Document Engineering und Digital Humanities

Dokumente aller Art spielen seit jeher in den Geisteswissenschaften eine zentrale Rolle, sowohl als Untersuchungsgegenstand als auch zur Dokumentation von Forschungsergebnissen. Entsprechend beschäftigen sich auch die Digital Humanities mit Dokumenten, insbesondere digitalen Dokumenten. Neben den »traditionellen« geisteswissenschaftlichen Fragen stellen sich dabei auch neue Fragen, z. B. zur Codierung, Auszeichnung und Verarbeitung von Texten, bei denen technische und geisteswissenschaftliche Aspekte interagieren. Anne Baillot hat in einem Blogbeitrag mit dem Titel »Encoding IS conceptualizing« einige schöne Beispiele dafür genannt; die Diskussionen auf TEI-L sind eine unerschöpfliche Quelle weiterer Beispiele.

In der Informatik ist Document Engineering das Gebiet, in dem man sich mit Systemen zur Repräsentation und Verarbeitung von Dokumenten in allen Formen und Medien beschäftigt. Leider gibt es bislang nur wenige Berührungspunkte zwischen Document Engineering und Digital Humanities – eigentlich seltsam, denn wir hätten hier einerseits Leute, die sehr hohe Ansprüche an die Erstellung, Verarbeitung und Darstellung digitaler Dokumente stellen (man denke hier nur etwa an verschiedene, sich überlappende Auszeichnungsebenen) und andererseits Leute, die daran arbeiten, den Stand der Technik in eben diesem Bereich voranzubringen.

Daher möchte ich an dieser Stelle auf eine Konferenz hinweisen, die im DH-Umfeld erst wenigen bekannt ist, aber für Leute, die sich mit Dokumenten, XML, TEI usw. beschäftigen, sehr interessant ist, und die auch eine sehr gute Möglichkeit darstellt, mit den Informatikern, die in diesem Bereich arbeiten, ins Gespräch zu kommen: das ACM Symposium on Document Engineering, kurz DocEng.

Proceedings), aber auch andere Beiträge — z. B. zu XML, OCR, Suchverfahren — waren für Forscher in den DH relevant.

Ich bin sicher, dass es auch bei DocEng 2013 wieder einiges für DH-Forscher zu entdecken geben wird. DocEng 2013 findet vom 10. bis zum 13. September in Florenz statt; am 10. finden die Workshops DChanges 2013: First International Workshop on (Document) Changes: Modelling Detection, Storage and Visualization, DH-CASE 2013: Collaborative Annotations in Shared Environments: Metadata, Vocabularies and Techniques in the Digital Humanities (explizit DH!) und Reimagining Digital Publishing for Technical Documents statt. Ich persönlich bin davon überzeugt, dass sowohl DH als auch Document Engineering von einem verstärkten Austausch nur profitieren können. Und vielleicht es auch mal eine erfrischende Abwechslung zur »Was-sind-eigentlich-die-Digital-Humanities-Nabelschau« …

Ganz besonders möchte ich aber noch Doktoranden auf ProDoc@DocEng hinweisen, das erste doctoral consortium bei DocEng. Dabei können Doktoranden ihr Dissertationsprojekt (das natürlich einen Bezug zu Document Engineering haben muss) vorstellen und bekommen Feedback von einem Panel erfahrener Forscher und vom Publikum. Das Ziel von ProDoc@DocEng ist es, Doktoranden dabei zu helfen, ihre Forschungsfrage zu formulieren, die richtigen Ansätze und Methoden zu wählen und ganz allgemein auf neue Ideen zu kommen.

Ein doctoral consortium ist eine außergewöhnliche Gelegenheit, um Rückmeldungen von den führenden Forschern zu seinem Dissertationsprojekt zu bekommen und gleichzeitig an der Konferenz zu lernen, wie der aktuelle Forschungsstand im Bereich Document Engineering ist und wertvolle Kontakte zu knüpfen — eine sehr gute Voraussetzung, um dann bei einem der nächsten Symposia selbst ein Paper bei der Hauptkonferenz vorstellen zu können.

Die Frist für Einreichungen zu ProDoc@DocEng läuft noch bis zum 28. Juni. Die Details finden sich im Call for Submissions. Doktoranden, die für ProDoc@DocEng angenommen wurden, können sich auch um Student Travel Awards bewerben.

Quelle: http://dhd-blog.org/?p=1814

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Wladislaw II. und Ludwig II. – Das jagiellonische Erbe in Kamenz

Das vom böhmisch-ungarischen König Wladislaw II. in Kamenz gegründete Franziskanerobservantenkloster St. Annen steht im Mittelpunkt des Vortrags von Jan Rüttinger M.A., wissenschaftlicher Mitarbeiter am Sakralmuseum St. Annen in Kamenz, am Donnerstag den 13.06.2013. Zum Abschluß der Ausstellung Camencia Jagellonica. Die Gründung des Franziskanerklosters St. Annen in Kamenz, die am 16.06.2013 schließt, werden nochmal die Hintergründe und die Entstehungsgeschichte des Klosters beleuchtet, sowie die intensive Förderung durch die jagiellonischen Herrscher Wladislaw II. und Ludwig II. Die Besonderheit der letzten franziskanischen Klostergründung in der Oberlausitz als eine herrschaftliche Stiftung [...]

Quelle: http://ordensgeschichte.hypotheses.org/4685

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Whistle Blowing an der Universität

Pünktlich zum Outing von Edward Snowden (Prism) erinnert die Süddeutsche heute an die jüngsten HRK-Empfehlungen zur guten wissenschaftlichen Praxis (14.05.2013). Darin heißt es u.a.:

Zum Schutz der Hinweisgeber (Whistle Blower) und der Betroffenen unterliegt die Arbeit der Ombudspersonen höchster Vertraulichkeit. Die Vertraulichkeit ist nicht gegeben, wenn sich der Hinweisgeber mit seinem Verdacht an die Öffentlichkeit wendet. In diesem Fall verstößt er regelmäßig selbst gegen die Regeln der guten wissenschaftlichen Praxis.

