»Orte jüdischer Geschichte« — Inhalt und Funktion erweitert

kartenvisualisierung-judentum-in-europa-wikipedia-deEin beeindruckender Datensatz: Die Kategorie »Judentum in Europa« der Wikipedia (DE) enthält 11.249 Artikel auf Deutsch sowie Verknüpfungen zu 28.567 Fassungen dieser Artikel in weiteren Sprachen. Georeferenziert sind 2.586 Artikel, sie bilden (einschließlich ihrer Sprachversionen) die hauptsächliche Datenbasis der soeben aktualisierten Web-App »Orte jüdischer Geschichte«.

Die abgebildete Karte visualisiert diese Datenbasis.1 Artikel zu Synagogen und Friedhöfen (in Deutschland) sind in jeweils unterschiedlicher Farbe hervorgehoben. Inhalte der Wikipedia sind grundsätzlich kategorisiert — sie werden mindestens einer, meist mehreren Kategorien zugeordnet. Kategorien enthalten nicht nur Textbeiträge, sondern weitere (Unter-) Kategorien. So entsteht ein System, das einem hierarchisch organisierten Baum entspricht, der wiederum thematische Teilbäume enthält. Neben anderen Quellen wie epidat greift die App eben auf einen dieser Bäume zurück.

Mehr Daten und verfeinerter Algorithmus Da Wikipedia dynamisch wächst, bringt jedes Update automatisch mehr Informationen zu den Nutzern — eine sympathische Eigenschaft von Workflows, in denen APIs und Schnittstellen eine Rolle spielen dürfen (was übrigens auch für den RSS-Feed von epidat sowie den verwendeten Geoservice von DARIAH-DE gilt). Außerdem konnte ich meinen Algorithmus weiterentwickeln: einerseits die vielfältigen Notationsvarianten von Geokoordinaten besser auswerten und andererseits auch Artikel berücksichtigen, die mehr als nur eine Georeferenz enthalten (und deren Interpretation deshalb nicht immer ganz eindeutig war). Ein Beispiel dafür ist der jüdische Friedhof Schnaittach oder das Gebiet »Schwarze Poth« in der Essener Innenstadt, eines der zahlreichen sogenannten KZ-Außenlager, an das die Gedenkstätte »Stadtwunde« erinnert. Einstweilen noch experimentell ist, dass die App »Stolpersteine« anzeigt, ebenfalls aus der Wikipedia.

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orte-juedischer-geschichte-app-2015-001Neue Funktionen »Orte jüdischer Geschichte« lässt sich jetzt durch einige Optionen anpassen: die Kartenvorschau, die Anzahl der angezeigten »Treffer« und auch die Datenquellen lassen sich gezielt auswählen. Zudem kann jeder angezeigte »Ort« wiederum als Ausgangspunkt der nächsten Recherche dienen. Und ebenso praktisch wie naheliegend: Die App erlaubt nun (zunächst für Android), dass wir uns mittels der eingebauten Navigationsfunktion des Smartphones zum interessierenden Punkt leiten lassen.

app-juedische-orte.de.dariah.euEinen (gerade auch quantitativ bemerkenswerten) Überblick über die obersten Kategorien innerhalb der Kategorie »Judentum in Deutschland« schließlich gibt die folgende Tabelle2.

Synagoge in Deutschland 560
Jüdische Geschichte (Deutschland) 3893
Jüdisches Museum in Deutschland 49
Bezirksrabbinat 31
Judentum in Deutschland nach Bundesland 5685
Person des Judentums (Deutschland) 1880
Jüdische Organisation (Deutschland) 58
Synagogenbau in Deutschland 357
Jüdischer Friedhof in Deutschland 1042

 

  1. Stand: März 2015.
  2. Artikel gehören, wie gesagt, meist mehreren Kategorien an, so dass ein Aufsummieren hier nicht zweckmäßig ist.

