu Kulturgütern für Bildungs- und Forschungseinrichtungen und mehr finanzielle Möglichkeiten für Digitalisierungsprojekte. Außerdem möchten die Grünen die Publikation von Forschungsergebnissen unter dem Open-Access-Prinzip im Allgemeinen ausweiten, die Piraten öffentliche geförderte Ergebnisse sofort, andere nach einem halben Jahr für alle zugänglich machen. CDU und FDP sind zurückhaltender bezüglich solcher Optionen. Zwar setzt sich auch die CDU für die Nutzung von Daten und Wissen für die Wissenschaft und die Zugänglichkeit zu Erkenntnissen in, allerdings nicht prinzipiell, sondern nach einer angemessenen Zeitspanne, die nicht näher definiert wird. Die FDP möchte das Open-Access-Prinzip für wissenschaftliche Ergebnisse nicht bedingungslos vorantreiben, sondern in jedem Fall der Zustimmung der Wissenschaftler überlassen.

VI. Bildungs- und Hochschulpolitik

Um die Wissenschaftslandschaft in Deutschland voranzubringen, sehen alle Parteien die Notwendigkeit von Reformen für diesen Sektor als notwendig an. Gerade für die CDU scheint der Schwerpunkt hierbei allerdings vor allem bei den Natur- und Ingenieurswissenschaften zu liegen, da sie stets den Kontext von Forschung und Technik betont. SPD, Piraten, Grüne und Linke hingegen stellen den Bezug von Forschung, gesellschaftlichen Fragen und sozialen Problemen in den Mittelpunkt und sehen hier eine enge Verknüpfung zu den Geistes- und Kulturwissenschaften.

Um die häufig prekären Situationen gerade von Nachwuchswissenschaftlern und dem akademischen Mittelbau zu verbessern, möchte die CDU ein Förderprogramm einführen. Wie genau dieses aussehen sollen, lässt sie offen. Im Gebiet Forschung ist es das Anliegen, die Exzellenzinitiative und den Pakt für Forschung und Innovation zu verlängern sowie herausragende Forschung in der Spitze und in der Breite mehr zu unterstützen. Um dies zu ermöglichen, möchte die CDU in diesem Bereich, im Gegensatz zur Kulturpolitik, die Zusammenarbeit von Bund und Ländern stärken, damit der Bund mehr Impulse vor allem für technologische Innovationen geben kann. Anliegen der SPD ist es, sachgrundlose Befristungen abzuschaffen und neue verlässliche Berufsperspektiven zu entwickeln. Für die Linke kommen Mindestlöhne im Wissenschaftssektor hinzu. Ihr Ziel ist es zudem, die finanzielle Grundausstattung des Wissenschaftssystems zu erhöhen. Dafür soll eine Neustrukturierung der Förderungsvergabe erfolgen, die auch Geistes- und Kulturwissenschaften stärker unterstützt. Auch Grüne und Piraten möchten durch höhere Haushalte Langfristigkeit und eine möglichst breite Aufstellung der Wissenschaftslandschaft – und hierbei auch eine strukturelle Stärkung der kleinen Fächer – in den Mittelpunkt stellen. Hierfür soll die Exzellenzinitiative auslaufen, die Breitenforschung anstatt nur spezifischer Wissenschaftszweige unterstützt und die Projektförderung transparenter und gleichberechtigter gestaltet werden. Als reformwürdig erachten beide Parteien das Wissenschaftszeitvertragsgesetz und hier vor allem die grundlose Befristung von Stellen. Für die Grünen ist auch in diesem Bereich ein kooperativer Bildungsföderalismus zwischen Bund, Ländern und Kommunen unerlässlich, um den Bund für Planung und Finanzierung der Hochschulen miteinbeziehen zu können. Die FDP möchte andere Wege gehen, die mit der Hochschulpolitik als Ländersache vereinbar sind. Mit einem flächendeckenden Wissenschaftstarifvertrag will sie die Personalstrukturen flexibler halten, attraktivere Arbeitsbedingungen für den Mittelbau schaffen und wissenschaftliche Laufbahnen sicherer machen. Forschung soll nach der FDP von den Studentenzahlen der Fächer mit freiwilliger Landesunterstützung sowie von Investitionen in „strategisch notwendige Forschungs- und Wachstumsfelder“ und der Exzellenzinitiative abhängen, womit die Geistes- und Kulturwissenschaften wohl mit weiteren Einbrüchen zu rechnen hätten.