Das würde in der Konsequenz bedeuten: Niemand erhebt mehr Plagiatsvorwürfe. Denn bereits der Vorwurf, ein anderer habe plagiiert, ist schlechte wissenschaftliche Praxis. Das kann die HRK so eigentlich nicht gemeint haben. Wahrscheinlich ging es ihr nur darum, Wissenschaftler vor ungerechtfertigen Vorwürfen zu schützen. So klingt auch der folgende Satz:

Dies ist auch bei leichtfertigem Umgang mit Vorwürfen wissenschaftlichen Fehlverhaltens der Fall sowie bei der Erhebung bewusst unrichtiger Vorwürfe.

Es irritiert hier aber das Wort “auch” – an welche Fälle denkt die HRK denn noch?

Nun sind die HRK-Empfehlungen nicht bindend; aber werden Wissenschaftler, die auf Drittmittelprojekte hoffen, nicht davor zurückschrecken, sich einer “schlechten wissenschaftlichen Praxis” verdächtig zu machen, wenn sie Plagiate finden sollten? Das kann nicht im Sinne der HRK sein …

Quelle: http://geschichtsadmin.hypotheses.org/106

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Kunst wurde überschätzt

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Bildende Kunst aus Ost und West der Zeit 1945 bis 1968. Auf der einen Seite die offene Struktur des Abstrakten als Symbol der Freiheit – auf der anderen Seite der sozialistische Realismus mit seiner Individualität und Figuration? Inwiefern vermittelt sie – gegenübergestellt – die ideologischen Gräben zwischen den konkurrierenden deutschen Teilstaaten? Unter dem Titel “Der geteilte Himmel” stellt die Neue Nationalgalerie die Hauptpositionen von Ost und West der Epoche 1945 bis 1986 vor.

Die Unterscheidung der “abstrakten” Kunst des Westens auf der einen Seite und der “figurativen” oder der “Staatskunst” des Ostens auf der anderen Seite greift zu kurz. Welche Rolle spielte die Kunst jeweils in Ost und West während der politischen Ereignisse des Kalten Krieges konkret? Und welche Bedeutung kommt dem Staat bei der Ausübung der Kunst zu? Im MONTAGSRADIO “Vor Ort” in der Neuen Nationalgalerie sprechen Markus Heidmeier und Jochen Thermann mit der Kunsthistorikerin Susanne von Falkenhausen, Professorin für Neuere Kunstgeschichte an der Humboldt Universität zu Berlin, und der Kunstkritikerin Ingeborg Ruthe über die Charakteristika der Kunst in Ost  und West, über “Aushandlungsformen und -prozesse” in der Künstlerszene, über Leitbilder und Begegnungen. Sie sprechen auch über Kontinuitäten und Brüche vor und nach 1945, verursacht durch das NS-Regime und seine Protagonisten.

 

Und hier noch die Timeline zu dem Gespräch:

- 01:00 Erste Eindrücke: “Über die Gräben hinweg Dialoge anzetteln”

- 05:00 abstrakte Kunst des Westens vs. “Staatskunst” der DDR?

- 09:00 “im Rahmen der Nation gedacht”

- 11:00 Produktionswirklichkeiten von Künstlern in der DDR – “Bilder mit der Butterseite zur Wand”

- 15:50 die Restriktionen des Westens

- 20:00 Kontinuitäten und Brüche nach 1945

- 24:00 das Leitbild der Kunstproduktion in der DDR

- 27:30 Wann hatte der Staat Angst vor der Kunst?

- 32:00 die Individualität der DDR-Kunst in den 70er und 80er Jahren

- 37:00 gibt es eine “deutschere” Kunst?

- 40:00 Allegorien, Metaphern und Gleichnisse

- 43:30 Gab es Begnungen zwischen den Künstlern in Ost und West?

- 46:00 Überraschungen & Entdeckungen der Ausstallung

- 49:30 MONTAGSRADIO-Fragebogen

 

Die Ausstellung “Der geteilte Himmel. Die Sammlung. 1945 bis 1968″ ist noch bis September 2013 in der Neuen Nationalgalerie zu sehen.

Quelle: http://www.montagsradio.de/2013/06/10/kunst-war-uberschatzt/

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Susanne Beiweis über Sternendämone und Talismane

Heute hält Junior Fellow Susanne Beiweis am IFK (Reichsratsstraße 17, 1010 Wien, 10.6., 18h) einen Vortrag zum Thema Sternendämon, Edelstein und Talisman. Analogie-Denken in Marsilio Ficinos De Vita Libri Tres; als Vorgeschmack hat sie auf Science ORF einen Beitrag zur Bedeutung des magischen Denkens bei Renaissance-Philosophen veröffentlicht.

Quelle: http://adresscomptoir.twoday.net/stories/434204634/

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Jahrestagung “Wissen in Landwirtschaft und ländlicher Gesellschaft”

Am kommenden Wochenende, vom 14. bis 15. Juni 2013, findet im Kulturwissenschaftlichen Institut in Essen die diesjährige Jahrestagung der Gesellschaft für Agrargeschichte (GfA) und des Arbeitskreises für Agrargeschichte (AkA) statt. Nachdem im letzten Sommer der Beitritt des AkA zur GfA beschlossen worden war, um die Ressourcen der Agrargeschichte in Deutschland zu bündeln, ist das nun die erste große gemeinsame Veranstaltung der beiden Gruppierungen. Unter dem Titel „Wissen in Landwirtschaft und ländlicher Gesellschaft“ finden von Freitagmittag bis Samstagnachmittag 12 Vorträge und eine hochkarätig besetzte Podiumsdiskussion statt. Außerdem gibt‘s die Mitgliederversammlung der GfA. Das Programm kann man hier einsehen.

Ich werde keinen Vortrag halten, sondern freue mich auf eine interessante Tagung zum Zuhören und Mitdiskutieren. Vielleicht sehe ich wieder mehr Querverbindungen zwischen meinem aktuellen Thema (ländliche Gesellschaft) und meinem abgeschlossenen Dissertationsprojekt (Social Engineering von Verkehrsexperten – also ein wissensgeschichtliches Thema). Ich werde auf jeden Fall hier über die Tagung berichten.