Quelle: http://djgd.hypotheses.org/598

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Die MusErMeKu-Playlist zu #GauguinSounds

Wie klingen ein Gemälde oder eine Skulptur? Welche Emotionen ruft das Betrachten hervor? Welches Lied könnte mit diesen Emotionen verknüpft sein? Und umgekehrt: Hat man beim Hören einiger Lieder direkt Bilder vor Augen? Ähneln diese vielleicht bestimmten Szenen aus Kunstwerken? Diese und ähnliche Fragen könnte man sich stellen, wenn man sich mit dem Konzept des Projekts #GauguinSounds beschäftigt, das von der Fondation Beyeler zur aktuellen Gauguin-Ausstellung ins Leben gerufen wurde. Ein gemeinsamer Blogbeitrag von Angelika Schoder und Damián Morán Dauchez. Der Sound von Gauguins … Die MusErMeKu-Playlist zu #GauguinSounds weiterlesen

Quelle: http://musermeku.hypotheses.org/3032

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Einladung zum 7. Berliner DH-Rundgang am 25. März 2015

Der Interdisziplinäre Forschungsverbund Digital Humanities in Berlin (ifDHb) lädt zum 7. Berliner DH-Rundgang an die Koordinierungsstelle für wissenschaftliche Universitätssammlungen in Deutschland ein. Der DH-Rundgang bietet einen Überblick über wissenschaftliche Universitätssammlungen und ihre Charakteristika, die Arbeit der Koordinierungsstelle, die Aktivitäten und Angebote im Bereich Digitalisierung und ermöglicht Austausch und Diskussion.

Termin: Mittwoch, 25. März 2015, 16:00(s.t.)-17:30 Uhr
Ort: Helmholtz-Zentrum für Kulturtechnik, Humboldt-Universität zu Berlin, Unter den Linden 6, 10117 Berlin
Arbeitsbereich: Koordinierungsstelle für wissenschaftliche Universitätssammlungen in Deutschland

Zur Anmeldung zum 7. Berliner DH-Rundgang

Objektbasierte wissenschaftliche Sammlungen existieren an nahezu allen Hochschulen in Deutschland. Die Sammlungen und ihre Objekte spielen eine wichtige Rolle in Forschung, Lehre und Bildung und stellen in zahlreichen Disziplinen eine unentbehrliche Grundlage dar. Sie sind materielle Zeugen der Wissenschafts- und Kulturgeschichte, die immer wieder aufs Neue untersucht, befragt und interpretiert werden können.

Die Situation der universitären Sammlungen ist allerdings nicht immer befriedigend; viele Sammlungen können ihr Potential nicht angemessen ausschöpfen. Um die Sammlungen zu unterstützen, wurde 2012 die Koordinierungsstelle für wissenschaftliche Universitätssammlungen in Deutschland eingerichtet. Sie ist am Helmholtz-Zentrum für Kulturtechnik der Humboldt-Universität zu Berlin angesiedelt und wird vom BMBF finanziert. Die Koordinierungsstelle erarbeitet Strategien zur nachhaltigen Verbesserung der Sichtbarkeit und Nutzbarkeit universitärer Sammlungen. Ziel ist es, die Sammlungen unter Beachtung ihrer Vielfalt und ihrer lokalen Begebenheiten als dezentrale Infrastrukturen weiter zu entwickeln und zu vernetzen.

Auch für die Digitalisierung der Universitätssammlungen gilt das Primat der dezentralen Entwicklung. In den Sammlungen, an den Instituten und Universitäten sind nicht nur die Objekte selbst, sondern auch ihre wissenschaftlichen Kontexte verankert. Hier sind die Orte, neue und zukunftsfähige Konzepte für den Einsatz digitaler Werkzeuge in Forschung, Lehre und Bildung zu erproben und die Sammlungen als digitale Informationsinfrastrukturen fortzuentwickeln. Die Koordinierungsstelle leistet dabei Unterstützung durch Beratung, Vernetzung, Workshops, durch technische Dienstleistungen, Koordinierung und Kooperationen mit übergreifenden Strukturen und Projekten, Teilnahme an Standardentwicklung sowie durch das Bereitstellen eigener Informationsangebote.

Programm

  • Begrüßung und Vorstellung des Teams (Dr. Cornelia Weber, Leiterin der Koordinierungsstelle)
  • Wissenschaftliche Universitätssammlungen und ihre Charakteristika
  • Die Arbeit der Koordinierungsstelle für wissenschaftliche Universitätssammlungen in Deutschland
  • Aktivitäten und Angebote im Bereich Digitalisierung
  • Diskussion

Weitere Informationen zur Koordinierungsstelle für wissenschaftliche Universitätssammlungen in Deutschland

Die nächsten Berliner DH-Rundgang-Termine:

Sie wollen auch zu einem Berliner DH-Rundgang einladen? Dann schreiben Sie uns bitte eine kurze E-Mail an info@ifdhberlin.de oder nehmen Sie telefonisch Kontakt zu uns auf.