VII. Personalpolitik im Kulturbereich und Künstlersozialkasse

Darüber, dass Kulturbranche und Kreativwirtschaft einen wichtigen Beitrag zur Wirtschaftskraft in Deutschland leisten, dafür jedoch zu wenig zurückbekommen, sind sich die Parteien einig. Die Einkommen und Absicherungen sollen verbessert und das Innovations- und Wachstumspotenzial dieser Bereiche gefördert werden. Hierzu gehören für alle Parteien eine Stärkung der Künstlersozialkasse mit Beachtung der besonderen Arbeitsumstände und neuen Tätigkeitsbereiche der Kreativen. Die Grünen möchten dies in ihre Bürgerversicherung integrieren. Die Urheberrechtsreformen sollen ebenfalls nach Meinung aller den z.T. schwierigen Arbeitssituationen Abhilfe schaffen und neue Vergütungsmöglichkeiten mit sich bringen. Die SPD, die Grünen und die Linke möchten zudem Mindestlöhne – Linke und Grüne auch Ausstellungsvergütungen, Honoraruntergrenzen und Gewinnbeteiligungen für Künstler – und neue Regelungen in der Arbeitslosen- oder Rentenversicherung für Kultur und Kreativwirtschaft einführen. Für die Piraten ist auch eine dauerhafte, nicht nur projektgebundene Absicherung der Künstler unabdingbar. Sie wollen, wie die anderen, auch Selbstständige besser unterstützen. Zudem soll nach der Linken der Unterfinanzierung von Kultureinrichtungen und Privatisierungen entgegengetreten werden. Die CDU sieht Lösungsansätze in der Fortführung der „Initiative Kultur- und Kreativwirtschaft“, in engerer Zusammenarbeit von Kultur und Tourismus sowie in der Weiterentwicklung der Existenzgründer-Branche durch neue Gründungsfinanzierungen und Rahmenbedingungen für Crowdfunding. Auch hier scheint es jedoch, dass primär Jungunternehmen im Bereich Technik unterstützt werden sollen. Für die FDP ist ein Neuanfang der richtige Weg. Dafür sollen der Innovationsbeitrag der Kultur- und Kreativwirtschaft geprüft werden. Zudem kann für die FDP der Absatzmarkt von Kultur und Kreativen durch besseren Zugang zu Fremdkapital und ausländischen Märkten erweitert werden. Auch die Piraten und die Grünen möchten neue Wege gehen. Nach den Piraten soll ein größerer Teil des Kulturetats den Künstlern und ein Investitionspaket für Kultur den Kultureinrichtungen zugewiesen werden. Die Grünen sehen Möglichkeiten in der besseren Unterstützung der kleinen und mittelständischen Unternehmen in mehr Darlehen und Mikrokrediten und besseren Beratungsmöglichkeiten. Kunstförderung möchten sie besser an die schnellen Zyklen und kurzfristigen Entscheidungen dieser Branche anpassen. Außerdem ist es den Grünen wichtig, die Zukunftsfähigkeit von Kunst und Kultur durch mehr Möglichkeiten für neue Tätigkeitsbereiche, zunehmend auch im Netz, voran zu bringen. Mit einer stärkeren Unterstützung von Sozio- und Nischenkultur, der Aufhebung des Doppelfinanzierungsverbots und einem KfW-Sonderprogramm Kulturförderung möchten sie Kunst und Kultur zu einer sichereren Lebensgrundlage machen.

Weitere Infos zu Open Access in den Wahlprogrammen auf dem Science-Blog Frischer Wind gibt es von hier.
Einen schönen Vergleich der netzpolitischen Programme bietet t3n hier.
Eine ausführliche Darstellung der kulturpolitischen Planungen der einzelnen Parteien findet sich unter dem Schlagwort “Wahlkultur” auf kulturmanagement.net.

Quelle: http://kristinoswald.hypotheses.org/1066

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aventinus varia Nr. 41 [20.09.2013]: Kolonialismus und Arbeitszwang. Ein Fallbeispiel: das koloniale Algerien im 19. Jahrhundert

In diesem Artikel wird die Kolonie Algerien als Fallstudie verwendet, um die verschiedenen Arten des Zwangs zu zeigen, die in den Kolonien systematisch angewandt wurden, um die kolonisierte Bevölkerung in untergeordnete Arbeitsverhältnisse zu zwängen. http://bit.ly/16LZ5qW

Quelle: http://www.einsichten-online.de/2013/09/4699/

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