Quelle: http://uegg.hypotheses.org/56

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Fortbildung “Web 2.0 und Kommunalarchive”

Termin: 1. Oktober 2013

Referenten: Dr. Antje Diener-Staeckling (LWL-Archivamt für Westfalen), Dr. Bastian Gillner (Landesarchiv Nordrhein-Westfalen, Abteilung Rheinland), Thomas Wolf (Kreisarchiv Siegen-Wittgenstein)

Ort: LWL-Archivamt für Westfalen, Münster

Teilnehmerzahl: 15

Kosten: 35 €

Anmeldeschluss: 2. September 2013

“Seit einigen Jahren finden neben dem herkömmlichen Internetauftritt zunehmend auch Web 2.0-Anwendungen Eingang in die Kommunen, auch befördert durch eine allgemeine Initiative des Deutschen Städte- und Gemeindebundes. Als Teil der Verwaltung haben sich kommunale Archive immer mehr mit veränderten Nutzererwartungen auseinaderzusetzen oder können mit neuen Möglichkeiten ihre klassische Aufgabenerfüllung optimieren. Doch was ist das überhaupt: Blogs, Facebook, Twitter und Co?

Das Seminar möchte verschiedene Formen von Anwendungen vorstellen und zeigen, welche sozialen Medien für Archive möglich und sinnvoll erscheinen. Damit ist auch das “Einmann/Einfrau-Archiv” angesprochen, das seine Ressourchen gut einteilen muss. Hier können umfassende Informationen zu den Instrumenten des Web 2.0 helfen, um eigene Konzepte in diesem Bereich zu entwicklen, die die Arbeit des Archivs unterstützen und erleichtern werden.”
Link zum Fortbildungs-Programm (PDF)

Quelle: http://archive20.hypotheses.org/683

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Ergebnisse der Blogparade „Nachwuchs und Digital Humanities” #dhiha5

2886939817_2b6a7d2a01_mZur Vorbereitung unserer gemeinsam mit “L.I.S.A. – das Wissenschaftsportal der Gerda Henkel Stiftung” und dem Centre pour l’édition électronique ouvert (Cléo) organisierten Tagung „Forschungsbedingungen und Digital Humanities: Welche Perspektiven hat der Nachwuchs?“ haben wir am 11. April 2013 zu einer Blogparade auf Deutsch, Englisch und Französisch aufgerufen. Insgesamt sind 25 Beiträge eingereicht worden, darunter zwei Zeichnungen. Daneben gab es eine Diskussion auf der französischen Mailingliste “Digital Humanities”, die hier und hier aufrufbar ist. Zwei Beiträge aus der Diskussion wurden zu Blogposts erweitert. Zwölf der Beiträge wurden auf Deutsch, elf auf Französisch, zwei auf Englisch geschrieben. Übersetzt wurden insgesamt vier Beiträge, alle vier aus dem Französischen ins Deutsche sowie einmal ins Englische. Wir danken allen Teilnehmer/innen der Blogparade ganz herzlich!

Die vier Arbeitsgruppen, die anhand der Beiträge der Blogparade ihre Papiere für die vier Panels der Tagung geschrieben haben (Programm), nehmen in den Texten jeweils Bezug auf einzelne Beiträge. Diese Auswertungen sind hier zugänglich:

Panel I: Which changes are currently taking place in our research and academic culture?

Panel II: Training for the Digital Humanities – what skills are necessary, how can they be transmitted?

Panel III: Evaluation and Quality Control in the Digital Humanities / deutsch: Evaluierung und Qualitätssicherung in den Digital Humanities

Panel IV: Career, Financing and the Academic Recognition of Achievements in the Digital Humanities

Im Folgenden werden die eingereichten Beiträge zur Übersicht nach Sprachen geordnet alphabetisch gelistet. Diese Übersicht wird fortlaufend ergänzt, da nach wie vor Beiträge eingehen. Letzte Änderung: 10.6.2013

Deutsche Beiträge

Marjorie Burghart, Die drei Ordnungen. Das Weltbild der Digital Humanities #dhiha5, in: Digital Humanities am DHI Paris, 18.5.2013, http://dhdhi.hypotheses.org/1666 [Übersetzung aus dem Französischen].

Marten Düring, Die Forschungskultur der Digital Humanities in 7 Schlagworten, in: Digital Humanities am DHI Paris, 26.4.2013, http://dhdhi.hypotheses.org/1615.

Sascha Foerster, Goldgräberstimmung in den Digital Humanities. Oder: Wenn Algorithmen filtern helfen #dhiha5, in: Weblog von Sascha Foerster, 8.6.2013, http://www.saschafoerster.de/2013/06/goldgraeberstimmung-in-den-digital-humanities/.

Sebastian Gießmann, Digital Humanities und Medienkulturwissenschaft, in: Daten und Netzwerke, 23.5.2013,   https://datanetworks.wordpress.com/2013/05/23/digital-humanities-und-medienkulturwissenschaft-dhiha5/.

Moritz Hoffmann, Vermittlungsformen: Warum Historiker (nicht) bloggen, in: hellojed., 13.4.2013, http://www.hellojed.de/wp/?p=453.

Charlotte Jahnz, Wo bleiben die Nachwuchsblogger?, in: [gab_log]. Geisteswissenschaft als Beruf, 16.4.2013, http://gab.hypotheses.org/684.

Marion Lamé, Beitrag im Dreiertakt #dhiha5, in: Digital Humanities am DHI Paris, 9.6.2013, http://dhdhi.hypotheses.org/1744 [Übersetzung aus dem Französischen].

Lilian Landes, Wie hältst Du’s mit der Qualität? Gretchen online, in: RKB-Blog, 23.4.2013, http://rkb.hypotheses.org/498.

Monika Lehner, Im Netz der (un)begrenzten Möglichkeiten, in: mind the gaps, 19.4.2013, http://mindthegaps.hypotheses.org/564.

Philipp Nordmeyer, Blogs, Bücher und das Werkzeug des Historikers #dhiha5, in: criticalbits, 25.4.2013, http://www.criticalbits.org/2013/04/25/blogs-bucher-und-das-werkzeug-des-historikers/.

Maxi Maria Platz, Der konstruierte Gegensatz, in: MinusEinsEbene, 18.4.2013, http://minuseinsebene.hypotheses.org/482.

Michael Schmalenstroer, Digital Humanities als Generationenkonflikt, in: Schmalenstroer.net, 2.6.2013, http://schmalenstroer.net/blog/2013/06/digital-humanities-als-generationenkonflikt/.