Weitere Informationen zum Berliner DH-Rundgang finden Sie auf der Website: http://www.ifdhberlin.de/arbeitsfelder/dh-rundgang/.

Quelle: http://dhd-blog.org/?p=4827

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Alltagstheorien über Inklusion

Deutsche Bildungsinstitutionen sollen inklusiv arbeiten. So sieht es die auch von Deutschland ratifizierte UN-Behindertenrechtskonvention vor.

Doch was genau ist Inklusion?

Darüber gibt es in der Wissenschaft deutlich voneinander abweichende Vorstellungen (Amrhein 2011), wenngleich diese oft nicht explizit benannt werden. Und auch in der Politik vermischen sich verschiedene Begriffsverständnisse.  Die deutlichste Unschärfe ist in der Abgrenzung von Inklusion und Integration zu beobachten. So wird Inklusion vielfach einfach als modernes Wort für die Integration von Menschen mit Behinderung verwendet (Dorrance 2010, Sander 2004). Ein gegensätzliches Inklusionsverständnis erstreckt sich auf alle Menschen mit all ihren Unterschieden und Besonderheiten (Hinz 2013). Das ist der Hintergrund, vor dem Fachkräfte in Kindertageseinrichtungen Tag für Tag Inklusion umsetzen sollen. Daraus ergibt sich die spannende Frage:

Aufgrund welcher Vorstellungen und Auffassungen von Inklusion setzen Fachkräfte Inklusion praktisch um?

Antworten auf diese Frage soll die Erforschung von Alltagstheorien über Inklusion liefern. Alltagstheorien beschreiben das im Laufe des Lebens angeeignete Wissen “über Phänomene und Probleme der alltäglichen Lebenswelt” (Hierdeis/Hug 1997, S. 97), durch das es Menschen gelingt, ihren Alltag zu bewältigen. Genaueres zu den Alltagstheorien hier im Video:

Wenn ein Begriff einerseits vage und diffus ist und andererseits aber “umgesetzt” werden soll, dann bekommen die Alltagstheorien derjenigen, die diese Umsetzung leisten, ein hohes Gewicht.

Zur Identifikation von Alltagstheorien werden in meinem aktuellen Forschungsprojekt Fachkräfte aus dem Elementarbereich gebeten Situationen zu beschreiben, die sie als besonders inklusiv erlebt haben. Die Auswertung des Datenmaterials ist momentan in vollem Gange – über Ergebnisse wird natürlich hier im Blog berichtet!

Literatur

Amrhein, B. (2011). Inklusion in der Sekundarstufe. Bad Heilbrunn: Klinkhardt.

Dorrance, C. (2010). Barrierefrei vom Kindergarten in die Schule?: eine Untersuchung zur Kontinuität von Integration aus der Sicht betroffener Eltern. Bad Heilbrunn: Klinkhardt.

Hinz, A. (2013). Inklusion – von der Unkenntnis zur Unkenntlichkeit!? – Kritische Anmerkungen zu einem Jahrzehnt Diskurs über schulische Inklusion in Deutschland. Zeitschrift für Inklusion, 0(1). Retrieved from http://www.inklusion-online.net/index.php/inklusion-online/article/view/26/26

Lüders, C. (2014). „Irgendeinen Begriff braucht es ja….“. Soziale Passagen, 6(1), 21–53. doi:10.1007/s12592-014-0164-8

Sander, A. (2004). Inklusive Pädagogik verwirklichen – Zur Begründung des Themas. In I. Schnell & A. Sander (Eds.), Inklusive Pädagogik (pp. 11–22). Bad Heilbrunn: Inklusive Pädagogik.

Quelle: http://kinder.hypotheses.org/559

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Satirisch-humoristische Periodika | Digital

Satirisch-humoristische Periodika sind nach wie vor eine unterschätzte Quelle. Die Gründe dafür sind vielfältig. Neben den sehr hohen Anforderungen, die die Interpretation der Texte und Bilder stellt, spielt wohl auch der mitunter schwierige Zugang zu kompletten Reihen eines Blattes eine Rolle. Diverse Digitalisierungsprojekte erleichtern inzwischen den Zugriff auf satirisch-humoristische Periodika – die Suche danach gleicht dennoch häufig der Suche nach der sprichwörtlichen Stecknadel im Heuhaufen.

