23.11.2016 Claudia Berger
Es ist so verführerisch wie zumeist falsch, Entwicklungen aus der Retrospektive so zu betrachten, als hätten sie sich zwangsläufig so ergeben müssen, wie sie sich nun einmal ergeben haben. Der historische Akteur hingegen ist, ob er sich dessen bewusst ist oder nicht, der Kontingenz der Ereignisse ausgesetzt. Für ihn ist nichts „vorsortiert“. Wir hingegen kennen den „Ausgang“ seiner Bemühungen – aus der Vielzahl der Möglichkeiten muss keine mehr ausgewählt werden. Alle Studien und Analysen können so zweckmäßig ganz auf das eigentlich Geschehene ausgerichtet werden, ganz als habe es keine andere Möglichkeit gegeben, als wäre auch diese Entwicklung nicht nur eine Möglichkeit in einem kontingenten Möglichkeitshorizont gewesen. Dieser logische Fehlschluss wird im Englischen bezeichnenderweise „Historian’s fallacy“ genannt.
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