Christof Schöch, Was Sie schon immer über “research technologists” wissen wollten und nie zu fragen wagten, in: DHd-Blog, 26.3.2013, http://dhd-blog.org/?p=1487.

Petra Tabarelli, “Du schreibst in einem Blog? Meinst du ernsthaft, dass das jemand liest und interessiert?!” – Ein Beitrag für #dhiha5, in: tekninen historia, 15.4.2013, http://tektoria.de/du-schreibst-in-einem-blog-meinst-du-ernsthaft-dass-das-jemand-liest-und-interessiert-ein-beitrag-fur-dhiha5/.

Tis, Gamification der Lehrinhalte… und Sie? #dhiha5, in: Digital Humanities am DHI Paris, 19.5.2013, http://dhdhi.hypotheses.org/1685 [Übersetzung aus dem Französischen].

Tis, Gegen die McDonaldisierung der Forschung! #dhiha5, in: Digital Humanities am DHI Paris, 28.5.2013, http://dhdhi.hypotheses.org/1722 [Übersetzung aus dem Französischen].

 

Französische Beiträge

Anne Baillot, Allons enfants de #dhiha5! (un but pour la France), in: Digital Intellectuals, 27.4.2013, http://digitalintellectuals.hypotheses.org/1198.

Anne Baillot, Des papillons au plafond, in: Digital Intellectuals, 6.6.2013, http://digitalintellectuals.hypotheses.org/1322.

Marjorie Burghart, Les Trois Ordres ou l’Imaginaire des Digital Humanities #dhiha5, in: Digital Humanities à l’IHA, 28.4.2013, http://dhiha.hypotheses.org/804.

Frédéric Clavert, Contribution au colloque #dhiha5: “Questions de formation: quelles nouvelles compétences sont nécessaires?”, in: Frédéric Clavert, 29.4.2013, http://www.clavert.net/contribution-au-colloque-dhiha5-questions-de-formation-quelles-nouvelles-competences-sont-necessaires/ .

Antonin Dubois, Quelques remarques personnelles sur les “digital humanities” en SHS #dhiha5, in: Recherches, reflexions et perspectives franco-allemandes sur l’histoire, 14.5.2013,  http://parhei.hypotheses.org/167.

Martin Grandjean, L’analyse de réseau, nouvel outil d’exploration de fonds d’archives (#dhiha5), in: Martin Grandjean, 2.5.2013, http://www.martingrandjean.ch/analyse-de-reseau-nouvel-outil-exploration-fonds-archives/.

Franziska Heimburger, Former à l’utilisation des outils informatiques – vers un socle commun ? Notre contribution au #dhiha5, in: La Boite à Outils des Historiens, 29.4.2013, http://www.boiteaoutils.info/2013/04/former-lutilisation-des-outils.html.

Marion Lamé, Contributions sur un rythme ternaire au #dhiha5, in: Digital Humanities à l’IHA, 30.4.2013, http://dhiha.hypotheses.org/832.

Pierre Mounier, #dhiha5 Quelle(s) idéologie(s) pour les humanités numériques ?, in: blogo numericus, 10.06.2013, http://blog.homo-numericus.net/article11179.html.

Tis, Stop à la Mcdonalisation de la recherche !, in: PHDelirium, 23.5.2013, http://www.phdelirium.com/portfolio/stop-a-la-mcdonalisation-de-la-recherche/#.UbR3YNgfjKd.

Tis, La gamification des enseignements…et vous?”, in: PHDelirium, 18.5.2013, http://www.phdelirium.com/portfolio/la-gamification-des-enseignements-et-vous/#.UbR3xdgfjKd.

 

Englische Beiträge

Anne Baillot, Gniggolb – is blogging from the end to the beginning, in: [Blog] Digital Intellectuals, 11.4.2013, http://digitalintellectuals.hypotheses.org/1165.

Marjorie, Burghart, The Three Orders or Digital Humanities Imagined #dhiha5, in: Digital Humanities à l’IHA, 28.4.2013, http://dhiha.hypotheses.org/817 [Übersetzung aus dem Französischen].

Lucas Frederik Garske, Change & Permanence – a Walk around Science 2.0, in: Paint it Science, 1.6.2013, http://paintitscience.com/change-permanence/.

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Abbildung:  ‘schreiben‘ von rosmary, CC-BY 2.0.

Quelle: http://dhdhi.hypotheses.org/1752

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Beitrag im Dreiertakt #dhiha5

von Marion Lamé

Hier nun, umgeschrieben, mein spontaner Beitrag zur französischen Mailingliste “DH” auf Einladung der Organisatoren von #dhiha5. Ihnen danke ich, ebenso wie Marjorie Burghart und Anne Baillot für ihre bereichernde Lektüre. Danke an Anne Baillot, Mareike König und Anja Busch für den Ansporn und die deutsche Übersetzung meines französischen Texts. Die Präsentation bleibt spontan, so wie der Appel und die Blogs es vorsehen. Ich versuche damit auf meine Art und auf eigenes Risiko und daher nicht ohne Ungeschick und ohne Zweifel, mich an der Diskussion zu beteiligen, indem ich mich an den Artikel von Marjorie Burghart anschließe und die Themen des Aufrufs zur Blogparade von #dhiha5 bezüglich der Forschungspraxis, der Anerkennung und der Ausbildung sowie dazugehöriger Überlegungen anspreche.

Funktioniert die Maschine “Computer” mit einem binären System, so scheint mir die dreigliedrige Metapher der drei Ordnungen der Digital Humanities, dargelegt von Marjorie, mit Eleganz und Feinheit der menschlichen Komponente der DH-Problematik Rechnung zu tragen. In Anbetracht und unter Beobachtung dieses fast schon ikonischen Bildes, das sich auf einen längst vergangenen Abschnitt der Geschichte bezieht und das ich mir für die Digital Humanities ebenso vergangen wünschte, könnte man genauso Überlegungen über einen tenären Rhythmus anstellen.

Ehe ich in die Materie einsteige, möchte ich jedoch an eine der Schlussfolgerungen aus meiner ursprünglichen Email erinnern. Ich betrachte das System des Ausdrucks und der Präsentation, zur Verfügung gestellt, sagen wir, durch das Medium “Papier” – oder besser das “analoge (Medium)” –  als ein System, dessen Funktionen und Vorteile dem digitalen System gegenüber sehr unterschiedlich und komplementär sind. Dies gilt auch, wenn Letzteres in der Praxis mühelos einen großen Teil dessen ausdrücken und repräsentieren kann, was ein gedrucktes Werk im Stande ist darzustellen. Ich hege gerne den Traum, dass, in einer nahen oder fernen Zukunft, beide zusammenkommen und gemeinsam funktionieren.