Figaro 1 (4.1.1857) | Quelle: ANNO
Figaro 1 (4.1.1857) | Quelle: ANNO

“Satirisch-humoristische Periodika | Digital” will in loser Folge raum- und epochenübergreifend auf Digitalisate hinweisen[1], den Anfang machen einige der bekannteren Blätter aus großen  Repositories (ANNO, gallica, Heidelberger Historische Bestände – digital)

  • Figaro (Wien 1857-1919)

    • ANNO (1857-1862, 1865-1911, 1913-1915, 1919)
  • Kikeriki (Wien 1861-1933)
    • ANNO (1861-1883, 1885-1933)
  • Der Floh ([Wien] 1869-1919)
    • ANNO (1869-1870, 1872-1882, 1884-1919)[2]
  • Die Bombe (1871-1925)
  • Die Muskete (1905-1941)
  • La caricature (Paris 1830-1835)

  • Le charivari (Paris, 1841-1893)
    • gallica (1832, 12, 01 (N1)-1833, 06, 30 (A2,N212))[3]
    • UB Heidelberg (Jg. 11 (1842)-17 (1848), 19 (1850), 54 (1885), 58 (1889)-62(1893)
  • Le Grelot. Journal illustré, politique et satirique (1.1871- 29.1899)
    • UB Heidelberg  (Jg. 1 (1871)-12 (1882), 14 (1884)-21 (1891), 23 (1893)-29 (1899)
  • La lune (1865-1868)
  • Le rire (Paris 1894-1940, 1946-1949, 1951-1971)
    • gallica (1898-1920, 1924)
    • UB Heidelberg (1895-1903 (Nr. 53-430), N.S. 1904-N.S. 1907 (Nr. 48-256), N.S. 1912-N.S. 1913 (Nr. 466-569)
  • Lustige Blätter (Berlin 3.1888 – 59.1944)

  • Meggendorfer-Blätter (München, Eßlingen  1889-1928)
    • “Humoristische Monatshefte: aus Lothar Meggendorfer’s lustiger Bildermappe”

    • “Lothar Meggendorfers humoristische Blätter”
      • UB Heidelberg (4 (1891), 6 (1891), 8 (1892)-10 (1892), 12 (1893)-15 (1893)
    • “Meggendorfer Blätter”
      • UB Heidelberg (52 (1903)-55 (1903), 62 (1905)-63 (1905), 73 (1908), 75 (1908)-77 (1909), 79 (1909)-80 (1910), 96 (1914)-119 (1919), 122 (1920)-135 (1923), 146 (1926)-149 (1927)

Fortsetzung folgt.

  1. Ergänzungen willkommen!
  2. Das Digitalisat ist leider nur S/W (und von zum Teil sehr schlechter Qualität) – was gerade beim Floh schade ist, denn das war das erste ‘Wiener’ Blatt, das mit farbigen Karikaturen erschien.
  3. Der Zugriff auf manche Zeitschriften-Digitalisate ist bei gallica auf ein Jahr begrenzt.

Quelle: http://mindthegaps.hypotheses.org/2047

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Perspektiven der Digital Humanities an der Universität Heidelberg