Sie einander gegenüber zu stellen, erscheint mir heute wie eine Art falsche Dichotomie. Auch sei hier darauf hingewiesen, dass ich, ohne sie jedoch zu vergessen (sie liegen mir sehr am Herzen) die sozialen und politischen Aspekte nur streifen werde  -  ich denke z.B. an den freien Zugang zu Daten  -  die ich der Sorgfalt anderer Think Tanks (die besser dafür Sorge tragen werden als ich) überlasse. Hier ruht der Fokus auf den folgenden drei Fragen, die zwar aus Bequemlichkeit deutlich unterschieden, dennoch eng miteinander verbunden sind. Diese Fragestellungen öffnen den Weg zur praktischen Dimension der Digital Humanities, eine Dimension, die möglicherweise andere Formen der bestätigten Publikation brauchen würden, um anerkannt zu werden.

Drei Fragestellungen

1) Forschung in den digitalen Geisteswissenschaften (und nicht etwa Forschung in den Geisteswissenschaften mithilfe der DH): kann man von DH-Forschung sprechen?

2) Anerkennung: Die Besonderheit der Digital Humanities scheint mir noch sehr implizit und verborgen. Da sie der breiten Öffentlichkeit noch unbekannt sind, ist es nicht immer leicht zu erklären, was digitale Geisteswissenschaften sind und tun. Diese Besonderheit zum Vorschein zu bringen – und damit auch die Form der Publikationen, die damit einhergehen -, ist möglicherweise einer der zahlreichen Schlüssel für ihre Anerkennung. In dem Moment, wo sie zum Vorschein gebracht wird, wird sie auch de facto anerkannt. Mein Beitrag auf der Mailingliste war weder Aufschrei des Herzens noch Ausdruck einer Karrierebesessenheit und auch nicht etwa das Herbeisehnen einer potentiell verknöchernder Institutionalisierung. Vielmehr verstand er sich als das realistische Pendant zu Marjories Metapher der drei Ordnungen, so wie ich sie verstehe: Die Hervorhebung eines zum Ausarten drohenden Ökosystems, weil diejenigen, die in diesem Bereich tätig sind – die laboratores -, der Erschöpfungen nahe sind: Sie fallen der inadäquaten Ausnutzung ihrer Arbeit zum Opfer.

Ob man DH nun als Methode, als Praxis oder als Disziplin – oder aber auch als ein Zusammenspiel von allen dreien – auffasst, es kommt einem tatsächlich seltener in den Sinn, es gegenüber der Arbeit von Ingenieuren, Ärzten oder Soziologen  -  im Alltag oder in der Forschung  -  an Anerkennung mangeln zu lassen, weil ihre Tätigkeitsfelder bekannt sind. Auch wenn es heikel sein mag dies zu schreiben, müssen wir doch den Mut aufbringen zu bekennen, dass zwischen unterschiedlichen Projekten Überschneidungen auftreten, die zu erklären bisweilen schwer fallen, da Querverweise (u.U. in Ermangelung einer anerkannt zitierbaren Form der Veröffentlichung der Egebnisse) nicht einzubauen sind. Sollte die Form, der in den Digital Humanities verfassten Beiträge, neu erfunden werden, um nicht länger Arbeiten aus der Informatik oder den Geisteswissenschaften reichhaltig nachzuahmen, ohne aber gleichwertig zu sein? Dies könnte der Arbeit der laboratores einen würdigen Platz verleihen. Was also ist eine Veröffentlichung in den Digital Humanities? Und was macht den Wert ihres Inhalts aus? Welche Publikation wird anerkannt, oft benutzt und laufend als Referenz zitiert, weil sie tatsächlich verwendet für die Realisierung eines Projektes?

3) Ausbildung in den DH: Seit einigen Jahren werden dankenswerterweise Ausbildungen im Bereich der DH aufgebaut. Diese könnten sich drei Ziele setzen: übliche Praxis, spezialisierte Praxis und Forschung. Es würde darum gehen, technische Kompetenzen und wissenschaftliche Kenntnisse zu erwerben, vor allem, wenn auch nicht ausschließlich, in den Sozial- und Geisteswissenschaften. Einzubeziehen sind auch theoretische Aspekte, die zu einer Eigenständigkeit des Denkens und zu einem kritischen Umgang mit den Instrumenten führen würden. So scheint es mir merkwürdig, Programmierung zu unterrichten, ohne zuvor verständlich zu machen, was ein Algorithmus ist und die Leute zig-Mal ihre XML-Codes nachprüfen zu lassen, weil Oxygen ihnen signalisiert, die Datei sei nicht “well formed”, ohne sie jemals darin einzuweisen, was Formalismus ist.  Solchen Unterricht habe ich dennoch erlebt. Einige wissen es, Andere nicht; einige Curricula passen sich dem an, andere nicht. Warum werden formale Logik und Zahlen, die doch Säulen der Digitalisierung sind, in den DH vernachlässigt?

Wie dem auch sei: Ebenso wichtig erscheint mir das eigene Grundwissen der Informatik, Mathematik, Philosophie, Linguistik, die in DH eine Rolle spielen, sowie zahlreicher weiterer Disziplinen. Die Liste könnte lang sein: Es bleibt überraschend, dass Studierende und manchmal auch Nicht-Studierende autodidaktisch und so als würde es sich um den Heiligen Gral handeln, zentrale Lehren, wie – um nur zwei Beispiele zu nennen, – den Memmex von Vannevar Bush, die Turingmaschine oder auch andere Wissensfelder wie die Semiotik entdecken. Warum muss es so sein?

Schließlich könnte man DH-Curricula erarbeiten, indem man jedermann den nötigen digitalen Raum eröffnet, um dort die Themen und die einschlägige Bibliographie zu deponieren, deren Kenntnis und Beherrschung seiner Meinung nach eine tragende Säule eines solchen Curriculums bilden sollten? Was, wenn wir jetzt und hier versuchen würden, eine solche Liste auf die Beine zu stellen, selbst wenn es ein wenig durcheinander geschieht?

Digital Humanities: Fragen der Praxis oder Praxisfragen

Diese drei Achsen machen aus den DH noch keine Disziplin. Meines Erachtens sind die DH keine Disziplin in dem Sinne, in dem man manchmal lesen kann, dass Medizin weder tatsächlich eine Disziplin noch tatsächlich eine exakte Wissenschaft, jederzeit tadellos reproduzierbar, sei ((« Nos connaissances, fondées sur l’observation et l’expérience, tendent au maximum d’exactitude compatible avec les fluctuations des phénomènes de la vie. » Jean Starobinsky, Histoire de la Médecine, S. 6.)). Im Zusammenspiel von Genauigkeit und Ungenauigkeit sei sie vielmehr eine Kunst, angewandt auf die Kenntnis des und die Einwirkung auf den Menschen, um nicht zu sagen des Lebendigen im Allgemeinen (normal und krankhaft), die unterteilt ist in übliche Praxis, spezialisierte Praxis und Forschung und die sich in einer Konstellation höchst facettenreicher Disziplinen ineinanderfügt. Von diesen sind einige grundlegender – aber nicht wichtiger als andere – und sie stützen sich, in einem Verhältnis der Abhängigkeit und dennoch autonom bleibend, auf harte Wissenschaften, auf Techniken und Technologien, die sie sich aneignen und die es solide zu beherrschen gilt, ohne deshalb Physiker, Biologe oder Mathematiker zu sein. Unter Umständen ist es sogar von Vorteil, dies nicht zu sein. Das Umgekehrte aber wäre problematischer, denn um Humanismus geht es immer, wenn man sich das Humane als Forschungsfeld aussucht. Der Schriftsteller und Historiker (und übrigens auch Arzt) Jean Starobinski schrieb: “[Medizin] ist in Macht verwandeltes Wissen.” ((Ebenda.)) Wenn DH Ausdruck und Darstellung, wie sie zu Papier gebracht werden, ergänzen, verpflichten sie auch dazu, die menschliche Vernunft in dem Mittelpunkt zu stellen, indem sie sie in ihrer ganzen Blöße zeigen: Wenn e:s eine Frage von Macht ist, so kann man verstehen, dass DH bewegen, Widerstand und Neid hervorrufen. Was können wir tun?

Selbst wenn diese Analogie mit der Medizin schnell auf ihre Grenzen stößt  -  die Struktur der medizinischen Kunst bereichert sich an kulturellen Unterschieden und wird in seiner Funktionsweise von Kritik nicht ausgenommen sein  -, könnte sie ein wenig Licht auf manche Realität der Digital Humanities werfen, wie:

1) Was ich in meinem professionellen Arbeitsalltag “Problemstellungen der Digitalisierung” bezeichne.Sie sind in DH-Projekten kontinuierlich präsent  und deren Bedeutung sicherlich nicht zu unterschätzen. Warum und wie definiert, repräsentiert, behandelt und drückt man einen solchen wissenschaftlichen Untersuchungsgegenstand und die damit verbundenen Phänomene aus?

2) Was ich in meinem Arbeitsalltag als “Digitalisierungsakte” bezeichne und die sich aus der Problematisierung ableiten lassen: Ausprobieren, Anwendung von Standards, Suche nach noch zu erfindenden] Lösungen, Fallstudien, Evaluierungsprotokolle durch die Gemeinschaft, Erstellung von Prototypen, …

3) Der vielgestaltige Charakter dessen, was es verdienen würde, auf dem Publikationsmarkt aufzutreten. Denn weder das Digitalitisierungsprojekt, das im Idealfall nicht einem Forscher, sondern einem Projektmanager anvertraut wird, noch dessen Ergebnis sind offensichtlich publizierbare Ergebnisse. Dennoch lösen beide zahlreiche Forschungen aus, die, obwohl nicht gleich mit diesem, dem Projekt dienlich sind: Auch diesen Ergebnissen sollten im öffentlichen Raum mehr Aufmerksamkeit und Anerkennung geschenkt werden, denn auch sie und die sie produziert haben sind dem Forschungsökosystem nützlich. Es sind dies methodische Ansätze, Begrifflichkeiten, Protokolle, Prototypen, Plug-Ins, Fallstudien, Beweise, welche Schwierigkeiten aufzeigen bzw. auflösen und dabei auf bessere Praktiken zusteuern. Diese aber bürgern sich so leicht ein, dass sie zu Evidenzen werden, die im Nachhinein dermaßen überstrapaziert sind, dass man sie zu Unrecht auf dem Publikationsmarkt für wertlos hält. Ebenso scheint mir der in den Sozial- und Geisteswissenschaften bzw. in Informatik übliche Rahmen, in dem in Aufsatzform veröffentlicht wird, ungeeignet, um einer für DH grundlegenden Tätigkeit gebührend Raum zu verleihen: nämlich dem Ausarbeiten formeller Modelle.

4) Die Forschungen, die in den Digital Humanities unternommen werden, um die Ausdrucks- und Repräsentationsfähigkeit von Informationsverarbeitungssystemen auszuweiten. Diese Forschungen werden von Wissenschaftlern durchgeführt, die sich manchmal mit ihrem Status als DH-Forscher stark identifizieren und das selbst, obwohl es sich bei diesen weder um eine Wissenschaft, noch um eine Disziplin handelt. Als solche können DH derzeit keine Karrieren vorantreiben, da die in diesem Bereich produzierten Ergebnisse sich nicht in das Anerkennungssystem einfügen, das mit dem heutigen Publikationsmarkt zusammenhängt.

5) Die Eigenart der DH, weder wirklich Wissenschaft, noch Disziplin, aber fachliche Methode, die auch in einer Philosophie des Handelns sinnträchtig wird, zu sein ((Interessant ist dieser Blogbeitrag von Guido Koller, der unter Bezugnahme auf Pierre Bourdieux zu einer Reflektion über die Theorie der Praktiken der DH aufruft: «Digital Humanities: Short Outline of a Theory of Practice » http://wethink.hypotheses.org/468)). Durch ihr Ausmaß und ihre Komplexität verlangt diese Praxis, sich in einem akademisch anerkannten Ausbildungsgang zu organisieren im Sinne der oben erwähnten Dreifächerung in Allgemeinbildung, Spezialisierun und Forschung. Dies reicht, meines Erachtens, weit über ein Masterdiplom oder hier und da in den Fakultäten verstreute Module hinaus, und sei es nur aufgrund der zur Einarbeitung benötigten Zeit.