Die in Heidelberg bereits zahlreich vorhandenen Digital Humanities-Initiativen sind an der Universität über zahlreiche Disziplinen verstreut und oft kaum miteinander vernetzt. Am Excellenzcluster „Asia and Europe in a Global Context“ mit der „Heidelberg Research Architecture“ (HRA) und der „Junior Research Group Digital Humanities and Digital Cultural Heritage“(JRG DH/DCH) bestehen zwei DH-orientierte Abteilungen, die als Multiplikatoren für zahlreiche DH-Projekte in vielen weiteren Disziplinen dienen. So können die Aktivitäten der HRA und der JRG DH/DCH in weiten Teilen als Blaupausen für die Entwicklung und Anwendung von DH-Infrastrukturen in Forschung und Lehre in einem breit aufgestellten interdisziplinären Umfeld angesehen werden. Neben dem Erhalt und Ausbau der bewährten Strukturen scheint die Koordination eines verstärkten strukturierten Engagements zu digitalen Methoden in der Lehre der Geistes- und Sozialwissenschaften empfehlenswert, um die Konkurrenzfähigkeit zukünftiger Forschergenerationen in Bezug zu digitalen Schlüsselkompetenzen am Universitätsstandort Heidelberg zu gewährleisten. Daher wird vorgeschlagen an der Volluniversität Heidelberg eine zentrale Einrichtung für Digital Humanities strukturiert aufzubauen, die die gesamte Breite der „Digitalen Geistes- und Sozialwissenschaften“ mit den Komponenten Forschung, Lehre und Infrastruktur/Services anhand heterogener Datenbestände (mit systematisch erschlossen Text, Bild, Ton, Video und Messdaten) möglichst gut abdeckt und somit strikt fachübergreifend positioniert ist, um eine hohe Akzeptanz in allen zusammenarbeitenden Disziplinen sicherzustellen.

White Paper der Digital Humanities an der Universität Heidelberg: http://archiv.ub.uni-heidelberg.de/volltextserver/18401/

Quelle: http://dhd-blog.org/?p=4868

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Neues Online-Seminar: „Archäologie – Eine Reise durch die Menschheitsgeschichte“

In der Reihe der „Zeit-Akademie“ ist ein neues Seminar „Archäologie – Eine Reise durch die Menschheitsgeschichte“ erschienen. Mit dem Dozenten Prof. Hermann Parzinger (Stiftung Preußischer Kulturbesitz und Freie Universität Berlin) konnte dafür einer der bedeutendsten Prähistoriker im deutschsprachigen Raum gewonnen werden, der einen fundierten Überblick zur Menschheitsgeschichte seit dem Paläolithikum vor 2,5 Millionen Jahren in Eurasien gibt. Moderiert wird das Seminar des Weiteren von Urs Willmann (Wissenschaftsredakteur der Zeit). Die 12 Lektionen à 20 Minuten sind modular aufgebaut – sie können aber durchaus als in sich geschlossene Einheiten in der Abfolge frei gewählt werden. Der größte didaktische Lehreffekt ist jedoch wohlweislich in der durchdachten Reihenfolge begründet. Beispielsweise wird in der ersten Lektion grundlegend in die Methoden, Theorien und Konzepte der archäologischen Wissenschaften einführt. Dabei wird auch auf die kontroverse Forschungsgeschichte eingegangen, wobei die Archäologie viel zu oft politisch instrumentalisiert wurde und ihr daher als Disziplin eine besondere Verantwortung zukommt. In den folgenden Lektionen werden in chronologischer Abfolge die wichtigsten Themen von der Steinzeit, über die Bronzezeit und Eisenzeit, dem Mittelalter bis hin zur Neuzeit behandelt. Das Seminar ist in vier Themenblöcke mit jeweils drei Lektionen, zur Entstehung der Menschheit, der Seßhaftwerdung, der sogenannten metallurgischen Revolutionen und letztlich zu den Ursprüngen der Staatengenese, untergliedert. Die aneinander anknüpfenden Module werden mit einer Broschüre zur Vor- und Nachbereitung des Seminars begleitet. In dieser werden die wichtigsten Kernaussagen zusammengefasst. Und darüber hinaus werden zahlreiche Literaturhinweise für eine vertiefende Weiterbildung gegeben. Die Zusammenstellung der basalen „Key Learnings“ am Ende eines jeweiligen Moduls in der Broschüre ermöglicht zum einen die Rekapitulation des bisher gelernten und zum andern einen schnellen Wiedereinstieg in das behandelte Thema. Das Seminar richtet sich als Zielgruppe primär an interessierte Laien, sodass keine speziellen Vorkenntnisse vorausgesetzt werden. Jedoch ist das Seminar durchaus auch für Fachstudierende geeignet, die ihre Kenntnisse vertiefen oder auffrischen möchten. Das Seminar besticht durch die durchgehend professionelle Qualität und den hohen didaktischen Lehrwert. Es empfiehlt sich besonders als Übersicht und zielgerichteten Einstieg in die prähistorische Archäologie, und eröffnet damit eine tiefgründige Wissensbasis über unsere Menschheitsgeschichte.

ZEIT Akademie Archäologie - Armin Volkmann

Herman Parzinger referiert in der Lektion „Die Kelten in Europa: Migrantentum und wirtschaftlicher Aufstieg“ zu den drastischen Gesellschaftsveränderungen in der frühen Eisenzeit der La-Tène-Kultur um 400 BC im Landesmuseum Bonn (aus: Zeit-Akademie [Hrsg.], Archäologie – Eine Reise durch die Menschheitsgeschichte, 2015, 36).

http://www.zeitakademie.de/archaeologie/

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Quelle: http://archdigi.hypotheses.org/671

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Wann kommt die russische – und die ukrainische – Ausgabe von Thomas Pikettys Capital in the Twenty-First Century?

Richard Frensch (Regensburg)

In seinem Buch Capital in the Twenty-First Century kombiniert Thomas Piketty, auf der Basis einer reichen Datensammlung, Konzepte der langfristigen Wirtschaftsentwicklung mit Erklärungsansätzen zur funktionalen und personellen Einkommensverteilung zu einem innovativen Ansatz zur Erklärung langfristiger Verteilungstrends (Frensch, Richard: Werden die Reichen immer reicher und die Armen immer ärmer?, Einführung und Diskussion zu Thomas Pikettys Capital in the 21st Century. LIE Lecture, Universität Regensburg, 9. Dezember 2014, siehe auch die Diskussion im Journal of Economic Perspectives, 29, 1, Winter 2015). Er argumentiert, dass Vermögens- und Einkommensdivergenzen über längere Zeiträume unvermeidlich sind, und dass die Kriege und anschließenden Konvergenzprozesse des 20. Jhdt. in dieser Hinsicht nur eine erklärbare, vorübergehende Ausnahme von der Regel verursachten.

Pikettys Daten zeigen in der Tat sehr langfristige Trends in Westeuropa und Nordamerika zu mehr Vermögenskonzentration, die im 20. Jhdt. dramatisch unterbrochen wurden. Diese Unterbrechung scheint seit den achtziger Jahren wieder aufgehoben. Dagegen empfiehlt Piketty progressivere Besteuerung von Einkommen und Vermögen (Erbschaftssteuer).

Pikettys Vorstellung von Demokratie beruht auf Chancengleichheit. Nach seiner Überzeugung ist eine demokratische Gesellschaft nicht auf Dauer funktionsfähig, wenn an der Spitze der Einkommensverteilung Arbeitseinkommen von Einkommen aus vererbten Vermögen dominiert werden, so wie in den europäischen Gesellschaften des 19. Jhdts. Zum großen Teil kreist die Diskussion um Pikettys Buch deshalb auch darum, inwieweit die heutige Situation mit der damaligen vergleichbar ist. Zwar sind Vermögen immer höher konzentriert als Arbeitseinkommen, die Vermögenskonzentration heute ist aber weitaus geringer, zudem sind Grenzsteuersätze für Einkommen und Erbschaften höher, als vor hundert Jahren. Entsprechend spielen Vermögenseinkommen gegenüber Arbeitseinkommen in Westeuropa und Nordamerika im obersten Prozent der Einkommensverteilung heute eine deutlich geringere Rolle als vor hundert Jahren.

Erstaunlicherweise werden Osteuropa, und speziell Russland und die Ukraine, bisher nur sehr am Rande in diese Diskussion einbezogen. Nach Pikettys Schätzungen betrug das private Vermögen in Russland zu Ende der Nullerjahre etwa das Vierfache des Nationaleinkommens, so wie auch zum Ende der achtziger Jahre. Während damals der private Anteil sehr gering war, ist es nun umgekehrt, so wie in Westeuropa und Nordamerika. Allerdings ist die Vermögenskonzentration – nach der vermutlich weitestgehenden Privatisierung von Kapital und Vermögen aller Zeiten – dort deutlich höher als hier, und entsprechend spielen Vermögenseinkommen gegenüber Arbeitseinkommen an der Spitze der Einkommensverteilung dort eine deutlich höhere Rolle.