Aus den Skavenfesseln heraus zur Veröffentlichung

Selbst wenn die digitale Abbildung menschlichen Wissens nicht auf physische, elektrotechnische, mathematische oder formallogische Eigenheiten reduzieren lässt, dürfen diese tatsächlich nicht vernachlässigt werden.

Ebenso hören die Digital Humanities nicht bei Technik, Informatik und Wissen auf – Fachbereiche, die man in gewisser Hinsicht als Äste der DH verstehen könnte. Die Praxis des Digitalen wären in diesem Sinne als ganzeihtlicher Ansatz zu verstehen, der zur Synthese leitet und bei dem der Einfluß der Annalenschule und der französischen Historiographie noch immer nachwirkt, ohne damit gleichzustellen sein. Diese Praxis des Digitalen schliesst somit auch (aber nicht nur) methodische Überlegungen ein, auch solche, die sich mit dem Platz und der gesellschaftlichen bzw. epistemologischen Wirkung der Digitalisierung sowie dem Bewußtsein ihrer Einbindung in einem historischen Kontinuum auseinandersetzen.

Wie viele vielleicht festgestellt und besser als ich verstanden haben, frage ich mich, ob die Konstituierung von DH – betrachtet durch das Prisma des einen (Informatik) oder anderen (Sozial- und Geisteswissenschaften) Ansatzes -, nicht etwa einer “wissenschaftlichen Ideologie” entspringen, wie sie einem anderen Mediziner und Philosoph, Georges Canguilhem, so teuer war. Wenn das der Fall wäre, würden dann diese Herangehensweisen nicht selbst die größte Bremse sein, auch in Formatierungsfragen?  Langsam und schwierig ist nämlich die Ausgestaltung einer professionellen Kommunikation, die auf dem Publikationsmarkt ihren Platz finden und dennoch den DH angepasst wäre. Aber der Traum einer solchen lässt mich nicht los: Expliziter wäre sie, einfacher, und dennoch nicht weniger komplex, und emanzipiert von dem Modell einer literarischen bzw. mathematisch-informatischen Rhetorik.

Ich wäre glücklich hier in den Kommentaren oder woanders konkrete Beispiele egal zu welchem der hier angesprochenen Themen zu lesen: Beispiele für eine vollständige Ausbildung über fünf oder sieben Jahre bzw. sogar mehr, Beispiele für gelungene Veröffentlichungen, Fallstudien, die zu Referenzgrößen geworden sind incl. der Gründe dafür, Thematiken, die in die Grundkenntnisse der DH eingegliedert gehören, Autoren, Werke und Hoffnung gebende Gegenbeispiele, die den Übergang belegen; ich werde gerne meine Beispiele dazufügen. Im Seminar “Digital Humanties” ((Seminar « Digital Humanities. Les transformations numériques du rapport aux savoirs » du 24 mars 2013 « DH EHESS : humanités numériques italiennes » http://philologia.hypotheses.org/1091 und htp://www.ehess.fr/fr/enseignement/enseignements/2012/ue/324/)) vor kurzem, haben die Beiträge der Seminarteilnehmer Paul Bertrand sagen lassen, dass die Organistion der geisteswissenschaftlichen Disziplinen selbst, Disziplinen, die auf sozialen Konstrukten beruhen, einer neuen Ordnung bedürfen, jedoch ohne tabula rasa. Was den dreiteiligen Aufbau der Metapher Marjories hervorbringt, ist für mich, dass in einer solchen Organisation sich der Mensch letztlich nur schwer entfalten kann. Die Gesellschaftsordnung, auf die Marjorie sich bezieht, wurde glücklicherweise 1789 abgeschafft. Werden wir es schaffen, im Lichte dieser gemeinsamen, neu aufgenommenen Überlegungen im Rahmen des fünften Kolloquiums zum Thema DH des Deutschen Historischen Instituts, für die Digital Humanities einen weiteren Schritt  in dieselbe Richtung zu machen?

Autorin

Marion Lamé

Wissenschaftsblog : Épigraphie en Réseau

Zitierte Literatur

CANGUILHEM, George. « Qu’est-ce qu’une idéologie scientifique », Idéologie et rationalité dans l’histoire des sciences de la vie. Paris : VRIN. Édition de poche, 2009, S. 39-55. 1977.

STAROBINSKI, Jean . Histoire de la médecine. [Lausanne] : Rencontre ; [Genève] : Erik Nitsche International, 1963.

Quelle: http://dhdhi.hypotheses.org/1744

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Oral History – Geschichte mal anders?

Folgende Szene sollte den meisten Studenten der Geschichtswissenschaft geläufig sein: Man hört einer gut besuchten Vorlesung seines Lieblingsprofessors der Zeitgeschichte zu. Der Vortrag neigt sich zu Ende, deshalb lädt der engagierte Dozent seine Zuhörer ein, Fragen zu stellen. Aber natürlich meldet sich niemand. Niemand? Doch, aber kein junger Student, sondern meist ein älterer Zuhörer nimmt die Chance wahr. Oftmals ist es eine Frage, manchmal wird aber auch ein Kommentar abgegeben und wenn wir viel Glück haben, erleben wir sogar einen Zeitzeugen, der den Vortrag entweder bestätigt oder kritisiert. Immerhin: “Er war dabei”. Dies ist meist das erste Erlebnis eines jungen Studenten mit einem echten Zeitzeugen (wenn wir mal die unzähligen Knoppschen Filme außen vor lassen).  Aber wer von uns hatte schon einmal die Chance mit jemand länger über seine “Zeitzeugenschaft” zu sprechen? Wohl nicht allzu viele, und das obwohl die Oral History ein wichtiger Teil der Erinnerungsgeschichte des 20. Jahrhunderts geworden ist. Im Folgenden möchte ich aber eine Sonderform der Oral History besprechen: das Experteninterview.

Der Zeitzeuge als Feind des Historikers?