Auseinandersetzungen um Vermögenskonzentration – wenn man das so nennen möchte – finden in Russland zwischen Oligarchen und staatlichen Organen statt, in der Ukraine weitgehend ohne staatliche Beteiligung. Eine wirklich gesellschaftliche Debatte, auch zur Rolle der Wirtschaftspolitik, in diesem Prozess – wie in den meisten Ländern der Region gibt es in Russland eine flat tax Einkommensteuer – ist bisher nicht in Gang gekommen.

Quelle: http://ostblog.hypotheses.org/539

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Richard Schuberth im Interview mit Radio Dispositiv

Herbert Gnauer hat für die auf Radio Orange ausgestrahlte Sendung Radio Dispositiv Richard Schuberth zu seinem neuen Roman interviewt:

Bislang war Richard Schuberth vor allem als Dramatiker, Verfasser treffsicherer Polemiken und Anstifter zur Wiederentdeckung von Karl Kraus bekannt. Nun liegt sein erster Roman vor: Chronik einer fröhlichen Verschwörung erzählt die Geschichte einer ungewöhnlichen Freundschaft. Ein gealterter Philosoph und ein junges Mädchen verbünden sich, um einen Autor am Schreiben seines nächsten Erfolgsromans zu hindern.

Eine Buchpräsentation der Chronik einer fröhlichen Verschwörung gibt es am Donnerstag, 26.3.2015 ab 20 Uhr im Schwarzberg (Schwarzenbergplatz 10, 1040 Wien).

Quelle: http://adresscomptoir.twoday.net/stories/1022407684/

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Bismarck, getippt: Wie man Schreibmaschinen verkauft

Behörden sind selten die Vorreiter, wenn es um die technische Modernisierung ihres Geschäftsbetriebs geht. Als Schreibmaschinenfabrikant um 1900, wie gewann man da ein hochkonservatives Reichsamt als Kunden? Mit Bismarck, vielleicht.

Heimcomputer- und Mailbox-Veteranen der 80er-Jahre kennen noch “ASCII-Art“, die Kunst, aus 128 Zeichen Meisterwerke der bildenden Kunst zu formen. Das gab es auch schon mit Schreibmaschinen.

Otto von Bismarck, getippt (aus PA AA, RZ 607, R 138985)
Otto von Bismarck, getippt (aus PA AA, RZ 607, R 138985)

Hier ehrte das Andenken des Eisernen Kanzlers auf ihre ganz eigene Weise die Schreibmaschinenfabrik Sundern in Westfalen, Inhaberin einer Lizenz für amerikanische Maschinen der Marke “Jewett”, die sie mit dem Zusatz “Germania” verkaufte.

Am 15. September 1898, sechs Wochen nach Bismarcks Tod, brachte sie es damit auf die Titelseite des Fachorgans “Schreibmaschinen-Zeitung” (Jg. 1, Nr. 3 vom 15. September 1898). Es ist, wohlgemerkt, kein original Schreibmaschinen-Bild, sondern ein danach für den Druck hergestellter Holzschnitt. Möchte man wissen, was sich der Künstler so dachte beim Einschnitzen von mehreren Hundert Satzzeichen?

Die Firma hat anschließend Sonderdrucke als Werbematerial versandt, um auf der Welle der nationalen Bismarck-Verehrung auch die eine oder Schreibmaschine zu verkaufen. Einer der Empfänger war das Auswärtige Amt, das in jenen Jahren mit Schreibmaschinen-Werbung förmlich bombardiert wurde. Alle Einsendungen wurden zu den Akten genommen und ergeben eine auch kulturgeschichtlich interessante Quelle (Politisches Archiv des Auswärtigen Amt, RZ 607, R 138985 und R 138986).

Die Geheime Kanzlei des Auswärtigen Amts, in der alle Schriftstücke gefertigt wurden, nutzte noch keine Schreibmaschinen, spürte aber den Sog der Veränderungen. 1899 rang man sich zu einer Umfrage zum Schreibmaschinen-Einsatz bei den anderen Reichsämtern und bei den preußischen Ministerien durch. Die Antworten zeichnen das Bild einer Umbruchszeit, in der man über Nutzen und Nachteil der neuen Technik noch geteilter Meinung sein konnte.

Das Reichsamt der Justiz, Vorreiter bei der Schreibmaschinen-Einführung, hielt in seiner (getippten) Antwort die nötige Einübungszeit der Kanzleisekretäre für problematisch und ließ eilige Sachen lieber von Hand schreiben. Das Reichsamt des Innern teilte dagegen handschriftlich mit, dass es seine Maschinen vor allem für Eilsachen einsetzte.