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Aber nun zu meiner Erfahrung mit einem Zeitzeugen. Ich hatte letzten Montag ein gutes Expertengespräch mit einem ehemaligen CDU Angestellten (bzw. späteren Staatsekretär). Mein Vorgehen bestand in einem vorher erarbeiteten Leitfragebogen und einer offenen Gesprächssituation. Vor dem Gespräch und auch jetzt noch, stelle ich mir aber immer wieder folgende Fragen: Ist die Oral History in der Praxis sinnvoll? Wieso habe ich das Gespräch gesucht? Welche Vor- und Nachteile haben solche Gespräche? Dies will ich anhand meiner eigenen Arbeit kurz besprechen.

Vorweg muss ich gestehen, dass mein Projekt eine archivgestützte Arbeit ist, die von der Idee her völlig auf eine Zeitzeugenbefragung verzichten kann. Ich baue meinen Narrativ und auch meine Argumentationsstruktur nicht auf Zeitzeugenaussagen auf. Allerdings konnte ich in meiner Magisterarbeit über Stadtplanung in München schon erste Erfahrungen mit Experteninterviews sammeln. Trotzdem bleiben solche Gespräche höchstens eine Hilfestellung. Aber für was? Hier kommen wir zum eigentlich Kern der Sache. Meine Doktorarbeit kreist in wichtigen Aspekten darum, wie Politik verhandelt wird, wie sich eine Organisationskultur verändert und wie wissenschaftliche Expertisen Politiker anleiten. Diese “Wie-Fragen” deuten natürlich auf einen kulturgeschichtlichen Ansatz hin und bezeugen die Suche nach Bedeutungen und Rollenmustern. Dafür ist ein gewisses “Feeling” für informelle Beziehungen von Vorteil. Wichtig war mir nicht unbedingt, die Spitzenpolitiker zu befragen, sondern die Menschen “hinter den Kulissen”. Schließlich geht es mir nicht um den “arkanen Zirkel” der Macht. Trotzdem kann ich durch ihre Beschreibungen von Prozessen die Aussagekraft meiner schriftlichen Quellen besser einschätzen. Wie Berater und Politiker zusammenarbeiten, findet sich wenn man Glück hat in der Korrespondenz oder bestimmten Nachlässen, aber eben nicht immer. Deshalb sind persönliche Einschätzungen zu diesen symbiotischen Beziehungen hilfreich. Wichtig ist, dass man sich stark darauf beschränkt “wie” der Zeitzeuge bestimmte Sachverhalte erzählt und bewertet. Für mich war sein eigenes Selbstverständnis und die Rollenzuschreibung wichtig. Das “was” und die Selbsteinschätzung der eigenen Taten stehen dabei definitiv im Hintergrund.

Ein anderer Grund ist die Motivation. Es macht ganz einfach Spaß ein gutes Gespräch mit jemanden zuführen, der sich in dem Gebiet auskennt. Natürlich darf man die kritische Betrachtungsweise nicht verlieren (auch wenn dies im Gesprächsverlauf passieren kann), aber durch eine gute Nachbereitung und die Distanz zu seinem Objekt sollte das kein großes Problem sein. Außerdem sollte man schon vorher klar wissen, welchen Platz diese Aussagen in der Arbeit haben werden. Für mich war das Gespräch deshalb eher eine Bestätigung und eine Ergänzung, als eine Generierung von neuem Wissen. Ich habe das Gespräch auch erst nach meiner Archivrecherche getätigt und wusste relativ klar worauf ich hinaus will und was mich erwartet. Die richtige Vorbereitung ist der Schlüssel zum Erfolg. Ein weiterer Nebenaspekt ist die Ergänzung von Details oder mögliche Quellenfunde. Manchmal wird ein Buch empfohlen oder man findet Zeitungsausschnittssammlungen. Andere Gespräche führen zu Kontakten mit weiteren involvierten Personen. Diese pragmatische Dimension sollte man nicht unberücksichtigt lassen und hier durchaus seine Fühler ausstrecken.

Neben den allgemeinen Problemen der Oral History, wie dem Gedächtnis, der Befragungssituation oder der emotionalen Nähe zu seinem Zuhörer, lag meine größte Sorge jedoch darin begründet, sich einen Narrativ “aufschwatzen” zu lassen. Das gilt vor allem für Experteninterviews, weil man es in der Regel mit Kommunikationsprofis zu tun hat. Diese haben sicherlich mehr Erfahrung mit Interviewsituationen als der jeweilige Historiker. Daher ist auch hier das Wissen um die Person und die Einordnung seiner Leistung schon vor dem Interview unumgänglich.

Als Resümee bleibt zu sagen, dass die Zeitgeschichte offen bleiben sollte und ich auch Zeithistoriker ermutigen will: Fragt nach! Sie darf den Zeitzeugen nicht kategorisch ablehnen, sondern muss wissen, wie sie ihn in ihre Geschichte integriert. Dies gilt natürlich auch für die Präsentation von Zeitzeugen in den Medien. Wenn man aber zu vorsichtig ist, verschließt man sich lediglich einer weiteren Dimension, die in dieser Art nur der Zeitgeschichte zur Verfügung steht. Allerdings darf man nicht zu viel erwarten. Neues Wissen oder echte Hilfe für die Arbeit kommt dabei in der Regel nicht heraus (außer es ist ein dezitiertes Oral History Projekt). Mir helfen diese Gespräche auf meinem langen Weg zur Promotion, weil sie Spaß bereiten und mich bestätigten. Welche bessere Motivation kann es geben?

Literaturtipps:

Mittlerweile gibt es natürlich sehr viel Literatur zu dem Thema und immer mehr Material wird online gestellt. Eine kleine Einstiegsliste für englische Projekte findet ihr hier, eine wahren Fundgrube für Hausarbeiten oder Abschlußarbeiten. Ich selbst habe mich auf die Expertengespräche mit sozialwissenschaftlichen Handbücher vorbereitet. Sie sind Schulbuchhaft geschrieben, besprechen aber wichtige Aspekte wie das Leitfadeninterview sowie allgemeine Anforderungen und Situationen: Gläser, Jochen/Laudel, Grit: Experteninterviews und qualitative Inhaltsanalyse, 2. Aufl, Wiesebaden 2006; Alexander Bogner: Das Experteninterview: Theorie, Methode, Anwendung, Opladen 2002.

Quelle: http://konservativ.hypotheses.org/68

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