Bei der Justiz und im Reichsamt der Finanzen hatte man den Effizienzgewinn schon genau beziffert und das Schreibpensum der Sekretäre auf das anderhalbfache erhöht. Bei einer Lebensdauer von zehn Jahren würde sich die Anschaffung nach zwei Jahren amortisiert haben.

Die wahren Verwaltungsfüchse saßen indessen beim preußischen Königlichen Ministerium der geistlichen Angelegenheiten, wo man weniger auf Kennziffern achtete als darauf, dass das ausgewählte Fabrikat die Seiner Majestät für Immediatberichte und Allerhöchste Erlasse allein genehme kursive Type bot. Nicht nur damals hing die Durchsetzung einer bürotechnischen Innovation eben genauso von ihrer Anpassungsfähigkeit an gegebene Nutzungsgewohnheiten ab wie von ihrem technischen Potential.

Nach der Auswertung der Umfrage schritt in der Geheimen Kanzlei des Auswärtigen Amts der Sekretär Noth zum Selbstversuch, um am Ende zu klagen: “Maschineschreiben ist körperlich und geistig sehr anstrengend”. Der eigentliche Vorteil sei auch gar nicht die Tippgeschwindigkeit, sondern die Möglichkeit, Durchschläge herzustellen, vor allem Schriftstücke “in Dictat (oder Stenogramm) gleichzeitig in Reinschrift und Conzept schnell anzufertigen.”

Die Schreibmaschine war nur ein Element, wenn auch das zentrale, in der bürotechnischen Revolution, die das alte handschriftliche Konzept durch das Doppelstück der Reinschrift ersetzte. Ein Durchschlag verrät den Inhalt eines Schreibens in seiner endgültigen Textgestalt. Ein Entwurf verrät in seinen Korrekturen und anderen Bearbeitungsspuren auch die Textgeschichte und damit den Gang der Entscheidungsfindung bis zu dem Zeitpunkt, an dem die Reinschrift des Texts erstellt wurde – wo der Durchschlag erst ansetzt. Im Prinzip hat jeder Durchschlag eine Geschichtsquelle vernichtet.

Für die Möglichkeiten aktenkundlicher Erkenntnis bedeutete das System Schreibmaschine also einen tiefen Einschnitt.

Das Durchschlagverfahren entwertete auch die Tätigkeit der Sekretäre, weil es rein mechanischer Natur war. Statt Mitdenken waren nur noch Fingerfertigkeit und sauberes Arbeiten gefragt. Und da die altgedienten Kanzleibeamten ohnehin mit der neuen Technik fremdelten, konnte man doch stattdessen, so das männliche Denken der Zeit, einfach – Frauen einstellen. Ein Ministerium antwortete dem Auswärtigen Amt entwaffnend direkt, man denke an die “Versorgung von Beamtentöchtern”.

So entstand aus technischer Innovation und den zeitgenössischen Klischees von Frauenarbeit das völlig neue Berufsbild der Sekretärin, das prägend wurde für die Kanzleien des 20. Jahrhunderts.

Auch für den Vorsteher der Geheimen Kanzlei das Auswärtigen Amts war das Maschinetippen Frauensache. Immerhin empfahl er in seinem Abschlussbericht vom 8. Juli 1899 die Anschaffung solcher Geräte. Dass er ein Jahrhundert und eine weitere technische Revolution später in einer weltweiten Öffentlichkeit als Exempel bürokratischer Possierlichkeit dastehen würde, als nämlich die Geschichtsredaktion von “Spiegel Online” die Sache aufspießte, konnte er nicht ahnen (“Eines Tages”, Kalenderblatt, 7. Mai 2008, im 5. Absatz). – Herzlichen Dank an Dr. Uhde, Marburg, für den Hinweis darauf!

Obwohl aus dem Vergleich von 10 Fabrikaten nach 11 Kriterien die “Remington Standard” als Siegerin hervorgegangen war, schaffte das Auswärtige Amt die “Germania Jewett” an. Ob der gestrenge Blick des Getippten sein Amt ein letztes Mal auf Linie gebracht hatte?

Quelle: http://aktenkunde.hypotheses.org/337

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